Unsa Senf

Dortmunder Transferpolitik: Ein schmaler Grat

02.02.2016, 14:25 Uhr von:  DerJungeMitDemBall
Dortmunder Transferpolitik: Ein schmaler Grat

In der Winterpause verließen mit Adnan Januzaj, Jonas Hofmann und Pascal Stenzel drei Profis den Verein, die in der zurückliegenden Halbserie nicht übermäßig auf sich aufmerksam machen konnten. Der BVB beförderte daraufhin Anfang Januar die beiden U19-Talente Felix Passlack und Christian Pulisic in die Profiabteilung, um die Trainingsqualität hoch zu halten und zeitgleich beiden Talenten über den Trainingsbetrieb die Möglichkeit zu geben, den nächsten Schritt in ihrer Karriere zu machen. Spielpraxis sollten sie aber am Wochenende weiterhin in der A-Junioren-Bundesliga erhalten. Bis zum Ende der Transferphase bemühten sich die Verantwortlichen zusätzlich um weitere Neuverpflichtungen, mussten aber letztlich von den Transfers von Yunus Malli, Oliver Torres und Mikel Merino Abstand nehmen, da entweder die Vereine einen Transfer aus sportlichen Gründen ablehnten oder die geforderte Ablösesumme schlicht zu hoch war.

Aktuell bin ich wegen der Ereignisse innerhalb des Transferfensters hin- und hergerissen. Auf der einen Seite ist es ein tolles Zeichen, dass der BVB im Winter nicht dazu bereit war, Mondpreise für Spieler zu bezahlen, deren unmittelbarer sportlicher Einfluss zunächst überschaubar ausfallen – man erinnere sich nur an die jüngere Vergangenheit und die Tranfers von Milos Jojic und Kevin Kampl – gleichzeitig aber vielversprechenden Talenten wie Pulisic und Passlack die Perspektive verbauen würden, erste Erfahrungen im Profifußball zu sammeln. Im Fall von Christian Pulisic ist dies erfreulicherweise ja bereits am letzten Wochenende gegen Ingolstadt geschehen.

Auf der anderen Seite hatten wir in der vergangenen Hinrunde vergleichsweise wenig Verletzungspech, fehlte neben den Langzeitverletzten Erik Durm und Nuri Sahin doch nur Neven Subotic über mehrere Wochen. Sollte Borussia in der Europa League und im DFB-Pokal noch weitere Runden überstehen, würden weitere englische Wochen bevorstehen. Allein die Zeit vom 6. Februar bis zum 5. März hat es in sich: Berlin (auswärts) – Stuttgart (Pokal, auswärts) – Hannover (heim) – Porto (Europa League, heim) – Leverkusen (auswärts) – Porto (Europa League, auswärts) – Hoffenheim (heim) – Darmstadt (auswärts) – Bayern (heim).

Sollten in diesen Wochen, in denen eine kontrollierte Rotation auf Grund der Belastung förderlich ist, mehrere Offensivspieler langfristig ausfallen, könnte die Situation schnell problematisch werden. Es ist sicherlich allgemeiner Konsens, dass Reus, Mkhitaryan, Kagawa und Castro die ersten Optionen für die vorderen Mittelfeldpositionen darstellen. Im Falle einer Verletzung aus diesem Spielerkreis würden Adrian Ramos, Moritz Leitner, Erik Durm und die beiden 17-Jährigen Pulisic und Passlack als Ersatz bereit stehen.

Bei mir löst dieses Szenario allerdings Bauchschmerzen aus. Adrian Ramos konnte sich bei seinen wenigen Einsätzen auf den Flügeln nicht in den Vordergrund spielen, Moritz Leitner muss seine dauerhafte Bundesligatauglichkeit noch beweisen, Erik Durm kam auf höchster Fußballebene nur sehr selten auf den Außenpositionen zum Einsatz und die beiden U19-Spieler müssen sich überhaupt erstmal im Profifußball zurechtfinden. Wie bereits erwähnt, wäre es eine tolle Geschichte, sollte es der BVB erneut schaffen, vielversprechende Jugendspieler zu Profifußballern auszubilden. Die Frage, ob man den beiden Jungs einen großen Gefallen damit macht, sie im Falle einer Verletzungsseuche zwangsläufig ins kalte Wasser zu werfen, muss allerdings erlaubt sein.


Die sportliche Leitung scheint den körperlichen Zustand des Kaders und seine Struktur allerdings anders einzuschätzen und traut diesem ohne Weiteres zu, die muskulären und konditionellen Belastungen der harten nächsten Wochen wegzustecken, ohne dabei die Saisonziele CL-Qualifikation und das mögliche Erreichen zweier Finals aus den Augen zu verlieren.

Sowohl die Beweggründe für die beiden Abgänge (hohe Ablöse, Unzufriedenheit, mangelnde Einstellung) als auch der Verzicht auf Winterneuzugänge (Mondpreise, schlechte Erfahrungen, sich aufdrängende Talente) leuchten mir ein. Michael Zorc sieht den BVB „mindestens so gut aufgestellt wie in der Hinrunde“. Es bleibt jedoch ein schmaler Grat.

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