...Jacob Bruun Larsen: "Ich möchte unbedingt Deutscher Meister mit dem BVB werden"
Nach seiner Leihe zum VfB Stuttgart trumpfte Jacob Bruun Larsen beim BVB groß auf. Im schwatzgelb.de-Interview spricht der Shootingstar über seine Jugendzeit, Hannes Wolf, Lucien Favre, Verbesserungspotentiale und sein nächstes großes Ziel.
Mittwoch, 09.01.2019 - Nach einer Innenbanddehnung im
Knie steigt Jacob Bruun Larsen wieder ins Training ein. Abends treffen
wir ihn zum Interview in der Lobby des "Gran Meliá Don Pepe". Kurz nach
dem Abendessen bewegt sich der sympatische Däne fast etwas schüchtern
auf uns zu. Nach einer kurzen Begrüßung nimmt Bruun Larsen auf dem Sofa
gegenüber Platz.
schwatzgelb.de: Hey Jacob, wir haben dich heute nach deiner Verletzung am Knie zum ersten Mal wieder beim Training gesehen. Wie geht es dir?
Bruun Larsen: Es geht vorwärts, das Knie ist stabil. Ich kann noch nicht alles mitmachen, weil ich das Knie nach einer Dehnung noch nicht zu sehr belasten soll, aber der Doc sagt, dass es positiv aussieht. Mir fehlt nur noch ein bisschen die Form und die Ausdauer, aber eigentlich ist alles sehr, sehr gut.
schwatzgelb.de: Ihr habt unter Anderem “eins gegen eins” und “zwei gegen zwei” gespielt. Wer ist in so einer Übung der anspruchsvollste Gegenspieler?
Bruun Larsen: Julian Weigl hat das heute überragend gemacht, hat mir gleich zweimal den Ball geklaut. Für das Training heute würde ich also Julian Weigl sagen.
schwatzgelb.de: Und insgesamt? Wer ist der defensivstärkste Spieler?
Bruun Larsen: Ich spiele jetzt meistens auf der linken Außenbahn und treffe dabei meist auf Manuel Akanji, Ömer (Toprak) und Piszcu (Lukasz Piszczek) - die drei machen das schon sehr stark! Ich könnte natürlich noch weitere Spieler nennen, aber gegen die drei finde ich es sehr unangenehm, weil sie vom Stellungsspiel und Körperverständnis sehr gut sind. Die haben einfach Erfahrung. Außerdem haben Manu und Piszcu auch die notwendige Schnelligkeit. Ömer ist nicht ganz so schnell wie die beiden, löst das dann aber durch seine Erfahrung und sein Stellungsspiel sehr gut. Manu ist zwar noch jung, hat aber ein riesiges Potenzial.
schwatzgelb.de: Was hast du in den Tagen davor hier in Marbella gemacht? Wie sieht ein Trainingslager aus, wenn man aus einer Verletzung kommt?
Bruun Larsen: Alles, was körperlich möglich ist. Ich habe viele Laufeinheiten absolviert, viel für die Stabilität getan und viel im Fitnessraum gearbeitet. Ich machte alles, was erlaubt ist, um wieder ganz fit zu werden - auch muskulär. Da hatte ich in der Vergangenheit schon mal ein paar Probleme, aber das habe ich jetzt nicht mehr. Meine Muskeln mussten sich erst daran gewöhnen, so ein anstrengendes Programm abspulen zu können, weil wir viele Spiele hatten.
schwatzgelb.de: Blicken wir mal ein paar Jahre zurück: Du bist im Großraum Kopenhagen geboren und hast in Lyngby gespielt. Gibt es einen dänischen Verein, von dem du Fan bist?
Bruun Larsen: Weil ich viel in Lyngby gespielt habe, verfolge ich den Verein natürlich immer noch. Zu dem Club habe ich eine persönliche Verbindung, weil ich mit 11 dort hingewechselt bin und den Plan hatte, für die erste Mannschaft zu spielen. Aber Fan bin ich, seit ich klein war, immer vom FC Kopenhagen.
schwatzgelb.de: Mit gerade einmal 16 Jahren bist du dann nach Deutschland gewechselt. Wie kam es dazu? Wie ist das abgelaufen?
Bruun Larsen: Die besten dänischen Nationalspieler spielen im Ausland und für die Nationalmannschaft zu spielen, war für mich immer das Größte. Nach ein paar Jahren in Lyngby wollte ich einfach gerne ins Ausland, weil ich wusste, dass mir das helfen würde. Es gab dann ein paar Angebote, nach dem Probetraining habe ich mich aber für Borussia Dortmund entschieden. Der BVB war und ist der Verein, bei dem ich mich am besten weiterentwickeln kann.
schwatzgelb.de: Wie kam der Kontakt zu Stande? Hattest du schon einen Berater?
Bruun Larsen: Ich hatte schon einen Berater. Es war aber nicht so, dass ich in Lyngby einen professionellen Vertrag unterschrieben hatte. Mein Ziel war klar und ich habe mir alle Optionen offen gehalten. Deshalb mussten wir bei meinem Transfer nur die Altersgrenze beachten; also dass ich 16 sein musste, um ins Ausland wechseln zu können.
schwatzgelb.de: Welche Überlegungen haben bei deinem Wechsel damals für dich eine Rolle gespielt?
Bruun Larsen: Ich habe mich natürlich gefragt, welcher Verein der richtige für mich ist. Dabei war die wichtigste Frage immer, wo ich mich am Meisten wohl fühle. Wie ist der Trainerstab der Mannschaft, in der ich spiele? Wie sind die Mitspieler? Wie gut ist das Niveau? Wie gut ist der Verein insgesamt? Und auch die Schule war ein wichtiger Punkt auf meiner Liste. Da hat der BVB einfach das beste Gesamtpaket geboten.
schwatzgelb.de: Bist du in Deutschland weiterhin zur Schule gegangen oder hattest du schon einen Abschluss?
Bruun Larsen: Ich habe in Deutschland natürlich weitergemacht, hatte aber schon einen Abschluss in Dänemark. Zuerst bin ich in Deutschland für vier Monate ganz normal zur Schule gegangen. Das war sehr, sehr schwer, weil ich kaum deutsch konnte. Ich hatte ein bisschen in Dänemark gelernt, aber das war was ganz Anderes. Ich musste Dinge auf deutsch verstehen, die ich auf dänisch noch nicht kannte.
Da haben wir dann mit dem Verein gesprochen, damit wir etwas Anderes finden, weil es wirklich anstrengend war, viele Stunden in die Schule zu gehen ohne alles zu verstehen und dann noch jeden Tag im Training mein Bestes zu geben. Eine Ausbildung kam nicht in Frage, weil klar war, dass ich erst mal ein paar Jahre brauche, bis ich die Sprache beherrsche und neue Dinge zu lernen, die in der Muttersprache schon schwierig sind.
Wir haben dann schnell eine Lösung gefunden: Ich habe privat Sprachunterricht genommen, vier Stunden am Tag, fünfmal in der Woche. Dadurch habe ich die Sprache schnell gelernt und konnte nach einem halben Jahr einen neuen Versuch in der Schule starten. Allerdings wurde ich kurz darauf zur Profimannschaft hochgezogen und musste morgens trainieren, sodass ich nicht mehr zur Schule gehen konnte.
schwatzgelb.de: War es schwierig, so jung direkt weit von zu Hause wegzuziehen? Wie hat der BVB dir dabei geholfen?
Bruun Larsen: Ich war vom Kopf her gut vorbereitet, habe bereits vor dem Wechsel ein wenig Deutschunterricht genommen. Der Anfang war dann auch gar nicht schwierig. Die ersten drei Monate, sogar das erste halbe Jahr verging so schnell, dass ich gar keine Zeit hatte, mir Gedanken zu machen. Ich habe im Jugendhaus mit Matthias Kleinsteiber und seiner Frau gewohnt. Das war sehr schön. Wir waren 12 Spieler, dadurch habe ich mich nicht alleine gefühlt in so einem großen Land. Dänemark ist viel kleiner, da kennt fast jeder jeden (lacht). Das hat es für mich leichter gemacht. Es war sehr familiär, das war einfach gut. Der BVB hat mir auch gut in den alltäglichen Dingen geholfen, zum Beispiel mit der Schule und allem, was dazu gehört.
schwatzgelb.de: 2017 hast du ausgerechnet in einer längeren Verletzungspause deinen Vertrag verlängert. Wie wichtig war für diese Entscheidung das Vertrauen des Vereins - oder entscheidet am Ende doch nur das Geld?
Bruun Larsen: Die Verhandlung hatte schon vor der Verletzung angefangen, so einen Vertrag erstellt man ja nicht innerhalb von ein paar Tagen. Natürlich habe ich bei der Verletzung ein wenig Angst bekommen, als ich gehört habe, dass es drei Monate dauert, bis ich wieder fit bin und die Saison dadurch für mich beendet ist. Aber es gab überhaupt keine Zweifel, weder vom BVB, noch von meiner Seite, dass ich wieder fit werde. Ich bin sehr dankbar, dass der BVB mir die Chance gegeben hat und die Verhandlungen nicht auf Grund der Verletzungen ins Stocken gekommen sind. Und ich glaube, jetzt sind wir alle darüber glücklich. Das ist auch ein tolles Symbol an die Fans, weil es zeigt, wie familiär der Verein ist, wie ich eben schon sagte. Und das ist auch jetzt bei den Profis so.
schwatzgelb.de: Unter Hannes Wolf hattest du in der Jugend eine sehr erfolgreiche Zeit. Was hast du damals (von ihm) gelernt?
Bruun Larsen: Wenn ich das alles aufzählen soll, können wir stundenlang hier sitzen. Hannes war seit dem Probetraining und seinem Besuch in Dänemark sehr wichtig für mich. Er war zu 99% der Grund, dass ich mich in Dortmund wohl gefühlt habe. Ich bin nur wegen des Fußballs gewechselt, das war von vornherein klar, und dann ist so ein Fußballfachmann sehr, sehr wichtig. Es hat mich sehr gefreut, dass er nach der U17 mit zur U19 gegangen ist. Ich habe fußballerisch sehr viel von ihm gelernt, aber noch wichtiger ist, wie ich mich als Mensch unter ihm entwickelt habe. Er ist ohne Frage ein großartiger Trainer, was Fußball angeht, aber er war vor allem wie ein Vater für uns in der Mannschaft. Wenn wir Probleme hatten, dann konnten wir zu ihm kommen und mit ihm darüber reden. Dadurch entsteht dann auch das Gefühl, dass man alles für diesen Trainer geben will und zeigen will, wie gut man ist. Er hat mir beigebracht, was man braucht, wenn man ein guter Fußballer werden möchte und dass man sich nicht nur auf sein Talent verlassen kann. Ich möchte in dem Zusammenhang aber auch Benny Hoffmann nennen. Den hatte ich zwar nur ein halbes Jahr, aber das war sehr erfolgreich. Als ich zwischenzeitlich verletzt war, hat er mir sehr geholfen und mir auch viel beigebracht. Hannes kann ich aber noch ein bisschen besser einschätzen, weil ich länger mit ihm zusammengearbeitet habe.
schwatzgelb.de: Nachdem du letztes Jahr bereits mit im Trainingslager in Marbella warst, bist du auf Leihbasis zum VfB Stuttgart gewechselt. Wie ist es dazu gekommen? Ging das von dir oder dem BVB aus?
Bruun Larsen: Wir haben das zusammen entschieden und es war der Wunsch von allen, dass ich nach einem halben Jahr zurückkomme.
schwatzgelb.de: Also kam kein permanenter Wechsel zum VfB in Frage?
Bruun Larsen: Nein, Michael Zorc und ich haben uns damit verabschiedet, dass wir uns irgendwann im Juni oder Anfang Juli wiedersehen.
schwatzgelb.de: In welchen Bereichen hat dich die Zeit in Stuttgart weitergebracht?
Bruun Larsen: Weil ich nicht soviel gespielt habe, habe ich vor allem neben dem Platz viel gelernt, aber das möchte ich nicht vertiefen.
schwatzgelb.de: Wieviel hatte die Entscheidung für den VfB mit der Personalie Hannes Wolf zu tun?
Bruun Larsen: Sehr, sehr viel. Dass ich nach Stuttgart ging, war fast nur wegen Hannes.
schwatzgelb.de: Nachdem du im Sommer zum BVB zurück kamst, hast du – für viele unerwartet – direkt eine wichtige Rolle bei Lucien Favre gespielt. Was kommt dir an seiner Art, Fußball zu spielen, entgegen?
Bruun Larsen: Als ich in Stuttgart nicht viel gespielt habe, habe ich die ganze Zeit nur an Dortmund gedacht und wie ich zurückkommen muss, wie ich mich präsentieren muss. Ich wollte so fit wie möglich für den neuen Trainer sein. Das war für mich sehr wichtig.
An seiner Art kommt mir sehr, sehr viel entgegen. Er ist der Trainer, der am Ende entscheidet, wer spielt. Ich habe mich gut gezeigt und der Trainer hat sehr viel mit mir persönlich gesprochen und mir gesagt, welche Dinge ich verbessern könnte. Das fand ich super. Ich versuche, so viel von ihm zu lernen wie möglich und alle Informationen aufzusaugen, die er und die Co-Trainer für mich haben. Das ist das allerwichtigste und nicht nur, was an Highlights am Ende in der Zeitung steht.
schwatzgelb.de: Was waren die wichtigsten Punkte, die er und sein Team dir in der kurzen Zeit bereits vermitteln konnten? Wo hat er dich besser gemacht?
Bruun Larsen: In allen Kompetenzen im Fußball. Das waren so viele Kleinigkeiten, so viele Details. Die sieht man vielleicht gar nicht, gerade als Zuschauer, aber als Fußballer merkst du, wie viel es ausmacht. Das kann alles sein: Welche Bewegung wichtig ist, wie man besser mit dem Körper steht, das ist sehr detailliert. Damit kann man jede Aktion im Spiel verbessern. So analysieren wir das auch. Das Trainerteam zeigt mir Szenen und erklärt mir daran, wo ich mich verbessern kann. Egal, ob das Einwürfe oder tiefe Läufe sind. Deswegen kann ich keine einzelnen Dinge ‘rauspicken, die sie mir beigebracht haben. Es ist das Gesamtpaket.
schwatzgelb.de: Im Vergleich zu Jadon Sancho oder Christian Pulisic ist deine Spielweise weniger auffällig. Wo siehst du deine Stärken?
Bruun Larsen: Ich glaube, ich bin direkter in meiner Spielweise. Ich muss nicht unbedingt alle ausdribbeln. Meine Stärke ist dann eher, dass ich – wie sagt man? – eine Nase für Tore habe. Aber prinzipiell ist es schwer für mich zu beantworten, was meine Stärken sind, da müsst ihr eher meine Mitspieler fragen.
schwatzgelb.de: Was möchtest und musst du an dir noch verbessern?
Bruun Larsen: Alles.
schwatzgelb.de: Wenn du eine Qualität besonders herausheben möchtest?
Bruun Larsen: Ich habe jetzt sechs oder sieben Spiele kein Tor gemacht, daran möchte ich noch arbeiten. Ich muss mehr Tore schießen.
schwatzgelb.de: Umzug, Erfolge, Verletzungen, der Sprung in den Profikader – du hast jetzt schon so einiges erlebt. Bist du in der Hinsicht Ansprechpartner für Spieler aus der Jugend oder andere junge Spieler, die von außen zum Verein stoßen?
Bruun Larsen: Nein, das bin ich noch nicht. Man darf nicht vergessen, dass ich erst 15 Bundesligaspiele für den BVB gemacht habe. Ich sehe mich nicht so. Klar, wenn Spieler aus der U19 mit im Trainingslager sind und eine Frage haben, gerade zum Ablauf in der Mannschaft, dann kann ich helfen, aber ich sehe mich nicht als erfahren an.
schwatzgelb.de: In Dänemark wurdest du kürzlich zum Talent des Jahres gewählt. Was bedeutet dir so eine Auszeichnung?
Bruun Larsen: Ich war ganz überrascht, weil ich nicht wusste, dass es so etwas gibt. (lacht)
Das freut mich natürlich. Wir haben mit Dänemark die Qualifikation für die U20 EM geschafft und ich habe hier beim BVB gespielt. Persönlich würde ich 2018 in zwei Teile trennen: Ein Teil war, was Spielzeit angeht, nicht so gut, der andere Teil war überragend. Ich gehe mal davon aus, dass vor allem das letzte halbe Jahr den Ausschlag gegeben hat. Die Auszeichnung ist eine coole Sache. Es ist ein tolles Gefühl, dass jemand meine Leistungen wahrnimmt.
schwatzgelb.de: Du stehst noch am Anfang einer hoffentlich langen und erfolgreichen Karriere – Was möchtest du in der Zukunft erreichen?
Bruun Larsen: Ich möchte unbedingt Deutscher Meister mit dem BVB werden. Das ist mein Ding, das ist mein Ziel. Was darüber hinausgeht, was in zwei Jahren oder so ist, darüber denke ich nicht nach. Wir sagen in Dänemark, dass wir im Hier und Jetzt leben. Morgen kommt sowieso von allein, deswegen muss ich mich auf heute fokussieren, weil ich nur dadurch eventuell morgen ändern oder beeinflussen kann.
schwatzgelb.de: In der Jugend hast du drei deutsche Meisterschaften gewonnen. Was waren Erfolgsfaktoren und welche davon würdest bzw. kannst du auf die Rückrunde übertragen?
Bruun Larsen: Ich habe davon mitgenommen, dass man danach sehr glücklich ist. Ich glaube aber, man kann das nicht vergleichen. Das war wirklich sehr schön und vor allem drei Titel hintereinander zu gewinnen, ist überragend. Aber es ist auch Jugendfußball und ich glaube, dass man das nicht einfach so übertragen kann, weil es anders ist.
schwatzgelb.de: Vielen Dank für das Interview und eine erfolgreiche Rückrunde, Jacob!