Warum sich Lewandowski einen würdigen Abschied erarbeitet hat
Nun ist es also endlich offiziell: Robert Lewandowski wechselt im Sommer von unserem geilen Verein zum FC Bayern. Nach Mario Götze im Vorjahr ist es bereits der zweite Akteur, der uns innerhalb von 12 Monaten in Richtung Isar verlässt.
Doch gerade im Vergleich zum Götze-Wechsel gibt es einen fundamentalen Unterschied: Verriet der einstige „Super-Mario“ quasi über Nacht seine kurz zuvor noch vollmundig verkündeten angeblich schwatzgelben Ideale und ließ sich vom Münchener Geld und der Schickeria (womit nun wirklich nicht die dortigen Ultras gemeint sind) anlocken, so spielte Robert Lewandowski von Anfang an mit offenen Karten. Bereits seit über einem Jahr waberten die Gerüchte über einen Wechsel „Lewas“ durch den Äther. Und so war es doch letztlich eher eine Überraschung, Robert Lewandowski auch nach dem Transferschluss am 31. August 2013 noch im schwatzgelben Trikot sehen zu können, ja, sehen zu dürfen. Denn bei aller Wehmut ob des Verlustes eines Weltklassestürmers: Wir haben ihm viel zu verdanken!
Und wer hätte das gedacht, als vor dreieinhalb Jahren ein völlig unbekannter Stürmer von Lech Posen an die Strobelallee wechselte!? Knapp 4,7 Millionen Euro waren dem BVB die Dienste des dreifachen Torschützenkönigs wert. Aber, ähnlich wie bei der Verpflichtung von Lucas Barrios ein Jahr zuvor, wusste niemand so recht, was er nun mit dieser Person anzufangen hat. Barrios hatte in seiner ersten Saison jedoch nach einigen Anlaufproblemen den Stammplatz in der Sturmspitze zementiert, sodass Lewandowski in dessen erstem Jahr 2010/11, dem ersten Meisterjahr, nicht viel mehr als eine Reservistenrolle zukam; und vielfach wurde Lewa trotz seiner 8 Tore in 33 Bundesligaspielen (davon 18 Einwechslungen) schon als Chancentod verschrien.
Doch er sollte seine Kritiker Lügen strafen. Begünstigt durch das Verletzungspech Barrios‘ stieg Lewandowski im Double-Jahr 2011/12 zum absoluten Leistungsträger auf. 22 Tore in der Bundesliga, sieben im Pokal und eines in der Champions League ließen ihn zum europaweit begehrten Stürmerstar aufsteigen. Ich erinnere mich noch sehr gut an jenen Mittwochabend im April 2012, als Lewa mit seinem Hackentor in der 77. Minute gegen die Bayern nicht nur ein ganzes Stadion, sondern eine ganze Stadt, nein, eine ganze Region in Ekstase versetzte. Der Dreierpack im Pokalfinale gegen die Bayern wenige Wochen später war ein weiteres Highlight seiner Dortmunder Zeit, das man so schnell wohl nie vergessen wird. Man vergegenwärtige sich also, wie viele glückselige Momente uns Robert Lewandowski beschert hat!
Und schon in der Folge begannen die Gerüchte, ob Lewandowski den Verein verlässt; doch er blieb! Und mit 24 Toren in der Bundesliga, einem im Pokal und derer 10(!) in der Champions League packte der Pole - von etwaigen Wechselgerüchten offenbar völlig unbeeindruckt - in der Saison 2012/13 noch einmal eine Schippe drauf! Nie, nie, nie werde ich die Vier-Tore-Gala im Halbfinal-Hinspiel Ende April 2013 gegen Real Madrid vergessen. Wieder einmal sorgte der gebürtige Warschauer für pure Euphorie in Schwarz und Gelb.
In dieser Saison stehen auch schon wieder 11 Bundesliga-Tore, eines im Pokal und vier in der Champions League zu Buche. Sicherlich, es hätten mehr sein können, sein müssen. Man denke insbesondere an die vergebene Großchance in Marseille frei vor dem Tor. Es erscheint jedoch nicht fair, ausschließlich Lewandowski zu geißeln, dass er keine Leistung mehr bringe und gedanklich schon in München sei. Wie wichtig „Lewa“ für den BVB ist, bewies er insbesondere in der Champions League, beispielsweise eben in jenem schon angesprochenen Spiel gegen Marseille, als er zum frühen 1:0 einnetzte. Oder man denke an das 2:1-Siegtor beim FC Arsenal nach Großkreutz‘ formidabler Flanke kurz vor dem Schlusspfiff.
Robert Lewandowski ist Profi genug, dass er - egal, wie groß das Theater neben dem Platz war und ist - seine Aufgabe solide und zufriedenstellend erledigt. Der Wechsel zu den Bayern steht inoffiziell seit mindestens einem halben Jahr fest, insofern belegen gerade die oben genannten Beispiele die These von Lewandowskis Professionalität. Es wird ihm nicht gerecht, wenn er nun als Sündenbock herausgepickt wird. Ja, er hätte noch mehr Tore erzielen können. Doch gerade in den zurückliegenden Wochen bekleckerte sich auch der Rest der schwatzgelben Mannschaft in der Bundesliga nicht gerade mit Ruhm - was hier jedoch auch keineswegs als Vorwurf im Raume stehen soll. Vielmehr war „Lewa“ Teil eines Kollektivs, das zunehmend physisch wie auch psychisch ausgelaugt schien.
Insbesondere Lewandowski als Knipser in der Sturmspitze ist ein wichtiger Eckpfeiler in einer Mannschaft, die in der Rückrunde in der Bundesliga, aber insbesondere den Pokal-Wettbewerben noch einiges vor hat. Es ist daher völlig fehl am Platze, Lewandowski jetzt nach Götzeschem Vorbild zu verteufeln und auszupfeifen. Natürlich war die Art, in der die Berater den Wechsel zu forcieren suchten, nicht die schönste. Und natürlich hätte Lewandowski als Klient diesem Verhalten mit einer klaren Ansage einen Riegel vorschieben können.
Doch letztlich hat er, der bis vor vier Jahren Borussia Dortmund vermutlich noch gar nicht gekannt hat, nie einen Hehl daraus gemacht, dass er den Verein spätestens nach Vertragsablauf verlassen möchte, ich wusste stets, wie ich ihn einzuschätzen habe. Als professionellen Stürmer, der hier seine Aufgabe erledigt, für die er bezahlt wird, und irgendwann weiterziehen wird. So ist nun einmal das Geschäft. Auf diesem Wege haben ein Marco Reus oder ein Ilkay Gündogan zum BVB gefunden, und genauso werden uns besagter Reus oder ein Mkhitaryan oder Aubameyang auch irgendwann wieder verlassen.
Doch gerade angesichts seiner Verdienste hat sich Robert Lewandowski einen fairen Umgang durch uns Fans für seine letzten schwatzgelben Monate mehr als erarbeitet. Und wer weiß, vielleicht bereitet uns der Pole ja noch die eine oder andere Sternstunde!? Man denke an die Serie... April 2012: Siegtor gegen Bayern. April 2013: Vier Tore gegen Real. April 2014: ?