Von einer verrückten Idee zum Besuchermagneten - Die Geschichte des BORUSSEUM
„Goldene Zukunft braucht Vergangenheit“ heißt es in einem berühmten BVB-Lied, „Tradition verpflichtet“ in einem anderen. Bei kaum einem anderen Fußballverein spielt die Tradition so eine große Rolle wie beim BVB. Umso größer war der Wunsch der BVB-Fanabteilung, unmittelbar nach ihrer Gründung 2004 ein BVB-Museum zu gründen.
Doch von der Idee bis zur Eröffnung des BORUSSEUM war es ein weiter Weg, zumal der BVB nach der Fast-Pleite nicht auf Rosen gebettet war. Der Fußball-Podcast Football was my first love, der Fangeschichte und Fangeschichten dokumentiert, hat sich in Folge 13 dem Thema gewidmet. Im ersten Teil des Podcasts erzählt Podcaster und BVB-Fan Pini von der Gründung des BORUSSEUM, an der er mit der AG Tradition damals selbst beteiligt war. Im zweiten Teil kommen die heutigen Leiterinnen des BORUSSEUM zu Worte. In Kooperation mit Football was my first love veröffentlichen wir eine Zusammenfassung des Podcasts.
Das wäre doch ein guter Raum für ein BVB-Museum
Als rund ein Dutzend BVB-Fans Ende 2004 die BVB-Fanabteilung gründeten, hatten sie nicht nur Sorge um den BVB wegen der Fast-Pleite, sondern sahen auch die Chance, den BVB wieder näher an seine Fans und Mitglieder zu bringen. Ein Thema, das ihnen besonders am Herzen lag, war die große Tradition des BVB: Während es in Manchester, Madrid oder Barcelona tolle Museen gab, wurden in Dortmund historische Gegenstände der BVB-Geschichte nur zufällig aufbewahrt und hingen in den VIP-Räumen in der Nordtribüne, wo beispielsweise alte Trikots zugeraucht wurden oder auch einfach verschwanden. Ein Zustand, bei dem vielen BVB-Fans das Herz blutete.
Dementsprechend großes Interesse gab es an der AG Tradition, die die Fanabteilung nach ihrer Gründung ins Leben rief. Um die 20 Fans, sowohl aus den jungen Ultragruppen als auch von alten Fanclubs und langjährige Sammler von BVB-Exponaten, wollten Traditionsabende veranstalten und ein BVB-Museum bauen. Vom Vorstand der Fanabteilung trieben vor allem Olaf Suplicki und Guido Schnittker das Thema an, sodass schon nach kurzer Zeit im Sommer 2005 der heutige Raum des BORUSSEUM gefunden wurde. Die Mitglieder der AG waren an dem Tag einfach durch das leere Stadion gegangen und hatten in der Nordostecke den heutigen Standort gefunden, der damals noch ein Rohbau war, in dem aber passenderweise schon mal eine Kiste voller Wimpel und ähnlichem stand.
Der Ort war also schnell gefunden – nun fehlten aber noch Exponate und vor allem das nötige Geld. Erste Schätzungen gingen schnell von einem Kapitalbedarf von bis zu einer Millionen Euro aus. Viel Geld, wenn man bedenkt, dass der BVB gerade der Pleite entgangen war und aus dem von Aki Watzke vielzitierten Vorraum der Pathologie kam. Wie so häufig auf der Tribüne waren die BVB-Fans aber auch hier schnell kreativ. Bei „Dein Becher für’s BORUSSEUM“ sammelten viele ehrenamtliche Helfer Becher, später erschien die Benefiz-CD „Wir sind Borussia“, auf der viele Künstler mit BVB-Affinität Songs einspielten und damit um Geld für das BORUSSEUM warben. Parallel legten die Traditionsexperten der Arbeitsgruppe erste Listen mit verfügbaren Exponaten an.
Als Jonas Kamper und Arminia Bielefeld fast das BORUSSEUM zerstört hätten
Das Projekt machte also große Fortschritte und wurde mittlerweile vom BVB nicht nur unterstützt, sondern auch aktiv vorangetrieben. Insbesondere Schatzmeister Dr. Lunow verstand es hervorragend, BVB einerseits und Fans andererseits in das Thema zu involvieren. Doch dann kamen der 30.03.2007 und Jonas Kamper – die 1:0-Niederlage in Bielefeld und das Abrutschen auf Platz 17 nach dem 27. Spieltag wird wohl kaum jemand vergessen, der dabei war. So auch die Mitglieder der AG Tradition, die damals von Dr. Lunow informiert wurden, dass der Bau des BORUSSEUM gestoppt wird, solange der Klassenerhalt nicht gesichert ist. Bange Wochen.
Nachdem die Klassen gesichert und nebenbei die Mutter aller Derbys gewonnen worden war, ging es umso schneller vorwärts mit dem BORUSSEUM. Die Finanzierung war seitens Borussia gesichert und immer mehr tolle Exponate fanden ihren Weg zum BVB. Auch der ehrenamtliche BVB-Archivar Gerd Kolbe zauberte immer wieder tolle Objekte hervor. Am 99. Geburtstag des BVB am 19.12.2008 war es dann soweit: Das BORUSSEUM wurde feierlich eröffnet und vor allem die Mitglieder der AG Tradition kamen an dem Abend aus dem Strahlen nicht mehr heraus.
Das BORUSSEUM heute: Viele legendäre Abende und noch mehr Besucher
Heute ist das BORUSSEUM mehr als etabliert und kann jedes Jahr über 130.000 Besucher begrüßen, wie die Leiterinnen Melanie und Sarah im zweiten Teil des Podcasts erzählen. Gleichzeitig ist es immer noch etwas Besonderes, denn in Deutschland gibt es nur etwa zehn Museen von Fußballvereinen, von denen manche aber auch nur an Spieltagen geöffnet sind. Eine besondere Rolle spielen im BORUSSEUM weiterhin die BVB-Fans. Zum einen sind sie Teil der Dauerausstellung, zum anderen werden immer wieder Ideen von Fans berücksichtigt.
Als besondere Höhepunkte seit der Eröffnung des Museums vor fast 10 Jahren bleiben vor allem einige Traditionsabende in Erinnerung: Das 50-jährige Jubiläum des Europapokalfinals von 1966 sorgte schon im Podcast ebenso für Gänsehaut wie der Besuch Eusebios im Dezember 2013 anlässlich des 50. Jubiläums des legendären Benfica-Spiels. Eusebio war zu dem Zeitpunkt bereits sehr krank und verstarb vier Wochen später. Unvergesslich bleibt auch der Abend, an dem Fan-Legende Erbse Erdmann, der den BVB-Walzer erschaffen hat, das erste Mal seit Anfang der 1980er Jahre wieder in Dortmund war und direkt das ganze Publikum unterhielt. Für Gänsehaut sorgen aber ebenso immer wieder die anderen Traditionsabende, wenn ehemalige Spieler, Fans oder andere Personen aus der BVB-Geschichte zu Gast sind.
Besondere Geschichten stecken auch hinter vielen Exponaten. Das Jahrhunderttrikot von Reinhold Wosab ist sehr beliebt, ebenso natürlich auch die Brille von Jürgen Klopp, die 2011 beim Spiel in München beim Jubel zerbrochen ist.
Damit es auch in Zukunft viele spannende Exponate gibt, kümmert sich das Team des BORUSSEUM auch um die Archivierung von Gegenständen aus der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit. Anlässe für einen Besuch des BORUSSEUM gibt es also genug: Nicht zuletzt auch jetzt im November, wenn die Ausstellung Fan.Tastic Females über weibliche Fußballfans im BORUSSEUM gastiert. Und spätestens in einigen Monaten ist ein BORUSSEUM -Besuch laut Museumsleiterinnen Pflicht: Aktuell arbeitet der BVB mit einer Agentur an einem Relaunch des mittlerweile zehn Jahre alten Museums, das sich dann in neuem Gewand präsentierten wird.
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