Hitze, Regen und FIFA vs. Fahnen
Nach dem deutschen Spiel in Fortaleza sind wir direkt wieder nach Recife zurückgekehrt. Den Mietwagen hatten wir gleich im Parkhaus am Flughafen stehen gelassen. Das war nicht viel teurer und ersparte eine lange Abhol- und Rückgabeprozedur. Am nächsten Tag fuhren wir dann zum Spiel der Mexikaner gegen die Kroaten in Recife. Danach stand ein Tagesausflug ins knapp 350 km entfernte Natal zum Spiel Italien gegen Uruguay auf dem Programm, bevor zwei Tage später Deutschland in Recife auf die USA traf.
Bei der Anreise zur Arena Pernambuco in Recife zum Spiel Kroatien gegen Mexico haben wir uns auf Grund der guten Erfahrungen bei den ersten drei Spielen wieder für die Variante Park & Ride entschieden. Leider war dies dieses Mal nicht so unkompliziert: Von unserem Abfahrtsort, dem Einkaufszentrum „Shopping Recife" in der Nähe des Flughafens ging es zunächst mit einem Bus für knapp 10 Minuten zur nächsten S-Bahn Station. Mit der modernen S-Bahn erreichten wir dann nach gut 15 Stationen und knapp einer Stunde Fahrtzeit inkl. einmal Umsteigen eine S-Bahn Station in der Nähe des Stadions. Hier ging es dann wieder mit Bussen weiter zu einer provisorisch aufgebauten Busstation in etwa einen guten Kilometer vor dem Stadion. Viele der Straßen sahen so aus, als wären sie extra für die WM hier in die Landschaft gebaut worden. Insgesamt dauerte die Anreise bis zum Stadion ca. 1,5 Stunden. Zum Spiel der deutschen Mannschaft werden wir wohl einen anderen Anreiseweg nehmen...
Das Stadion selbst steht mitten auf der grünen Wiese. Außer den üblichen mobilen Getränkehändlern gab es dort nichts. Das weite Rund war mit vielen Mexikanern gut gefüllt. Insgesamt dürfte ca. die Hälfte der Stadionplätze mit Mexikanern besetzt gewesen sein. Ein paar Leute versuchten vor dem Stadion noch vergeblich, ihre überzähligen Tickets los zu werden. Auch heute hätte man wieder ziemlich günstig ins Stadion kommen können.
Schmährufe, Tumulte und Fahnen (Teil 1)
Unsere Plätze befanden sich direkt unterhalb des kroatischen Fanblocks hinter einem der Tore. Hier waren jedoch nur einige hundert Kroaten und ansonsten zahlreiche Mexikaner auszumachen. Die Stimmung im Stadion war recht ausgelassen. Gemeinschaftliche Fangesänge der Mexikaner waren allerdings eher selten zu vernehmen. Vielmehr fielen sie hauptsächlich durch ihren Ruf „Puto" (=Stricher) auf. Jedes Mal wenn der Torhüter zum Abschlag antrat schallte dieses Wort laut durchs Stadion. Die Rassismusvorwürfe und die eingeleiteten Ermittlungen der FIFA schienen hier kaum jemanden zu interessieren.
Nach der Führung der Mexikaner kannte der Jubel keine Grenzen. Einige Kroaten ließen nach dem zweiten Gegentor ihrem Frust freien Lauf und so kam es zu einigen Auseinandersetzungen. Eine Fantrennung war hier ohnehin nicht vorgesehen, so dass mexikanische und kroatische Anhänger direkt nebeneinander standen. Vor uns brachten einige Leute ihre Kinder in Sicherheit während hinter uns Ordner in den Block drangen um die Parteien zu trennen. Viele Kroaten verließen daraufhin die Tribüne und die Lage beruhige sich. Bereits in der ersten Hälfte sorgte eine FIFA-Delegation, bestehend aus einem Supervisor und ein paar Ordnern im Schlepptau, anscheinend auf der Suche nach einer Fahne, für Unruhe im Block. Nachdem man sich mehrfach durch die Reihen gedrängt hatte, wurde das Objekt gesichtet. Der Versuch, die kroatische Fahne mitzunehmen, endete allerdings erfolglos in einem Handgemenge zwischen ca. 15-20 kroatischen Fans und 5 Ordnern.
Die Rückfahrt zu unserem Hotel gestaltete sich ähnlich zeitintensiv wie die Anreise. Trotz langer Schlangen zu den Shuttlebussen ging es allerdings recht zügig voran, so dass der Parkplatz mit unserem Auto gut 2 Stunden nach Spielende erreicht wurde. Da die provisorischen Shuttlebus-Stationen nach dem Turnier wohl wieder abgebaut werden dürften, stellt sich allerdings die Frage, wie das hier im Normalbetrieb nur ansatzweise laufen soll...?
Viel Hitze und wenig Immobile in Natal
Die Strecke nach Natal zum Spiel Italien gegen Uruguay am nächsten Tag konnte problemlos zurückgelegt werden. Der bekannte Parkplatz wurde angesteuert. Die fleißigen Helfer, die uns beim letzten Besuch noch den Weg zu den Shuttlebussen wiesen, waren allerdings alle verschwunden. Der Bus fuhr trotzdem, allerdings nur mit wenigen Fahrgästen. In der Seitenstraße ist die Station ohne Hinweis allerdings auch kaum zu finden.
Bei gefühlt 90% Luftfeuchtigkeit, 30°C im Schatten und absoluter Windstille im Stadion floss der Schweiß in Strömen. Dabei hatten wir noch Glück und saßen nicht in der Sonne. Die Hitze konnte für das schlechte Spiel der beiden Mannschaften kaum der einzige Grund gewesen sein. Ein besonderes Augenmerk lag natürlich auf unserem Neuzugang Immobile. In der ersten Halbzeit sah man allerdings von den beiden italienischen Stürmern so gut wie nichts. Lediglich Balotelli fiel durch einige Fouls, Schauspielerei und Zeitspiel auf. Immobile hatte genau wie Balotelli einen eher schlechten Tag erwischt. Die wenigen Bälle, die tatsächlich dann mal bei ihm ankamen, konnte er nicht behaupten. Fahrt nahm das Spiel erst nach der roten Karte und dem Gegentor für die Italiener auf. Da war Immobile aber bereits draußen. Am Ende durften wir mit den vielen Fans aus Uruguay den Einzug in die nächste Runde bejubeln.
Bei der Rückfahrt aus Natal erreichte uns auf halber Strecke nach Einsetzen der Dunkelheit eine Regenfront. Die Fahrt wurde dadurch wegen überschwemmter Hauptstraßen und den nun nicht mehr wirklich sichtbaren Schlaglöchern deutlich verlangsamt. Bei nur kleineren Staus erreichten wir unsere Unterkunft nach gut 5 Stunden Fahrt gegen 22 Uhr.
Starker Regen und schwerer Unfall
Der Regen sollte auch 2 Tage später die Anreise zum Spiel der deutschen Mannschaft in Recife stark beeinträchtigen. Ziel war ein Park & Ride Parkplatz in der Nähe des Stadions. Von dort fuhren wieder Shuttlebusse zum Stadion. Bereits frühzeitig meldete unser Navi, dass auf allen Straßen in Recife kaum ein Durchkommen war. Wir wählten daher eine Route, die uns weit am Stadtzentrum vorbeiführen sollte. Doch auch hier blinkte kurze Zeit später ein Unfall auf und 2 km Stau wurden angezeigt. Krankenwagen zogen an uns vorbei, PKW und Motorräder nutzen die Gegenfahrbahn der zweispurigen Landstraße um ein paar Meter gutzumachen. Zeitweise ging jedoch gar nichts voran. Die Unfallstelle auf einer halb überschwemmten und mit zahlreichen Löchern übersäten Straße war nach einer Stunde passiert. Mindestens einen Toten hatte es bei dem LKW Unfall hier gegeben. Bei der Fahrweise und den Straßenverhältnissen sind solche Szenen vorprogrammiert.
Nach fast 2,5 Stunden Fahrt war der P&R Parkplatz 45 Minuten vor Anpfiff erreicht. Hier wurde extra für die WM eine Fläche mit einem Schotter/Teer gemisch planiert. Zahlreiche Generatoren mit Beleuchtungsmasten sollten später für die nötige Ausleuchtung sorgen. Nicht schlecht gestaunt haben wir, als man knapp 15 Euro Parkgebühren von uns haben wollte. Nicht genug, auch beim Einstieg in die Shuttlebusse musste eine Fahrkarte für knapp 2 Euro p.P. gekauft werden. Das war damit unser bisher teuerster Parkplatz bei einem Fußballspiel. Nach knapp 10 Minuten Fahrzeit und anschließendem 15 Minuten Fußweg und nur noch wenig Regen gab es vor dem Stadion immerhin kostenlos einen Satz nasse Füße, da die riesigen Pfützen beim Einlass zwangsläufig durchquert werden mussten.
Kaum Kontrollen und Fahnen (Teil 2)
Die Kontrollen am Einlass wurden bei den letzten Spielen immer nachlässiger. Einmal ging es komplett ohne Kontrolle ins Stadion. Trotz piependem Metalldetektor wurde man einfach weitergewunken. Abgetastet wird hier grundsätzlich nicht. Genau geachtet wird allerdings auf die erlaubten Gegenstände. Kleine Schirme durften zuletzt nicht mit ins Stadion. Auch im Stadion vollzog sich die gleiche Prozedur wie in Fortaleza. Kurz nach dem Anpfiff zog eine Armada von Polizisten und Ordnern durch den Block um für die Entfernung der deutschen Fahnen an den Banden zu sorgen. Kleine Gerangel und längere Diskussionen waren zu beobachten. Deutsche Polizisten (in Uniform) versuchten die Situation zu beruhigen. Am Ende waren alle Fahnen verschwunden. Hier war man mit der Organisation anscheinend mal wieder überfordert. Hieß es doch nach dem Spiel in Fortaleza, dass Fahnen grundsätzlich erlaubt sind.
Das Spiel der deutschen Mannschaft konnte uns nicht wirklich beeindrucken. Um hier tatsächlich eine Chance auf den Titel zu haben, muss noch einiges passieren. Gerade die Außenverteidiger wirkten in der Abwehr teils fahrig und in der Vorwärtsbewegung unbeholfen. Die Wechsel in der Startformation lösten ebenso Unverständnis aus, wie die Einwechslung von Klose für Podolski zur Halbzeit. Allerdings halten auch viele Brasilianer ihr Team nicht für den ersten Titelanwärter, wie öfters mitgeteilt wurde. Hier räumt man Deutschland gute Chancen ein und die Niederländer wurden oft erwähnt. An Argentinien hat auf Grund der großen Rivalität aber niemand ein gutes Haar gelassen.
Die 75 km Rückfahrt vom Stadion dauerten nochmal eine Stunde länger als die Hinfahrt. Bei brasilianischen Straßen wird meist auf Brücken verzichtet. Mündet eine kleinere Straße auf eine große Schnellstraße mit trennendem Mittelstreifen, so fährt man zunächst in die falsche Richtung auf um einige Hundert Meter später über eine Wendemöglichkeit den Mittelstreifen zu überqueren. Diese Wendemöglichkeit war an einer Stelle durch den Regen so schwer passierbar und durch liegen gebliebene Fahrzeuge teilweise blockiert. Das Resultat war ein knapp 5 km Stau, wobei es aber kaum vorwärts ging. Unsere Unterkunft erreichten wir erst nach über 4,5 Stunden.
Zum Schluss noch eine Panne
Nachdem mit den Mietwagen alles soweit ohne Probleme geklappt hat, ging es auf dem Weg zum Flughafen am nächsten Tag doch nicht mehr weiter. Wenige hundert Meter nach unserem letzten Tankstopp ging der Motor mitten auf der Fahrbahn aus. Der Flughafen war nur noch einen Kilometer entfernt. Ein Mechaniker einer nahen Werkstatt konnte auch nicht helfen. Die Hotline unseres Auto-Vermieters AVIS wurde erreicht, allerdings sprach man hier nur portugiesisch. Also ging es mit dem Taxi weiter zum Flughafen. Die einzige Dame am Schalter dort sprach allerdings auch nur portugiesisch, deutete auf die Hotline Nummer und stellte uns ein Telefon hin. Im dritten Anlauf und unter Mithilfe anderer Reisender hatten wir dann tatsächlich eine Person am Telefon, die in gebrochenem Englisch nach 45 Minuten das Problem erkannt hatte und soweit alles Nötige in die Wege geleitet hatte. Mal sehen welches Ende, diese Geschichte nimmt...
Zunächst geht es nun weiter nach Sao Paulo und anschließend für einen Kurztrip nach Porto Alegre zum deutschen Achtelfinale. Danach sind wir dann in Sao Paulo beim Achtelfinale Argentinien gegen die Schweiz, bevor die letzte Etappe der Reise nach Rio ansteht.
René, 27.06.2014