Nullnummer im Niemandsland
Seien wir mal ehrlich: Die dritte Liga hat für Fußballtraditionalisten in diesem Jahr womöglich noch mehr zu bieten als DbzLaawaZ (Die beste zweite Liga aller aber wirklich aller Zeiten). Duisburg, Rostock, Dresden, Bielefeld, Fortuna Köln und wie sie alle heißen. Und dann ist da noch dieses Örtchen, das man erst einmal googeln muss. Die Rede ist von Aspach, Heimat der Sportgemeinschaft Sonnenhof Großaspach.
Bisher ein weißer Fleck auf der Fußballlandkarte der meisten Fans, verschlägt es unsere Zweitvertretung in dieser Saison neben den Stuttgarter Kickers und dem VfB II erneut ins tiefste Baden-Württemberg. Fans, die sich dieses Schmankerl nicht entgehen lassen wollen, stellen nach ein paar Klicks auf die interaktive Landkarte schnell fest: Zum Bahnfahren ist Aspach eher weniger geeignet, der nächste S-Bahnhalt befindet sich im sechs Kilometer entfernten Backnang. Von da aus sollte sich dann noch eine etwa zehnminütige Busfahrt anschließen. Also ging es per Bulli vorbei an Wäldern, Feldern, dem heimischen Modelleisenbahnfachgeschäft (der Ausflug in die nahegelegene Baumschule Schieber musste aus Zeitgründen leider ausfallen) bis zum Stadion. Unter freundlicher Mithilfe der Polizei (aka dein Freund und Helfer) ließ sich schließlich auch der Weg zum Gästebereich finden, von dessen Existenz die heimischen Ordner offenbar noch nie gehört hatten. Kein Wunder: Eingangsbereich, Zäune und Kartenverkaufscontainer desselben sahen leicht improvisiert aus.
Gästeblock? Nie gehört
Wer sich der Mechatronik Arena, deren Name eher an eine weitere Konstruktion der Transformers-Reihe erinnert, allerdings auf anderem Wege näherte, dessen Blick fiel zunächst auf ein ansehnliches Blockhaus, in dem Presse- und VIP-Bereich untergebracht sind. Beim zweiten Blick dann die unvermeidbare Feststellung, dass es in Andrea-Berg-Town kein Entrinnen vor derselben geben würde. Plakate und Banner wohin das Auge reicht. Andrea Berg im Kassenhäuschen, Andrea Berg am Zaun, Andrea Berg auf der Werbebande, Andrea Berg auf der Toile.... nein, da glücklicherweise nicht. Auch akustisch ließ sich vor und nach dem Spiel kein einziger Ton der Sängerin im Stadion ausmachen, wofür ich sehr dankbar bin. Nach ausgiebiger Helene-Beschallung in Stuttgart ist mein Bedürfnis an Schlager für diesen Monat gedeckt (und damit uns nicht wieder unterstellt wird, wir würden nur das Negative sehen: Die Maultaschen waren wirklich großartig).
Von der Haupttribüne aus fiel der Blick sofort auf den schwatzgelben Mob im Gästebereich, der sich über die gesamten 90 Minuten samt Halbzeitpause lautstark bemerkbar machte. Einen „Heimblock" suchte man auf der Gegenseite allerdings vergeblich – im Stehplatzbereich auf der Gegenseite verliefen ein paar Dutzend der insgesamt 1.934 anwesenden Fans. Stimmungsmäßig also ein Heimspiel in Aspach. Auf dem Platz schien die Elf von David Wagner (den heimische Journalisten offenbar für einen Doppelgänger unseres Profitrainers hielten, Zitat: „Der trägt auch Kappe, Brille und Bart, also wie Jürgen Klopp") trotz der stimmungsvollen Unterstützung von den Rängen zunächst nicht ganz wach. Nur wenige Sekunden nach dem Anpfiff klatschte der Ball an den Pfosten neben Alomerovic, Rizzi hatte mit seinem Schuss die komplette Hintermannschaft überrascht.
Erste Halbzeit
Die Hausherren, unter ihnen Ex-BVB-Spieler Sahr Senesie, hatten sich offenbar einiges vorgenommen und die neuformierte Wagner-Elf (Debütant Knystock und Derstroff für Narey und Jordanov) schaffte es in er ersten halben Stunde kaum, diesem Drang etwas entgegenzusetzen. So wussten sich Solga (5.) und Güll (16.) nur durch Fouls zu helfen, für die sie jeweils Gelb sahen. Über die vielen daraus resultieren Standardsituationen echauffierte sich Wagner an der Seitenlinie lautstark. Zu unsicher agierte auch die linke Seite mit Gyau und Güll, die sich von Skarlatidis immer wieder überlaufen ließen. Einen dieser Angriffe über Skarlatidis und Sohm vereitelte Alomerovic jedoch im Strafraum. Auch bei einem Schuss von Senesie aus der Drehung wenige Minuten später war der Keeper zur Stelle. Die einzige echte BVB-Chance in dieser Phase ging auf das Konto von Hornschuh, dessen Schuss von Kunz pariert wurde. Zuvor fand Gyan für seine Flanke im Strafraum keinen Abnehmer. Weitere Offensivaktionen von Skarlatidis (29.) und Knystock (Freistoß, 32.) strahlten wenig Gefahr aus.
Nach einer guten halben Stunde wurde das Spiel offener. Derstroff fasste sich schließlich ein Herz, zog aus 16 Metern ab und zwang Torwart Kunz zur ersten sehenswerten Rettungstat. In der 44. Minute visierte Solga mit seinem Freistoß eher das angrenzende Wäldchen denn Kunz' Tor an, auf der Gegenseite kam Kienast im Laufduell mit Nyarko im Sechzehner zu Fall – einen Elfmeter gab es dafür aber zurecht nicht. Mit 0:0 ging es also in die Pause, in der David Wagner seinen Jungs offenbar einiges mit auf den Weg gab und auch selbst zur Tat schritt: Nyarko blieb in der Kabine, stattdessen schickte der Trainer Väyrynen auf den Platz. Der wurde direkt rüde von Kienast von den Beinen geholt (keine Karte), setzte im weiteren Verlauf des Spiel allerdings auch keine Akzente.
Zweite Halbzeit
Zwar verzeichnete die SG Sonnenhof Großaspach auch zu Beginn der zweiten Halbzeit mehr Chancen durch Skarlatidis (53.) und Senesie (55.), die Amateure standen dennoch wesentlich kompakter, als dies noch vor dem Pausentee der Fall war. Marouka verzog im Anschluss an einen Solga-Freistoß sogar aus aussichtsreicher Position (59.). Anschließend kassierte Hornschuh Gelb für ein taktisches Foul gegen Skarlatidis. Die größte Chance zur Führung hatten dann die Gastgeber: Rühle tauchte völlig frei vor Alomerovic auf und nur dessen Fuß verhinderte die Aspacher Führung (69.). Erneut eine klasse Leistung des Keepers, der seine Mannschaft einmal mehr vor dem Rückstand bewahrte. Nach einer Gelben Karte für Hägele und dem Dienstende von Senesie (77.) musste dann auch Kapitän Hornschuh (78.) vom Platz – allerdings unfreiwillig. Nach einem erneuten Foul sah der Blondschopf seine zweite Gelbe Karte und trat den Gang unter die Dusche an. Die restlichen zwölf Spielminuten betritt der BVB in Unterzahl.
Diese Chance wollten sich die Hausherren nicht nehmen lassen und warfen in den letzten Minuten alles an Offensive nach vorne, was das Team zu bieten hatte. Beinahe wären sie dafür auch belohnt worden, Kienast (81.) und Skarlatidis (84.) fehlten jeweils nur Zentimeter um den Heimsieg perfekt zu machen, Gehring verpasst eine Hereingabe knapp. So blieb es beim für den BVB mehr als glücklichen Punktgewinn, an dem sich auch Debütant El-Buoazzati (88. für Knystock) noch für einige Minuten beteiligen konnte. Bedanken darf sich die Mannschaft für diesen Punkt aber bei Alomerovic, der dafür auch ein Sonderlob vom Trainer erhielt.
Die Fotostrecke zur Nullnummer gibt es wie gehabt auf unserer BVB-Fotoseite unter diesem Link.
Stimmen:
David Wagner:
Zum Spiel: „Wir sind sehr fahrig ins Spiel gekommen und haben nach 25 Sekunden direkt einen Pfostenschuss hinnehmen müssen. Es waren zu viele technische Fehler im Spiel, wir hatten keine gute Raumaufteilung und waren zu ungeduldig. Wir haben den ersten und nicht den besten Pass in die Tiefe gespielt, wurden deshalb immer wieder ausgekontert. Insgesamt haben wir hier einen glücklichen Punkt geholt. Nur ganz wenige Spieler – außer unserem Torwart, Zlatan Alomerovic hat eine herausragende Leistung gezeigt – sind heute an ihr Limit gekommen. Ich denke, wir haben uns durch unsere kämpferische Leistung diesen einen Punkt verdient. Deswegen bin ich glücklich über den Punkt: Er war nicht unverdient, weil wir gut gefightet haben, aber Großaspach war die bessere Mannschaft."
Zur Personalsituation: „Was wir nicht vergessen dürfen: Wir hatten heute zwei Debütanten dabei, Nico Knystock und Mohamed El-Bouazzati. Unser erster Job ist es, die Liga zu halten, unser zweiter, Spieler für die Profis anzubieten."
Statistik
Großaspach: Kunz – Vecchione, Hägele, Gehring, Kienast – Jüllich (87. Leist), Rizzi – Skarlatidis, Binakaj (46. Rühle) – Sohm, Senesie (76. Bellanave)
Gelbe Karten: Hägele, Jüllich
BVB II: Alomerovic - Knystock (88. El-Bouazzati), Hornschuh, Stankovic, Güll - Solga, Nyarko (46. Väyrynen) - Gyau (80. Zimmermann), Maruoka, Derstroff – Harder
Gelbe Karten: Güll, Solga
Gelb-Rote Karte: Hornschuh
Schiedsrichter: Jöllenbeck
goldkind, 23.08.2014