Vom „Gürki Bürki“ zum Matchwinner – Roman Bürki und die verdiente Nummer 1
Wenn man sich die Entwicklung von Roman Bürki über die letzten Monate anschaut, so ist ein Text über ihn längst fällig geworden. Immer mehr Superlative wurden in dieser Hinrunde für den 28-jährigen Schweizer gewählt, und das nicht zu unrecht.
Noch in der letzten Saison war Bürki für viele ein Wackelkandidat, trug mit seinen Fehlern und Unsicherheiten genauso wie jeder andere im Team zur schlechten Leistung der Mannschaft bei. Noch sehr gut sind die hämischen Überschriften in dutzenden Magazinen und die teils doch sehr beleidigenden Gespräche im Stadion in Erinnerung.
Ich erinnere mich selber noch gut an den 13.09.2017. Hinspiel in London gegen Tottenham Hotspur, in dem Stadion, dass laut einiger Tottenham-Fans mehr Konzerthaus als Fußballstadion ist. Die Momente an die ich mich erinnere, sind die zwei bösen Patzer von Roman Bürki. Gutes Stellungsspiel? War in beiden Szenen nicht vorhanden. Viel eher machte Bürki das kurze Eck noch weiter auf. Son und Kane bedankten sich. Die 1-2 Niederlage gegen Stuttgart ist auch so ein Spiel, das mir bleibend in Erinnerung geblieben ist. Bereits in der fünften Minute wollte Bartra unbedrängt zu Bürki zurückspielen, sah nicht, dass Bürki rausgestürmt war und schoss ihm die Kugel ans Schienbein. Akolo schob ins leere Tor ein. Selbst Watzke sagte damals: „Er hat jetzt eine nicht so gute Phase“.
„Gürki Bürki“, wie der Torhüter in manchen Medien und auch teilweise im Stadion beleidigend genannt wurde, war in der vergangenen Saison ein Sündenbock für viele BVB-Fans, doch jetzt scheint er wirklich komplett in Dortmund angekommen zu sein.
Dafür spricht auch die Statistik. Natürlich war die komplette Mannschaft letzte Saison von der Rolle, doch stehen nach 18 Spieltagen bei Bürki in dieser Saison nur 16 Gegentore bei sechs „zu Null“- Spielen in der bisherigen Zwischenbilanz. In der Saison 2017/18 waren es zu diesem Zeitpunkt 21 Gegentore bei sieben „zu Null“- Spielen (die noch der guten Anfangsphase unter Peter Bosz zu verdanken waren). In der Champions League wird das Gefälle noch deutlicher: 13 Gegentoren nach sechs Spielen stehen in dieser Saison zwei Gegentoren nach der gleichen Anzahl an Matches gegenüber.
Was genau zur Leistungssteigerung beigetragen hat, darüber lässt sich teilweise nur spekulieren. Fakt ist jedoch, dass Bürki die vermutlich beste Hinrunde seiner Karriere gespielt hat. Zwar nicht komplett fehlerfrei, aber immer zur Stelle, wenn er gebraucht wurde. An diese Hinrunde hat er beim Spiel gegen RasenBallsport Leipzig, bis auf einen kleinen Ausrutscher, an seine Leistung angeknüpft. Nicht immer perfekt, gerade im Spielaufbau, aber da wenn es nötig ist. Diesen Ruf hat sich Roman mittlerweile erarbeitet. Das letzte Spiel gegen Leipzig war nur ein Beispiel von vielen, in denen er die drei Punkte für den BVB festgehalten hat.
Bürki selbst erklärte in der Medienrunde während des Wintertrainingslagers in Marbella: „Ich konnte wieder von Null anfangen in diesem Sommer, habe mit mir selbst mit dem abgeschlossen, was in der letzte Saison alles passiert ist. Ich habe viel für mich analysiert. Ich wusste und weiß, dass ich mehr kann und konnte einen guten Strich unter alles ziehen. Ich bin gut in die Hinrunde gestartet, auch das hat mir sehr geholfen und mir Selbstbewusstsein gegeben.“
Bürki ist stabiler und selbstsicherer geworden über den Sommer. Er hat, wie er selbst sagt, gelernt, die Ruhe im Spiel zu bewahren. Auch in eins gegen eins Situationen. „Dir muss klar werden, dass du da nichts verlieren kannst. Geht der Ball rein, hast du es zumindest versucht. Parierst du den Ball aber, dann hast du alles richtig gemacht. Du musst die Ruhe bewahren und möglichst dem Gegenspieler die Entscheidung überlassen, was er tun muss und ihm nicht eine Lösung anbieten.“ Davon profitieren sowohl er, als auch der BVB heute. Nicht nur auf seinem Trikot steht jetzt die Nummer 1, sondern für fast jeden Dortmundfan dürfte er mittlerweile die unumstrittene Eins im Kasten sein.
Dem sollte noch hinzugefügt werden, dass der, zumindest in der Medienrunde, doch eher schüchtern wirkende Bürki im Sommer Roman Weidenenfeller noch gefragt hat, ob er dessen Rückennummer übernehmen dürfe. Das zeugt von großem Respekt und einem guten Charakter. Überhaupt wirkte Bürki in der Medienrunde zwar etwas schüchtern und zurückhaltend, strahlte aber auch eine Ruhe und Gelassenheit aus.
Ebenfalls könnteder Wechsel auf der Position des Torwarttrainers ein ausschlaggebender Punkt gewesen sein. Im Sommer hat Teddy nach 17 Jahren seinen Abschied aus dem BVB-Trainerteam verkündet und damit auch Platz für ein moderneres Torwarttraining gemacht. Bürki selbst sagte in Marbella: "Ich wusste, dass unser neuer Torwarttrainer Matthias Kleinsteiber ein bisschen fortschrittlicher ist, was die Trainingsarbeit angeht, als es Teddy de Beer war. Das hat mich sicherlich auch einen Schritt nach vorne gebracht."
Ein weitere Grund ist vielleicht der zeitlich immer größer werdende Abstand zum hinterhältigen Anschlag auf die Mannschaft und die Verurteilung des Täters Sergej W. zu 14 Jahren Haft. Zumindest von außen könnte man deutet, dass dieses dunkle Lebenskapitel vielleicht nicht abgeschlossen, aber ein Stück weiter verarbeitet worden ist, sodass Bürki befreiter spielen kann.
Dass er sich durch seinen „Stand-by“ Modus in der Schweizer Nati fürs Erste nur auf den BVB und sich selbstkonzentriert, tut sein Übriges. „Es war die richtige Zeit, um eine Pause in der Nati einzulegen. Ich habe sechs Jahre für die Nationalmannschaft gespielt und möchte mich nun komplett auf den BVB konzentrieren.“
Kurzum: Lieber Roman, mach weiter so. Wir wollen in dieser Saison noch oft „Bürki, Bürki, Bürki“ brüllen können, wenn du uns wieder den Hintern erfolgreich rettest. Du bist zu einem Stützpfeiler geworden und genießt mittlerweile ein großes Vertrauen. Wer braucht schon einen Neuer, wenn man die Schweizergarde im Kasten haben kann. Roman, du bist nun komplett beim BVB und in den Herzen der Fans angekommen.