Laues Spiel, Gruppensieg und CL-Rekord – Dortmund gewinnt in Russland
Mit einer Rumpfelf reisten die Borussen nach St. Petersburg und hofften, dass man den Gruppensieg holte. Dies gelang am Ende, aber der Weg dahin war äußerst holprig. Und das lag nicht nur am Rasen. Am Ende steht der Gruppensieg.
Ausgangslage
Unbehaun – Schmelzer, Akanji, Meunier – Guerreiro, Delaney,
Dahoud, Morey – Reinier, Haaland
Nein,
das ist nicht die Aufstellung des BVB (fehlt ja noch ein Spieler),
sondern es sind die Ausfälle von Borussia Dortmund. Das zeigt schon
ein Problem, welches die Dortmunder hatten. Man hatte nur eine
Rumpfelf zur Verfügung.
Und
die lautete:
Hitz
- Piszczek, Hummels, Can - Passlack, Witsel, Bellingham, Schulz -
Brandt, Reus, Hazard
Auf
der Bank waren mit Bürki (gibt das wieder eine Dauersendung
bezüglich Torwartwechsel?) und Drljaca schon zwei Torhüter.
Trotzdem reichte es nicht, die Bank voll zu kriegen. Mit Zagadou,
Sancho, Moukoko, Reyna, Knauff und Raschl waren nur acht Spieler auf
der Bank.
Zenit konnte folgende Mannschaft aufbieten:
Kerzhakov - Santos, Barrios, Azmoun, Malcom, Dirussi, Kuzyaev,
Sutormin, Ozdoev, Rakits'kyy, Prokhin
Die Bank der Gastgeber lautet: Vasyutin (TW), Lunev (TW) - Krugovoi, Lovren, Karavaev, Mostovoy, Zhirkov, Wendel, Erokhin, Dzyu, Shamkinba, Musaev
Für Borussia Dortmund ging es um den Gruppensieg, für die Russen eigentlich nur ums Geld, da sie bereits ausgeschieden sind (lustigerweise war ihr einziger Punktgewinn ein Vorteil für den BVB, da sie den gegen Rom errungen haben). Da in Russland Zuschauer zugelassen waren (was ist schon Corona und in Russland leben ja genug Leute?), waren zwischen 10.000 und 17.000 Fans des russischen Meisters anwesend – die Medien waren sich nicht einig. Da die Spanier von vor einer Woche woanders ihr Unwesen trieben, kam der Schiri diesmal aus Rumänien – zumindest die auf dem Platz. Es waren István Kovács, Vasile Marinescu und Mihai Artene.
1. Hälfte
Zu Beginn übernahmen die Gastgeber das Spielgeschehen. Vor allem
Dortmunder Ballverluste, häufig von Julian Brandt, sorgten für
Gefahr. In der 7. Minute ist es der ehemalige Hamburger Douglas
Santos, der das Tor knapp verfehlt. Aber das Tor wäre wohl Abseits
gewesen. Zwei Minuten später versuchte Reus nach einem Doppelpass
mit Schulz einen Torschuss, aber dieser wurde von Prokhin geklärt.
Die beiden folgenden Ecken brachten keine Chance. In der 10. Minute
räumte Sardar Azmoun den Dortmunder Can ab und erhielt die erste
Gelbe Karte.
Zenit stand hinten sicher und versuchte weiterhin Akzente nach vorne zu setzen. In der 16. Minute war es dann soweit: Malcom hatte an der rechten Strafraumlinie zu viel Platz. Sein Pass auf Sutormin entblößte die Dortmunder Abwehr und sein Rückpass auf Sebastian Driussi wurde von ihm direkt aufs Tor geschossen. Vielleicht hätte Hitz den noch bekommen, aber leider wurde der Schuss von Hummels abgefälscht zum 1:0 für die Russen. Damit wären die Römer Gruppenerster geworden.
Auf der anderen Seite versuchte nach einem Brandt-Pass (mal was
Positives zum Brandt-Einsatz) Hazard mit einem Torschuss, den aber
Torhüter Kerzhakov abwehren konnte. Zwar versuchten die Dortmunder
eine Drangphase zu erreichen, doch die Zuspiele waren einfach zu
ungenau. Nach einer Ecke von Brandt folgte ein Kopfball von Can aufs
Tor, dieser ging aber deutlich vorbei. In der 33. Minute fiel das 2:0
durch Azmound, aber da dieser beim Pass von Ozdoevs im Abseits war,
galt der Treffer nicht. In der Folgezeit verflachte das Spiel (vor
allem das Dortmunder). Erst kurz vor der Halbzeit lief es wieder
flüssiger. In der 43. Minute nahm Bellingham eine Schulz-Flanke
direkt an, doch der Schuss ging knapp über den linken Winkel vorbei.
Zwei Minuten später aber trafen die Dortmunder das Zenit-Tor –
zumindest den Rahmen. Reus nimmt einen Witsel-Pass am linken
Sechszehner-Eck an und schlenzte ihn wunderbar am Torhüter vorbei.
Leider zielte er dabei so genau, dass sein Schuss am Pfosten landete.
Somit wurde die erste Halbzeit wie schon so häufig mit einem
Rückstand beendet.
Was auffiel: Ohne einen echten Stürmer waren die Dortmunder zu berechenbar. Das musste sich in der zweiten Hälfte ändern.
2. Hälfte
Ohne Änderungen gingen beide Mannschaften zurück auf dem Platz.
Aber erneut übernahmen die Russen die Initiative. In der 48. Minute
beförderte Malcom den Ball vom rechten Flügel flach in Richtung
Elfmeterpunkt, dort zog Kuzyaev ab. Marwin Hitz konnte diesen Schuss
abwehren und auch an dem Nachschuss von Prokhin aus spitzen Winkel
aufhalten. Von den Dortmundern kam zu diesem Zeitpunkt kaum etwas. In
der 58. Minute war es dann soweit: Neben Gio Reyna wurde auch
Youssoufa Moukoko eingewechselt (für Passlack und Brandt) und ist
damit nun der jüngste Spieler, der jemals in der Champions League
eingesetzt wurde. Zwei Minuten später reagierte auch Zenit-Trainer
Semak und wechselte sowohl Wendel als auch Dzyuba ein. Dafür gingen
Kuzyaev und Torschütze Driussi vom Platz. Doch die Russen blieben im
Spiel. In der 63. Minute konnte Schulz einen Linksschuss von Azmoun
abwehren. Vier Minuten später versuchte sich Bellingham mit einem
Weitschuss, der aber deutlich über das Tor ging. Semak wechselte
erneut und brachte Lovren für Rakitskiy.
Fast völlig überraschend erzielten die Dortmunder in der 68. Minute den Ausgleich. Eine Ecke von der rechten Seite landete bei Hummels. Dieser stocherte den Ball in Richtung des Zenit-Tores, doch diesen Schuss konnte Kerzhakov abwehren. Doch Lukasz Piszczek eroberte den Ball, zeigte, dass er früher mal Stürmer war, und drückte den Ball aus vier Metern über die Linie. Aber es reichte noch nicht zum Gruppensieg, da zur gleichen Zeit Lazio mit 2:1 gegen Brügge, die in Unterzahl spielten, führte.
Dortmund wechselte erneut und brachte neben Zagadou auch Sancho. Den
Platz verließen die anscheinend angeschlagenen Piszczek und Hummels.
Die Dortmunder übernahmen mehr und mehr das Kommando. Moukoko, der
zwar bemüht war, aber dessen Jugend und mangelnde Erfahrung zu sehen
waren, brauchte trotzdem Schwung auf dem Platz, da sich das
Dortmunder Spiel nun gewandelt hatte. In der 78. Minute kam er nach
einer Flanke von Reus einen Schritt zu spät. Trotzdem folgte eine
gute Nachricht aus Rom: Brügge hatte in Unterzahl den Ausgleich
erzielt. Nun waren die Dortmunder wieder Gruppenerster.
Doch es wurde noch besser für den Borussen. In der gleichen Minute nahm sich der ehemalige Zenit-Spieler Axel Witsel ein Herz und zog platziert aus 18 Metern auf die rechte flache Ecke des Tores. Völlig überraschend für Spieler, Kommentatoren und auch den Spielberichtsschreiber schlug der Ball ins Tor ein. 2:1 für Borussia Dortmund. Damit waren die Nachfragen in Rom nebensächlich.
Semak reagierte und brachte für Malcom bzw. Ozdoev die Spieler
Karavaev und Krugovoy. Damit hatte er alle möglichen Wechsel
aufgebraucht. In der 82. Minute wehrte Schulz in aller höchster Not
einen Schuss von Azmoun – nach einer Ecke von Douglas Santos –
ab. Das Verletzungspech bei Dortmund riss aber nicht ab. Nur eine
Minute später musste Thorgan Hazard wegen einer
Oberschenkelverletzung den Platz verlassen. Es folgte ein weiteres
Champions-League-Debüt eines Dortmunders. Der 18-jährige Ansgar
Knauff durfte sich 10 Minuten der breiten Öffentlichkeit
präsentieren.
Es folgten dann wütende Angriffe von St. Petersburg. Doch sowohl in der 86. als auch in der 88. Minute konnte Hitz einen Ausgleich verhindern. Es folgte die Nachspielzeit – vier Minuten. In dieser konnten sich die Dortmunder etwas befreien. Dann war das Spiel beendet. Gruppensieg für den BVB und ein paar Milliönchen mehr auf dem Konto. Gerade in der Corona-Zeit nichts Verkehrtes. Was allerdings Sorgen macht, ist zum einen die spielerische Armut, wenn kein echter Stürmer auf dem Platz ist. Zum anderen die Verletzungsliste. Hier muss man abwarten, was mit Pischu, Hummels und Hazard ist. Auch wird man abwarten müssen, ob jemand von der Zehnergruppe zurückkommt. Viel Hoffnung sollte man sich nicht machen, wenn es im Heimspiel gegen Stuttgart geht. Aber vielleicht ist dieser überraschende Sieg in Russland ja der Auftakt zu einem Klasse-Endspurt. Man wird doch mal träumen dürfen…
Statistik
Zenit St. Petersburg: Kerzhakov - Sutormin, Prokhin, Rakytskyy (67. Lovren), Douglas Santos - Kuzyaev (60. Wendel), Barrios, Ozdoev - Malcom, Azmoun, Driussi (60. Dzyuba)
Trainer: Sergey Semak
Borussia Dortmund: Hitz - Piszczek (72. Sancho), Hummels (72. Zagadou), Can - Passlack (58. Reyna), Witsel, Bellingham, Schulz - Brandt (58. Moukoko), Reus, Hazard (83. Knauff)
Trainer: Lucien Favre
Schiedsrichter:
Kovács (Rumänien)
Tore:
1:0 Driussi (16.), 1:1 Piszczek (68.), 1:2 Witsel (78.)
Eckstöße: 6:8 (2:4)
Chancenverhältnis: 4:5 (1:3)
Gelbe Karte: Azmoun (Zenit / 10. Minute)
Zuschauer: 10.860 (lt. BVB-HP)