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Hateful 8? – Die Transfergeschichte mit Juve

01.02.2020, 13:00 Uhr von:  CHS
Hateful 8? – Die Transfergeschichte mit Juve
BVB und Juventus - Transfers gehen nur in einer Richtung

Nun ist es offiziell, Emre Can kommt aus Turin zum BVB. Die Duelle mit Juventus sind legendär, aber bei den Transfers geht es nur in eine Richtung. Wir blicken auf die bislang acht Transfers aus Turin und was sie gebracht haben.

Die Namen Borussia Dortmund und Juventus Turin haben einen besonderen Klang. Gerade die Duelle in den 90ern und insbesondere das Finale der Champions League 1997 (Bericht findet ihr hier und hier) haben eine Ära geprägt. Aber darum geht es hier gar nicht. Dieser Vergleich handelt nur von den Transferduellen und da „gewinnt“ der BVB klar mit 8-0. Aber war das immer ein Gewinn?

1. Stefan Reuter (1992 / 2,1 Mio. Euro Ablöse*)

Der erste Transfer zwischen Juve und dem BVB: Stefan Reuter

Im Jahr 1992 rüstete der BVB auf. Neben Matthias Sammer, der aus Mailand kam, holten die Dortmunder den Weltmeister Stefan Reuter aus Turin. Der Dinkelsbühler begann in der Jugend beim TSV Dinkelsbühl. Danach ging es zum 1. FC Nürnberg, bevor er 1988 zum FC Bayern wechselte. Nach drei Jahren zog es Reuter nach Italien zu Juve, bevor es nach nur einem Jahr wieder zurück nach Deutschland ging.

Rückblickend muss man sagen, Reuter war der erste Trumpf für die goldene Ära in den 90ern. Bereits im ersten Jahr war man kurz vor dem Titelgewinn (Scheiss Buchwald) und wurde später dann auch der Nachfolger von Michael Zorc als Mannschaftskapitän. In seinen zwölf Jahren in Dortmund gewann er acht Titel. Nach seiner Zeit als Spieler wechselte er 2004 in das operative Geschäft von Borussia Dortmund. Nach 1 ½ Jahren wechselte er nach München zu 1860 als Geschäftsführer. Seit 2012 ist er Geschäftsführer Sport beim FC Augsburg.

2. Andreas Möller (1994 / 4,6 Mio. Euro Ablöse*)

Andreas Möller schießt eine Ecke. 301 Spiele für den BVB. 88 Tore, 83 Vorlagen.

Nachdem 1993 Kalle Riedle aus Rom und Steffen Freund aus Gelsenkirchen gekommen sind, folgte dann 1994 für rund 6 Mio. Euro* das Duo Möller und Cesar von Juventus.

Weltmeister Andreas Möller begann bei BSC Schwarz-Weiß Frankfurt und wechselte dann zur Eintracht. Seine erste Zeit beim BVB 1987 brachte den Dortmundern den ersten Titel seit ewigen Zeiten ein. Seinem unrühmlichen Abgang 1990 folgte dann zwei Jahre später der Wechsel nach Turin (ebenfalls ablösefrei). Für 4,6 Mio. Euro* kam er (zusammen mit Julio Cesar) dann zurück zum BVB.

Seine Rückkehr wurde in der Fanszene äußerst negativ gesehen, aber da er in den ersten Jahren seine Leistung zeigte, wurden die Stimmen weniger. Er war der torgefährliche Mittelfeldspieler, den der BVB brauchte und leistete als Spielgestalter, Vorbereiter und Torschütze seinen Beitrag zu den Meisterschaften 95 und 96. Gekrönt wurde das Ganze durch den CL-Gewinn und den Weltpokalsieg. Aber trotzdem blieb er eine Reizfigur. Unvergessen seine Schwalbe und seine Aussage danach beim 2-1-Sieg gegen Karlsruhe. Er wurde danach (als einziger Spieler) für diese Schwalbe für zwei Spiele gesperrt. Der nächste Schlag in Richtung der Fanszene folgte dann, als sein Vertrag ausgelaufen ist. 2000 wechselte Möller dann nach GE, wo er dann drei Jahre später noch einmal zur Eintracht nach Frankfurt wechselte. Nach seiner Spielerkarriere begann er bei Viktoria Aschaffenburg. Erst im Sponsoring, dann als Cheftrainer (unentgeltlich). 2008 wurde er Manager bei den Kickers Offenbach. 2015 wurde er dann Co-Trainer (unter Storck) bei der ungarischen Nationalmannschaft. Seit Oktober 2019 ist er Leiter des Nachwuchszentrums bei Eintracht Frankfurt.

3. Julio Cesar (1994 / 1,25 Mio. Euro*)

Spielzeit 1994/95 - Extase: Julio Cesar, Michael Zorc und Martin Kree im Meisterjubel
© imago images / WEREK

Der brasilianische Nationalspieler Julio Cesar da Silva kam (zusammen mit Andreas Möller) für nur 1,25 Mio. Euro* aus Turin und wurde dann ein Garant für die erfolgreichen BVB-Jahre. Sein Auftreten und seine Art sorgte dafür, dass er in Dortmund äußerst beliebt war.

Julio Cesar begann 1979 bei Guarani FC. Nach diversen Auf- und Abstiegen wechselte er 1986 zu Stade Brest. Ein Jahr später wechselte er zu HSC Montpellier und gewann dort den Pokal. 1990 ging er nach Italien zu Juventus Turin. Sein erstes Treffen mit dem BVB war erfolgreich. Mit Juve holte er gegen den BVB den Uefa-Cup.

Seine Zeit beim BVB begann wegen anfänglicher Schwierigkeiten erst ab dem 5. Spieltag, danach fehlte er nur einmal wegen einer Gelbsperre und sorgte am Ende für die erste Deutsche Meisterschaft seit 32 Jahren. Das Duell gegen Juve im Uefa-Cup endete aber für den BVB erneut mit einer Niederlage. Ein Jahr später verteidigte Cesar mit Dortmund die Meisterschaft. 1997 trafen die Dortmunder in München erneut auf Juventus. Diesmal gewannen die Borussen und holten den wichtigsten Wettbewerb im Vereinsfußball. Doch obwohl er beim BVB beliebt war, erlebte er auch die Schattenseiten in Dortmund. 1994 wurde er bei einem Discobesuch (zusammen mit seinem Dolmetscher Eduardo Lucio Facion) wohl aufgrund seiner Hautfarbe nicht reingelassen. Aufgrund eines Passus im Vertrag hätte er fristlos kündigen können, wurde aber aufgrund der Zusprüche aus der BVB-Fanszene und dem Verein motiviert in Dortmund zu bleiben. Ein weiterer Punkt an ihm waren die Verspätungen nach der Sommer- und Winterpause. Jedes Halbjahr wurden Wetten abgeschlossen, wann er zurück kam. Durch die Strafzahlungen wurde die BVB-Mannschaftskasse auf neue Rekordzahlen gehoben. 1998 wechselte für fast ein halbes Jahr zu Botafogo (ob das eine Leihe oder ein Verkauf war, da streiten sich die Medien). 1999 gab es dann einen Wechsel nach Panathinaikos. Aber nur ein halbes Jahr später war er in der Bundesliga bei Werder Bremen. 2000 wechselte er nach Rio Branco EC, wo er seine Karriere beendete.

4. Jürgen Kohler (1995 / 2,6 Mio. Euro*)

Jürgen Kohler (zusammen mit Roman Weidenfeller)

Ein Jahr nach dem Duo Möller/Cesar kam der nächste Juve-Spieler zum BVB. Weltmeister Jürgen Kohler folgte dem Lockruf aus Westfalen und unterschrieb, neben Herrlich, Sosa, Heinrich und Berger, einen Vertrag in Dortmund. Das Dreamteam nahm langsam Gestalt an.

Jürgen Kohler begann seine Karriere bei seiner Heimatmannschaft Jahn Lambsheim. 1983 wechselte er zu Waldhof Mannheim, bevor er vier Jahre später zum 1. FC Köln kam. Nach zwei Jahren in Köln folgte der Wechsel zum deutschen Branchenprimus Bayern München. 1991 wechselte er für 7,5 Mio. Euro* zu Juventus Turin, wo er 1993 gegen den BVB den Uefa-Cup gewann. Nach vier Jahren wechselte er dann zu Borussia Dortmund.

Auch der Kokser (wie Kohlers Spitzname war) wurde in Dortmund durch seine Spielweise ganz schnell zum Publikumsliebling. Die Fans feierten ihn mit „Jürgen Kohler – Fußballgott“-Gesängen. Die Verteidigung Kohler – Sammer – Cesar galt in dieser Zeit als das Beste, was die Liga hatte. Insgesamt zwei Meisterschaften, den CL-Gewinn und den Weltpokal holte Kohler mit dem BVB und wurde 1997 als Fußballer des Jahres ausgezeichnet. Ein weiterer Europapokal blieb ihm verwehrt. 2002 im Uefa-Cup flog er nach 31. Minuten wegen Notbremse vom Platz, der BVB verlor das Endspiel in Rotterdam mit 2:3. Damit endete seine aktive Zeit. Kohler begann seine Karriere 2002 als Trainer als DFB-U21-Trainer. Nach nur einem Jahr wurde er Sportdirektor in Leverkusen, 2005 folgte dann die Trainertätigkeit beim MSV Duisburg. Beim VfR Aalen wurde er 2008 Trainer, gab diesen aber nach drei Monaten aus gesundheitlichen Gründen auf und wurde Sportdirektor. Es folgten dann Anstellungen bei Grafschafter SV (A-Jugend), Bonner SC (U19), SpVgg. EGC Wirges, SC Hauenstein und VfL Alfter. Aktuell arbeitet er bei Viktoria Köln, wo er hauptsächlich die U19 betreut, aber auch als Interimstrainer die Profis betreute.

5. Paolo Sousa (1996 / 3,6 Mio. Euro*)

Ohne Sousa hätte es dieses Ergebnis nicht gegeben

Wieder ein Jahr später kam der nächste Spieler von Juve. Dieser war dann wohl das fehlende Puzzleteil für den CL-Gewinn. Mit ihm kamen Schneider, Booth, Kirovski, Lambert und der unglücklichste CL-Gewinner Feiersinger zum BVB.

Sousa begann seine Karriere in der Jugendmannschaft Repesenses, bevor er zu Benfica Lissabon wechselte. 1993 wechselte er die Fahnen und unterschrieb bei Sporting. Nach nur einem Jahr ging es dann nach Juventus Turin, wo er dann den Champions League-Titel gewann. 1996 wurde er dann nach Dortmund verkauft.

In Dortmund hatte er häufig mit Verletzungen zu kämpfen, gerade einmal elf Spiele konnte er in der Bundesliga bestreiten. Aber beim Finalsieg gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber Turin in München blieb er (anders als im Vorjahr) die gesamte Spielzeit auf dem Platz und konnte somit den Titel verteidigen. Da er in seiner zweiten Saison beim BVB weiterhin Verletzungsprobleme hatte (kam nur auf 16 Spiele), verkaufte ihn der BVB im Januar 1998 für 7,6 Mio. Euro zu Inter. Zwischenzeitlich wurde er zum AC Parma verliehen, ehe er 2000 zu Panathinaikos verkauft wurde. 2002 wechselte er ablösefrei zu Espanyol Barcelona, wo er dann seine aktive Zeit beendete.

Als Trainer war er dann als Jugendtrainer im portugiesischen Fußball tätig. 2008 wechselte er als Trainer zu den Queens Park Rangers und 2009 war er dann bei Swansea City. Danach folgte Leicester City, Videoton FC (ungarischer Meister aus Szekesfehervar) und Maccabi Tel Aviv. 2014 kam er zum FC Basel und ging danach zum AC Florenz. 2017 war er Trainer beim chinesischen Club Tianjin Quanjian, ehe er 2019 zu Girondins Bordeaux wechselte.

6. Sunday Oliseh (2000 / 7,5 Mio. Euro)

Nach der Verpflichtung wurde die Möllerbrücke bei einer Derby-Aktion einfach mal umbenannt.

Nach dem erfolgreichen Juve-Deal folgte der sechste Versuch erst 2000. Dank der Börsen-Millionen begann der BVB groß einzukaufen. Im Sommer holte man zwei Spieler aus Italien. Zum einen kam Jörg Heinrich zurück, zum anderen verpflichtete man von Juventus einen gewissen Sunday Oliseh, seines Zeichen Olympia-Goldmedallien-Gewinner 1996.

Olisehs Jugendverein war Julius Berger Lagos. Danach landete er bei Bridge Football Club, bevor er 1990 nach Belgien zu RFC Lüttich wechselte. Sein nächster Verein war dann 1994 Reggio Audace FC, bevor er ein Jahr später zum ersten Mal in Deutschland beim 1. FC Köln landete. Zwei Jahre später wechselte er zu Ajax Amsterdam, bevor es ihn 1999 zu Juventus Turin verschlug. In Italien konnte er sich nicht durchsetzen, sodass er im Jahr 2000 zu Borussia Dortmund kam.

Seine Zeit beim BVB war von Verletzungen geprägt. So kam er nur auf 53 Spiele. 2003 wechselte er auf Leihbasis zum VfL Bochum. Hier kam es wohl zu einer Auseinandersetzung mit seinem Mitspieler Haschemian, der ihn angeblich auf dem Platz rassistisch beleidigt hat. Daraufhin brach Oliseh dem Mitspieler das Nasenbein. Am Ende musste er den Verein verlassen. 2005 verließ er Borussia Dortmund ablösefrei und wechselte nach Belgien zu KRC Genk, wo er 2006 seine aktive Karriere beendete. 2015 wurde er Nationaltrainer von Nigeria, aber nur nach einem Jahr trennte man sich wieder. 2016 unterschrieb er einen Vertrag als Trainer bei Fortuna Sittard, welcher ihn zwei Jahre später rausgeworfen hat.

7. Robert Kovac (2007 / ablösefrei)

Robert Kovac im BVB-Trikot

Sieben Jahre später kam es wieder zu einer Zusammenarbeit mit Juventus Turin. Neben den Neuzugängen Petric, Blaszczykowski, Klimowicz, Federico und Ziegler kam auch Robert Kovac ablösefrei nach Dortmund.

Der Kroate wurde in Berlin geboren, wo er bei Rapide Wedding begann. Er wechselte dann zu Hertha Zehlendorf, bevor er 1995 zum 1. FC Nürnberg wechselte. Nach einem Jahr ging er zu Bayer Leverkusen. Nach fünf Jahre in NRW zog es ihn zu Bayern München. 2005 wechselte er dann ablösefrei zu Juventus Turin. Zwei Jahre später kam er dann zum BVB, da sein Vertrag mit den Italienern aufgelöst wurde.

In Dortmund war der 33-jährige zusammen mit Christian Wörns für die Innenverteidigung zuständig. Insgesamt kam der Kroate auf 26 Spiele. Der größte Erfolg war dann der Einzug ins Pokalfinale 2008, welches aber gegen Bayern verloren ging. 2009 trennten sich dann wieder die Wege und wechselte für knapp eine halbe Mio. Euro zu Dinamo Zagreb, wo er 2010 seine aktive Zeit beendete. 2013 wurde er Co-Trainer bei der kroatischen U21-Nationalmannschaft, wo er dann zusammen mit seinem Bruder auch die A-Mannschaft übernahm. 2016 ging er, ebenfalls als Co-Trainer neben seinem Bruder, zu Eintracht Frankfurt. Zwei Jahre später wechselte er zu Bayern München, wo er im November 2019 entlassen wurde.

8. Emre Can (2020 / ? Mio. Euro)

Nun arbeiten sie zusammen - Emre Can mit Marco Reus

Der Letzte von Juventus Turin folgte nun in dieser Woche. Für im Endeffekt 26 Mio. Euro (1 Mio. Euro Leihe mit Kaufpflicht im Sommer [angeblich 25 Mio. euro]) holte man den defensiven Mittelfeldspieler aus Italien. Der Haupteinsatzort soll aber die Defensive sein. Somit betrugen die Transferausgaben in diesem Winter zwar nur rund 21 Mio. Euro, im Sommer kommen halt weitere 25 Mio. Euro dazu. Neben Erling Haaland und Giovanni Reyna ist er nun der dritte Neuzugang. Gegangen sind mit Alcacer, Bruun Larsen und Weigl ebenfalls drei Spieler.

Can wurde in Frankfurt geboren, sodass sein erster Jugendverein SB Blau-Gelb Frankfurt war. Er wechselte dann zu den Jugendmannschaften von Eintracht Frankfurt und FC Bayern. 2013 ging er dann für 5 Mio. Euro zu Bayer Leverkusen. Doch nach nur einem Jahr zog es ihn auf die Insel zum FC Liverpool (12 Mio. Euro Ablöse). 2018 wechselte er dann ablösefrei zu Juventus Turin.

Die Saison 2019/20 war für den Nationalspieler Emre Can bislang eine verlorene Saison. In der Hinrunde kam er kaum zu Einsatz und wurde auch nicht für die Champions League nominiert. So kam es dann zu diesem Wechsel. Can kann sowohl im defensiven Mittelfeld, aber auch in der Innenverteidigung und als rechter Außenverteidiger spielen. Wie weit dieser Wechsel sinnvoll ist, wird sich zeigen.

Das Fazit

Nein, abscheulich waren die Acht aus Turin nicht. Gerade die ersten fünf Wechsel (zusammen mit diversen anderen Transfers) waren der Garant dafür, dass Borussia Dortmund die Champions League gewonnen hat. Ohne Reuter, Möller, Cesar, Kohler und natürlich Sousa hätte der BVB halt nicht die Klasse gehabt, dass man die Erfolge in dieser Zeit gefeiert hat. Und bis auf Sousa sind auch alle Spieler lange beim BVB geblieben. Aber in diesem Jahrtausend muss man die Transfers etwas kritischer sehen. Mit viel Vorschusslorbeeren kam Oliseh nach Dortmund. Hier fiel er eher durch komische Verletzungen als durch Leistung auf. Auch Kovac ist sicherlich kein Weltklasse-Transfer. Jedoch war dieser kostengünstig und brachte eine gewisse Sicherheit (dank Rentner-Abwehr). Zu Can kann man einfach noch nichts sagen, dafür ist der Wechsel zu frisch. Es bleibt zu hoffen, dass er sich nicht an seinen beiden Vorgängern orientiert, sondern an der Rückholaktion in den 90ern.

*) Der einfachheitshalber werden die Summen immer in Euro angezeichnet, auch wenn es vor 1999 noch die DM gab.

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