VfL Wolfsburg: Sie bauen und bauen und bauen…
Regelmäßige Auswärtsfahrer, die in diesem Jahr nach Wolfsburg kommen, müssen sich verwundert die Augen reiben, wie sehr sich das Gelände rund um das dortige Stadion verändert hat. Denn der VfL kleckert mitnichten, er klotzt ordentlich: Getreu der alten Meier’schen Weisheit, dass man tunlichst in Steine und Beine investieren möge, verballert der VfL nämlich nicht nur Konzernmillion um Konzernmillion in Transfers der Kategorie Schürrle und dazugehörigen Spielergehältern. Er setzt auch einen Beton-und-Glas-Bau nach dem nächsten in sein Stadionumfeld.
Die nach dem Autokonzern benannte Arena machte 2002 den Anfang im Allerpark – einem Gelände etwas außerhalb der Innenstadt, das Autobauer und Stadt sich gemeinsam als Entwicklungsgebiet für Freizeitangebote auserkoren haben. Seit 2009 wird das Gelände ergänzt durch ein sogenanntes Fanhaus, in dem Ticketverkauf, Fanbeauftragte und Fanshop sowie ein großer Fansaal ihren Platz fanden.
Und dann legte die VW-Tochter VfL Wolfsburg so richtig los: Neue, moderne Trainingsplätze wurden in 2013 und 2014 direkt neben dem Stadion eröffnet. Im Herbst vergangenen Jahres folgte mit dem „VfL Center“ ein komplettes Trainingszentrum mit allen Schikanen, das der Boulevard gar mit dem Gelände des FC Bayern an der Säbener Straße verglich.
Dabei sollte es aber nicht bleiben: In der „VfL Fußballwelt“ präsentiert die Konzerntochter seit März interaktiv ihre kurze Vereinsgeschichte, die Mannschaften und den Profifußball. Und weil Bescheidenheit offenbar nicht zu den Wolfsburger Tugenden zu gehören scheint, wurde kurzerhand noch ein zweites Stadion neben das erste gebaut und in diesem Jahr eröffnet. In der nach einer Krankenkasse benannten Spielstätte, die 5.200 Zuschauern Platz bieten soll, finden fortan die Begegnungen von Fußballfrauen und Zweitvertretung statt, die bisher im nun voraussichtlich leer stehenden VfL-Stadion gespielt wurden.
Zweifellos eine notwendige Größe für zwei Mannschaften, die einen Zuschauerschnitt von 1.660 beziehungsweise 342 (!) vorweisen können.
Zum Vergleich: Die Fußballfrauen des FC Bayern ebenso wie dessen Amateure „lediglich“ im städtischen Stadion an der Grünwalder Straße. Und auch die meisten anderen, eigenständig finanzierten Clubs mit Damenmannschaft oder Zweitvertretung im Schlepptau dürften von solchen Möglichkeiten nur träumen.
Die Baukosten für alle drei Projekte (Center, Fußballwelt und Stadion) betrugen laut Stadionwelt jedenfalls schlappe 26,8 Millionen Euro und übersteigen damit deutlich den Saisonetat der Bundesligaabsteiger aus Paderborn (15 Millionen) und Freiburg (19 Millionen) – von der Strahlkraft her eigentlich die natürlichen Konkurrenten eines Wolfsburger Fußballvereins. Doch dort werden solche Summen auch ohne Champions-League-Gelder mal eben aus dem Ärmel geschüttelt. Oder eben aus der Autotür. Was zur Folge hat, dass die einen im nächsten Jahr Zweite Liga spielen und die anderen Königsklasse. Fair Play, wie es Konzernvorstände verstehen.
Innerhalb von gerade einmal 13 Jahren hat der VfL sich also gleich zwei neue Stadien, ein komplett neues Trainingsgelände inklusive Bürotrakt und zwei weitere Funktionsgebäude gegönnt. Investitionen, die in dieser Form beispiellos in der Bundesliga sein dürften. Umso mehr für einen Verein, der sich weder sportlich sonderlich erfolgreich gezeigt hat, noch auch nur annähernd über die Strahlkraft von Vereinen wie der Borussia aus Mönchengladbach oder dem SV Werder Bremen verfügt. Es ist wie ein Managerspiel am Computer mit einem Cheat, der dem Spieler beliebig viel Geld zur Verfügung stellt.
Bei allem Lob für die zweifellos guten Ergebnisse der Wolfsburger als Bundesligazweiter und Pokalfinalist darf daher nicht vergessen werden, dass wohl kein Ligakonkurrent über dieselben Möglichkeiten verfügt, reihenweise immens negative Transfersalden bei gleichzeitig umzusetzenden Bauprojekten zu fabrizieren, ohne dass eine Gegenfinanzierung durch den Spielbetrieb geschehen würde.
Arne, 27.05.2015