Drei Sportarten zum Preis von einer
Schenkt man den Worten von Darmstadts Coach Dirk Schuster in der Pressekonferenz nach der 0:1-Niederlage seiner Lilien bei den Amateuren der Borussia Glauben, hätte der Abstiegskampf in der 3. Liga wohl eine eigene Berichterstattung im Boulevard verdient. So habe es drei verschiedene Sportarten – Handball, Fußball und Boxen – auf einmal zu sehen gegeben. Auch eine Verschwörungstheorie wollte er zwar nicht aussprechen, tat es am Ende aber doch, da Schiedsrichter Florian Steinberg aus Korntal-Münchingen angereist und damit nah an Rivale Stuttgart lokalisiert war. Nachvollziehen konnte man die Kritik im Grunde nur bedingt. Von drei Sportarten in einem kann nicht die Rede sein, auch Spiel, Spaß und Schokolade trifft es nicht richtig. Und auch der Begriff „Fußball" wird dem Spiel über weite Strecken nicht unbedingt gerecht. Vielmehr war das Spiel ein typischer Abstiegskampf – ein Euphemismus für das Wort Grottenkick. Aber das ist am Ende egal, konnten sich die Amateure doch den Sieg sichern und damit wichtige drei Punkte einfahren, die außerdem dafür sorgen, dass man mal wieder die Abstiegsplätze verlassen konnte.
Die Partie der Darmstädter bei den Amas hätte eigentlich auch stimmungstechnisch richtig interessant werden können. Zumindest waren die Gäste durchaus zahlreich angereist, wohl auch, weil der Verein Busse subventionierte. Auf der Heimseite sah das natürlich ein wenig anders aus – Parallelansetzung sei Dank. Dennoch versammelten sich ein paar jüngere, aber immerhin sangeswillige Fans der Borussia in Block H und sorgten damit für so etwas Ähnliches wie einen Konterpart zu den Fans der Lilien. Aufstellungstechnisch befand sich Jonas Hofmann nach seinem Profi-Ausflug wieder zurück in der 3. Liga. Dazu brachte er von der „ersten Mannschaft" noch Oliver Kirch mit, der sich ein wenig Spielpraxis auf der rechten Abwehrseite sichern sollte und der einem doch irgendwie leid tun kann, wenn man berücksichtigt, wer ihm in den letzten Wochen doch noch bei aller Rotation und Schonung vorgezogen wurde. Außerdem fand sich Marvin Ducksch nach seinem Mittelfußbruch wieder auf der Reservebank der Hausherren wieder und kam am Ende schließlich sogar auf die ersten zehn Minuten Spielzeit nach der langen Verletzungspause. Kerem Demirbay stand nach seinem unter der Woche erlittenen Mittelfußbruch nicht zur Verfügung und fällt für den Rest der Saison aus.
Auf der anderen Seite gab es ein Wiedersehen mit Marc Schnier, der ebenfalls schon in schwatzgelb spielte, die 90 Minuten allerdings an der Seitenauslinie verbrachte. Auch Marcus Steegmann spielte mal für die Borussia, wurde in der Schlussphase aber bei den Lilien eingewechselt. Zuletzt sei noch der Ex-Blaue Danny Latza genannt, der mittlerweile aber sein Vorhaben abgebrochen hat, den Vokuhila wieder salonfähig zu machen. Wenn auch nicht auf die Unterstützung des Frisörs, so konnte er sich immerhin auf die Unterstützung der Fans verlassen, die schon für ordentlich Rabatz sorgten und viele Banner, Fahnen und natürlich auch die üblichen Amateur-Dissgesänge präsentierten. Dabei gab es zwischenzeitlich sogar Wechselgesänge mit den Sitzplätzen. Wie gesagt, ohne Parallelansetzung hätte das durchaus ein Spiel mit einer schönen Kulisse werden können, so waren immerhin insgesamt 1.108 Zuschauer in der Roten Erde vertreten.
Fußballerisch gab es allerdings wirklich nur Magerkost. Torchancen waren über die kompletten 90 Minuten hinweg wirklich Mangelware. Zur ersten – nun, wir nennen es mal aus Mangel an Alternativbegriffen so – Gelegenheit kamen die Gäste, nachdem Alomerovic zunächst eine Flanke von Zimmerman von der linken Seite aus dem Strafraum blocken musste, ein weiterer Versuch über die rechte Seite über Hickl und Behrens dann aber auch keine wirkliche Herausforderung für den Schlussmann der Borussia war. Auf der anderen Seite versuchte es Marc Hornschuh mal nach einer von der rechten Seite getretenen Ecke mit dem Kopf, aber auch dieser Ball muss wohl eher als Rückgabe gewertet werden. Für kurzzeitige Attraktivität sorgten dann schließlich die Sekunden rund um die 30-Minuten-Marke. Hier kam Gäste-Stürmer Freddy Borg zunächst nach einer Flanke von links im Dortmunder Strafraum an den Ball, seine Direktabnahme verfehlte das Gehäuse aber dann doch recht deutlich. Ähnlich erging es im unmittelbaren Gegenzug Marvin Bakalorz, der nach einem Getümmel im Darmstadt-Sechzehner mal aus 18 Metern abzog, aber auch eine Etage zu hoch einkaufen wollte. Nachdem Zimmerman für die Lilien schließlich noch einmal aus der Distanz abzog, allerdings ebenfalls das Tor verfehlte, war die kleine Hochzeit der Attraktivität nach 33 Minuten dann aber auch schon vorbei. Es folgte wenig und so ging es mit einem leistungsgerechten torlosen Unentschieden in die Kabine.
Ohne weitere Highlights gab es dann schließlich nach 58 Minuten das entscheidende Tor der Partie zu sehen. Zunächst hatte Erik Durm bei seinem Abschluss nach Vorarbeit von Balint Bajner Pech, dass er nur den linken Pfosten treffen konnte. Da alle Journalisten auf der Pressetribüne direkt regelrecht in Ekstase verfielen und ihre bis dato doch recht spärlich gefüllten Notizzettel mit dem ersten richtigen Highlight der Partie füllen wollten, konnte niemand so genau ausmachen, wer denn nun in der Folgesituation den Ball von der linken Seite noch einmal in den Strafraum bringen konnte. Man einigte sich auf Tim Treude, was am Ende aber auch nicht von so großer Relevanz ist. Wichtiger ist, dass alle noch sehen konnte, wie Bajner im Strafraum recht unbedrängt hochstieg und Schlussmann Zimmermann mit seinem Kopfball in die rechte untere Ecke keine Chance mehr ließ. 1:0 Borussia! Darmstadt musste reagieren, tat dies aber hauptsächlich personell mit drei Spielerwechseln, aber nur wenig sportlich mit einer großen Schlussoffensive. Diese reduzierte sich auf einen Borg-Kopfball, der das Tor nach einer Elton (da Costa, nicht der dicke St. Pauli-Fan)-Flanke verfehlte und einen harmlosen Freistoß von eben besagtem Elton. Somit blieb es am Ende beim 1:0 für die Borussia. Ob man diesen Sieg in einem schwachen Fußballspiel nun als verdient einschätzen soll oder muss, sei mal dahingestellt, ist im Abstiegskampf aber auch einfach egal. Das Ergebnis ist, was zählt.
Aufzulösen bleiben also nun noch die Aussagen von Gästecoach Schuster. Zunächst die drei Sportarten in einem. Fußball gab es recht wenig, beim Handball bezog er sich wohl darauf, dass Bakalorz in einer Situation den Ball kurz vor dem Strafraum mit dem angelegten Arm abblocken konnte und beim Boxen wird er sich wohl auf eine Rudelbildung berufen haben, die nach einem Foul an der Seitenauslinie entstand. Kurzzeitig „eskalierte" die Situation hier sogar, da ein paar Darmstädter Fans das Tor vom Gästeblock zum Spielfeld aufreißen konnten und somit für wenige Meter auf der Kampfbahn standen, recht schnell aber wieder zurück geschickt werden konnten. Insgesamt haderten die Gäste eben über das gesamte Spiel sehr mit dem Schiedsrichter, obwohl dieser im Grunde in allen Entscheidungen richtig lag. Hauptsächlich waren die Lilien bei einigen Abseitsentscheidungen wohl nicht von der Meinung des Unparteiischen überzeugt. Auch ein Pfiff, der einen Konter der Gäste unterband, weil Durm im Strafraum liegen geblieben war, zog den Hass der mitgereisten Schlachtenbummler auf sich, weil eine ähnliche Situation in der ersten Hälfte eben weiter gespielt wurde. Insgesamt sind die Argumente aber nur schwer nachzuvollziehen, da Schiedsrichter Steinberg im Grunde eine solide Leistung brachte. Aber gut, irgendworan muss es wohl liegen, wenn man so ein Spiel verliert.
Dem BVB soll es egal sein, die jüngsten positiven Ergebnisse zeigen einen deutlichen Aufwärtstrend, der bereits am Mittwoch fortgesetzt werden kann. Dort geht es gegen die Kickers Offenbach, hoffentlich vor einer netten Kulisse, handelt es sich doch um eines der wenigen Spiele, das nun nicht mehr parallel angesetzt ist. Also am Mittwoch alle in die Kampfbahn und die Amas unterstützen. Vielleicht gibt es ja noch einmal drei Sportarten zum Preis von einer!
Stimmen
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Zlatan Alomerovic: [[audio? &url=/media/audio/stimmen-2013-03plus1-13-bvb2-svd/alomerovic.mp3 ]]
Die Pressekonferenz: [[audio? &url=/media/audio/pk-2013-03plus1-13-bvb2-svd/pressekonferenz.mp3 ]]
Statistik
BVB II: Alomerovic – Halstenberg, Meißner, Hornschuh, Kirch – Treude, Bakakorz – Durm (83. Hübner), Benatelli (80. Ducksch), Hofmann (89. Knappmann) – Bajner
Darmstadt: Zimmermann – Stegmayer, Sulu, Gorka, Hickl (77. Steegmann) – Baier, Behrens – Zielinsky (67. Hesse), Latza (60. Elton), Zimmerman – Borg
Tor: 1:0 Bajner (58.)
Gelbe Karten: Bajner, Benatelli – Latza, Baier
Schiedsrichter: Florian Steinberg (Korntal-Münchingen)
Zuschauer: 1.108
Vanni, 14.03.+1.2013
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