Und sie siegen einfach weiter
So langsam muss sich der geneigte Amas-Anhänger wirklich über die Vorrunde mit dem lustlosen David Wagner an der Seitenlinie schwarz ärgern. Hätte man damals auch nur ansatzweis so konstant gepunktet, wie in der Rückrunde unter Neu-Trainer Daniel Farke, würde man jetzt wohl locker mit Tante Lotte um den Spitzenplatz kämpfen. Nach dem 2:0-Sieg in Velbert gestern Abend reicht es in der Tabelle stattdessen momentan „nur“ für Platz 5.
Das Stadion zur Sonnenblume in Velbert ist für Nostalgiker sicher einer der schönsten Flecken in der Regionalliga West. Im Gegensatz zu den modernen Wellblechbauten sieht man im Bergischen Land an jeder Ecke die Fußball-Jahrzehnte vor dem inneren Auge sich abspielen. In dieser schönen Spielstätte dürften die BVB-Amas das wohl späteste Hinrundenspiel aller Zeiten ausgetragen haben. Das Nachholspiel aus dem November ist mithin das „Hinspiel“ für das Spiel in der Roten Erde gegen den selben Gegner in etwa genau einem Monat (wird noch durch die ZIS-Experten exakt terminiert).
So hätte diese Partie gestern auch mehr Zuschauer verdient als die letztlich nur 660 zahlenden Menschen, aber die bewusste Verlegung von Dienstag- auf Mittwochabend schloss nicht nur die UvdA aus, sondern auch potentielle Einnahmen, die sich ein rühriger Verein wie Velbert eigentlich nicht entgehen lassen darf. Schade, dass ein Verein nacheinander vor der inzwischen allmächtigen ZIS einknickt. Denn dass sich die Vereine wirklich zufällig auf diesen neuen Termin „geeinigt“ haben, dürfte eher in die Kategorie Grimms Märchen gehören.
Sportlich fielen auf Seiten der Gastgeber lediglich zwei Akteure auf: So ist zum einen Kapitän Niklas Andersen zu nennen, der zugleich Sohn vom Mainzer Ex-Trainer Jörn Andersen ist. Auf der anderen Seite schleicht im Mittelfeld weiterhin Hüzeyfe Dogan herum, dessen größter Erfolg eine Einwechslung für Leverkusen in der Champions League im Old Trafford vor 13 Jahren war. Die BVB-Truppe mit „tuchelesker“ Fünferkette in der Abwehr und der Erfolgself der letzten Spiele. Nach langer Verletzungspause nahm zudem Agoney Gonzalez Perez auf der schwarzgelben Reservebank wieder Platz, die bis auf einen Sitz auch wieder fast komplett besetzt war. Im Tor stand Steffen Göcke für Bonmann, der im Gegensatz zum ebenfalls diskutieren Stankovic mit zum Fußball-Tempel nach Liverpool durfte.
Auf dem Platz tat sich bis auf kleinere Möglichkeiten nach Standards für unsere Mannschaft und bis auf einen Schuss Hagemanns, den Göcke parieren konnte, sportlich gar nichts. Umso schöner, dass die erste einigermaßen gelungene Kombination nach einer knappen halben Stunde direkt zum Führungstreffer führte. Ducksch, Harder, Eberwein – Die Velberter Abwehr konnte bei dieser schönen Kombination nur zuschauen, ehe sie auch dem Schlenzer Eberweins ins Eck bewundernd folgen musste. Fast wäre dieser Vorteil zwei Minuten später aber wieder perdu gewesen, doch scheiterte Schmidt am standhaften Göcke und Müller per Nachschuss an der Latte. Die knappe Führung ging also mit in die Kabinen der Sonnenblume.
So charmant übrigens der gesamte Verein nebst seinem Stadion wirkt, so peinlich agierten seine wenigen sicht- und hörbaren Fans im Stehbereich. Neben den üblichen, ur-alten Beleidigungen gegenüber unserem Verein durfte, pardon musste, man zu Beginn der zweiten Hälfte auch einen blauen Rauchtopf erdulden, der so eine lächerliche Wirkung zeitigte, dass nicht einmal Ordnungsdienst und Polizei Interesse bekundeten. Dann auch noch „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ zu skandieren, ist in diesem Zusammenhang eher komödiantisch zu interpretieren. Nachdem man den sportlichen Leiter des verhassten RWE, Andreas Winkler, mit „Auf Wiedersehen“-Sprechchören verabschiedete und das ungemein kreative „Eine Kurve, eine Mutter, BVB“ zum Besten gab, sollte Marvin Ducksch den nächsten sportlichen Knalleffekt liefern.
Sein Freistoß aus 25 Metern und halblinker Position klatschte an den linken Pfosten, wobei auch keiner von drei (!) Angreifern in unmittelbarer Nähe einen Abstauber anvisieren konnte. Trotz der geringstmöglichen Führung hatte man hier nie das Gefühl, dass etwas anbrennen konnte, da der BVB viel zu souverän wirkte und die Gastgeber hausbacken und bieder agierten. So war es dem angeschlagenen und bereits für eine Auswechslung vorgesehenen Camoglu vorbehalten, nach wunderbarer Vorlage von Ducksch die endgültige Entscheidung herbeizuschießen (80.). Der Gegentreffer duch den eingewechselten Sburlea kurz vor dem Abpfiff war lediglich bessere Ergebniskosmetik.
Mit diesem Sieg im Nachholspiel arbeitete man sich auf den fünften Rang vor, was bis vor ein paar Wochen noch vollkomen utopisch erschien. Am Sonntag geht es parallel zum HSV-Spiel ins Siegerland nach Erndtebrück, die durch ihren Sieg gegen RW Essen auch wieder leicht am Klassenerhalt schnuppern können. Wer also Bock auf rustikalen Regionalligafußball hat, dem sei die weite und kurvige Anreise ins Wittgensteiner Land wärmstens empfohlen.
Daten zum Spiel
SSVg Velbert 02 (4-1-4-1): Sprenger – Schlösser, Schultens, Andersen, Zent (73. Trisic) – Zander – Hagemann, Dogan, Müller, Tumanan – Schmidt (83. Sburlea)
BVB II (5-1-3-1): Göcke – Camoglu (83. Flores), Mainka, Zimmermann, Stankovic, Dieckmann – Karazor – Eberwein, Harder (86. Kefkir), Hober – Ducksch (90. + 2 Drozdek)
Tore: 0:1 Eberwein (28., Linksschuss, Vorarbeit Harder), 0:2 Camoglu (80., Rechtsschuss, Ducksch), 1:2 Sburlea (89., Rechtsschuss, ohne Vorarbeit)
Zuschauer: 660
SR: Goldmann (Warendorf)
Chancen: 3:4
Ecken: 3:4
Gelbe Karte: Tumanan
Ferdinand, 14.03+1.2016