Das moderne Montagsspiel
Die Regionalliga West live im japanischen TV! Der WFLV lacht sich ins Fäustchen, kommt er doch der DFL mit ihren Auslandvermarktungsplänen zuvor. Während im Oberhaus noch sonntags 13:30 Uhr als Anstoßzeit diskutiert wird, setzt die Regionalliga einfach auf montags 14:00 Uhr, denn exklusiver geht es nicht!
Dazu die Topbegegnung, die ganz Japan elektrisiert. Die Zwote aus Düsseldorf, der Stadt mit Deutschlands einzigem Japantown und die Amateure aus Dortmund, deren japanischer Topstar Mitsuru Maruoka kürzlich noch beim Kick der Profis in Kawasaki netzte. Und nicht zu vergessen in Person von Marian Sarr sogar mit einem Champions-League-erfahrenen Akteur auf der Bank auftrumpfen konnte.
Abstriche muss man um diese Zeit natürlich beim Zuschaueraufkommen in Kauf nehmen. Aber was sind schon mögliche 3.000 im Stadion gegen 3 Millionen vor den japanischen Bildschirmen? Durch geschickte Nichtorganisation an den Kassen konnte nichtsdestotrotz mittels langer Schlangen von Außen der Eindruck eines vollen Stadions erweckt werden.
Während dem schwatzgelb.de-Qualitätsjournalismus vor dem Stadion der Zugang durch unfähige Ordner-Greise erschwert wurde, konnten glücklicher Weise doch noch die Scouts der sinnlosen Dorfvereine der Regionalliga auf der Tribüne mit den gehaltvollen Kommentaren des Amateurfunks penetriert werden.
Vor dem mit ca. 200 Schwarzgelben gefüllten Gästeblock wurde derweil (unter Mithilfe der Ordner) ein großes Banner mit der Aufschrift „EURE ANSTOSSZEITEN KOTZEN UNS AN“ aufgehangen. Fotos von diesem verbreiteten sich geschwind in diversen sozialen Medien und fanden unter Fußballfans aller Colour rege Zustimmung.
Nach einer Schweigeminute für die kürzlich verstorbene Ordnerleiterin der Fortuna pfiff Schiedsrichter Florian Heien (ein bildhübscher Kerl!) die Partie an. Die Regionalliga-Saison begann für die Amas mit einem gegnerischen Freistoß, den unsere, nach dem Abgang von Zlatan Alomerovic nun unbestrittene, Nr. 1 Hendrik Bonmann sicher abfing. Den ersten Torschuss konnte David Solga mit einem Freistoß neben das Fortuna-Gehäuse für sich verbuchen (5.). Solga war mit seinen 32 Jahren der mit Abstand älteste Borusse auf dem Feld (Altersschnitt 20,38 (!) Jahre), neben u.a. sechs Jungs Jahrgang `96. Die folglich unerfahrene Truppe stand zu Beginn recht unsortiert und schenkte der Fortuna bereits in der 7. Minute den Führungstreffer: Garcia kommt im Strafraum unbedrängt an einen nicht geklärten Ball und versenkt diesen links unten.
Der Mannschaft konnte man den Schock ansehen und auch im auf Tifomaterial-verzichtenden Gästeblock verstummten daraufhin die einzelnen Anfeuerungsversuche. Es folgte noch Köln-Sprechchöre, was einige sportlich orientierte und politisch desorientierte Kandidaten auf der Haupttribüne kurzzeitig in Rage versetzte, bevor der Gästeblock für den Rest des Spiels komplett verstummte.
Auch auf dem Platz passierte daraufhin nicht viel. Düsseldorf igelte sich ein und die Borussia hatte dem nichts entgegen zu setzen. Da musste schon Bormuth selbst für Gefahr sorgen: Mit einer Rückgabe zwang er Keeper Kampmann zu einer Parade (22.). Ein fälliger indirekter Freistoß - da Kampmann den Ball festhielt - blieb aus, was David Wagner an der Seitenlinie ins Toben brachte. 1,94-Hühne Zimmermann versuchte sich dann auch mal im Regelbruch und unterband einen Konter der Fortunen mit der Hand, hier folgte allerdings korrekter Weise der Gelbe Karton. F95-Coach Taskin Aksoy musste den angeschlagenen Ajani vom Feld nehmen. Für ihn kam Nazim Sangare ins Spiel, der selbiges in der Folge prägen sollte.
Zunächst folgte jedoch eine Trinkpause, welche unter sengender Sonne auch angebracht war. Den Restart verpennen die Borussen erneut. Bebou kommt an Knystock und Karazor viel zu einfach vorbei und seinen Schuss kann Bonmann erst im Nachfassen sichern (30.). Wagners Jungs schienen dies aber als Weckruf begriffen zu haben und starteten eine kleine Drangphase. Eine Solga-Ecke segelte an Freund und Feind vorbei und fand den etwas überraschten Stankovic, der den Ball nicht mehr richtig drücken konnte und vorbei köpfte (31.). Fortuna bleibt jedoch stets gefährlich. Sangare und Erat können sich über rechts durchspielen, im Strafraum kann Zimmermann aber Rybacki entscheidend stören (37.).
Während Düsseldorf spielerisch klar überlegen agiert, will der BvB mit Gewalt den Ausgleich. Stankovic versucht es per Distanzschuss und Knystock haut den Ball nach einer Ecke über das Tor (38.). Als Neuzugang Ozbolt, die Abwehr der Gastgeber auf sich ziehen kann und auf Maruoka ablegt, muss das der Ausgleich sein! Er scheitert jedoch an Kampmann (43.) und vor den japanischen TV-Geräten bricht keine Ekstase aus. Maruoka lässt sich nochmal von Sangare düpieren, aber Stankovic kann ihn stoppen, bevor es in die Kabinen geht. Eine symptomatische Szene: der schmächtige Japaner sieht im Zweikampf kein Land und erst der stabilere Stankovic kann den Angriff unterbinden. Ein Problem, dem sich die junge Truppe in der ruppigen Regionalliga stellen muss.
Die 2. Halbzeit beginnt Dave Wagner mit David Sauerland für den schwachen Ex-Bochmer Karazor. Bis auf einen Wechsel bei den Gastgebern (Weber für Gartner) tut sich zunächst nichts, bis erneut Sangare in Erscheinung tritt: Er kann sich wiederholt durch durchs Mittelfeld tanken und auf Ryback passen. Den zunächst geblockten Ball schnappt sich wieder Sangare und nagelt das Ding von der Strafraumkante in die Maschen - 2:0 (52.). Der andauernde Kabinenschlaf der Borussen bringt sie bei dieser Hitze in einen aussichtslosen Rückstand. Wagner bringt nun den robusteren Hanke für Maruoka und kurz darauf Eberwein für Flores.
Eberwein kann sich sofort durchs Mittelfeld dribbeln und haut vom 16er drauf - Ecke (64.). Die Ecke von Hanke verpasst Ozbolt. In diesem Spiel strahlen die Ecken deutlich mehr Gefahr aus als in der Vorsaison - was nach dem Abgang von Kefkir auch nicht verwundert - teils kurze Ausführungen lässt Dave Wagner seine Jungs aber leider weiterhin praktizieren.
Vor einer erneuten Trinkpause macht Sangare dann mit einer Einzelaktion den Deckel drauf: Sauerland rutscht im Mittelfeld aus, Sangare kann oder möchte dann niemand mehr stoppen und der knallt das Ding zum 3:0 in den Winkel (69.). In der Schlussphase reißen beide Seiten in der Hitze nun nicht mehr viel, das Spiel ist ja auch längst entschieden.
Die Amas zahlen mit ihrer jungen Truppe im ersten Spiel also mächtig Lehrgeld. Als neu formierte Mannschaft hatte man gegen mit Profis gespickte Fortunen allerdings auch keine leichten Voraussetzungen. Am kommenden Samstag geht es in der Roten Erde mit dem SC Verl gegen die erfahrenste Mannschaft der Regionalliga West. Allerdings darf die Mannschaft dann wieder auf zahlreiche Unterstützung auf den Rängen bauen. Wessen eigenes Erscheinen in der Kampfbahn verhindert sein sollte und wer nicht über das japanische Regionalliga-West-Abo verfügt, kann auf die volle Bandbreite der Berichterstattung von schwatzgelb.de zurück greifen.
Statistik
F95 II: Kampmann - Ajani (25. Sangare), Budde, Pluntke, Bormuth, Sobottka, Garcia (83. Fejzullahu), Gartner (51. Weber), Rybacki, Bebou, Erat
BVB II: Bonmann - Zimmermann, Knystock, Stankovic, Solga - Maruoka (55. Hanke), Flores (62. Eberwein, Karazor (46. Sauerland) - Ozbolt, Camoglu, Ioannidis
Tore: 1:0 Garcia (7.), 2:0 und 3:0 Sangare (52., 69.)
Gelbe Karten: Zimmermann
Zuschauer: 876 im Paul-Janes-Stadion
Steffen, 03+1.08.2015