Nagelsmann und die Bayern – was wirklich geschah
Gastautor - Kein Tuchel, dafür Jupp – und dann Nagelsmann? Im Windschatten unseres glorreichen Ballspielvereins scheint es im Weißwurst- und Steuerparadies München drunter und drüber zu gehen. Dabei hatte schwatzgelb.de bereits frühzeitig das Scheitern der Tuchel-Gespräche „geleakt“ – nur wollte es kaum jemand glauben. Dass schwatzgelb.de kein Thema zu heiß und kein Milieu zu abstoßend ist, zeigt jetzt ein weiteres der Redaktion zugespieltes Gesprächsprotokoll. Nun kann auch der Ablauf des Nagelsmann-Bewerbungsgesprächs präzise rekonstruiert werden:
Uli Hoeneß, Karl-Heinz „Kalle“ Rummenigge und Hasan „Brazzo“ Salihamidzic sitzen (immer noch) im großen Besprechungsraum in der Geschäftsstelle an der Säbener Straße. Nachdem Thomas Tuchel den Raum verlassen hat, gleicht die Stimmung unter den erfolgsverwöhnten Top-Entscheidern und dem Top-Top-„Edel-Praktikanten“ Brazzo einer kruden Mischung aus Erleichterung, Anspannung, hilfloser Desorientierung (Brazzo) und dem üblichen rustikal-bajuwarischen Größenwahn.
Hoeneß: So, Kalle, der nächste Herr, dieselbe Dame. Wer ist der nächste „Feind in meinem Bett“? Wer steht jetzt auf der Liste?
Rummenigge (vom Blatt ablesend): Nagelsmann, Julian, 30, derzeitiger Arbeitgeber: TSG Hoffenheim. Gilt als der aktuell heißeste Scheiß im Trainerbusiness. Blutjung, skrupellos, mit einem besonders glitschigen…
Hoeneß (unterbricht): Ah, ich erinnere mich: Dieser klebrig-gegelte junge Mann mit seiner Initiativbewerbung vor einigen Wochen. Da hatte er wohl schon die zarten Sägegeräusche an Carlos Trainer-Stuhl vernommen. Also Sensibilität, reaktionsschnelle Antizipation und Wille zur bedingungslosen Schleimoffensive schon mal 1a. Den hatte ich ja bereits davor mal gelobt. Dafür muss ich mich gleich noch mal selber loben.
Rummenigge: Ja richtig, genau der. Träumt seit frühsten Kindheitstagen vom FC Bayern, als er als kleiner vorlauter Bengel beschloss, ein großer vorlau… äh… ein ganz Großer zu werden. Könnte uns auf ein neues Sympathielevel heben. Galt schon als Viertklässler als so ein Typ, der seinen Eltern wegen ‘ner Marihuana-Pflanze im Garten mit Strafanzeige droht, um mit dem abgepressten Schweigegeld BWL- und Selbstoptimierungskurse zu finanzieren.
Hoeneß: Klingt nach einem vielversprechenden Talent. Und rein fachlich? Ich meine, hat er Stallgeruch? Brazzo, sag doch auch mal was!
Brazzo (aufgeschreckt): Ja, ja, natürlich, mach ich sofort! Kaffee! Kaffee!! Uli will Kaffee!!
Brazzo stürmt aus dem Raum, die Bürotür schlägt hinter ihm zu.
Hoeneß (beeindruckt): Also der Brazzo, der macht sich. Am Anfang hatte ich ja noch Bedenken… Aber, weiter im Text: Hat der Nagelsmann das Bayern-Gen?
Bevor Rummenigge antworten kann, fliegt die Bürotür wieder auf und der junge, strahlende Trainergott Julian Nagelsmann erscheint auf der Bildfläche.
Nagelsmann: Ich bin IHR Mann. Bayern – das ist MEIN Verein, schon immer. Genau wie ich ein Synonym für Erfolg. Mein Motto: Mia san Mia, ich bin mir selbst der nächste und immer schön dem reichen Onkel beim Abschütteln helfen. Also, beim Abschütteln der Gegner. Mein Plan: Kraichgau, Bayern, Weltherrschaft. Mein zweiter Vorname: Master of the Universe - where is the fucking Problem?
Rummenigge: Beeindruckend. Auch die Fremdsprachenkenntnisse. Aber ganz so schnell geht das natürlich nicht. Ich sage immer: Champs-Élysées, das ist keine Einbahnstraße. Und lautes Hupen allein ersetzt noch nicht dichtes Auffahren, Lichthupe und das Winken mit dem Baseballschläger vom Fahrersitz.
Hoeneß (betont sachlich): Außerdem stehen Sie ja wohl noch unter Vertrag. Und es ist Ehrensache unter Ehrenmännern, dass der FC Bayern bei laufenden Verträgen immer die korrekte…
Rummenigge (unterbricht): Ja ja, Uli, noch genauer brauchen wir’s nicht. Also, Herr Nagelsmann, haben Sie da schon mit dem Herrn Hopp gesprochen? Sonst müssen wir das SAP [„soon as possible“, Bayerischer Business-Sprech, Anm. des Autors] nachholen.
Nagelsmann: Also der Dietmar Hopp und ich, das ist wie Vater und Sohn oder gütiger Sankt Nikolaus und aufstrebender junger Knecht Ruprecht. Ich bin sicher, der Dietmar würde mir da keine Steine in meinen von Gott bzw. mir vorgezeichneten Lebensweg rollen.
Hoeneß (zu Rummenigge): Also Kalle, da mach ich mir keine Sorgen. Mit dem Dietmar kann ich gut. So von Software- zu Fleischware-Mogul. Also meine feine Wurstfabrikanten-Nase erschnuppert da jetzt schon bei dem Nagelsmann den typischen Bayern-Stallgeruch. Da sollten wir direkt zuschlagen. Zur Not kann ihn uns der Dietmar noch etwas warmhalten und Jupp übernimmt noch mal.
Rummenigge: Du hast Recht. Nagelsmann und Bayern – da ist Fantasie drin. Ich sehe es schon vor meinem geisterhaften Auge: Wie dieser junge schnuckelige Highpower-Performer in Lederhose und Trachtenjanker dem Klatschvieh auf dem Marienplatz endlich wieder die angestammte Trophäensammlung zum Fraß vorwirft. Hach, die Vorstellung jagt mir einen Weißbierschauer nach dem anderen über den Rücken. Also wenn wir uns dann einig sind…
Hoeneß: Brazzo!
Rummenigge: Wie? Was?
Hoeneß: Na unser Prakti… äh Sportdingens, äh Verbindungsmann zur Mannschaft-Irgendwas, also… Brazzo…?!
Mit sicherem Instinkt hat „Brazzo“ Salihamidzic den Ruf seiner Herren vorausgeahnt und kehrt prompt an seinen Platz zurück. Seinen selbst erteilten Auftrag, dem „GröPrAZB“ (größter Präsident aller Zeiten bzw. Bayerns) einen Kaffee zu holen, hat er aber wohl vergessen. Egal, jetzt gibt es Wichtigeres.
Rummenigge (feierlich): So Brazzo, der guten Form halber musst du die Sache noch abnicken … äh, ich meine „zustimmen“. In deiner Funktion als … äh… also in deiner Funktion, die du nun mal hier hast…
Brazzo (panisch): Ja, ja, natürlich mach ich sofort! Kaffee! Kaffee!! Kalle will Kaffee!!
Brazzo stürmt aus dem Raum, die Bürotür schlägt hinter ihm zu. Hoeneß, Rummenigge und Nagelsmann bleiben zurück.
Rummenigge (räuspert sich): Damit ist also alles klar: Lieber Julian, du hast den Job!
geschrieben von Hanno
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