Wende an der Wedau
In einem mitreißenden Spiel vor beeindruckender Kulisse entführten die Amateure vom BVB 09 drei Punkte aus Duisburg. Frühe Tore von Marvin Ducksch und Mustafa Amini reichten, um den favorisierten MSV zu besiegen. Obwohl Duisburg kurz vor der Pause verkürzen konnte, blieb es nach einer turbulenten zweiten Hälfte beim knappen aber nicht unverdienten Auswärtssieg. Nach drei Niederlagen in Serie ist damit eine Wende zum Besseren gelungen. Dennoch kommt die Länderspielpause nicht zu einem schlechten Zeitpunkt, denn die Verletztenliste der BVB Reserve wird länger und länger.
Alles war angerichtet für einen hochklassigen Fußballabend: Flutlichtspiel, ein Gegner mit einem großen Namen, aber auch großen Problemen, die ihn nicht unschlagbar erscheinen ließen und dazu eine Besucherzahl, die manchen Erstligisten glücklich machen würde. Dass die BVB Zweitvertretung etwas aus dem Rahmen fällt, was ihre Unterstützung angeht, ist ja nun wirklich nichts Neues mehr. Aber dennoch scheint in dieser Saison eine neue Dimension erreicht zu werden. Da den BVB Fans der Besuch der Amateure bislang nicht durch ständige Parallelansetzungen unmöglich gemacht wird, haben mehr und mehr Borussen Spaß daran gefunden, den Nachwuchs in der Dritten Liga zu unterstützen. Nach Duisburg wurden sogar zwei Entlastungszüge der Bahn eingesetzt.
Im Wedaustadion bot sich dann auch ein erstaunlicher Anblick. Denn obwohl die UvdA geschlossen die Sitzplätze im Oberrang bevölkerten, war auch der Gästesteher mehr als gut gefüllt. Und auch im übrigen Stadion waren hier und da schwatzgelbe Sprengsel zu entdecken. Doch auch der MSV Anhang scheint durch die verweigerte Lizenz enger zusammengerückt zu sein. Zudem hat der Saisonstart der kurzfristig zusammengestellten Mannschaft mit drei Siegen und nur einer Niederlage den Duisburgern sicher auch Lust auf mehr gemacht. Schon erstaunlich, wie schnell es dem Ex-Borussen Karsten Baumann gelungen ist, quasi ohne Saisonvorbereitung eine schlagkräftige Mannschaft zusammenzustellen. Am Ende kamen 21.243 Zuschauer (davon circa 2.000 Schwatzgelbe) zusammen und es wurde richtig laut.
Dave Wagner sah sich aufgrund von Verletzungen zu einigen Umstellungen gezwungen. Hendrik Bonmann war zwar in Duisburg anwesend, aber nur in zivil und auf der Tribüne. Leider wird sich daran auch absehbar nichts ändern, denn dem Senkrechtstarter im BVB Kasten steht wohl eine ähnliche Hüft-OP wie Lukasz Piszczek bevor. Dementsprechend kündigte er auch an, sich an den Operateur des polnischen Rechtsverteidigers zu wenden. Der BVB reagierte schnell auf diesen Ausfall und holte einen alten Bekannten zurück. Johannes Focher saß aber zunächst mal nur auf der Bank. Daneben fällt auch noch Defensivspezialist Evans Nyarko mit einem Innenbandriss für 4-6 Wochen aus und auch Julian Derstroff muss mindestens zwei Wochen mit Sprunggelenksproblemen aussetzen. Nyarko wurde im defensiven Mittelfeld von Amini ersetzt und anstelle von Derstroff kam Bajner zum Einsatz. Marvin Ducksch rückte dafür ins offensive Mittelfeld zurück.
Erste Halbzeit
Zum Einlaufen der Mannschaften wurde endlich mal keine Bombastmucke vom Band eingespielt, sondern den Gesängen der Fans Raum gelassen. Vor dem Anpfiff hielt der Präsident des MSV noch eine Ansprache an seine Fans, weil beim Heimspiel gegen den CFC eine Polizistin erheblich am Arm verletzt wurde.
Aber dann ging es los und der MSV wollte gleich mal zeigen, wer hier Herr im Haus ist. Mit überfallartigen Angriffen versuchten sie den BVB Nachwuchs zu überrennen. Coach Baumann gab nach dem Spiel zu, seine Spieler in der Kabine aggressiv gemacht zu haben. Das sollte er allerdings noch bitter bereuen. Denn seine Jungs wirkten vor dem Tor oft überhastet und ließen die nötige Präzision vermissen. Den ersten echten Torschuss gab dann auch Marvin Ducksch ab, der eine schöne Flanke von Bandowski direkt aufs Tor schoss. Leider bekam er nur einen ziemlich laschen Schuss zustande, der Lenz im MSV Tor vor keine wirklichen Probleme stellte. Trotzdem nahm der Stadionsprecher den locker abgefangenen Ball zum Anlass, den Vertreter vom verletzten Ex-Borussen Rataijczak mit Hilfe des Publikums abzufeiern. Solche marktschreierischen Aktionen wirken immer total peinlich. Zum Glück gibt es so etwas in Rote Erde oder Westfalenstadion nicht.
Schon der nächste BVB Angriff führte aber zum Erfolg. Treude schickte Bajner steil und der lange Ungar brachte eine wunderbare Flanke vors Tor, die Marvin Ducksch zur Führung einnickte. Der MSV antwortete mit wütenden Angriffen, konnte sich aber weiter keine klaren Torchancen erspielen. Die nächste gute Gelegenheit hatte dann wieder Marvin Ducksch. Nach Vorarbeit des bärenstarken Treude, scheiterte er aber freistehend mit einem Schuss aus 15 Metern an Lenz.
Im Stadion herrschte derweil eine fantastische Atmosphäre. Der Heimanhang gab richtig Gas und auch die Borussen machten sich trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit immer wieder lautstark bemerkbar. Der BVB spielte weiter mutig nach vorn, aber Treude versäumte die Gelegenheit, die Führung auszubauen. Am Dortmunder Strafraum hatte Schiri Unger dann seinen ersten unglücklichen Auftritt des Abends. Er wurde angeschossen und legte den Ball unfreiwillig für Onuegbu auf, der aber an Alomerovic scheiterte. Für den Schiedsrichter sollte es im Spielverlauf nicht besser werden. Am Ende stellte sich sogar die Frage, ob er den Anforderungen der Dritten Liga überhaupt gewachsen ist.
Der MSV drängte weiter auf den Ausgleich. Onuegbu scheiterte aber mehrfach an der Dortmunder Abwehr, Alomerovic oder dem eigenen Unvermögen. So legte der BVB nach einer guten halben Stunde nach. Wieder ging die Aktion von Treude aus, der gemeinsam mit Ducksch zum Tici-Taca ansetzte und so Amini an der Strafraumgrenze freispielte. Der ließ sich nicht zweimal bitten und knallte den Ball trocken halbhoch ins Toreck. Sein erstes Tor in einem Pflichtspiel für den BVB feierte der Australische Wuschelkopf gebührend. Der Gästeblock rastete nun komplett aus und gab mal wieder die bei den Amateuren beliebte Pogo-Version des Lieds von der Droge zum Besten. Da konnte der MSV Anhang nur noch staunen.
Baumann setzte nun ein Zeichen und nahm bereits nach 35 Minuten einen ersten Wechsel vor. Das schien seiner Mannschaft Beine zu machen. Ein erster Treffer wurde noch wegen klarem Abseits aberkannt, aber kurz vor der Pause war es dann soweit. Kingsley Onuegbu belohnte sich dafür dass er gemäß der Daum’schen Staubsaugerphilosophie immer wieder angeklopft hatte. Unter Mithilfe der in dieser Situation schläfrigen BVB-Abwehr brachte er sich in Schussposition und knallte den Ball aus spitzem Winkel an Alomerovic vorbei. So ganz unhaltbar sah der Schuss nicht aus. So ging es nur mit einer knappen Führung in die Pause, die aber den Spielverlauf gut wiederspiegelte. Der MSV investierte mehr, aber die Amateure hatten die klareren Offensivaktionen gezeigt.
Zweite Halbzeit
Nach Wiederanpfiff ging es unter Flutlicht weiter, was der Atmosphäre natürlich noch zusätzlich gut tat. Während auf den Rängen weiter Volldampf herrschte, blieb es auf dem Platz zunächst ziemlich ruhig. Beide Mannschaften taten sich schwer damit, das Höllentempo der ersten 45 Minuten aufrecht zu erhalten. Bajner auf Dortmunder Seite und De Witt für Duisburg vergaben kleinere Chancen, ansonsten tat sich bis auf einen Pfostenknaller von Ducksch vor den Toren nicht viel. Nach etwa einer Stunde schienen die MSV Spieler konditionell stark abzubauen und das versuchten sie durch eine härtere Gangart zu kompensieren. Dem überforderten Schiedsrichtergespann entglitt die Partie mehr und mehr. Die Spieler rochen die Schwäche des Schiedsrichters natürlich sofort und so wurden mehr und mehr die Grenzen ausgetestet. Neben einigen Blutgrätschen standen auch Rudelbildung, Ballwegschlagen und ähnliche Spezialitäten auf dem Programm. Das Duisburger Publikum hatte sich nun auch auf den Mann mit der Pfeife eingeschossen und „Schieber, Schieber“ Sprechchöre waren da noch das Harmloseste, was man zu hören bekam. In unserem Rücken bewies aber auch der campeón statistico Boris R. seine Pöbelkünste und das völlig ohne Radioübertragung. Dazu gab es aber auch allen Anlass, denn das Gespann verteilte die Fehlentscheidungen ziemlich gleichmäßig.
Den größten Aufreger habe ich in der Hektik des Tickerns gar nicht richtig mitbekommen, weshalb ich an dieser Stelle den Kollegen Scherben zu Wort kommen lassen möchte, der die Szene vom Gästeblock aus bestens beobachtet hat. Folgendes trug sich zu:
1. Linksverteidiger Bandowski verletzt sich und wird draußen länger behandelt. Er steht in der Nähe des Linienrichters.
2. Rechtsverteidiger Hornschuh wird kurz draußen behandelt. Dortmund spielt also kurzzeitig 9 gegen 11.
3. Der Schiedsrichter winkt Hornschuh nach kurzer Zeit wieder rein. Der Linienrichter, bei dem Bandowski steht, interpretiert das als Reinwinken von Bandowski und lässt diesen ebenfalls aufs Feld. Bandowski gewinnt den fraglichen Zweikampf, aber bei 11 gegen 11.
4. Der BVB will Bandowski auswechseln. Der Schiedsrichter hatte nicht mitbekommen, dass Bandowski wieder aufs Feld gekommen war (er hatte ja nur Hornschuh reingewunken und auch nur in seine Richtung geschaut), und lässt den Einwechselspieler Günter rein, ohne dass Bandowski vom Feld gegangen ist.
5. Duisburg bringt den Ball nach der Auswechselung schnell ins Spiel, Dortmund spielt ein paar Sekunden 12 gegen 11, bis Bandowski (ohne weiter einzugreifen) vom Feld humpelt.
Die Duisburger verwarfen ihr Vorhaben, Protest gegen die Spielwertung einzulegen, allerdings nach dem Studium von Videoaufzeichnungen des Spiels. Denn durch die kurze Überzahl hatte der BVB sich keinerlei Vorteil verschafft und außerdem hatte ja nicht Borussia sondern das Schiedsrichtergespann kompletten Murks gebaut. Das Publikum hatte aber nun natürlich seinen Sündenbock gefunden und auch MSV Manager Grlic flippte an der Seitenlinie total aus und hatte Glück, dass er keinen Platzverweis kassierte.
Die Schlussphase verlief dementsprechend hitzig. Es regnete ein paar Gelbe Karten und der überragende Treude musste auch noch mit einer Sprunggelenksverletzung vom Platz. Hoffentlich hat der oft verletzte Siegerländer hier nichts Ernstes davon getragen. Der Schiri zeigte nun sage und schreibe sechs Minuten Nachspielzeit an und Duisburg, das eigentlich schon konditionell am Ende schien, warf nochmal alles nach vorn. Ein Schuss von Ofosu Ayeh klatschte ans Außennetz und das halbe Stadion bejubelte vergebens den Ausgleich. Dann war es endlich geschafft und die Mannschaft bejubelte ihre ersten Auswärtspunkte der Saison euphorisch mit den Fans in der Kurve. Nach solch einem Abend weiß man wieder, warum man so gerne zum Fußball fährt. Solche Emotionen setzt einfach nur der Stadionbesuch frei. Das nächste Heimspiel der Amateure gegen Darmstadt ist auf Mittwoch, den 02.10. verschoben worden, so dass es für die Amas erst am 14.09. in Rostock weitergeht. Leider ist diese reizvolle Partie parallel zu den Profis angesetzt worden und die Jungs müssen daher ohne die Unterstützung ihrer Fans auskommen.
Stimmen / Pressekonferenz
Tim Treude
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Pressekonferenz
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Statistik
MSV: Lenz - Ofosu-Ayeh, Bajic, Feisthammel, Dum - Gardawski (65. Zoundi), T. Öztürk (72. Orsula), Aycicek (35. Kühne), De Wit, Wolze - Onuegbu
BVB II: Alomerovic - Hornschuh, Meißner, Sarr, Bandowski (69. Günter) - Treude (89. Weber), Amini (74. Harder), Solga, Kefkir - Ducksch, Bajner
Tore: 0:1 Ducksch (8. Bajner), 0:2 Amini (33. Ducksch) 1:2 Onuegbu (45.)
Gelbe Karten: Ofosu-Ayeh, Dum, De Wit, Kühne - Alomerovic, Bandowski, Amini, Kefkir
21243 Zuschauer im Wedaustadion
Web, 03+1.09.2013