Eua Senf

Ein ganzes halbes Jahr

19.04.2018, 00:00 Uhr von:  Gastautor
Ein ganzes halbes Jahr

Irgendwo habe ich gelesen, wir Borussen sollten aufhören, uns für etwas besseres zu halten...

Was besseres - gab's bestimmt welche, die das dachten, die Blauen dürften das nun endgültig beendet haben.

Ein ganzes halbes Jahr ist garantiert heilsam!

Man kann ein Derby verlieren, aber wenn ich in der Pressekonferenz schon höre, dass man in dieser Saison - da noch auf Platz drei - nichts gut zu machen hätte... Nee, wenn es rein um das Ergebnis und den Tabellenplatz geht, dann stimmt das wohl.

Allerdings wird dabei vergessen, dass viele von uns nicht erst vor kurzem auf einen Erfolgszug aufgesprungen sind. Wir schauen Fußball seit Jahren und sehen auch Entwicklungen...wir sind keine Profis, aber wir haben Ahnungen und Gefühl für's Spiel. Wann ich persönlich dachte, dass wir auf'm Holzweg sind und Termiten haben, lassen wir mal beiseite. Der Mehrheit von uns ist jedoch bewusst, dass die harten Fakten besser aussehen als die 90 Minuten, die wir beobachten...

Sich dann in einem Derby um jeden Preis rein zu hängen und das auch anzukündigen, wäre angebracht gewesen.

Wo in München die Meisterschaft ein müdes Lächeln entlockt, würde man in Dortmund nach einem Derbysieg von ein paar tausend mit Fackeln begrüßt. Etwas anders eben.

Auch von der Motivation für die verbleibenden Spiele will ich gar nicht erst anfangen...oder nur kurz: Ich bin bis heute überzeugt, Liverpool hätte uns nicht rausgeworfen, hätte man das Derby dazwischen ernst genommen. So viel dazu.

Nun ist es fast schon egal, wie diese Saison endet: Unser ganzes Leben, ja. Unser ganzer Stolz, naja.

Marco Reus bringt es auf den Punkt: Wenn am Ende ein Champions League Platz herausspringt, soll's ihm Latte sein... Äh, nein! Ich will mich nicht noch durch eine weitere Saison schummeln.

Was auch immer geplant ist, für die nächste Saison, ich fordere Trainer und Spieler, die wissen was Derby heißt. Niemanden, der lediglich das "Gedicht vom Derby" aufsagen kann! Dieses ganze halbe Jahr nach einer Derby-Niederlage ist für "Fremde" einfach nicht nachzuvollziehen. Derby-Niederlage heißt nicht nur null Punkte, das sind grässliche sechs Monate für jeden einzelnen Fan.

Kevin Großkreutz war in dieser Hinsicht von unschätzbarem Wert. Um den Jungen hatte ich den Fußballgott jahrelang gebeten, einen, der von der Tribüne kommt und weiß, worum es wirklich geht: Keine emotionslosen Serienmeisterschaften, keine wahnwitzigen Transfers, keine große Bühne. Sondern Bock auf's Spiel und Niederlagen, nach denen wir alle völlig abgekämpft sind. Dieser Tage bitte ich den Fußballgott um Hannes Wolf, nicht weil ich große Wunder von ihm etwarte, sondern weil er Dortmunder ist. Das reicht als Qualifikation.

Erfolg ist die Kirsche, nicht die Basis.

Ich will keine Angst vor Ecken und Kanten, keine Angst vor'm achten Platz und keine Angst davor, dass sich zwischendurch im Ton vergriffen wird.

Wir brauchen Authentizität.

Wir wissen, das Leben ist manchmal scheiße, Fußball eben auch und sich hängen lassen gilt nicht.

Kommt, fangen wir von vorne an.


geschrieben von Nina

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