Die DFL - eine ehrenwerte Familie
Anfang Juni schüttelte die kritische Fanwelt wieder einmal den Kopf. Infantino wurde trotz allerlei Skandale und egomanischer Aktionen per Akklamation in seinem Amt bestätigt. Ganz vorne mit dabei die Granden von DFB und DFL. Was das alles mit den Werten zu tun hat, die der Weltfußball so gerne für sich reklamiert? Nichts.
Doch man muss nicht weit schauen, um zu verstehen, warum auch der deutsche Fußball so etwas mitträgt. Nach den Demissionen von Zwanziger, Niersbach und Grindel ist die Suche nach einem neuen DFB-Präsident ein Beispiel dafür, mit welcher Intransparenz man so etwas im kleinsten Kreis ausklüngelt. Die Frankfurter Rundschau skizziert sehr schön, wie ein Headhunter vom DFB-Vorstand beauftragt wird, um den nächsten Dummen zu finden. Beteiligt an der Entscheidungsfindung für Fritz Keller waren im Grunde also nur sechs Personen. Transparenz sieht anders aus.
Wie diese Personalie zu der Einschätzung passt, dass der neue DFB Präsident sowieso nur der Grüßonkel bzw. die Rampensau ist, während Dr. Koch und Curtius die eigentlichen Machtfaktoren beim DFB sind, muss sich nun zeigen. Doch still und leise steht eine viel wichtigere Entscheidung an – am 20. und 21.08. kommt die DFL zusammen, um nach der Strukturreform sich ein neues Gesicht zu geben.
Bezeichnend ist, dass dieser Termin und auch die neuen Strukturen auf der offiziellen Webseite nur rudimentär zu finden sind – wenn überhaupt. Das hier wesentliche Entscheidungen geplant, vorbereitet und abgestimmt werden, die Auswirkung bis runter in die unteren Ligen haben, wird spätestens bei den Themen Spieltagszerstückelung, TV-Geld-Verteilschlüssel und der 50+1-Debatte bewusst. Es lohnt also, einen Blick darauf zu werfen, was und wer überhaupt gewählt wird.
Die folgenden Ausführungen ergeben sich aus Erkenntnissen, die der Autor durch Gespräche mit Vertretern aus dem professionellen Fußball gemacht hat. Es mögen im Detail Fehler drin sein und die Deutsche Fußball Liga ist gerne eingeladen, im Sinne der Transparenz endlich Klarheit zu schaffen.
Grundsätzlich gliedert sich die DFL in den e.V. und die GmbH. Die Einschätzung vieler ist, dass zukünftig die Strategie im Präsidium des e.V. festgelegt wird. Die GmbH setzt diese dann um, aus Fansicht ist es also entscheidend, wer im e.V. das Sagen hat. Insgesamt sprechen wir hier über neun Personen, die die Strategie eben an den Fans vorbei definieren oder nicht.
Als Beispiel kann hier auch die 50+1 gesehen werden. Nach der letzten Abstimmung wurde beschlossen, dass die Regel auf rechtlich sichere Füße gestellt werden soll. Was das heißt, lässt aber natürlich viel Interpretationsspielraum. Der Personenkreis um Seifert interpretiert das wohl eher als Auftrag um festzustellen, dass die Regel nicht rechtmäßig ist und abgeschafft gehört. Ein kleines Beispiel, das zeigt, wie Weichen in die falsche Richtung gestellt werden können.
Schaut man sich nun die Zusammensetzung des Präsidiums an, fällt direkt auf, dass der Sprecher (respektive Vorsitzende) gar nicht gewählt wird, sondern der angestellte Geschäftsführer der GmbH qua Satzung ist. Für kritische Fans ist das erst einmal keine gute Nachricht. Alle Gespräche mit Seifert liefen eher ernüchternd ab und Begriffe wie Teflon oder wandelnde Excel-Tabelle mach(t)en die Runde. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass Seifert sowohl die weitere Kommerzialisierung als auch die Abschaffung der 50+1 befürwortet – für die Zukunft keine gute Konstellation. Dazu kommt der Prokurist, der durch den Aufsichtsrat der GmbH bestimmt wird. Es läuft wohl auf Ansgar Schwenken hinaus. Eine verlässliche Stimme für Seifert, Hr. Schwenken wird wohl nicht gegen seinen Chef stimmen.
Die restlichen Posten werden gewählt und hier spielt dann auch für Fans die Musik. In bester Verbandstradition wird aber in der Regel schon vorher im Hinterzimmer Gesprächen alles abgestimmt, sodass die Wahl ohne Gegenkandidaten einer Akklamation gleicht. Es gibt Gerüchte von einem Treffen verschiedener Vereine in Frankfurt aber auch von anderen Koalitionen, die sich vorbereiten, um ihre Kandidaten zu positionieren.
Ob das dieses Jahr wieder dazu führt, dass die „Wahlen“ ad absurdum geführt werden, ist natürlich Spekulation. Sicher ist aber schon einmal, dass der 1. Stellvertreter Peter Peters wird – es gibt schlicht keinen Gegenkandidaten. Peters wird nachgesagt, ein enges Verhältnis zu Seifert zu pflegen. Auch ansonsten fiel er nicht unbedingt durch Nähe zu Fanthemen auf.
Für den zweiten Stellvertreter hat ebenso die 1. Bundesliga Vorschlagsrecht. Aktuell gibt es zwei Bewerber. Beide Vertreter sind sicherlich keine Hardliner für die 50+1 Abschaffung. Aus Fansicht ist es wohl nicht ganz unrealistisch, eher zum Vertreter des SC Freiburg zu tendieren. Der SC Freiburg hat sich in der Vergangenheit immer eher im Sinne der Fans bei Themen wie 50+1 positioniert. Der dritte Stellvertreter wird von der zweiten Liga nominiert. Hier stehen aktuell Schneekloth von Holstein Kiel und Bernd Hoffmann vom HSV zur Wahl. Bernd Hoffmann ist der Vertreter eines Vereins, der sich mit Haut und Haaren seinem Investor ausgeliefert hat und dafür den Bruch mit der aktiven Fanszene in Kauf genommen hat.
Schneekloth steht dann eher für einen Verein, der mit seinen wirtschaftlichen Mitteln solide arbeitet und mit dem möglichen Aufstieg in die 1. Bundesliga die Tücken der DFL kennengelernt hat. Es ist auch fraglich, ob ein Verein wie der HSV, der sich eher in Rom als in Sandhausen sieht, der richtige Vertreter für Zweitliga-Vereine ist.
Neben den Stellvertretern werden je zwei Vertreter der Ligen aus dem Kreis der 18 Vereine gewählt. Für die erste Liga sind aktuell Watzke, Wehrle (FC Köln), Meeske (Wolfsburg), Dreesen (FC Bayern) und Leki (Freiburg, falls er nicht 2. Stellvertreter wird) vorgeschlagen. Aus Fansicht und Befürworter der 50+1 kann man sich vor Meeske und Dreesen nur fürchten. Von einem Plastikklub von Volkswagens Gnaden ist wohl nicht viel im Sinne der aktiven Fans zu erwarten, von den schäumenden Bayern nach der 50+1-Abstimmung ganz zu schweigen. Aus Fansicht muss man fast hoffen, dass Wehrle und Watzke zum Zuge kommen.
Bei der zweiten Liga stehen Vertreter von Darmstadt, St. Pauli, SV Sandhausen und eventuell Hamburg oder Kiel zur Wahl. Die Haltung des FC St. Pauli als alternativer Kommerzklub ist bekannt und auch Darmstadt ist wohl ähnlich wie Kiel einzuordnen. Der Sandhausener Vertreter gilt dem Gemunkel nach als Strohpuppe der Gegner von 50+1.
Es ist also spannend, was in den Hinterzimmern in der kommenden Woche besprochen wird. Eventuell wird es auch zu gar keinen Kampfabstimmungen kommen, weil man im Vorfeld mit Deals und Gegenleistungen alles geregelt hat. Ein Beispiel kann hier Ingo Schiller von Hertha BSC sein, der als Kandidat für den e.V. zurückgezogen hat. Über die Gründe kann man nur spekulieren. Je nachdem wen man fragt, bekommt man eine andere Antwort. Fakt ist, er tritt nicht mehr an. Dazu ist es schon bezeichnend, dass mit dem 1. Stellvertreter die Person bereits feststeht, die mit dem Sprecher (Seifert) seinen Arbeitsvertrag aushandelt. Ob das wirklich im Sinne der Fußballkultur ist, was hier passiert – ohne dass die Öffentlichkeit an diesen Prozessen auch nur graduell teilnimmt, möchte man dann doch bezweifeln.