BVB humpelt dem Abgrund entgegen
Man muss als Anhänger des BVB II jeden Tag dem Fußballgott danken, dass er den FC Wegberg-Beeck erschaffen hat. Nur dieser besseren Hobby-Truppe aus dem Mittelrhein ist es zu verdanken, dass die Mannschaft vom sichtlich angeschlagenen Trainer David Wagner nach sechs Spielen mit lediglich einem Pünktchen auf dem vorletzten Tabellenplatz stehen. Denn auch gegen die Alemannia aus Aachen musste man sich am gestrigen Samstag mit 0:1 geschlagen geben.
Dass Ansetzungen der zweiten Mannschaft in der Vergangenheit immer wieder Anlass für kontroverse Diskussionen boten, sollte bekannt sein. Zu häufig entgingen einem wahre Highlights durch parallele Spielansetzungen mit der ersten Mannschaft. Umso kurioser, dass ausgerechnet ein Heimspiel gegen Alemannia Aachen eben nicht zeitgleich angesetzt wurde, waren doch schon im Umfeld der fürchterlichen 1:5-Klatsche in Ahlen Gerüchte über „sportlich motivierte“ Anhänger beider Seiten zu hören.
Aachener fackeln eigene Zaunfahne ab
So war es keine große Überraschung, dass bereits kurz nach Spielbeginn die ersten Ausschreitungen zu verzeichnen waren. Zunächst brachten es die mitgereisten „Öcher“ fertig, durch ihre Pyro-Show die Zaunfahne eines eigenen Anhängers abzufackeln, der darüber überraschenderweise „not amused“ war. Und gerade aufgrund der Querelen innerhalb der Fanszene Aachen erhalten solche Aktionen ihre ganz eigene Brisanz. Nach dieser pyromanischen Slapstick-Einlage präsentierte "0231riot" gezockte Utensilien, was im Aachener Gästeblock dazu führte, dass die Ultras sowie ein Großteil der anderen Fans ihre Zaunfahnen abhängten. Etwas ambitionierte Gestalten schafften es gar auf Zaun und Tartanbahn, doch wurden sie von Ordnern und der anrückenden Staatsmacht in die Schranken gewiesen.
Weitere Hektik brach aus, als im Aachener Fanblock nach schwatzgelb-Informationen eine Frau sowie ein älterer Herr verletzt wurden und das Ordnungspersonal nach Meinung der vor dem Gästeblock wild fuchtelnden TSV-Funktionäre zu langsam für Hilfe sorgte. Nach einiger Zeit wurde jedoch zumindest der ältere Herr auf einer Trage in den Rettungswagen gebracht. Verwunderlich war, dass Schiri Visse aus Recke das Spiel während dieser geschilderten Auseinandersetzungen lediglich für wenige Sekunden unterbrach. Die daraufhin kurzfristige Unordnung nutzte fast Tammo Harder zur Führung, doch prallte sein ansatzloser Distanzschuss leider nur gegen die Latte. Dies war denn auch tatsächlich die einzige nennenswerte Szene der ersten Hälfte, in der der BVB zumindest defensiv wieder seine Qualitäten zeigte und mit mehr Moral und Einsatzwillen als noch am „schwarzen Dienstag“ in Ahlen überzeugte.
In der zweiten Hälfte reichte dann eine einzige Szene, um den BVB erneut auf die Verliererstraße einbiegen zu lassen. David Sauerland rutschte nach 75 Minuten nah an der Strafraumgrenze zu hart in seinen Gegenspieler hinein, sodass es folgerichtig Gelb und Freistoß für Aachen gab. Der eingewechselte Ex-Profi Aimen Demai legte sich das runde Leder zurecht und schoss genau durch die Mauer ins Gehäuse des geschlagenen Hendrik Bonmann. In der Pressekonferenz kündigte David Wagner an, sich dieses Tor noch einmal genau ansehen zu wollen. Denn offenbar machten ein oder zwei Spieler eine Lücke auf, was so einfach nicht passieren darf.
Kleines Derby fällt aus
Der Unterschied zwischen unten und oben offenbarte sich schließlich in der Nachspielzeit, als Tammo Harder aus identischer Position seinen Freistoß flach noch nicht einmal in den Strafraum bugsieren konnte. So blieb es beim 0:1 und der Frage, wie eigentlich diese Saison außer vielleicht gegen Wegberg-Beeck und Erndtebrück Punkte geholt werden sollen. Die nächste Gelegenheit bietet sich zudem erst wieder in zwei Wochen beim Heimspiel gegen Oberhausen, da das Auswärtsspiel in Wanne-Eickel nächsten Freitag gegen die kleinen Blauen abgesagt wurde. Momentan werden die dortigen Umkleideräume einer angrenzenden Turnhalle von Flüchtlingen belegt, sodass der Verband diese Partie zunächst einmal vom Spielplan nahm. Wahrscheinlich wird es jetzt irgendwann an einem Dienstagmorgen um 7.45 Uhr in Greifswald oder Passau ausgetragen...
Andererseits würden sich diese zwei Wochen jetzt auch anbieten, um eventuell doch über eine Veränderung auf der Trainerposition nachzudenken. Während das gesamte Trainer-Team hinter Wagner mit versteinerten Mienen in die Katakomben schlich, raufte sich der Deutsch-Ami während der letzten Minuten durchgehend die Haare und versprüht im Moment zudem auch keinerlei Überzeugungskraft mehr. Selbst eine Mineralwasserflasche stellte diesmal eine zu große Herausforderung dar, sprühte sie doch über und spritzte das Wasser zur Hälfte in Wagners Gesicht. Haste Scheiße am Fuß... Gleiches gilt auch für David Wagners Tochter und David Solgas Ehefrau, die nach Spielschluss synchron mit Krücken den VIP-Raum betraten und somit eine Personifikation der aktuellen Gemengelage beim BVB II darstellten.
Und auch bei Kapitän und 1.94m-Hüne Christoph Zimmermann war die Frustration deutlich erkennbar, verweigerte er nach Spielschluss doch jegliche Interviews mit dem Hinweis darauf, dass er die Wasserkisten schleppen müsse. Neben Sangesbarde Klau Neuhaus war übrigens auch Oberboss Aki Watzke in der Roten Erde zugegen und es wird spannend zu beobachten sein, ob in der Länderspielpause strukturelle Änderungen bei unserer Zwoten zu beobachten sein werden. Und auch der Not-Transfer eines neben Solga erfahrenen Akteurs scheint nicht gänzlich ausgeschlossen. Denn der heute mit einem Altersschnitt von 19,72 Jahren aufgestellte Kader ist nur unwesentlich älter als die hauseigene U 19. Andererseits muss auch die Qualität der Spieler kritisch hinterfragt werden, konnten bis auf Stankovic und mit Abstrichen Ozbolt in dieser Saison doch höchstens die Slowenen ansatzweise überzeugen.
Stimmung, Stimmen und Pressekonferenz:
Daten zum Spiel
BVB II (4-2-3-1): Bonmann – Stenzel, Zimmermann, Stankovic (60. Güll), Sarr – Sauerland (79. Eberwein), Karazor – Dieckmann, Harder, Hanke (88. Flores) – Ozbolt
Aachen: Löhe, Winter, Vrzogic, Hackenberg, Löhden, Rüter (83. Gödde), Dowidat (65. Demai), Staffeldt, Müller, Graudenz, Maier (46. Propheter)
Tor: 0:1 Demai (76.)
SR: Visse (Recke)
Zuschauer: 3.159
Gelbe Karten: Sauerland – Dowidat, Staffeldt
Ecken: 4:4
Malte D., 29.08.2015