Borussia Dortmund und der Protestbanner gegen die UCL-Reform
Das Heimspiel in der UEFA Champions League gegen Sporting Lissabon war für den BVB in mehr als einer Hinsicht eine Prüfung. Neben der sportlichen für die Mannschaft, musste der Verein beweisen, wie ernst er es mit der immer wieder zugesicherten Meinungsfreiheit auf der Tribüne meint. Leider versagte Borussia Dortmund, anders als auf dem Spielfeld, in diesem Punkte völlig.
Was war passiert? Weit vor Anpfiff wurde am Zaun der Südtribüne ein vorher angekündigtes Banner mit der in englischer Sprache verfassten Botschaft „Stoppt die UCL-Reform. Fußball für Millionen und nicht für Milliarden Euro.“ An diesem Banner sind zwei Punkte völlig unstrittig. Zum einen handelt es sich dabei, anders als bei manch anderem Banner in der Vergangenheit, dessen Aussage und Form durchaus diskutabel waren, um eine völlig legitime und vernünftig verfasste Form der Meinungsäußerung. Zum anderen handelt es sich dabei um ein Thema, das Fans direkt betrifft, weil die angestrebte „Reform“ den sportlichen Wettbewerb weiter verwässern und die nationalen Ligen weiter veröden wird.
BVB-Chef Watzke höchstpersönlich hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass diese Meinungsäußerung, wenn sie vernünftig vorgetragen wird, ein unantastbares Gut der Tribüne sein soll. Gegen Lissabon beehrte UEFA-Chef Ceferin allerdings höchstpersönlich Borussia Dortmund mit seiner Anwesenheit und so wurde, entweder auf Anweisung der UEFA, oder zumindest im vorauseilenden Gehorsam, das Banner von Ordnungskräften weit vor Anstoß eingeholt. Vermutlich wollte man dem obersten Geldeintreiber des Kontinentalverbandes die Einsicht ersparen, dass er und sein Verband bei vielen Fans doch nicht als oberste Streiter zur Bewahrung des Fußballs gelten, zu denen sich die UEFA in der Auseinandersetzung zur Einführung der Super League selber stilisierte. Eine Darstellung, die auch zu albern war, schließlich führen Super League und die reformierte Champions League am Ende zum selben Ziel; es geht nur um die Frage, auf wessen Konto die Milliardeneinnahmen landen.
Um wirklich sicher zu sein, wurden Ordnungskräfte, die sonst im Gästeblock eingesetzt werden und somit eher zur „durchsetzungsfreudigen“ Fraktion gehören, am späteren Lagerplatz des Banners platziert. Erfreulicherweise gelang es den Gruppen jedoch, an den Schriftzug zu gelangen und in Einzelteilen TV-gerecht zu Beginn der zweiten Halbzeit zu zeigen. Eine durchaus sympathische und gerechtfertigte Aktion.
Für Borussia Dortmund dürfte das eine ziemliche Blamage gewesen sein, die letztendlich gut aufzeigt, woran es im Fußball krankt. Nicht von ungefähr suchen Vereine und Verbände immer offener die Nähe von autokratischen Systemen – mit dem vorgeblichen Ziel, über den Sport Veränderungen herbei zu führen. Tatsächlich scheint in den Entscheidungsebene aber ein Grundsympathie für Systeme zu bestehen, in denen Vorgaben von oben möglichst klag- und widerspruchslos hingenommen und umgesetzt werden. Auch wenn es immer wieder Gesprächsrunden und Gesprächsrunden gibt, in denen Fans angeblich eingebunden werden sollen.
Letztendlich geht es dabei aber nur darum, den Fans in Bereichen, in denen es den Vereinen nicht weh tut, entgegen zu kommen und ihnen ein Gefühl der Teilhabe zu geben, während man im Kernbereich – dem Geldverdienen, nicht dem Spiel an sich – möglichst ungebremst schalten und walten möchte. Das hat alles nicht mit Mitsprache und Mitgestaltung zu tun, sondern mit einem Narkotikum, mit denen man die Tribünen stillhalten möchte. Da ist der BVB leider auch nicht anders als alle anderen Vereine.
Borussia Dortmund hatte die Chance, für den Grundwert der freien Meinungsäußerung einzustehen. Umso trauriger ist es, dass das Wertekonzept nicht einmal tragfähig genug ist, um dieses einfache Banner auszuhalten. Am Ende wird es nur so funktionieren, wie in der Causa des Pokaltrikots, bei dem der BVB nach massivem Druck eine Regelung bei der UEFA erwirken konnte, die die sichtbare Nutzung des Vereinsemblems ermöglichte.
Wenn die Vereine sich nicht freiwillig bewegen, müssen sie eben zur Bewegung gedrängt werden.