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Karl-Heinz Rummenigge feiert seinen Abschied

26.03.2018, 00:00 Uhr von:  Sascha
Karl-Heinz Rummenigge feiert seinen Abschied

"Ich habe mich am vergangenen Donnerstag geistig ein Stück von der DFL verabschiedet“ – So eine vielzitierte Aussage aus einem aktuellen Interview der Fußballzeitung Kicker mit Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge. Zwei Fragen bleiben dabei leider unbeantwortet im Raum stehen: Warum nur von der DFL? Und warum erst jetzt? Erneut schafft es Rummenigge, beckenbaueresk auch den größten Stumpfsinn unwidersprochen in aller Öffentlichkeit zu platzieren. Dabei könnte man hier wunderbar nachbohren.

So bemüht er doch allen ernstes den Begriff des „Solidaritätsgedanken“, den alle Vereine der ersten und zweiten Bundesliga in der Causa „50+1“ doch bitte leben mögen. Dabei ist ein Vertreter des FC Bayern München der Letzte aller Proficlubs, der diese Solidarität einfordern darf. Nicht allein, dass nahezu jeder neu abgeschlossene Vermarktungsvertrag der letzten Jahre so ausformuliert wurde, dass er die finanzielle Vormacht der Münchener nicht nur weiter zementiert, sondern immer weiter ausbaut, die Älteren unter uns werden sich erinnern, dass vor gerade einmal 15 Jahren ans Licht kam, wie solidarisch man sich an der Säbener Straße mit dem schäbigen Rest tatsächlich verhält.

Als 1999 eine erneute Vergaberunde der TV-Rechte auf der Agenda stand, wollte man dort von der praktizierten Gesamt- zu einer für die Bayern deutlich lukrativeren Einzelvermarktung umschwenken. Von diesem Vorhaben ließ man aber plötzlich ab und stimmte der Gesamtvergabe an den Rechteverwerter von Leo Kirch zu. Vier Jahre später kam dann der Grund für diesen Sinneswandel ans Licht. Der FCB hatte einfach einen separaten Geheimvertrag mit Kirch abgeschlossen, der den Bayern insgesamt zusätzlich 40 Millionen Mark, also rund 20 Millionen Euro aufs Konto spülte. Damals planten die Bayern noch mit einem jährlichen Gehaltsetat von, aus heutiger Sicht, läppischen 62 Millionen Euro. Der heutige finanzielle Vorsprung des Branchenprimus hat seine Wurzeln also auch in einem gänzlich unsolidarischen Akt, beziehungsweise ließ man sich die damalige Solidarität teuer bezahlen. Herr Rummenigge sollte da lieber betreten schweigen, statt die Chuzpe zu haben, diese Solidarität einzufordern.

Aber vielleicht reicht es aus, ihm einfach mal zu erklären, wie sich Solidarität überhaupt definiert. Wikipedia gibt dazu folgendes an: „Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten oder gleichgestellten Individuen und Gruppen und den Einsatz für gemeinsame Werte aus“. Zumindest den Teil mit dem gleichgestellt scheint ihm nicht bekannt zu sein, oder aber er findet es einfach nicht akzeptabel, dass der Pöbel ihm und seinem mit Meistersternen dekorierten Unternehmen gleich gestellt ist. So äußerte er ebenfalls sein Befremden darüber, dass „ein Zweitligist, der nach meinem Erkenntnisstand noch nie in einem europäischen Wettbewerb mitgespielt hat“, gleich eine derart „prominente Rolle“ auf der Versammlung in Frankfurt eingenommen hat. Mit anderen Worten: Wer nicht mindestens im Europapokal spielt, möge doch bitte still sein, wenn die Großen darüber reden, wie es mit dem Fußball weitergeht.

Diese Geringschätzung für einen Zweitligisten ist wahrhaft gelebte Solidarität. Das ist aber auch nichts Neues bei ihm. Schon 2015 warnte er die Zweitligaclubs im Rahmen der damaligen TV-Rechtevergabe unterschwellig mit der Mahnung “sich nur etwas realistischer einzuschätzen“. Sonst braue sich etwas wie in England zusammen, was dort zur Ausgliederung in die Premier League führte. Das ist das, was Karl-Heinz Rummenigge wirklich unter Solidarität versteht: die Brotkrümel schlucken, die die Bayern für den Rest der Liga übrig lassen.

Dabei liegt ihm natürlich die Wettbewerbsfähigkeit seiner Marktbegleiter sehr am Herzen und so darf „KHR“ im Interview auch davon schwafeln, dass es nicht „das Ziel“ sein könne, dass sein Verein jetzt das sechste Jahr in Folge mit großen Vorsprung Meister wird und beschwört das tolle und spannende Saisonfinale 2001 in Hamburg. Dabei handelt es sich übrigens um den gleichen Menschen, der vor gut zwei Monaten den deutschen Fans erklärte, dass sie es doch bitteschön toll finden sollen, dass man mit Leon Goretzka zur neuen Saison den nächsten Nationalspieler von einem Bundesligaverein abgeworben habe, weil er dann ja der deutschen Liga erhalten bliebe. Aktuell stehen im Münchener Kader sieben Spieler, die man von potentiellen Konkurrenten der Bundesliga abgeworben hat. Sportlich alles nachvollziehbar, aber wenn die Bayern mit ihrer finanziellen Vormacht permanent die Top-5-Vereine der Liga nach ihren besten Spielern abgrasen, dann dürfen sie mangelnden Wettbewerb mit Sicherheit nicht im Fortbestand der 50+1-Regel verorten.

Dabei sei diese Regel doch der einzige Grund, der deutschen Vereinen einen kometenhaften Aufstieg in die europäische Belle Etàge verwehrt. Namentlich als positive Beispiele führte er Roman Abramovich (Chelsea FC), den „Scheich von Abu Dhabi (Manchester City) und Nasser Al-Khelaifi (Paris St. Germain) als leuchtende Beispiele für die Übernahme von Fußballvereinen in Privatbesitz an.

Ein russischer Oligarch, der in den Wirren der Nachwendezeit mit Sicherheit auf die ganz nette Tour zum Milliardär wurde und zwei arabische Emirate, mit einer mehr als zweifelhaften Einstellung zu Menschenrechten. Welche Ziele diese Länder mit ihren irren Geldsummen im europäischen Fußball tatsächlich verfolgen, zeigte die Zeitschrift 11Freunde erst kürzlich anhand von Manchester City. Es geht dabei nicht einmal darum, das eigene Image aufzupolieren, sondern um Kontakte und Einflüsse in die Politik, die man über dieses Vehikel Profifußball erreichen kann. Ist es wirklich das, was wir in Deutschland erstreben sollen? Teurer Zirkusfirlefanz, um damit Unrechtsstaaten zu mehr Einfluss zu verhelfen? Vielleicht sollte die Liga mal zusammenlegen, um Rummenigge wieder zum Umdenken zu bewegen. Zwei Rolexuhren sind da wohl der gängige Kurs. Witzigerweise erklärt er seine Bewunderung für solche Engagements im Zusammenhang mit einem Gespräch mit Fanvertretern über die Ansetzung des Regionalligaspiels der Zweiten gegen 1860 München an. Dessen „Miteigentümer“ Ismaik taucht verständlicherweise in Kalles Hall of Fame der Investoren nicht auf.

Es ist mittlerweile absolut nicht mehr nachvollziehbar, warum niemand, weder Medien, noch die anderen Vertreter der Liga Karl-Heinz Rummenigge öffentlich in die Schranken weisen und ihn permanent als das entlarven, was er eigentlich ist: Ein Dampfplauderer, der sich Wahrheiten zurecht biegt und oft schlicht und ergreifend Dinge falsch darstellt, wenn es seinen Interessen und denen des FC Bayern München dient. Vielleicht wäre das ein erster, wichtiger Schritt, die Dominanz der Bayern in der Bundesliga zu brechen, indem man ihm nicht bereitwillig das Schlachtfeld überlässt.

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