Sitzfußball gegen den Club Brugge K.V.
Zum Ende der Hinrunde der Champions League in der Gruppe F entführte der BVB mit einem souveränen 3:0 Sieg drei Punkte aus Westflandern.
Und schon wieder war ich zum „Couch Potato“ verdammt. Die typischen Utensilien wie Stift, Papier, Chips und Bier lagen bzw. standen schon bereit. Nur nicht einschlafen, dachte ich beim Blick auf die mal wieder leeren Tribünenränge. Als ob die in Belgien im Moment nicht andere Probleme hätten als so einen unnützen „systemrelevanten“ Abendkick. Gut, schoss mir durch den Kopf, ihr wollt ja am nächsten Tag etwas zu lesen haben und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es sich lohnt, wach zu bleiben. Da musste ich jetzt durch, mit viel Geduld und Spucke. Ich versuchte das Beste daraus zu machen und stieg in die Konzentration ein.
Ich weiß inzwischen nicht mehr, warum ich mir die Pressekonferenzen am Tag vor dem Spiel anschaue: Es ist immer das gleiche Muster. Emotionsloses Gerede von „ich habe es nicht verstanden,“ bis „man wird sehen“ und „es wird ein schweres Spiel.“ Auf der anderen Seite Kollegen mit banalen Fragen und guter Miene zum bösen Spiel. Irgendwie passt das alles zum Charakter der Geisterspiele. Ein Sascha Fligge, der sich im Wesentlichen selbst moderiert und ein Thomas Meunier, bei dem ich wenigstens mein Französisch etwas aufbessern konnte. Hoffentlich wird das Spiel nicht so langweilig wie diese Vortagsveranstaltung. So brachte diese Pressekonferenz nur eine Erkenntnis: Mats Hummels wird in Brügge definitiv nicht dabei sein. Das muss man erst einmal verdauen. Gerade er war ein Leistungsträger bei den vergangenen Zu-null-Spielen.
Ich nahm mir noch einen Schluck aus der Pulle und blickte dann von der Couch in das leere Jan-Breydel-Stadion, das normalerweise 29.062 Fans Platz bietet. Für einen Moment vergaß ich, dass ich gleich an der Angel von Sky hängen würde. Sorry, eigentlich hatte ich darauf keinen Bock mehr und deswegen den Vertrag zum Ende des Jahres gekündigt. Ich dachte auch nicht an die Initiative “Unser Fußball“. Ich wusste schon selbst, was im Moment im Fußball abgeht. Corona hatte gezeigt, dass wir Doofen nicht nur Staffage für ein Spiel mit Event-Charakter waren. Auch Thomas Meunier schien die Fans zu vermissen, er hatte dies in der Pressekonferenz eindeutig und glaubhaft vermittelt. Sie waren mit einer der Gründe, das Angebot des BVB anzunehmen.
Das Spiel beginnt
Ich spürte tatsächlich etwas Fußballfieber als die Mannschaft ihre Startposition einnahm. Der Trainer wählte die zuletzt erfolgreiche Grundeinstellung und überraschte mit Axel Witsel in der Innenverteidigung. Jude Bellingham, Jadon Sancho und Marco Reus waren Opfer der Belastungssteuerung. In den ersten zehn Minuten des Spieles wirkte das Abwehrverhalten der neu formierten Defensive noch etwas wenig eingespielt. Erste Ängste entwickelten sich auf der Couch und die Chips-Anzahl erhöhte sich. Sehr schnell bekam ich aber das Gefühl, dass dies auf der Gegenseite noch unglücklicher war. Die Borussen wirkten bissiger und entschlossener, nutzten Raum und Gegner und kamen schließlich in der 14. Minute zum 1:0 durch Thorgan Hazard. Thomas Delaney bereitete exzellent vor und Simon Mignolet erhielt ebenfalls einen Scorerpunkt. Kaum hatte man dieses Standardtor verdaut, kam schon in der 18. Minute der nächste Geniestreich. Eine Ecke mit anschließender Kopfballstafette über Delaney und Witsel landete bei Erling Haaland. Dieser versuchte es zunächst mit dem Kopf, vollendete dann aber per Schuss in die Bude. Schon wieder ein Standard. Was war los mit diesen schwarzgelben Vollstreckern? Damit nicht genug. Es kam noch schlimmer für den defensiven Hühnerhaufen des Club Brugge. Erneut war es Haaland in der 32. Minute, der auf Vorlage von Meunier den Ball über die Linie drückte. Vier Minuten später hatten die Belgier eine der wenigen Chancen durch Sobol. Es blieb aber beim Halbzeitstand von 3:0 für unseren BVB.
Die zweite Hälfte
Wer glaubte, die Hausherren würden zu Beginn des zweiten Abschnittes so richtig aufdrehen, sah sich getäuscht. Die Abwehr der Schwarzgelben stand und Thomas Meunier machte für mich eines seiner besten Spiele im BVB-Dress. Auch die beiden anderen Belgier in unserem Team überzeugten an diesem Abend. Der BVB zeigte zwar immer noch Biss, aber vor dem gegnerischen Tor fehlte das letzte Engagement. So verrannen die Minuten und die Möglichkeit, dass vielleicht doch noch ein Tor fiel, hielt mich wach. Endlich mal ein Spiel, bei dem man sich zwischenzeitlich auch einmal zurücklehnen konnte. Schließlich durften in der 72. Minute auch noch Jude Bellingham und Marco Reus an die Pille und kurz danach Felix Passlack. In der 84. Minute folgten Reinier und Mateu Morey. Nach dem Abpfiff machte sich Zufriedenheit breit. Wir hatten in der Champions League auswärts 3:0 gewonnen. Ich war wach geblieben und hatte dieses Ergebnis sicherlich nicht geträumt. Das Unentschieden von 1:1 im Gruppenspiel Zenit gegen Lazio brachte uns sogar die Tabellenführung in der Gruppe F. Schöner kann ein Fußballabend doch nicht zu Ende gehen.
Zieht den Bayern die Lederhosen aus
Am Samstag kommt mit dem FC Bayern ein anderes Kaliber ins Westfalenstadion. Nur ein Tor und hinten wieder zu-null-spielen-davon werde ich heute Nacht träumen. Ein Alptraum ist für mich allerdings der Fall David Alaba. Er zeigt, dass der Fußball und seine Verantwortlichen immer noch nichts gelernt haben. Was sagte doch sein Berater, übrigens der gleiche wie der von der Nummer Neun der Bayern: “Es geht ihm doch gar nicht um das Geld, sondern um die Wertschätzung.“ Dies muss mir Herr Pini Zahavi aber mal bei einem Export erklären, wie er das gemeint hat. Solange solche Spielerberater das Sagen haben und auch noch hofiert werden, sind mir Fans wichtiger als das „Geschäft Fußball“. Bis zum nächsten Spielbericht und haut sie am Samstag aus dem Stadion. Nur der BVB!