0:0 gegen Köln: Lahme Leistung am Molsiris-Tag
Ideenlos und überfordert – der BVB kommt im Flutlichtspiel gegen den 1. FC Köln nicht über ein 0:0 hinaus. Gegen einen tief stehenden Gegner haben die Schwatzgelben wie so oft in der Vergangenheit kein probates Mittel gefunden. Man kann sogar von Glück reden, dass der Effzeh die groben Dortmunder Fehler nicht kaltschnäuzig ausnutzte und drei Punkte in die Domstadt entführte. Die nach den Siegen über Freiburg, Mainz, Stuttgart und die Blauen aufgekeimte Hoffnung, doch noch die internationalen Plätze ins Visier zu nehmen, hat damit einen jähen Dämpfer erhalten.
Merkwürdige Polizeistrategie beim Fanmarsch, viele Beamte in Köln
Kurze Rückblende: Nach dem 25. Spieltag der Saison 2004/05 hat der BVB mit 32 Punkten gar zwei mehr geholt als die Jungs, die gestern gegen Köln das schwatzgelbe Trikot trugen. Doch die sportliche Situation interessiert im März 2005 an der Strobelallee eigentlich niemanden. Der BVB steht vor dem Aus, hat einen wahnsinnigen Schuldenberg von mehr als 100 Millionen Euro angehäuft. Und wenn die Gesellschafter des „Molsiris“-Immobilienfonds an jenem 14. März 2005 ihre Daumen senken, ist der BVB insolvent – und damit Geschichte. Doch im Terminal E des Düsseldorfer Flughafens stimmen die Gläubiger dem Sanierungskonzept von Hans-Joachim Watzke und Reinhard Rauball zu. Zehn Jahre, zwei Deutsche Meisterschaften, einen DFB-Pokalsieg und ein Champions-League-Finale später ist der Verein schuldenfrei.
Grund genug, an seinem Jahrestag an diesen existenziellen Wendepunkt in der Geschichte unseres Vereins zu erinnern. Also marschierten rund 3000 Borussen vor dem Spiel gegen Köln vom Platz an der alten Synagoge friedlich Richtung Stadion. Das Motto, „Not for Sale“ war dasselbe wie im Februar 2005, als die BVB-Fanszene, geprägt von Misswirtschaft und Existenzängsten, für das Überleben unseres Vereins demonstrierte.
Die Polizei machte den Organisatoren der Demo gestern allerdings einen Strich durch die Rechnung. Offenbar hatte sie ein Problem mit der geplanten Route, die die Fans von der Innenstadt direkt zum Stadion führen sollte. Die Ordnungshüter wollten die Demonstration nicht wie abgesprochen durch die B1-Unterführung der Hohen Straße ziehen lassen. Als Grund führte sie ein fehlendes Abluftsystem des Straßentunnels an. Vor besagtem Tunnel war vor zehn Jahren das bekannte Bild des Fanmarsches mit dem „Not for Sale“-Banner entstanden (welches als Poster später auch im BVB-Fanshop verkauft wurde). Doch die Polizei wehrte sich partout unter anderem gegen das Argument, dass der Straßentunnel wegen der Demo ohnehin für Autos gesperrt sei und ein Abluftsystem deshalb gar nicht von Nöten sei. Stattdessen wollten sie den Zug vor der Brücke umdrehen(!) lassen und durchs Kreuzviertel zum Westfalenstadion führen. So wurde die Demo vor der B1-Unterführung vorzeitig von den Organisatoren und auf Anweisung der Polizei offiziell beendet.
Welcher Grund auch immer die Beamten tatsächlich dazu bewogen hat, die Fans nicht die gewünschte Route laufen zu lassen, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Dass tatsächlich ein mangelndes Abluftsystem bei stillgelegtem Verkehr schuld ist, darf durchaus bezweifelt werden. Einfach schade, dass man friedlichen Fans – der Marsch verlief ohne Zwischenfälle – ohne ausreichende Begründung Steine in den Weg legt.
Auch in Köln sorgte die Polizei für Kopfschütteln. Die Fans des Effzeh scheinen nach dem Platzsturm in Mönchengladbach für die Behörden das personifizierte Böse der Fankultur zu sein. Anders lässt sich das immense Polizeiaufgebot vor dem Spiel am Kölner Hauptbahnhof nicht erklären. BVB-Fans aus dem Rheinland berichteten von einer ungleich größeren Anzahl an Beamten, die die Abreise überwachten. Einige trugen dabei Pfefferspraytanks auf dem Rücken, andere Schlagstöcke. In Dortmund angekommen, setzte man zudem auf Fantrennung. Vor dem Hintergrund, dass BVB- und FC-Fans sich in der Vergangenheit stets respektvoll, teilweise sogar freundschaftlich begegneten, fragten sich nicht nur die Gästefans, ob dieser Aufwand der Polizei tatsächlich verhältnismäßig war. Am Ende blieb übrigens alles friedlich. Traurig, dass es beim Spiel zwischen Dortmund und Köln dieser Feststellung bedarf.
Kein Bier für Rassisten im Stadion
Im Stadion angekommen, durfte jeder linksgrün versiffte Gutmensch vernünftige Fan dann feststellen, dass es für Rassisten im Stadion auch weiterhin kein Bier gibt. An vielen Stellen im Stadion, vor allem vor den einzelnen Bierständen, prangte der Spruch „Kein Bier für Rassisten“ als Teil der gleichnamigen Aktion, die die Fanabteilung kürzlich ins Leben gerufen hat. Großartig, dass Verein und Fans auch auf diese Weise ein Zeichen für Vielfalt und gegen Fremdenfeindlichkeit setzen. Weiter so!
Ein Blick auf den Gästeblock zeigte dann das aktuelle Dilemma der Kölner Fanszene. Trotz 8000 mitgereister Fans gab der Norden ein recht karges Bild ab. Zaunfahnen hingen nur wenige, Schwenker gab es gar keine. Von den Ultragruppen waren vereinzelt Mitglieder im Stadion, traten aber nicht als Gruppe auf. Auch ein Vorsänger wurde nicht gestellt, was sich im Spiel deutlich bemerkbar machte. Zwar wurden während des Spiels immer wieder und aus verschiedenen Ecken – sogar von den Sitzplätzen – Stücke des breiten Kölner Liedrepertoires angestimmt, doch meistens nur kurz und von wenigen mitgetragen. So ließ sich nur erahnen, was für einen starken Auftritt die Domstädter vielleicht mit Koordination durch einen Vorsänger und einem Stimmungskern hingelegt hätten. So bleibt der sonst bunten Kölner Fanszene nur zu wünschen, dass sie einen für alle Effzeh-Fans gangbaren Weg aus der aktuellen Misere findet.
Mit „Hurensöhne DFB“- und „Diktatur Fanatischer Bestrafungen“ schickte sie noch einen Gruß an den Verband, der Köln unter der Woche mit den erwarteten, aber eben auch äußerst harten Strafen belegte (unter anderem drei Teilausschlüsse und personalisierte Auswärtstickets), die leider größtenteils die vielen, vielen unschuldigen Fans treffen. Die Desperados grüßten derweil ihre Kölner Freunde per Spruchband mit einem Zitat des kölschen Songs „En unserem Veedel“ von Bläck Föös. Auch die umstrittene „Je suis Boyz Köln“-Fahne hing gestern wieder vor der Südtribüne.
Keine Mittel gegen dicht gestaffelte Kölner
Zum Sport: Der BVB musste neben den länger verletzten Piszczek, Großkreutz und Durm auch auf Ginter und Sahin verzichten. Vor allem der Ausfall Nuris schmerzte, haben unsere Jungs doch mit ihm seit seiner Rückkehr mehr als doppelt so viele Punkte geholt (2,09) wie ohne ihn (1,00). Ihn ersetzte Kehl.
Die auswärtsstarken Kölner standen wie erwartet mit zwei Viererketten tief in der eigenen Hälfte, verriegelten das Zentrum und lauerten auf Konter. Und wie so oft in der Vergangenheit fiel unseren Jungs kein probates Mittel ein, um eine solch kompakte Defensive zu knacken. Das ist sehr ärgerlich, weil diese Schwachstelle wahrlich keine neue ist und immer wieder vor Augen führt, wie einfach es ist, diesen millionenschweren Kader vor ernsthafte Probleme zu stellen. Für die neue Saison müssen sich die Verantwortlichen dringend einfallen lassen, wie diese Mannschaft auch dann erfolgreich sein kann, wenn der Gegner ihr den Ballbesitz überlässt und eben kaum schnelle Gegenangriffe über Marco Reus gewährt.
Vielleicht wäre diese Tatsache gestern nicht so bitter gewesen, hätten die Schwatzgelben den Effzeh nicht immer wieder mit haarsträubenden Fehlern dazu eingeladen, das Ding sogar für sich zu entscheiden. Zum Beispiel Kehl, der im Zentrum leichtfertig den Ball verlor und Glück hatte, dass der geschickte Deyverson an Weidenfellers Reflex scheiterte (2.). Um eins vorweg zu nehmen: Roman war wirklich gut aufgelegt und bester Borusse an diesem Tag. Kurz darauf entwischte Ujah der Dortmunder Hintermannschaft halblinks, verzog aber zum Glück (6.). Auf der anderen Seite waren es nur zwei Kopfbälle von Subotic (4.) und Aubameyang (26.), die mehr oder weniger für Gefahr für das Tor von Timo Horn sorgten. Das war’s dann aber auch mit der ersten Halbzeit.
Kurz nach der Pause dann erneut großes Glück, nicht in Rückstand zu geraten: Ujah konnte von Subotic und Hummels nicht gestoppt werden und in der Mitte ließ Schmelzer Deyverson so frei stehen, dass das bestraft werden musste! Doch der schoss die Kugel aus wenigen Metern über den Kasten (52.) Puh! Der BVB hatte seine größte Chance durch Reus, dessen gefährlich abgefälschten Schuss Horn mit einer starken Parade abwehren konnte (66.). Fünf Minuten später brandete kurz Jubel auf, als Aubameyang den Ball ins Tor beförderte, sich aber klar und eindeutig seiner Hand bediente. Statt zu diesem naiven Mittel zu greifen, hätte er wenigstens versuchen können, den Ball mit Fuß oder Kopf zu erreichen. Erst jetzt drehte der BVB etwas auf und fuhr die Angriffe gen Kölner Tor in höherer Schlagzahl. Viel lief dabei über den eingewechselten Kampl. Doch richtig gefährlich wurde nur noch ein scharfer Reus-Freistoß aus dem Zentrum, der, verlängert von Hummels, von Horn noch pariert werden konnte.
Nerviges Pfeifen und Raunen der BVB-Fans
Am Ende stand ein mehr als leistungsgerechtes 0:0, nach dem Jürgen Klopp völlig zurecht die wenigen Abschlüsse und vielen verlorenen Offensivzweikämpfe bemängelte. So kann man seine Analyse durchaus stehen lassen: „Wenn dieses Spiel für irgendetwas gut war, dann dafür, dass wir wissen, wie es nicht geht.“
Leider konnte sich auch die Südtribüne, unterstützt übrigens von Kevin Großkreutz in Block drölf, nicht von der Leistung der Mannschaft auf dem Rasen abheben und war über weite Strecken des Spiels erschreckend leise. Auch von den Südecken kamen, anders als sonst, keinerlei Impulse. Viel ärgerlicher war allerdings das deutlich vernehmbare Raunen, zum Teil gepaart mit Pfiffen, mancher Zuschauer nach missglückten Aktionen in der zweiten Hälfte. Über Unmutsbekundungen nach(!) dem Spiel kann man ja vortrefflich streiten, doch diese Art des Ärger-luft-machens bringt einfach überhaupt nichts, außer dass es die eigenen Spieler nur noch weiter verunsichert. War nicht das erste Mal in dieser Saison (in anderen Spielen richtete es sich gar gegen einzelne Spieler wie Mkhitaryan) und sollte schnellstens wieder abgestellt werden.
Am Ende hat man auf Tabellenplatz sechs aufgrund der Niederlage von Augsburg zwar noch einen Punkt gutgemacht, doch die sichtliche Überforderung unserer Spieler gegen tiefstehende, abwartende Gegner bereitet weiterhin Sorgen.
Statistik
Borussia Dortmund: Weidenfeller – Kirch, Subotic, Hummels, Schmelzer – Gündogan, Kehl – Mkhitaryan, Kagawa, Reus – Aubameyang
1. FC Köln: Horn – Olkowski, Maroh, Mavraj, Hector - Peszko, Lehmann, Vogt, Risse - Deyverson, Ujah
Einwechselungen: 61. Kampl und Blaszczykowski für Kagawa und Mkhitaryan, 76. Immobile für Aubameyang - 74. Osaka für Deyverson, 84. Svento für Peszko, 90. Brecko für Risse
Tore: keine
Eckstöße: 5:2 (Halbzeit 2:1)
Schiedsrichter: Schmidt (Stuttgart), Gelbe Karten: Aubameyang, Schmelzer
Zuschauer: 80.667 (ausverkauft)
Malte S., 15.03.2015