Dahoud- (k)ein neuer Leader?!
Bei der Niederlage im Pokal-Achtelfinale in München hatten die Verantwortlichen des BVB nicht viel zu lachen. Trotzdem machte sich im Gesicht des Sportdirektors ein feines Lächeln breit, als er auf Sommereinkauf Mahmoud Dahoud und seine Leistung angesprochen wurde. Als beim BVB auf dem Spielfeld so gut wie nichts mehr klappte, sowohl in der Defensive als auch in der Offensive, wechselte Trainer Peter Stöger Mahmoud Dahoud für den überforderten Marc Bartra ein. Ein Ruck ging durch die Mannschaft, die auf einmal wieder eine Grundstruktur in ihr Spiel bekam. Neben der Ballsicherheit und der körperlichen Präsenz Dahouds war es vor allem sein Wille, dieses Spiel noch zu drehen, der ihn an diesem Abend auszeichnete. Es war vermutlich sein bestes Spiel in der Hinrunde im schwarzgelben Trikot.
Diskrepanz zwischen Verein und U21
Ansonsten konnte der 22-Jährige nur selten überzeugen und kam oft nicht über die Zuschauerrolle hinaus. Immer wieder warfen ihn kleinere Verletzungen zurück. So kam er gerade einmal auf vier Startelfeinsätze in der Liga und wurde ganze acht Mal, meist erst spät, eingewechselt. Für einen ambitionierten Spieler wie Dahoud sicherlich nicht gerade befriedigend, erst recht nicht, wenn man die lange Verletztenliste der Borussia im Mittelfeld in die Bewertung mit einbezieht. Auch gibt es eine gewaltige Diskrepanz zwischen seiner Rolle in der U21-Nationalelf und der im Verein. Ist er bei der U21-Nationalelf zu einem Führungsspieler herangereift und zu einem festen Bestandteil geworden, wirkt er im Verein eher blass und kommt über die Rolle des Reservespielers kaum hinaus.
Eine zu hohe Erwartungshaltung
Mit dem Wechsel im Sommer von Gladbach zum BVB wollte Dahoud den nächsten Schritt in seiner Karriere machen. Damals noch von dem Konzept eines Thomas Tuchel nach Dortmund gelockt, erhoffte er sich in Dortmund zu einem A-Nationalspieler entwickeln zu können, zumindest träumte er davon. Die vielen Vorschusslorbeeren vieler Experten, die ihm eine ähnliche Karriere wie Gündogan in Dortmund prophezeiten, konnten bislang noch nicht bestätigt werden. Der als äußerst ehrgeizig und zielstrebig geltende Dahoud sieht seine bisherige Einsatzbilanz im Verein relativ gelassen. Realistisch seine Einschätzung zu Saisonbeginn, dass es nicht einfach werden wird, viele Einsatzzeiten zu erhalten, bei der Qualität, die Borussia im Mittelfeld zur Verfügung hat. Auch hört man in Interviews keine Beschwerden seinerseits über mangelnde Einsatzzeiten. Ebenso melden sich keine Berater zu Wort und drohen indirekt mit einem Wechsel, wenn ihr Schützling nicht mehr Spielzeit erhält. Auf Außenstehende macht Dahoud abseits des Platzes einen bescheidenen und ruhigen Eindruck. Eigenschaften die neben dem Platz sicherlich erwünscht werden, ihm aber auf dem Platz oft im Wege stehen. Seine größten Kritiker warfen ihm schon zu Gladbacher-Zeiten vor, zu wenig „Kampfsau“ und Mentalitätsmonster zu sein und sprachen ihm die Fähigkeit ab, eine Mannschaft führen zu können oder durch seine körperliche Ausstrahlung und Präsenz mitzureißen. Die eher hohen Erwartungen an einen noch sehr jungen Spieler zeigen, welch Potentiale in diesem Jungen schlummern und wohlmöglich zur Entfaltung kommen, wenn man ihm die Zeit gibt, sich in Ruhe als Fußballer und Person zu entwickeln. Die Aussage der Gladbacher Führungsriege, als der Wechsel verkündet wurde, dass Dahoud noch ein bis zwei Jahre in Gladbach bleiben sollte, um sich in Ruhe weiter zu entwickeln, bevor er den nächsten Schritt macht, war nicht nur ein Wunsch, sondern auch ein ernst gemeinter Ratschlag. Aus aktueller Sicht sicherlich kein schlechter.
Eine Investition in die Zukunft
Die 12 Millionen Ablöse, die Borussia für ihn überweisen musste, sind im Vergleich zu anderen Summen, die inzwischen für Spieler seiner Qualität gezahlt werden, eher marginal. Dass nicht jeder junge Spieler sofort einschlägt wie ein Dembele, sollten auch jedem klar sein. Erst recht nicht in der Situation, in der Borussia sich in der Hinrunde befand. Zeiten, in denen bei Borussia Ruhe herrschte und sich junge Spieler ohne Druck und zu hohen Erwartungen entwickeln durften, sind zumindest vorübergehend vorbei.
Trotzdem ist die Verpflichtung Dahouds aus wirtschaftlicher und sportlicher Sicht ein gute und sichere Investition in die Zukunft der Borussia. Dass der
Junge richtig gut kicken kann und sehr wohl in der Lage ist das Zepter auf dem Spielfeld in die Hand zu nehmen, zeigte er zuletzt im Pokalspiel gegen die Bayern, als er dem Sportdirektor ein Lächeln ins Gesicht zauberte. An der Konstanz seiner Leistungen auf dem Platz, wird die Zeit schon von alleine mit werkeln, das Potential zum Leader hat er allemal.
Christoph 21.1.2019