Erwartungen voll erfüllt
Der BVB konnte in Darmstadt die Erwartungen voll erfüllen und kassiert „nur“ eine 1:2 Niederlage. Lediglich die Chancenauswertung der Gastgeber konnte eine höhere Niederlage des BVB verhindern. Mit Blick auf die kommenden Aufgaben in der Champagner-Liga kann man allerdings nur hoffen, dass sich keiner der Spieler eine Erkältung am heutigen Samstag zugezogen hat.
Erwartung an die Aufstellung
Wenn man als BVB vor einem Champions-League-Spiel zum weit abgeschlagenen Tabellenletzten fährt, kann man als Fan schon erwarten, dass der Trainer mit der einen oder anderen Überraschung für zusätzliche Spannung sorgt. Auch wenn der Überraschungsmoment des heutigen Spiels der „Derbyaufstellung“ aus der letzten Saison vor dem Rückspiel in Liverpool nicht ganz das Wasser reichen kann, hat die Aufstellung eines jungen talentierten Mittelfeldspielers wie Burnic mindestens schon die Qualität eines Ü-Ei, bei dem der Inhalt nicht sofort im Mülleimer landet. Endlich, möchte man grölen, gibt der Trainer auch den jungen Spielern eine Chance sich zu präsentieren. Der Versuch, zu beweisen, dass auch verschiedene Generationen (Durchschnittsalter BVB 23 Jahre, SV Darmstadt 30 Jahre) friedlich miteinander
Fußballspielen können, rechtfertigt alleine schon die Aufstellung des BVB. Es soll noch einer etwas von einem Generationenkonflikt in unserer Gesellschaft sagen und erst recht nicht, dass die heutige Jugend keinen Respekt mehr vor dem Alter hat.
Erwartungen an den Spielverlauf
Auch hier, um es gleich vorwegzunehmen, wurden die Erwartungen bei weitem übertroffen. Das Spiel lief erst 15 Minuten und jedem Betrachter war klar: Das wird ein lustiger Nachmittag, der seines Gleichen sucht. Lediglich die roten Clownsnasen in den Gesichtern der BVB-Spieler fehlten, um der stimmungsvolle karnevalistische Prunksitzung auf dem grünen Rasen den angemessen Rahmen zu geben. Die kabarettistischen Einlagen der BVB-Defensive in den ersten 21 Minuten reichten völlig aus, um das Publikum in Wallungen zu bringen. Die aus den Einlagen resultierenden Chancen für den Gegner wurden kläglich vergeben, so dass man schon fast Mitleid mit den Lilien haben musste. Es muss schon frustrierend sein, wenn man in der 5. als Ex-Amateurspieler des BVB (Terrence Boyd) den Ball aus aussichtsreicher Position nicht im Kasten des Gegners unterbringen kann. Erst recht, wenn die Mannschaftskollegen in der 7. Minute mit einem Pfostenschuss und in der 16. Minute mit einem weiteren Versuch kläglich an der Führung
scheitern. Umso größer war dann die Erleichterung, als eben dieser Terrence Boyd in der 21. Minute zur hochverdienten Führung traf. Der Anschlusstreffer des BVB fiel nach der einzigen gelungenen Aktion in der 44. Minute (abgesehen von dem Lattentreffer durch Reus in der 32. Minute). Prima, wie Emre Mor den Ball für Raphael Guerreiro auflegt und dieser trocken den Ball in das Netz jagt. Sollte der BVB nun tatsächlich aus seiner Lethargie erwachen?
"Wir sind gnadenlos durchgefallen." Tuchel auf der PK
Selbstverständlich nicht! Es spielte nur der SV Darmstadt. Das 2:1 in der 67. Minute war nach vielen weiteren Großchancen längst überfällig und mehr als verdient. Nicht nur, dass der Spielverlauf an sich die Erwartungen voll erfüllte, nein, auch die einzelnen Spieler wurden ihr voll gerecht. Den Begriff „Rückrundenform“ sollte sich ein Aubameyang schnellstens patentieren lassen.
Erwartungen an die Stimmung
Auch hier kann man nur einen dicken Haken hinter setzen. Statt beleidigt im Hinblick auf die Sperrung der Süd die Schwenkfahnen einzuholen oder gar gegen die Sperrung der Süd „friedlich“ und „angemessen“ zu demonstrieren, sprangen und hüpften die unteren Reihen im Gästeblock fröhlich vor sich hin. Wirklich höheren konnte man den BVB-Anhang eigentlich nicht, wofür vermutlich das fehlende Dach verantwortlich ist. Oder der BVB-Gesang war auch deshalb kaum wahrzunehmen, weil der Rest des Stadions fast durchgehend sang und tobte.Fröhlich und friedlich, weil ein Bus voller Idioten rechtzeitig von der Polizei am Samstagvormittag auf der Autobahn auf dem Weg nach Darmstadt gestoppt werden konnte. In den Bussen wurden zahlreiche Pyrotechnik, Kampfsporthandschuhe, Sturmhauben, Schmerzmittel, Wechselkleidung und Drogen sichergestellt. Alles Dinge die in unserer Fußballwelt nichts zu suchen haben! (Stellungnahme des Fan-Projektes) Die Insassen der Busse waren im Übrigen keine „Ultras“, sondern Mitglieder der Hooligangruppen "Northside" und "0231 Riot".
Erwartungen an die Stimmen zum Spiel
Wurden die Erwartungen bislang in allen Bereichen erfüllt, gilt dies natürlich auch für die Stimmen nach Abpfiff. Die Gier nach einem Schuldigen ist schnell befriedigt und wird dankenswerter Weise durch offene und wahre Aussagen auf der anschließenden PK noch zusätzlich befeuert. Zitate aus der PK werden aus dem Kontext herausgerissen und reißerisch aufbereitet. Endlich kann wieder in eigentlich harmlose Aussagen fleißig alles hineininterpretiert werden. Klickzahlen im Internet sind garantiert, die nächste bzw. „alte“ Sau (kein Bulle!) kann durch das Dorf getrieben werden. Zwischen Himmel hoch jauchzend und zutiefst betrübt scheint es nichts mehr zugeben. Das schwächste Glied, der Trainer, hat und wird immer Schuld
haben. Alles andere würde die Erwartungen vieler zutiefst enttäuschen. Aber zum Fußball gehört auch, dass der Außenseiter gegen den Favoriten überraschend gewinnt. Das ist auch gut so, außer man ist gerade Fan des favorisierten Vereins. Dann ist die Niederlage ein halber Weltuntergang mit der man sich einfach nicht abfinden möchte, erst recht wenn der Gegner Tabellenletzter ist. Schwierige Sache mit den Erwartungen...
So haben sie erwartungsgemäß gespielt
SV Darmstadt 98: Esser – Fedetskyy (85. Steinhöfer), Niemeyer, Sulu, Holland (82. Guwara) – Altintop, Gondorf – Sam, Rosenthal, Heller – Boyd (58. Colak)
Borussia Dortmund: Bürki – Ginter, Sokratis, Burnic – Pulisic, Weigl, Guerreiro (62. Kagawa), Durm
– Mor (62. Dembélé), Aubameyang, Reus (77. Schürrle)
Tore: 1:0 Boyd (21., Heller), 1:1 Guerreiro (44., Mor), 2:1 Colak (67., Sam)
Eckstöße: 0:12 (Halbzeit 0:6),
Chancenverhältnis: 10:6 (5:4)
Schiedsrichter: Stark (Ergolding), Gelbe Karten: Esser, Sulu – Aubameyang, Burnic
Zuschauer: 17.400 (ausverkauft)
Christoph, 11.02.2017