Spielbericht Profis

Laues Spiel, Gruppensieg und CL-Rekord – Dortmund gewinnt in Russland

09.12.2020, 09:39 Uhr von:  CHS
Das Logo von Zenit in Blau am Stadion, darüber Zuschauer
Das Zenit-Logo im Petrowski Stadion 2014

Mit einer Rumpfelf reisten die Borussen nach St. Petersburg und hofften, dass man den Gruppensieg holte. Dies gelang am Ende, aber der Weg dahin war äußerst holprig. Und das lag nicht nur am Rasen. Am Ende steht der Gruppensieg.

Ausgangslage

Unbehaun – Schmelzer, Akanji, Meunier – Guerreiro, Delaney, Dahoud, Morey – Reinier, Haaland

Nein, das ist nicht die Aufstellung des BVB (fehlt ja noch ein Spieler), sondern es sind die Ausfälle von Borussia Dortmund. Das zeigt schon ein Problem, welches die Dortmunder hatten. Man hatte nur eine Rumpfelf zur Verfügung.

Und die lautete:

Hitz - Piszczek, Hummels, Can - Passlack, Witsel, Bellingham, Schulz - Brandt, Reus, Hazard

Auf der Bank waren mit Bürki (gibt das wieder eine Dauersendung bezüglich Torwartwechsel?) und Drljaca schon zwei Torhüter. Trotzdem reichte es nicht, die Bank voll zu kriegen. Mit Zagadou, Sancho, Moukoko, Reyna, Knauff und Raschl waren nur acht Spieler auf der Bank.

Bild vom Petrowski Stadion in St. Petersburg 2014: Leere Tribüne, Mannschaften spielen dort, im Hintergrund die Anzeigentafel (Stand 2-0 für den BVB)
Fast stimmt das Ergebnis - BVB in St. Petersburg im Petrowski Stadion 2014

Zenit konnte folgende Mannschaft aufbieten:

Kerzhakov - Santos, Barrios, Azmoun, Malcom, Dirussi, Kuzyaev, Sutormin, Ozdoev, Rakits'kyy, Prokhin

Die Bank der Gastgeber lautet: Vasyutin (TW), Lunev (TW) - Krugovoi, Lovren, Karavaev, Mostovoy, Zhirkov, Wendel, Erokhin, Dzyu, Shamkinba, Musaev

Für Borussia Dortmund ging es um den Gruppensieg, für die Russen eigentlich nur ums Geld, da sie bereits ausgeschieden sind (lustigerweise war ihr einziger Punktgewinn ein Vorteil für den BVB, da sie den gegen Rom errungen haben). Da in Russland Zuschauer zugelassen waren (was ist schon Corona und in Russland leben ja genug Leute?), waren zwischen 10.000 und 17.000 Fans des russischen Meisters anwesend – die Medien waren sich nicht einig. Da die Spanier von vor einer Woche woanders ihr Unwesen trieben, kam der Schiri diesmal aus Rumänien – zumindest die auf dem Platz. Es waren István Kovács, Vasile Marinescu und Mihai Artene.

1. Hälfte

Julian Brandt stürmt aufs Tor, im Hintergrund ein Spieer von Leverkusen und em BVB
Enttäuschte wieder einmal - Julian Brandt (gegen Leverkusen 2020)

Zu Beginn übernahmen die Gastgeber das Spielgeschehen. Vor allem Dortmunder Ballverluste, häufig von Julian Brandt, sorgten für Gefahr. In der 7. Minute ist es der ehemalige Hamburger Douglas Santos, der das Tor knapp verfehlt. Aber das Tor wäre wohl Abseits gewesen. Zwei Minuten später versuchte Reus nach einem Doppelpass mit Schulz einen Torschuss, aber dieser wurde von Prokhin geklärt. Die beiden folgenden Ecken brachten keine Chance. In der 10. Minute räumte Sardar Azmoun den Dortmunder Can ab und erhielt die erste Gelbe Karte.

Zenit stand hinten sicher und versuchte weiterhin Akzente nach vorne zu setzen. In der 16. Minute war es dann soweit: Malcom hatte an der rechten Strafraumlinie zu viel Platz. Sein Pass auf Sutormin entblößte die Dortmunder Abwehr und sein Rückpass auf Sebastian Driussi wurde von ihm direkt aufs Tor geschossen. Vielleicht hätte Hitz den noch bekommen, aber leider wurde der Schuss von Hummels abgefälscht zum 1:0 für die Russen. Damit wären die Römer Gruppenerster geworden.

Schulz am Ball im Angriff - Spiel gegen Gladbach 2019
Nico Schulz zeigte sich verbessert im Spiel (gegen Gladbach 2019)

Auf der anderen Seite versuchte nach einem Brandt-Pass (mal was Positives zum Brandt-Einsatz) Hazard mit einem Torschuss, den aber Torhüter Kerzhakov abwehren konnte. Zwar versuchten die Dortmunder eine Drangphase zu erreichen, doch die Zuspiele waren einfach zu ungenau. Nach einer Ecke von Brandt folgte ein Kopfball von Can aufs Tor, dieser ging aber deutlich vorbei. In der 33. Minute fiel das 2:0 durch Azmound, aber da dieser beim Pass von Ozdoevs im Abseits war, galt der Treffer nicht. In der Folgezeit verflachte das Spiel (vor allem das Dortmunder). Erst kurz vor der Halbzeit lief es wieder flüssiger. In der 43. Minute nahm Bellingham eine Schulz-Flanke direkt an, doch der Schuss ging knapp über den linken Winkel vorbei. Zwei Minuten später aber trafen die Dortmunder das Zenit-Tor – zumindest den Rahmen. Reus nimmt einen Witsel-Pass am linken Sechszehner-Eck an und schlenzte ihn wunderbar am Torhüter vorbei. Leider zielte er dabei so genau, dass sein Schuss am Pfosten landete. Somit wurde die erste Halbzeit wie schon so häufig mit einem Rückstand beendet.

Was auffiel: Ohne einen echten Stürmer waren die Dortmunder zu berechenbar. Das musste sich in der zweiten Hälfte ändern.

2. Hälfte

Reus geht auf dem Platz im Spiel gegen GE 2019
Kapitän Reus verpasste den Ausgleich zur Halbzeit knapp (Spiel gegen GE 2019)

Ohne Änderungen gingen beide Mannschaften zurück auf dem Platz. Aber erneut übernahmen die Russen die Initiative. In der 48. Minute beförderte Malcom den Ball vom rechten Flügel flach in Richtung Elfmeterpunkt, dort zog Kuzyaev ab. Marwin Hitz konnte diesen Schuss abwehren und auch an dem Nachschuss von Prokhin aus spitzen Winkel aufhalten. Von den Dortmundern kam zu diesem Zeitpunkt kaum etwas. In der 58. Minute war es dann soweit: Neben Gio Reyna wurde auch Youssoufa Moukoko eingewechselt (für Passlack und Brandt) und ist damit nun der jüngste Spieler, der jemals in der Champions League eingesetzt wurde. Zwei Minuten später reagierte auch Zenit-Trainer Semak und wechselte sowohl Wendel als auch Dzyuba ein. Dafür gingen Kuzyaev und Torschütze Driussi vom Platz. Doch die Russen blieben im Spiel. In der 63. Minute konnte Schulz einen Linksschuss von Azmoun abwehren. Vier Minuten später versuchte sich Bellingham mit einem Weitschuss, der aber deutlich über das Tor ging. Semak wechselte erneut und brachte Lovren für Rakitskiy.

Fast völlig überraschend erzielten die Dortmunder in der 68. Minute den Ausgleich. Eine Ecke von der rechten Seite landete bei Hummels. Dieser stocherte den Ball in Richtung des Zenit-Tores, doch diesen Schuss konnte Kerzhakov abwehren. Doch Lukasz Piszczek eroberte den Ball, zeigte, dass er früher mal Stürmer war, und drückte den Ball aus vier Metern über die Linie. Aber es reichte noch nicht zum Gruppensieg, da zur gleichen Zeit Lazio mit 2:1 gegen Brügge, die in Unterzahl spielten, führte.

Piszczek gibt den Ball weiter im Spiel gegen Freiburg 2020
Lukas Piszczek erzielte den Ausgleich (Spiel gegen SC Freiburg 2020)

Dortmund wechselte erneut und brachte neben Zagadou auch Sancho. Den Platz verließen die anscheinend angeschlagenen Piszczek und Hummels. Die Dortmunder übernahmen mehr und mehr das Kommando. Moukoko, der zwar bemüht war, aber dessen Jugend und mangelnde Erfahrung zu sehen waren, brauchte trotzdem Schwung auf dem Platz, da sich das Dortmunder Spiel nun gewandelt hatte. In der 78. Minute kam er nach einer Flanke von Reus einen Schritt zu spät. Trotzdem folgte eine gute Nachricht aus Rom: Brügge hatte in Unterzahl den Ausgleich erzielt. Nun waren die Dortmunder wieder Gruppenerster.

Doch es wurde noch besser für den Borussen. In der gleichen Minute nahm sich der ehemalige Zenit-Spieler Axel Witsel ein Herz und zog platziert aus 18 Metern auf die rechte flache Ecke des Tores. Völlig überraschend für Spieler, Kommentatoren und auch den Spielberichtsschreiber schlug der Ball ins Tor ein. 2:1 für Borussia Dortmund. Damit waren die Nachfragen in Rom nebensächlich.

Semak reagierte und brachte für Malcom bzw. Ozdoev die Spieler Karavaev und Krugovoy. Damit hatte er alle möglichen Wechsel aufgebraucht. In der 82. Minute wehrte Schulz in aller höchster Not einen Schuss von Azmoun – nach einer Ecke von Douglas Santos – ab. Das Verletzungspech bei Dortmund riss aber nicht ab. Nur eine Minute später musste Thorgan Hazard wegen einer Oberschenkelverletzung den Platz verlassen. Es folgte ein weiteres Champions-League-Debüt eines Dortmunders. Der 18-jährige Ansgar Knauff durfte sich 10 Minuten der breiten Öffentlichkeit präsentieren.

Witsel hat den Ball im Mittelfeld im Spiel in Gladbach 2020
Axel Witsel erzielte als Rückkehrer den 2-1-Siegtreffer (Spiel in Gladbach 2020)

Es folgten dann wütende Angriffe von St. Petersburg. Doch sowohl in der 86. als auch in der 88. Minute konnte Hitz einen Ausgleich verhindern. Es folgte die Nachspielzeit – vier Minuten. In dieser konnten sich die Dortmunder etwas befreien. Dann war das Spiel beendet. Gruppensieg für den BVB und ein paar Milliönchen mehr auf dem Konto. Gerade in der Corona-Zeit nichts Verkehrtes. Was allerdings Sorgen macht, ist zum einen die spielerische Armut, wenn kein echter Stürmer auf dem Platz ist. Zum anderen die Verletzungsliste. Hier muss man abwarten, was mit Pischu, Hummels und Hazard ist. Auch wird man abwarten müssen, ob jemand von der Zehnergruppe zurückkommt. Viel Hoffnung sollte man sich nicht machen, wenn es im Heimspiel gegen Stuttgart geht. Aber vielleicht ist dieser überraschende Sieg in Russland ja der Auftakt zu einem Klasse-Endspurt. Man wird doch mal träumen dürfen…

Statistik

Lächelnder Favre bei der CL-PK gegen Paris 2020, im Vordergrund Bild des CL-Ball
Konnte nach dem Spiel lachen - Lucien Favre bei der CL-PK (gegen Paris 2020)

Zenit St. Petersburg: Kerzhakov - Sutormin, Prokhin, Rakytskyy (67. Lovren), Douglas Santos - Kuzyaev (60. Wendel), Barrios, Ozdoev - Malcom, Azmoun, Driussi (60. Dzyuba)

Trainer: Sergey Semak

Borussia Dortmund: Hitz - Piszczek (72. Sancho), Hummels (72. Zagadou), Can - Passlack (58. Reyna), Witsel, Bellingham, Schulz - Brandt (58. Moukoko), Reus, Hazard (83. Knauff)

Trainer: Lucien Favre

Schiedsrichter: Kovács (Rumänien)

Tore: 1:0 Driussi (16.), 1:1 Piszczek (68.), 1:2 Witsel (78.)

Eckstöße: 6:8 (2:4)

Chancenverhältnis: 4:5 (1:3)

Gelbe Karte: Azmoun (Zenit / 10. Minute)

Zuschauer: 10.860 (lt. BVB-HP)

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