Erlebnisse von BVB-Fans in Russland (5. und letzter Teil) - Nikolai
Hallo, mein Name ist Nikolai und ich bin BVB-Fan.
Vor ein paar Wochen ist der erste meiner zwei Träume in Erfüllung gegangen und ich konnte ein Spiel meiner Lieblingsmannschaft besuchen. Warum nur einer meiner zwei Träume, fragt ihr euch? Weil mein zweiter Traum ist, den BVB mal live im Westfalenstadion spielen zu sehen. Davon träume ich schon seit Jahren.
Als ich meinen Freunden erzählt habe, dass ich nach Krasnodar fliege, um ein BVB-Spiel zu sehen und meine Lieblingsmannschaft dort zu unterstützen, haben mir die meisten Freunde den Vogel gezeigt und nur einige haben mich dabei unterstützt, ein paar wenige aber waren auch neidisch.
Kurz vor der Reise hat mich mein Chef gefragt, wie man Fan eines Vereins sein kann, der aus einem anderen Land, aus einem anderen Kulturkreis kommt. An dem Tag habe ich ihm versucht, das weitschweifig zu erklären, sodass er mich vermutlich nicht verstanden hat. Jetzt kann ich die Antwort relativ einfach beantworten – und zwar mit einer Gegenfrage: Wie verliebt man sich in einen anderen Menschen? Kann man das auch immer erklären?
Kein Satelliten-TV und Internet nur über Modem
Ich kann nicht genau sagen, wann ich BVB-Fan geworden bin und es war definitiv keine Liebe auf den ersten Blick. Aber wer würde mich jetzt dafür verurteilen? Ich wohne auf der größten russischen Insel, Sachalin, die sich acht Flugstunden entfernt von Moskau befindet, die Zeitverschiebung zu Moskau beträgt sieben Stunden. Das erste Kennenlernen mit dem BVB fand Anfang der 2000-er statt. Ich wusste, dass Spieler wie Koller, Dedê, Kehl und Rosicky für die Mannschaft spielten. Es gab aber keine Möglichkeit, die Spiele live zu sehen, weil wir kein Satelliten-TV hatten und Internet nur über Modem lief. Ich konnte nur die Ergebnisse verfolgen, die Annäherung an die Mannschaft entstand über den Football Manager. Natürlich konnte ich etwas in der russischen Sportzeitung über die Mannschaft lesen, aber ich muss zugeben, dass ich mich damals noch nicht als Fan bezeichnen konnte.
Dann, im Jahr 2009, in dem Bayern kein Meister wurde, hatte ich endlich die Möglichkeit, ein BVB-Spiel herunterzuladen. Ich weiß nicht mehr, welches Spiel es war, ich weiß nur noch, dass wir es verloren haben. Offenbar ist in diesem Moment ein Funken übergesprungen und ich habe mich verliebt. Ab diesem Zeitpunkt habe ich dann wöchentlich die BVB-Spiele heruntergeladen. Ich kann immer noch keine Spiele live sehen, außerdem würde es schon wegen der Zeitverschiebung nicht funktionieren. Mein Morgen fängt dann immer gleich an: Aufstehen, Spiel herunterladen, keine Nachrichten schauen, Internet vermeiden und Anrufe von Freunden ignorieren, bis das Spiel zu Ende ist. So leben wir schon seit vielen Jahren :)
So langsam wurde die Liebe stärker und ich habe verstanden, dass es mir nicht reicht, die Spiele einfach nur zu sehen, ich wollte näher am Verein sein, wollte ein Teil des Vereins sein. Ich fing an, BVB-Klamotten zu bestellen, hatte einen BVB-Aufkleber am Auto und einen BVB-Schlüsselanhänger, aber auch das war mir zu wenig. Ich wollte ein Teil der schwarz-gelben Wand werden. Allerdings sind die ersten zwei „Dates“ geplatzt. Als der BVB in St. Petersburg spielte, habe ich leider keinen Urlaub bekommen.
Im Jahr 2014 war ich in Deutschland, zwar relativ weit von Dortmund entfernt, aber ich habe die Hoffnung nicht verloren, Borussia dennoch spielen zu sehen. In der Woche spielten wir auswärts gegen Schalke, aber ich habe mich dann doch dagegen entschieden zu fahren, weil es viel zu teuer war und ich außerdem keine Lust hatte zwischen den ganzen Blauen sitzen zu müssen.
Urlaub beantragt, Tickets gekauft und hingeflogen
Als ich am Spieltag losgefahren bin, habe ich überhaupt nicht daran gedacht, dass ich noch weitere russische BVB-Fans sehen würde. Eigentlich schade, denn sonst hätte ich wahrscheinlich erfahren, dass man die Mannschaft am Flughafen oder in der Innenstadt hätte treffen können. Aber auch so lief es ganz gut für mich. Ich war zufällig in der Bar, in der kurze Zeit später The Unity aufgetaucht ist. So viele Fans an einem Ort habe ich noch nie gesehen und es war für mich schon wie ein Feiertag. Dank eines anderen russischen BVB-Fans habe ich dann sogar noch Karten für die Nordtribüne bekommen und ich wusste nicht, wie hervorragend es wird. 96 Minuten pures Glück: Ich bin Teil der schwarz-gelben Wand gewesen!
Nach diesem Spiel habe ich verstanden – genau das ist die echte Liebe (bitte nicht mit dem Werbeslogan verwechseln!). Ich will die BVB-Spiele überhaupt nicht mehr anders verfolgen. Ich kann diese Gefühle nicht in Worte fassen. Ich bin mir sicher, dass ich irgendwann auf der Südtribüne im Westfalenstadion stehe, dann wäre ich wieder ein Teil dieser unglaublichen schwarz-gelben Wand. Und ich hoffe, dass ich irgendwann mal ein Trikot von Schmelzer bekommen kann.
Schöne Grüße, Nikolai