Gebt das Saarland an Frankreich zurück!
In einem echten Abstiegskrimi erkämpfte und erspielte sich unsere zweite Mannschaft nach einer packenden zweiten Halbzeit ein 4:3 gegen den RW Erfurt. Neben dem chaotischen Spielverlauf trug auch Schiedsrichter Alt aus Heusweiler im Saarland zu einem nicht ganz alltäglichen Spiel bei. Wie Marvin Ducksch mit einem Treffer und zwei Vorlagen seine Klasse bewies und warum selbst unser Redakteur am Ende die Nerven verlor, lest ihr in unserem Spielbericht.
Vor diesem richtungsweisenden Spiel warf Trainer David Wagner mal so richtig die personelle Rotationsmaschine an: So spielten unter anderem die lange verletzten Ducksch sowie Demirbay von Beginn an. Außerdem ersetzte Knappmann den zuletzt nicht mehr ganz so stabilen Bajner. Von den Profis half erneut Patrick Owomoyela aus. Auf der Bank nahm neben Amini auch Koray Günter Platz, der am Freitagabend noch beim 0:1 der U 19 gegen Bochum auflief (wir berichteten). Erfurt schwankte die letzten Jahre bekanntlich finanziell zwischen Baum und Borke, was sich auch in der Prominenz der Spielernamen niederschlägt. Am bekanntesten wird wohl noch Kapitän Nils Pfingsten-Reddig sein, der vor einigen Jahren seine beste Zeit bei den Kickers Emden durchlebte.
Der Blick ins Stadion offenbarte zunächst in der Nordkurve ein Plakat mit der gewöhnungsbedürftigen Aufschrift „Kampft für den Klassenerhalt“. Vielleicht ist aber auch bei den ä-Pünktchen einfach nur der Eimer Farbe leer gewesen. Das Wetter war letztlich leider doch nicht so schön wie in den Tagen zuvor, sodass einige BVB-Zuschauer zu Hause geblieben sind. Zumindest war der leichte Nieselregen aber kein Grund, um das Spiel zum vierten Mal zu verlegen. Vielleicht ist auch aus dieser „Verlegungsangst“ erklärbar, warum im Gästeblock gefühlt mehr Vertreter der Staatsmacht als Thüringer Wurstesser zugegen waren. Die Ultras von die Amateure dagegen überzeugten vor dem Anpfiff mit einer Choreo. Der ersehnte sowie erhoffte Klassenerhalt wurde dabei zum Mittelpunkt der Präsentation genommen und für die meisten Zuschauer sollte es aufgrund der erneuten Parallelansetzung schließlich auch das letzte Heimspiel dieser Saison sein. Da wollte man natürlich noch einmal alles geben. Optisch und akustisch. Doch dazu später mehr.
In den ersten fünf Minuten kamen direkt beide Mannschaften in Tornähe, aber beide gefährlichen Torversuche wurden im letzten Moment gerade noch geblockt. Auf Dortmunder Seite gab es zumindest einen Eckstoß. In dessen Folge hatte Redaktionsliebling Christian „das Tier“ Knappmannn bei seiner Startelf-Chance seinen großen Auftritt. Zwar kam er selbst nicht an den Ball, aber auch von den Abwehrspielern konnte keiner an seinem massigen Körper vorbei. Deshalb kriegt er von uns auch ohne Ballberührung die Vorlage zugeschrieben. Bakalorz bedankte sich technisch hochwertig und drosch das Leder zur wichtigen Führung in die Maschen.
Owomoyela erneut verletzt
Wieder Bakalorz war es nach 25 Minuten, der eine Freistoßflanke per Aufsetzer nur um Schamhaaresbreite über das Lattenkreuz setzte. Kurz darauf der Serbe von der Wittener Holzkamp-Gesamtschule, Zlatan Alomerovic, mit Mühe gegen Pfingsten-Reddigs Freistoß. Auch mal den Freistoß genau gegen die Eckfahne fausten. Doch auch die direkte Flanke danach brachte nichts ein. Nach 25 Minuten schon ein Chancenverhältnis von 3:2. Kaum ist der Rasen in der Roten Erde besser, wird das Spiel auch attraktiver. Nicht so attraktiv lief es dann für Owomoyela, der in der 35. Minute (mal wieder) verletzt ausgewechselt werden musste. Beim anschließenden, schnell ausgeführten Freistoß nutzte Erfurt die kurzzeitige Unterzahl brutal aus und schob durch Öztürk zum Ausgleich ein. Die Einwechslung Günters kam zu spät. Da fragt man sich natürlich, warum ein Owomoyela, der im Sommer den Verein wohl eh verlassen wird, in so einem existenziellen Spiel noch Spielpraxis sammeln muss. Nun waren unsere Borussen hinten recht ungeordnet und retteten sich nur mit einiger Mühe in die Halbzeitpause.
Zehn Minuten nach Wiederbeginn waren gespielt, als der eingewechselte Durm wunderbar freigespielt wurde und allein Richtung Sponsel lief. Von der Seite bedrängte ihn ein Erfurter und Durm fiel. Nun begann der große Auftritt von Schiedsrichter Patrick Alt aus Heusweiler im Saarland. Bekanntermaßen hat das Saarland noch nie gute Dinge für unser Land fabriziert (Honecker, Lafontaine, Altmaier, Saarbrücken). Jedenfalls gab er doch nach Hinweis seines noch blinderen Assistenten allen Ernstes Gelb für Durm wegen Schwalbe. Dabei hatte dieser null Gründe dafür, hatte er doch freie Schussbahn. Aber das war noch nicht alles. Denn im direkten Gegenzug entschied der Saarländer Kollateralschaden doch tatsächlich in einer ähnlichen Situation auf Strafstoß für den Gast. Günter soll Öztürk gefoult haben. Pfingsten-Reddig verwandelte eiskalt.
Dem Übel war nicht genug, denn direkt nach Wiederbeginn knallten Oumari und Knappmannn so unglücklich zusammen, dass selbst das Tier nicht mehr konnte und blutend ausgewechselte werden musste. Nun war Zeit für eine Konzessionsentscheidung! Strangl tat uns den Gefallen und setzte im Mittelfeld zu einer Grätsche von hinten an. Das Volk schrie und Alt zog den roten Karton. Nun war es wie in der Kreisliga B: Wer am lautesten schreit, kriegt den Pfiff für sich.
Durm mit der Führung
Der BVB nun in Überzahl und abgezockt wie eine erfahrene Drittligamannschaft. Nach einer Flanke Halstenbergs wird der Ball zu kurz in die Mitte abgewehrt und Ducksch mit seiner ganzen Technik schoss ähnlich wie Bakalorz beim 1:0 volley ein. Und nur weitere vier Minuten zeigte Ducksch erneut seine ganze Klasse, als er Durm herrlich freispielte und dieser frei vor Sponsel die Nerven behielt und auch nicht wieder fiel. Schwarz und Gelb hat tatsächlich zurückschlagen können und diesmal konnte selbst der dilettantische Assistent Meisberger nicht mehr seine Fahne heben.
Knapp zwanzig Minuten vor dem Ende MUSSTE Bajner die endgültige Entscheidung erzielen. Hofmann schnappte sich einen Ball in der Erfurter Vorwärtsbewegung, legte quer auf Bajner und der hat wohl zu viele Videos von Kuba 2010 in Freiburg gesehen. Drüber! So viel Emotionen wie jetzt waren in der Roten Erde seit Jahren nicht mehr. Das wurde nur noch gesteigert durch den Platzverweis Günters gut zehn Minuten vor Spielende. Leider variierten die UvdA ihren Support in keiner Weise. Der Support hätte eigentlich mehr Gepöbel verdient. So war stimmungsmäßig leider kein Unterschied zu einem Nicht-Fußballspiel wie dem 0:0 gegen Offenbach festzustellen.
Inzwischen war es ein offener Schlagabtausch, der nichts für schwache Nerven war. Während in unserem Strafraum ein Abwehrversuch glücklicherweise auf dem Tornetz sein Ende fand, scheiterte Ducksch auf der Gegenseite an Sponsel. Besser machte er es schlussendlich und glücklicherweise in der Nachspielzeit im Zusammenspiel mit Bajner. Dem Ungar war es schließlich vorbehalten, ins leere Tor nach Querpass Duckschs einzuschießen. Wie wichtig dieser Treffer war, zeigte sich kurz darauf in den Tiefen der Nachspielzeit: Denn natürlich sollte Schiri Alt das letzte Wort haben. Er blies nämlich während der Nachspielzeit einfach mal noch solange ein paar Mal unmotiviert in seine Pfeife, bis Pfingsten-Reddig seine gewünschte Freistoßposition bekam. Zwar konnte Alomerovic seinen Ball noch so gerade parieren, aber Möckel hatte dann keine Probleme beim Nachschuss mehr.
Glücklicherweise war dann auch endlich im Saarland Feierabend und die drei lebensnotwendigen Punkte waren endgültig eingefahren. Nun ist alles wieder drin in der Dritten Liga! Jetzt muss am Samstag gegen einen weiteren Ostverein, den Halleschen FC, nur noch nachgelegt werden. Vielleicht läuft es dann etwas klarer im Verlauf des Spiels und die Emotionen kochen nicht mehr ganz so hoch wie heute nach Spielschluss, wo Schiedsrichter und Erfurter Spieler von den Zuschauern der Haupttribüne einiges zu hören bekamen. Auch der Autor dieser Zeilen konnte seine Emotionen leider nicht mehr einfangen und empfahl dem Schiedsrichter für die Zukunft wieder die Saarlandliga, während zwei Erfurter Spieler den Vorwurf der „Tretertruppe“ nicht auf sitzen lassen wollten und verbal entsprechend in den In-Fight gingen. Zumindest weiß man jetzt, warum so viele Ordner nach Spielschluss im Innenraum zugegen sind.
Stimmen zum Spiel
Christian Knappmann (geiler Typ einfach!): Das Spiel hat die Nerven schon sehr strapaziert, aber im Endeffekt sind wir froh, dass wir die drei Punkte haben und weiter voll im Geschäft sind. Es ist ja ganz klar, dass so eine Unterstützung einfach gut tut. Das haben wir ja nicht so oft, auch wenn wir für eine Amateurmannschaft relativ viele Zuschauer haben. Aber heute war es natürlich überragend und das pusht natürlich zusätzlich. Ich meine, wir haben in der ersten Halbzeit schon einmal in Unterzahl ein Gegentor bekommen. Also, ich von mir aus hätte weiter gespielt, aber der Doc war auch nicht ganz sicher. Ich glaube, ich wurde siebenmal getackert. Das ist schon ein Riesen-Cut. Für Samstag muss ich halt gucken, weil es halt gefährlich ist, wenn es wieder auf geht beim Kopfball. Es sind ja nur vier Tage bis dahin. Aber wird schon klappen.
Marvin Bakalorz: In letzter Zeit habe ich immer nur mit Kraft geschossen und die gingen immer meilenweit rüber. Da habe ich mir heute gedacht, dass ich die Kraft mal rauslasse und der Ball ging dann ja auch relativ in den Knick. Das Spiel geben wir natürlich aus der Hand. Aber dann wie wir wiederkommen, zeigt einfach, dass wir eine Mannschaft sind, die nicht absteigen muss. Ganz einfach! Das waren die wichtigsten drei Punkte bis jetzt. Jetzt müssen wir gegen Halle auf jeden Fall nachlegen und natürlich sehen, was die anderen machen. Aber das waren ganz wichtige drei Punkte. Für uns war das bei dem Foul ein Durm ein ganz klarer Elfmeter. Genau die gleiche Situation bei uns muss er auch vielleicht pfeifen, aber nur bei uns pfeift er den dann.
Zlatan Alomerovic: Beim 3:4 habe ich noch versucht zu retten, aber dann ging der doch ins Tor. Wir haben über deren Freistoßstärke gesprochen, aber wenn da vorne 8,9 Mann zum Kopfball gehen, dann können wir auch keine 5-Mann-Mauer stellen. Dann chippt der den einfach rüber und dann ist das leider ein Tor. Beim 1:1 standen wir auch in Unterzahl. Ich glaube, da waren auch alle ein bisschen verwirrt, weil Owo draußen war. Wir wussten jetzt nicht, wohin. Da läuft der von hinten durch, kann auch kein Abseits sein. Wir mussten die Mauer auflösen, weil eben ein Mann im Zentrum gefehlt hatte und dann war die Lücke frei. Muss man anerkennen. Das haben sie super gemacht. So ein dramatisches Spiel habe ich zu unseren Gunsten noch nicht mitgemacht, nur zu Unterhachinger Gunsten. Das war noch bitterer und dann noch die Rückfahrt. Aber das war auch noch einmal so eine Initialzündung heute und nach der Roten Karte habe ich auch noch einmal alle gepusht und gehofft, dass nochmal alles geht. Die Jungs haben es super gemacht, vier Tore geschossen, die halt nur drei und wir haben gewonnen. Natürlich müssen wir jetzt nachlegen, wir sind punktgleich mit Darmstadt. Wir sind immer noch ein bisschen im Nachteil wegen der Tordifferenz. Es ist jetzt alles so momentan, wie wir es haben wollten. Zwei Endspiele, die wollen wir gewinnen.
Die Pressekonferenz zum Spiel
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Daten zum Spiel
BVB II (4-2-3-1): Alomerovic – Owomoyela (37. Günter), Hornschuh, Meißner, Halstenberg – Demirbay, Bakalorz – Hofmann, Ducksch, Baykan (46. Durm) – Knappmannn (59. Bajner)
Erfurt (4-1-3-2): Sponsel – Möhwald (90. Ströhl), Kopilas, Möckel, Czichos (90. Kind) – Oumari – Strangl, Pfingsten-Reddig, Öztürk – Morabit (80. Nietfeld), Tunjic
Tore: 1:0 Bakalorz (8., Linksschuss, Vorarbeit Knappmann), 1:1 Öztürk (37., Linksschuss, Pfingsten-Reddig), 1:2 Pfingsten-Reddig (57., Rechtsschuss, Foulelfmeter, Günter an Öztürk), 2:2 Ducksch (65., Rechtsschuss, ohne Vorarbeit), 3:2 Durm (69., Rechtsschuss, Ducksch), 4:2 Bajner (Nachspielzeit, Linksschuss, Ducksch), 4:3 Möckel (gefühlt 98., Vorarbeit: Schiedsrichter Alt)
SR: Alt (Heusweiler), nächste Woche wieder Kreisliga B Saarbrücken Gruppe 2
Zuschauer: 1.963 (davon 49 Erfurter und 12 rot-weiße Fahnen, gezählt von Redaktionspraktikant ein Markus „Wiggy“ Wigbels; Fazit: jeder vierte Erfurter hatte also eine Fahne )
Chancen: 8:5
Ecken: 7:8
Gelbe Karten: Baykan (40., Halten), Durm (55., Schwalbe) Günter (57., Foulspiel), Ducksch (57., Meckern), Bakalorz (67., Foulspiel) - Möckel (24., Foulspiel), Oumari (59., Luftfoul)
Gelb-Rote Karte: Günter (78., wiederholtes Foulspiel)
Rote Karte: Strangl (65., grobes Foulspiel)
Malte D., 7.5.2013
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