...Hendrik Bonmann: "Mein größter Traum ist und bleibt Borussia Dortmund"
Vergangene Woche hat sich Hendrik Bonmann Zeit genommen, um mit uns über die Aufstiegsreform, seine Ziele und die Unterstützung bei den U23-Spielen gesprochen.
schwatzgelb.de: Zunächst einmal vorweg - Vor dem Champions-League Heimspiel gegen Monaco kam es zu einer Explosion am Mannschaftsbus. Warst du selbst vor Ort? Oder hast du bereits mit betroffenen Mannschaftskollegen sprechen können?
Hendrik Bonmann: Ich war im Stadion, als die Information durchsickerte. Julian Weigl sagte mir dann, dass es bis auf Marc allen gut gehe. Niemand konnte begreifen, was passiert war und wie es für die Spieler gewesen sein muss. Auch heute habe ich gemerkt, wie geschockt alle noch sind. Die Stimmung ist heute noch so, wie wenn du in einem Bus gesessen hast, auf den ein Terroranschlag verübt wurde. Mit Bomben, die dafür gebaut wurden, Menschen zu töten. Alle sind sehr ruhig und angespannt. Die Spieler müssen das natürlich erst einmal verdauen, dazu kommt das gestrige Spiel. Ich denke, jeder normale Mensch würde nach einem Bombenanschlag nicht arbeiten gehen. Die Mannschaft musste aber gestern ein Champions League-Spiel, bei dem man vom Kopf her voll da sein muss, bestreiten. Davor habe ich riesigen Respekt.
schwatzgelb.de: Nun zu dir: Beim Nachholspiel gegen Siegen haben wir verwundert feststellen müssen, dass du deinen Platz im Tor räumen musstest. Wie kam es dazu?
Hendrik Bonmann: Am Abend vorher wurde ich angerufen, dass die Vereinsführung sowie die zuständigen Trainer Dominik Reimann spielen sehen wollen, da er mit zur U19-Weltmeisterschaft fahren soll. Auch mit Bezug zur kommenden Saison sollte er deshalb mehr Spielpraxis bekommen. Diese Entscheidung hat somit absolut nichts mit meiner Leistung zu tun, was es für mich natürlich trotzdem nicht einfacher macht. Nachdem mir das bei Rot-Weiss Essen auch schon in einer ähnlichen Weise passiert ist, war das natürlich ein großer Schock. Leicht ist es auf jeden Fall nicht, den Platz zu räumen, insbesondere wenn man gerade zum besten Torwart der Liga gekürt wurde und eine nahezu konstant gute Leistung gebracht hat.
schwatzgelb.de: Welche Konsequenzen ziehst du für dich selbst aus diesem Entschluss?
Hendrik Bonmann: Zuerst einmal bin ich froh, dass mein Trainer (Anm. der Red.: Daniel Farke) mir das so menschlich mitgeteilt hat. Das zeigt mal wieder seine starke Persönlichkeit und seinen Charakter. Natürlich ist man frustriert und würde das gerne raus lassen, dennoch habe ich mich - entgegen aller Beratung - für die Ersatzbank entschieden, um mich weiter in den Dienst von Mannschaft und Trainer zu stellen. Mir ist wichtig, die Mannschaft auch weiterhin zu unterstützen, denn wenn ich einen Fehler gemacht habe, hat sie mich auch stets aufgebaut. Das möchte ich ihr zurückgeben.
schwatzgelb.de: Du bist jetzt 23 Jahre und hast ab der kommenden Saison somit die „U23“ Grenze überschritten. Laut den geltenden Regularien dürfen nur drei Spieler über 23 auf dem Platz stehen. Zudem sieht es so aus, dass Roman Weidenfeller noch eine Saison dranhängt. Denkst du über einen Vereinswechsel nach?
Hendrik Bonmann: Tja, muss ich ja. Würde ich am liebsten nicht, aber ich muss. Aber auch wenn wir in die dritte Liga aufgestiegen wären, wäre es aufgrund meines Alters doch keine Option, weiter für die U23 zu spielen. Wir haben bereits über fünf Spieler, die älter sind, was die Möglichkeiten der Einwechslungen erschwert. Ich möchte ungern als Torwart von Platz, weil der Trainer entsprechende Feldspieler benötigt. Mein Ziel war und ist, die Nummer eins oder zwei beim BVB zu werden und wenn ich das nicht erreiche, muss ich mich wohl oder übel nach einer neuen Herausforderung umsehen.
schwatzgelb.de: Solltest du den Verein verlassen, was wird dir auf jeden Fall in Erinnerung bleiben?
Hendrik Bonmann: Wenn wir das ansprechen und ausschweifen, wird das wohl sehr emotional und lang. An allererster Stelle wird jedoch immer mein gehaltener Elfmeter gegen Unterhaching kurz nach meiner Einwechslung sein. Die Emotionen, die ich dabei durchlebt habe, hatte ich noch nie in meinem Leben. Das war unglaublich, den Elfmeter zu halten, dann folgte das Tor und ohne großartig nachzudenken bin ich anschließend in die Fans gerannt. Und wenn dann fünfzehn Bekloppte auf dich zu stürmen, ist das einfach ein geiles Gefühl. Insgesamt ist das miteinander Feiern, insbesondere mit den Ultras, wirklich außergewöhnlich. Es gab im Laufe der Saison sogar eine Choreo, auf der ich abgebildet war – für einen dritten Torwart, der nicht ein Pflichtspiel für die erste Mannschaft gemacht hat, ist das schon etwas ganz Besonderes! Oder nach einem Sieg vor dem Block zu stehen und die Fahne zu schwenken – das alles in der vierten Liga. Ich ticke ja genauso, ich war Fan der Fans, jetzt wirst du selbst angefeuert von Fans und Freunden. Das was du vergötterst, himmelt dich auch an. So etwas war und ist für mich noch emotionaler als in Madrid auf der Bank zu sitzen. Etwas Vergleichbares werde ich nirgendswo anders erleben, egal welcher Traditionsklub das auch sein mag. Das Emotionale mit den Fans gibt mir einfach mehr als jeder sportliche Erfolg.
schwatzgelb.de: Welche Kriterien müsste ein neuer Verein erfüllen, damit er für dich in Frage käme? Sind / Wären Schlagworte wie Emotionalität, Stimmung und Sympathie ausschlaggebend für deine Vereinswahl?
Hendrik Bonmann: Ihr wisst alle, worauf ich stehe und dass ich mich mit dem Verein identifizieren möchte, wenn ich wechsle. Aber mir liegen auch nicht alle Vereine zu Füßen, sodass man sich das nicht immer aussuchen kann. Klar ist das wichtig, andererseits ist es auch ein Geschäft. Von daher kann ich das nicht zu 100% sagen. Wenn mich später mal ein Verein nimmt, der zwar nicht die größte Fankultur hat, mir aber die Möglichkeit bietet, mich weiterzuentwickeln und in der zweiten oder vielleicht sogar ersten Liga zu spielen, dann muss ich den Schritt gehen, wenn ich nicht ewig Nummer zwei oder drei sein möchte. Dennoch ist es mir wichtig, den Verein und die Fans kennenzulernen, um mich voll mit ihm zu identifizieren. Mein Wunsch ist es natürlich, bei einem großen Traditionsverein zu spielen. Eines kann ich natürlich ausschließen: zu Schalke gehe ich nicht!
schwatzgelb.de: Hast du – wie wir auch – das Gefühl, dass es immer weniger „echte Spielertypen“ gibt, die hinter ihrem Verein stehen und auch mal Ecken und Kanten zeigen? Warum ist das deiner Meinung nach so?
Hendrik Bonmann: Das ist schwer zu sagen. Borussia Dortmund hat sich in den Jahren extrem entwickelt, will international mitspielen. Es werden andere Gehälter gezahlt und Toptalente geholt, um oben mitspielen zu können. Das ist bestimmt noch mal was anderes, als wenn man für ein paar Euros bei Rot-Weiss Essen spielt. Ich weiß, was ihr meint und kann das auch nachvollziehen. Aber es ist natürlich auch immer schwerer in einem so großen und erfolgreichen Verein wie Borussia Dortmund, diese Spielertypen, die aus dem Verein kommen oder sich so mit dem Verein identifizieren, zu haben oder zu halten. Denn auf diesem Niveau kann man auf viele Dinge keine Rücksicht mehr nehmen und muss leider das anstreben, was am meisten Leistung bringt und wahrscheinlich auch ein bisschen weg von den Emotionen geht. Aber mit Sicherheit ist es so, dass es sich so entwickelt hat, dass die Effenbergs oder Kevin Großkreutzs so langsam wegfallen. Es ist eben so, dass wenige Spieler, die eine lange Vergangenheit bei Dortmund hatten oder aus dem Verein kommen auch so eine Chance haben, da zu spielen. Das ist bei mir ja auch etwas ähnlich. Mit Sicherheit ist das auch so eine allgemeine Entwicklung im Fußball. Aber das ist – wie gesagt – auch dem geschuldet, dass man halt darauf keine große Rücksicht nehmen kann, weil man eben erfolgreich sein muss.
schwatzgelb.de: Welche Ziele möchtest du in deiner Karriere definitiv erreichen und welche siehst du bisher als erreicht an?
Hendrik Bonmann: Ein erreichtes Ziel ist für mich, einmal auf einem Mannschaftsbild von Borussia Dortmund zu sein. Ein zweites Ziel habe ich damit erreicht, dass ich mich vor der Südtribüne aufwärmen durfte, wenn auch nicht als Nummer eins. Die Saison geht zwar noch ein bisschen, aber bisher noch nicht erreicht habe ich, insbesondere bei einem Heimspiel im Tor zu stehen. Das ist ganz klar auch das Ziel, der Traum, der in meiner Karriere über Allem steht. Wenn man so nah dran ist und der Weg dann erst einmal vorbei ist, ist es natürlich extrem schmerzhaft, muss ich sagen. Ich habe mir ansonsten eigentlich keine großen Ziele für meine Karriere gesteckt, denn für mich gab es eigentlich nur dieses eine große Ziel. Ich war nie derjenige, der unbedingt in die Nationalmannschaft muss. Wenn man so in die Zukunft schaut: Ich möchte gerne über die zweite Liga in die erste Liga kommen. Das ist ganz klar mein Ziel. Ich bin noch jung. Irgendwann möchte ich trotzdem mal bei Borussia Dortmund im Tor stehen.
Hendrik Bonmann: Ich glaube, ich habe schon oft was dazu gesagt, was ich von dieser Aufstiegsregelung und von der Regionalliga halte. Dass eine Reform hermuss, ist allen klar. Herr Dr. Welling (Präsident des Regionalligisten Rot-Weiss Essen, Anm. d. Red.) hat einen meiner Meinung nach tollen, offenen Brief geschrieben (nachzulesen hier: http://www.rot-weiss-essen.de/start/newsdetail/str...). Er hat auch einen Vorschlag zu einer möglichen Reform gemacht, da diese aktuelle Situation auch für mich völlig indiskutabel und nicht nachvollziehbar ist. Man hat mit der letzten Reform einen großen Fehler gemacht, der jetzt mit Sicherheit schwer wieder gerade zu bügeln ist. Deswegen dauert es auch.Aber so kann es definitiv nicht weitergehen, denn gerade hier in der Regionalliga West gibt es so viele Traditionsvereine. Dann spielst du eine gute Saison und hast zehn Punkte oder fünfzehn Punkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten und steigst möglicherweise nicht auf, weil der Erste noch ein Aufstiegsspiel gegen einen möglicherweise besseren Gegner zu spielen hat. Das ist ja Wahnsinn. Wenn man die Leistung über die Saison bringt, dann muss man auch aufsteigen. Eine Reform muss daher ganz klar her und die momentane Situation ist völlig indiskutabel.
schwatzgelb.de: Du hast als Essener Junge bei Rot-Weiss Essen gespielt, dessen erste Mannschaft ebenso wie die Zweite von Borussia Dortmund in der Regionalliga spielt. Wenn du die Wahl hättest, wer aufsteigen sollte: Die Erste von Rot-Weiss oder die Zweite vom BVB?
Hendrik Bonmann: Puh, schwierig. So lange ich bei Borussia Dortmund II spiele, ganz klar der BVB. Da ist man natürlich immer ein Stück weit egoistisch. Einen Aufstieg hier zu erleben mit den Fans und mit allem drum herum das ist natürlich schon echt unfassbar und richtig geil. Für mich ist aber auch klar: Rot-Weiss Essen muss hoch. Dringend. Dieser Verein hat in der Regionalliga nichts zu suchen und es tut auch weh, ihn dort zu sehen. Ich kenne da viele Fans und ich kenne auch das Umfeld sehr gut. Das haben die alle definitiv nicht verdient. Deshalb möchte ich unbedingt, dass der Verein hochkommt. Irgendwann möchte ich auch noch einmal für Rot-Weiss Essen spielen und das am besten nicht in der vierten Liga. Aber ganz klar ist natürlich auch: Borussia Dortmund II – mal abgesehen von den Fans – dieses Team, was da arbeitet, das Staff-Team, das seit Jahren kontinuierliche Arbeit leistet, zum Beispiel Paul und Harry, die seit gut 20, 30, 40 Jahren schon bei Borussia Dortmund sind, das sind natürlich Leute, denen ich den Aufstieg wünsche. Und natürlich generell wünsche ich Borussia Dortmund immer den maximal möglichen Erfolg. Also… Beide müssen hoch.
schwatzgelb.de: Alles klar, dann bedanken wir uns, dass du dir so kurzfristig Zeit genommen hast. Viel Erfolg für deinen weiteren Weg!