Traumtag ohne Happy End
Auch wenn es letzten Endes nicht zum Erfolg gereicht hat, für unsere Gastautorin Katharina war das Pokalfinale in Berlin ein toller Tag. Zumindest zu einem großen Teil
Doch von Anfang an:
Als von meinem Bruder die Nachricht kam „Wir haben Karten für Berlin!" wusste ich gar nicht, wie mir geschieht. Wir fahren nach Berlin, wir sehen unseren BVB live im Pokalfinale, im Dortmund-Block! Wahnsinn.
Schon Tage vorher waren ununterbrochen die Melodien zu „You'll never walk alone", „Am Borsigplatz geboren" oder „Leuchte auf Borussia" in meinem Kopf. Dann ging es los. Das Trikot anzuziehen war wie eine Zeremonie. Auf der Autobahn winkten wir unzähligen BVB-Fans in Bussen oder Autos zu. Wir alle waren so voller Erwartungen, waren so voller Hoffnung, am Ende des Tages den Pott zu holen.
In Berlin war (gefühlt) alles schwarzgelb! Schönste Szene: ein junger Vater, eine Tochter auf den Schultern und jeweils eine rechts und links an der Hand, gingen an uns vorbei und alle vier sangen lauthals „Dortmunder Jungs, Dortmunder Jungs, wir sind alle Dortmunder Jungs!" Wir BVB-Fans lächelten uns an. Es braucht keine Worte, um zu wissen, was in unseren Köpfen vorgeht, da reicht ein Lächeln aus!
Halb fünf stellten wir uns an. Die Sonne schien aus allen Knopflöchern. Ich war so voller Freude und Erwartungen. Rechts und links von mir hörte ich viele Gruppen, die darüber redeten, dass sie keine Karten hatten, es aber die letzten Jahre ja auch immer geklappt habe, irgendwie reinzukommen. Ab diesem Zeitpunkt hielt ich meine Karte noch fester als sowieso schon. Man weiß ja nie. Ein paar für mich unheimliche Gestalten drängelten sich durch. 17 Uhr. Es ging los. Der aufgebaute Metallzaun lag sofort auf dem Boden. Die Polizei schien total überfordert. Ich hatte meine Familie sofort verloren. Dann zum Drehkreuz. Vor mir mindestens jeder zweite ohne Ticket. Manche kamen zurück, andere haben es irgendwie geschafft, durchzukommen. Beim Bodycheck wurde gefühlt ein Fan kontrolliert und zwei sind daneben einfach durchgelaufen. Neben mir eine riesige Traube aus „Fans" und Polizei, die sich gegenseitig verprügelt haben. Vor dem Block dann das gleiche Bild. Wirklich unschöne Szenen.
Endlich am Block 17.2 angekommen fand ich auch meine Familie wieder. Beim Betreten des Blocks hatte ich (wie immer) Gänsehaut. Der Spielerbus des BVB kam an und kurze Zeit später betraten die ersten Spieler den Rasen. Gänsehaut, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, wie dieser Abend enden könnte. Wie schön es alles sein könnte. Dann „Leuchte auf Borussia" mit Tränen in den Augen lauthals mitgesungen, Nobby, Startaufstellung, Schal hochhalten, Fahne schwenken, singen, schreien, pure Freude! Zum ersten Mal sang ich die Nationalhymne in einem Stadion. Ich habe es genossen.
Anpfiff. Singen, klatschen, springen, schreien, grölen, Halbzeitpause. Die Zeit verflog so unglaublich schnell. Gesessen hat niemand. Alle standen und versuchten, unseren BVB zum Sieg zu singen. Auch Halbzeit Nummer 2 ging vorbei. Zwischendurch immer der Blick zum Himmel und ein kurzes Stoßgebet. Ich war mir so sicher, dass es in der Verlängerung eine Entscheidung geben würde. Und wir waren so kurz davor! Aber auch nach der 120. Minute stand es noch 0:0. Für mich war klar – jetzt hat es der liebe Gott in der Hand. Wechsel zwischen Gebet, singen, klatschen, schreien und zittern. Ich hatte das Gefühl, mein Herz springt gleich aus der Brust. Ich musste an Hans-Joachim Watzke denken, der beim Madridspiel zur Toilette gegangen war, weil er es vor Aufregung nicht aushalten konnte. Vom Elfmeterschießen weiß ich nicht mehr viel. Ich weiß nur noch, dass ich mir die Seele aus dem Leib geschrien habe, dass ich bis zum Ende daran geglaubt habe, dass unser BVB den Pott holen wird! Doch dann kam der letzte Schütze. Er schoss und unsere Kurve war auf einmal still und ich habe nur von weitem die Bayern jubeln gehört. Doch die Stille hielt nicht lange an. Nach einer kurzen Schocksekunde stimmte die gesamte Kurve sofort ein „Dortmunder Jungs, Dortmunder Jungs, wir sind alle Dortmunder Jungs!" an. Unter Tränen schrie ich mir die Seele aus dem Leib. Beim Gedanken an diesen Moment kommen auch jetzt wieder die Tränen. Dann ging alles ganz schnell. Klatschen für unsere Jungs, aber dann raus aus dem Stadion. Ich wollte nicht sehen, wie die anderen den Pott in die Höhe halten, nein!
Auf dem Weg zum Auto war es still. Viele BVB-Fans schwiegen einfach. Andere weinten und wieder andere suchten schon jetzt Erklärungsversuche. Die Traurigkeit wich schnell dem Stolz auf unsere tolle Mannschaft, auf die tolle Leistung und den sagenhaften Kampf unseres BVB über 120 Minuten!
Es sollte einfach nicht sein. Aber auch wir werden wieder jubeln können. Wir lassen uns auch vom dritten DFB-Pokalfinale in Folge nicht entmutigen. Wir werden wiederkommen. Und wir werden diesen Pott holen! Wir werden ihn holen!
geschrieben von Katharina
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