Sieg in letzter Minute
Borussia Dortmunds Amateure halten mit einem standesgemäßen 2:0 über den SC Verl den Anschluss zur Spitzengruppe. Aber das am Ende deutliche Ergebnis kann nicht darüber hinweg täuschen, dass der Außenseiter die Partie dank konzentrierter Abwehrarbeit lange offen halten konnte und beinahe einen Punkt aus der altehrwürdigen Kampfbahn entführt hätte. Erst in den letzten Minuten des Spiels gelang es den Schwarzgelben, das Verler Bollwerk zu überwinden und den letztlich hochverdienten Sieg sicherzustellen. Die Begegnung fand vor einer Kulisse statt, die eines Regionalligaspiels unwürdig war. Die Stimmung erinnerte eher an Jugendfußball.
Bei nasskaltem Herbstwetter und parallel zum Profispiel in Ingolstadt stellte sich der SC Verl in der Roten Erde vor. Für den Kleinstadtclub aus Ostwestfalen dürfte mit der Regionalliga definitiv das Ende der Fahnenstange erreicht sein, da er keinen wahnsinnigen Investor in der Hinterhand hat, sondern eher durch solides Wirtschaften und eine kontinuierliche Aufbauarbeit zu gefallen weiß. Dementsprechend war auch die Spielanlage des klaren Außenseiters. Laut Coach Daniel Farke traten die Gäste mit einer Fünferkette und davor drei Sechsern an.
So sah es auch auf dem grün-braunen Rasen aus. Das Spielgeschehen fand weitgehend in der Verler Hälfte statt und die Amateure vom BVB 09 verzeichneten Ballbesitzquoten jenseits der 80% (sofern solche Werte in der Regionalliga statistisch erfasst würden). Die BVB U23 versuchte ihre überlegene Spielanlage auszuspielen, was sich konkret dann so darstellte, dass sich das Geschehen, von Querpässen geprägt, in der ungefährlichen Zone kurz hinter der Mittellinie abspielte. Immer wieder waren die Dortmunder Innenverteidiger Mainka und Dietz dabei zu beobachten, wie sie den Ball von rechts nach links und wieder zurück verlagerten. Die defensiven Mittelfeldspieler Karazor und Hober ließen sich zur Unterstützung oft zwischen sie fallen, produzierten aber auch keine großartigen Ideen im Spielaufbau, wenn sie mal am Ball waren.
Die Amateure kombinierten sich in der ersten Halbzeit dennoch ab und zu ganz gut bis zum Strafraum durch. Ideen, den Ball gefährlich vor die Kiste der diszipliniert verteidigenden Verler zu bringen: Fehlanzeige. So dauerte es in der auch gut 30 Minuten, bis es zur ersten wirklich nennenswerten Chance durch den BVB kam. Dieckmann tankte sich auf der linken Seite durch und passte in die Mitte, wo Wassey den Ball genau auf den Torwart bugsierte. Er hätte sich die Ecke quasi aussuchen können, aber schloss zu überhastet ab. Die erste Halbzeit war dem Wetter entsprechend: Grau und langweilig. Eine zweite ordentliche Chance gab es noch durch Eberwein, der den Verler Keeper anköpfte. Wasseys Nachschuss ging dann recht weit daneben. So blies Schiri Bläser mit seiner Flöte das Spiel ohne Nachspielzeit und ohne Tore in die Halbzeit. Borussia war zwar besser, konnte aus der Überlegenheit aber einfach nix machen. Als einen Kritikpunkt in der ersten Halbzeit konnte man auf jeden Fall die Standards nennen. Ecken und Freistöße waren durchweg ungefährlich.
Nach dem Seitenwechsel gab es das gleiche Bild. Borussia Dortmunds Amateure machten das Spiel, aber der SC Verl parkte den Bus weiterhin im Sechzehner. Wenn überhaupt, dann kamen die Ostwestfalen (…Idioten) nur durch Konter zur Entlastung. Nach einem Missverständnis zwischen Dietz und Bonmann wäre es beinahe zu einer Torchance gekommen, doch Dietz schaffte es so gerade noch, den Ball auf den leeren Gästeblock zu dreschen. Verl hatte das Kunststück geschafft, ganze fünf Fans und eine Trommel mitzubringen. Der Trommler zeigte aber maximalen Einsatz. Das erinnerte an „Illertissen International“. Bei jeder Ecke und jedem Freistoß wurde mit totalem Enthusiasmus auf die Trommel eingedroschen und bestimmt haben zwei weitere Ostwestfalen mitgeklatscht. Wo sind die Zeiten hin, in denen Verler Ultras in der Woche gegen Bochum II in die Lohrheide zu Wattenscheid kamen? Aber Block H war genauso leer wie der Gästeblock, Parallelansetzungen sind halt scheiße.
Als Verl sich dann irgendwann zum allerersten Mal relativ vielversprechend in den Dortmunder Strafraum kombiniert hat, gab es ein wenig Aufregung. Lars Dietz fuhr den Ellenbogen ein kleines Bisschen im Zweikampf aus und sein Gegenspieler fiel völlig theatralisch zu Boden. Doch das Gebläse in die Pfeife blieb aus. Der Verler Trainer sollte später in der Pressekonferenz sagen, dass seiner Mannschaft ein klarer Elfmeter verwehrt wurde, doch die stets objektiv beobachtende schwatzgelb.de Amas-Crew sah das etwas anders. Das Spiel dümpelte anschließend weiter vor sich hin. Borussia Dortmund hatte so gut wie immer den Ball und Verl beschränkte sich auf das Verteidigen. Je später es wurde, desto mehr stellte man sich auf den Tribünen auf ein Unentschieden ein.
Dann stellte Daniel Farke jedoch taktisch um und brachte Jonas Ahrweiler für die linke Seite. Sören Dieckmann wechselte dafür auf Rechtsaußen. Dieser taktische Clou zahlte sich auch sofort aus: Ahrweiler tankte sich auf der linken Seite durch und passte wunderbar in die Mitte, wo Freund und Feind verpassten. Doch Sören Dieckmann stand absolut richtig und konnte am rechten Eck des Fünfmeterraums problemlos einschieben. 1:0! In der 88. Minute! Das hätte zu dem Zeitpunkt keiner mehr erwartet, da der BVB zuvor völlig ungefährlich im Strafraum agierte. Verl versuchte daraufhin, den Ball nach vorne in Richtung des von Hendrik Bonmann sicher gehüteten Tors zu bringen (er hatte aber auch einfach gar nix zu tun…), wodurch es nochmal eine strittige Szene gab. Mainka begab sich in einen Zweikampf mit einem Verler Spieler, der zu Boden ging. Aber während alle Ostwestfalen (…idioten) Elfmeter forderten, konterte Borussia Dortmund über Wassey, der einen Sahnepass auf Michael Eberwein spielte. Der umspielte den Torwart des SC Verl und schob in der 90. Minute lässig zum 2:0 ein. Spiel gelaufen, Ende. Schiri Bläser blies die Pfeife zum Schluss nach einem schlechten Spiel dann auch gottseidank recht pünktlich.
Diese drei Punkte gegen einen tief stehende Gegner waren am Ende absolut verdient. Damit bleiben die Amas in Schlagdistanz zu Ficktoria Köln und dem Nachwuchs der Fußlahmen, die allerdings noch ein Nachholspiel mehr zu absolvieren haben und ihren Drei-Punkte-Vorsprung dementsprechend noch erweitern können. Die BVB U23 begiebt sich nun auf Tour an Hollands Grenze. Nach den Spielen in Aachen und Rheydt wird man sicher genauer wissen, ob sie nochmal in den Kampf um die Aufstiegsrelegation eingreifen können oder nicht.
BVB II: Bonmann - Camoglu (80. Arweiler), Schumacher, Mainka, Dietz - Hober, Karazor, Wassey (90. Bockhorn), Dieckmann - Al Ghaddioui, Eberwein (90. Hanke)
SC Verl: Brüseke - Schmidt, Stöckner, Kaminski, Unzola - Liehr (82. Veselinovic), Schröder - Geisler, Choroba, Mikic - Maier (59. Maier)
Tore: 1:0 Dieckmann (88.), 2:0 Eberwein (90.)
Gelbe Karten: Karazor (09.) - Schröder (7.), Kaminski (7.)
359 Zuschauer in der Kampfbahn Rote Erde
Web und Wiggy 22.10.2016