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schwatzgelb.de spielt: Cluedo BVB

08.09.2014, 10:05 Uhr von:  NeusserJens
schwatzgelb.de spielt: Cluedo BVB
Verpackung und Spielfeld von Cluedo BVB

Freitagabend, Länderspielpause, Jürgen Pascholski von der Kriminalpolizei Dortmund versammelt Vorstand, Manager, Trainer-Team, Kapitän, Mannschaft und Fans auf dem Vorplatz der Nordtribüne des Westfalenstadions. Der Grund: Ein Diebstahl im Borusseum! Was fehlt ist noch unklar, wo das Exponat steckt ist auch unsicher, aber eines steht fest: Jeder Anwesende ist verdächtig!

So oder so ähnlich muss man sich die Situation vorstellen, wenn man eine Runde Cluedo BVB spielt. Die sehr lieben Jungs und Mädels von WinningMoves haben ihr viertes Spiel im Auftrag des BVB veröffentlicht und nach drei Versionen Monopoly mal einen anderen Weg eingeschlagen. Während im gewöhnlichen Cluedo der Mord in einem wundervollen Anwesen aufgeklärt werden muss, gilt es in der BVB-Version, einen Diebstahl aus dem Borusseum zu entlarven. Wie im Original muss dabei neben einem Ort auch der Verdächtige ermittelt werden, statt der Waffe wird jedoch das gestohlene Objekt gesucht. Durch die Kombination aus sechs verschiedenen Verdächtigen (Fans, Kapitän, Manager, Mannschaft, Trainer-Team und Vorstand), sechs Exponaten (ein Paar historischer Bälle, das Maskottchen Emma, die Karte des Jahrhundertspiels, das Modell des alten Westfalenstadions, die Torjägerkanone und dem Meistertrikot von Lothar Emmerich) und neun möglichen Verstecken (Borusseum, Borsigplatz, Fanshop, Geschäftsstelle, Presseraum, Südtribüne, Trainingsgelände, Tunnel oder Umkleide) entstehen genau wie im Klassiker insgesamt 324 Lösungskombinationen - langweilig wird das Spiel so schnell also nicht.

Normalerweise rezensieren wir ausschließlich im Redaktionskreis. In diesem Fall wollten wir es aber etwas anders machen: Brettspiele sollen Familien zusammenführen und Familien begeistern, von jung bis alt. Also habe ich mir ausnahmsweise meinen Neffen (9 Jahre alt, glühender BVB-Fan), meine Nichte (12 Jahre alt, nicht so sehr Fußballfan) und einen Kumpel geschnappt, um Cluedo BVB auf seine Familientauglichkeit zu testen. Wir alle waren Cluedo-Novizen, haben also keine große Ahnung von Aufbau oder Spielprinzip gehabt - und doch hatten wir relativ mühelos eine Menge Spaß.

Zuerst zu Haptik und Optik: Alle Bestandteile des Spiels sind gewohnt hochwertig gefertigt, vom Außenkarton bis zu den Karten sucht man vergeblich nach Macken oder Fehlern. Wenn man pfleglich mit dem Spiel umgeht, kann man sehr lange Spaß damit haben. Und auch optisch macht das Spiel einiges her, insbesondere die verschiedenen Fotos begeistern: "Ist das ein echtes Bild aus der Kabine?!" Abgesehen vom Trikot des aktuellen Bundesliga-Toptorjägers Julian Schieber: ja. Gerade für die Kleinen gibt es hier noch ein paar interessante Einblicke. Dazu ist der Block mit den Ermittlungsbögen so großzügig gestaltet, dass man pro Blatt ganze acht Partien spielen kann und unzählige Blätter zur Verfügung hat - langer Spielspaß ist also garantiert. Einzig ein paar Stifte fehlen zum absoluten Spielvergnügen, aber dem dürfte ein Besuch in einem schwedischen Möbelhaus schnell Abhilfe verschaffen. Abgesehen von der blauen Spielfigur gibt es also wirklich nichts zu makeln an Fertigungsqualität und Ausstattung.

Cluedo BVB in Aktion

Das Spielprinzip ist anfangs, gerade für die Jüngeren, etwas kompliziert und führt zu einigen Nachfragen: Zuerst werden jeweils ein Verdächtiger, ein Exponat und ein Ort verdeckt in die (wunderschöne) Fallakte gesteckt und in der Spielfeldmitte platziert. Die restlichen Karten werden gemischt und an alle Mitspieler verteilt, sodass jeder für sich bereits einige wenige Hinweise hat, wer was wo NICHT versteckt hat. Auf dem Ermittlungsbogen kann man diese Hinweise abhaken, so wie man es nachfolgend mit den weiteren erhaltenen Hinweisen macht. Nun wird reihum gewürfelt, um vom aktuellen Standort zum nächsten möglichen Versteck des Diebesguts zu kommen. Erreicht man einen solchen Ort, stellt man einen Verdacht auf: Exponat D wurde von Verdächtigem B an diesem Ort hier versteckt. Wenn nun ein Mitspieler eine der genannten Karten auf der Hand hält, muss er sie dem aktuellen Ermittler verdeckt (!) zeigen, damit er diesen Hinweis sammeln und abhaken kann. Hat jemand zwei oder gar drei der genannten Karten auf der Hand, zeigt er dem Ermittler nur eine davon. So ist gewährleistet, dass die anderen "blinden" Ermittler kaum Rückschlüsse darüber ziehen können, welcher der drei möglichen Hinweise gerade offenbart wurde - was sich später als einer der größten Reize des Spiels herausstellt.

Wie gesagt: Zu Beginn ist das Spielprinzip ein wenig kompliziert, aber das legt sich beim Spielen recht schnell. In Kombination mit den eigenen Karten, den gesammelten Hinweisen und möglichen Schlüssen, die man aus dem Verhalten der Mitspieler zieht, ist das Ziel des Spiels, den Diebstahl aufzulösen. Jeder Mitspieler hat zu Beginn seines Zuges prinzipiell die Möglichkeit, Anklage zu erheben. Er nennt dann laut je einen Verdächtigen, ein Exponat und ein Versteck und sieht dann heimlich in die Fallakte, ob seine Anklage korrekt war. Hatte er recht, ist das Spiel beendet und er ist der Gewinner - lag er bei nur einem der drei Anklagepunkte falsch, hat er verloren und darf nur noch als Ermittlungshelfer teilnehmen, nicht mehr als aktiver Ermittler. Es ist bei der Anklageerhebung also Vorsicht geboten, wie ich in unserer ersten Testpartie leidig erfahren durfte, als ich zwar bei Täter und Diebesgut richtig lag, aber den falschen Ort nannte und somit frühzeitig verloren hatte.

Das Spiel wurde intensiv gezockt!
Nach nur wenigen Würfelrunden stellt sich ein guter Spielfluss und spannende Atmosphäre ein. Da prinzipiell jeder Mitspieler in den Zug eines anderen Mitspielers eingebunden ist, kommt keine große Langeweile auf. Die beiden Kinder fanden das Spiel zwar etwas herausfordernd, aber das liegt wohl in der Natur eines Detektivspiels: Es ist kein plumpes Würfel-und-zieh-weiter-Spiel, sondern ein Spiel zum Nachdenken. Wo muss ich hin, was muss ich herausfinden, welche Hinweise fehlen mir noch? Taktik spielt eine unerwartet große Rolle in Cluedo, das angegebene Mindestalter von 8 Jahren ist daher sicher gut gewählt und sollte unserer Meinung nach eher nicht unterschritten werden. Doch genau das sorgt auch dafür, dass man das Spiel schnell und flüssig spielen kann. Weder haben sich meine Nichte und mein Neffe (die gern auch schon mal eine Partie Uno in Chaos mit Gebrüll verwandeln...) genervt, gelangweilt oder unaufmerksam verhalten, noch hat das Spiel eine Ewigkeit verschlungen. In weniger als drei Stunden haben wir ganze drei Partien spielen können - ein Zeitraum, in dem man bei Monopoly mitunter nicht mal eine Runde zu Ende bringen kann. Alle waren durchgängig mit Begeisterung bei der Sache, was bei Brettspielen mit Kindern wirklich nicht immer der Fall ist.

Was uns insgesamt aber besonders gut gefiel: Der Fußball- und BVB-Bezug ist zwar deutlich vorhanden, wirkt dabei aber nie penetrant oder gar abschreckend. Meine Nichte ist nun wahrlich kein Fußball-Enthusiast und konnte mit dem Borsigplatz oder der Karte des Jahrhundertspiels auch erst nach einer Erklärung etwas anfangen, das gesamte Fußballumfeld des Spiels wirkte dabei aber nie störend. So trägt Cluedo BVB nicht nur dazu bei, die Familie zu einem Spieleabend zu vereinen, es schafft auch Verbindung zu den Hobbies einzelner Familienmitglieder, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Man kann das Spiel sehr gut spielen, ohne Bezug zum BVB zu haben, und hat dabei trotzdem eine große Menge Spaß.

So war dann auch das Fazit des familiären Spieleabends: Neben "Schade, dass immer nur einer gewinnen kann!" fiel vor allem die Frage "Können wir das bald noch mal spielen?" Gern! Ganz unabhängig vom BVB macht Cluedo einfach Spaß und wenn man dann auch noch auf der Südtribüne nach der Torjägerkanone sucht, wird dieser Spaß sicherlich nicht kleiner. Von uns gibt es daher eine Empfehlung: Wer Brettspiele mag und den BVB liebt, wird mit Cluedo BVB nichts falsch machen - ganz im Gegenteil!

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