Starke Leistung ohne verdiente Krönung
Wenigstens eine BVB-Mannschaft hat begriffen, was die Stunde geschlagen hat. Die U23 bot gegen den bisherigen Tabellenführer aus Münster eine bärenstarke Leistung und durfte trotz des späten Ausgleichstreffers stolz auf ihr Spiel sein. Wenn die Jungs diese konzentrierte Herangehensweise auch am Samstag gegen Erfurt auf den Rasen bringen dürfte der Sprung von den Abstiegsplätzen endlich gelingen.
Zur sinnlosesten Parallelansetzung des Jahres versammelten sich knapp 4.500 Fans in der Roten Erde, wovon der Hauptteil natürlich aus dem nahen Münsterland angereist war. Warum man so ein Highlightspiel auf einen Sonntag legt, wird sich mir wohl nie erschließen. Der einzig denkbare Grund, dass man möglichst wenig Heimfans im Stadion haben möchte, ist ebenso asozial wie naheliegend. Dass sich von Seiten des BVB bei solchen Ansetzungen kein Protest regt, kann ich auch nicht nachvollziehen. Immerhin entgeht der Borussia eine ordentliche Einnahme und auch die Mannschaft kann im Abstiegskampf jede Unterstützung gebrauchen. Immer wieder betonen Dave Wagner und seine Spieler, wie sehr sie der Support von den Rängen nach vorne pusht und trotzdem nimmt man es klaglos hin, dass die Götter der Spielansetzung den Amas mal wieder ein Auswärtsspiel zuhause bescherten.
Dave Wagner scheint eine erfolgversprechende Stammformation gefunden zu haben. Die Jungs, die in Dresden in letzter Minute einen Punkt erobert hatten, durften auch gegen die Preußen von Beginn an ran. Jon Gorenc Stankovic, der sich im Saisonverlauf zum Innenverteidiger Nummer 1 aufgeschwungen hatte, musste sich ja das Grauen in Frankfurt von der Bank anschauen und der Rekonvaleszent Joe Gyau durfte auch noch nicht von Beginn an ran. Dave Wagner vertraute lieber weiter auf Julian-Maurice Derstroff und das sollte sich auszahlen. Bei den Preußen setzte Ex-Borusse Ralf Loose auf die Ex-Borussen Heitmeier und Piossek. Für letztgenannten musste Ex-Borusse Amachaibou ins zweite Glied rücken.
Die Preußen-Fans boten mal wieder das gewohnte Bild. Der Gästeblock war bestens gefüllt und auch die Pöbelbauern auf den Sitzplätzen wussten durch völlige Ahnungslosigkeit und Niveaufreiheit zu überzeugen. Die Münsteraner Ultras haben ihr Schisma anscheinend immer noch nicht überwunden. Der Support von den Stehplätzen artete zwar nicht mehr in eine derart furchtbare Kakophonie aus, wie man sie vom SCP-Anhang früher oft geboten bekam, aber wenn der eine Stimmungskern hüpfte, schwenkte der andere konsequent und umgekehrt. Mir sind die Hintergründe dieses seltsamen Verhaltens zwar ebenso egal wie unbekannt, aber falls Thiel und Boerne sich mal diesem Fall annehmen würden, würde ich wohl auch über meinen Schatten springen und mir mal wieder einen dieser furchtbaren Münsteraner Tatorte ansehen.
Aber kein Grund abzuschweifen, denn das Geschehen im altehrwürdigen Oval bot genug Unterhaltung. Am Ende war zwar Preußen Münster die Tabellenführung los und Borussia Dortmunds Amateure blieben auf einem Abstiegsplatz hängen. Dennoch zeigten sich beide Trainer nicht unzufrieden mit dem Ergebnis. Die Amateure hatten dem haushohen Favoriten bravourös Paroli geboten und waren erst durch zwei späte Schiedsrichterentscheidungen von der Siegerstraße abgekommen und die Preußen konnten sich über die späte Wendung des Spiels freuen, nachdem sie über weite Strecken des Spiels ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden konnten.
Die BVB-Bubis erwischten den besseren Start ins Spiel und schnürten den SCP in den ersten Minuten förmlich in der eigenen Hälfte ein. Die Preußen konnten sich nur selten befreien und waren nur nach Standardsituationen gefährlich. Die Borussen konnten demgegenüber ihr optisches Übergewicht zunächst nicht in wirkliche Torchancen ummünzen. So benötigten sie auch eine Standardsituation, um die völlig verdiente Führung zu erzielen. Einen Freistoß von Kefkir bekamen die Preußen nicht geklärt und so landete der Ball vor den Füßen von Derstroff, der sich aus kurzer Distanz nicht zweimal bitten ließ und trocken ins Eck schoss. Bis zur Pause erholten sich die Gäste nicht mehr von diesem Rückschlag und so konnten sich die Jungborussen in der Pause an der Aussicht auf drei Punkte erwärmen.
In der zweiten Hälfte erspielte sich der Favorit eine Feldüberlegenheit, biss sich aber am engmaschigen Dortmunder Mittelfeld weiter die Zähne aus. So brauchte den großen Auftritt von Schiedsrichtersohn Harm Osmers. Er leistete sich zwar keine ähnlich spektakuläre Fehlentscheidung wie sie einst bei Helmers Phantomtor seinem Vater unterlaufen war, aber er griff zweimal entscheidend zu Ungunsten der Borussen ins Spiel ein. Zunächst schickte er Kahled Narey bei erster Gelegenheit mit Gelb-Rot zum Duschen und dann Pfiff er drei Minuten vor Schluss noch einen zweifelhaften Freistoß in perfekter Position für die Gäste. Diesen verwandelte Amaury (was haben sich seine Eltern nur dabei gedacht!) Bischoff allerdings wunderschön und brachte die Amateure vom BVB 09 damit um die verdiente Krönung ihrer starken Leistung.
Dave Wagner verteilte in der Pressekonferenz ein Sonderlob an das aggressive Spiel seiner Mannschaft gegen den Ball und damit lag er goldrichtig. Die Borussen zogen bei gegnerischem Ballbesitz zwei engmaschige Ketten kurz hinter der Mittellinie auf und stellten konsequent Überzahlsituationen in Ballnähe her. So konnten die Münsteraner so gut wie nie einen geordneten Spielaufbau aufziehen. Das Zentrum war dicht und auch über die Flügel ging wenig. So spielten sich die Preußen immer wieder in der eigenen Innenverteidigung die Bälle zu und wählten irgendwann verzweifelt den unkontrollierten langen Ball, der so gut wie nie einen Mitspieler fand. Die Wagner-Elf präsentierte sich hochkonzentriert und ließ in ihrem Einsatz auch in der zweiten Halbzeit nicht nach, als Münster den Druck erhöhte. Beispielhaft für die Einsatzfreude der Borussen stand Mustafa Amini, der immer wieder im Mittelfeld Bälle eroberte und nach vorne trug, bis er irgendwann von Krämpfen geplagt vom Platz humpeln musste. Von der Prellung, die ihn unter der Woche noch am Training gehindert hatte, war ihm jedenfalls nichts anzumerken, bis ihn schließlich die Kräfte verließen. Mit einer solchen Leistung sollten die Jungs im Abstiegskampf der Dritten Liga auf jeden Fall bestehen können.
Pressekonferenz
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Statistik
BVB II: Alomerovic - Narey, Hornschuh, C. Zimmermann, Knystock - Solga, Amini (86. Nyarko) - Jordanov (77. Dudziak), Harder, Kefkir - Derstroff (70. Gyau)
SCP: Schulze Niehues - Riedel (74. Amachaibou), Do. Schmidt, Heitmeier, Hergesell - Zenga, Bischoff - Siegert (85. Scherder), Piossek, Kara - Krohne (85. Truckenbrodt)
Tore: 1:0 Derstroff (37.) 1:1 Bischoff (87.)
Gelbe Karten: Kefkir - Riedel, Hergesell, Siegert
Gelb-Rot: Narey
4426 Zuschauer in der Kampfbahn Rote Erde
Fotos: Michi - Fanabteilung
Web 01.12.2014