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111 Gründe, Borussia Dortmund zu lieben

29.10.2013, 10:03 Uhr von:  Vanni
111 Gründe, Borussia Dortmund zu lieben
Das Cover

111 Gründe, Borussia Dortmund zu lieben. „Wie herrlich vermessen", heißt es im Begleittext des Schwarzkopf & Schwarzkopf-Verlages, in dem Anfang September Daniel-C. Schmidts „Liebeserklärung an den großartigsten Fußballverein der Welt" erschien. Auch wenn nicht nur der Untertitel des Buches doch schon sehr nach viel Pathos schreit, scheint es einem eingefleischten Borussen aber wohl nicht schwer, auch mehr als 111 Gründe zu formulieren, warum er nun vom Ballspielverein fasziniert ist. Daniel-C. Schmidt hat sich trotzdem an einer Sammlung guter Gründe für die Schwatzgelben versucht... mit gemischtem Erfolg. Insgesamt bleibt das Buch eine nette Lektüre und gibt dabei teilweise sogar einen feinen Überblick über die Geschichte des Vereins, dennoch hat es mit einigen Macken zu kämpfen, auf die im Folgenden natürlich auch eingegangen werden soll.

Die 111 Gründe selbst sind in acht Kapitel aufgeteilt, die beispielsweise die Geschichte, die Fans und das Westfalenstadion, Kurioses oder schwatzgelbe Rekorde behandeln. Auffällig ist hierbei schon, dass doch ein ziemlicher Fokus auf die jüngere Vergangenheit der Borussia gelegt wird, befassen sich die letzten gut 80 Seiten doch mit der „Westfälischen Renaissance" und dem Wiederaufstieg unserer Dortmunder. Auch „Starachitekt" Jürgen Klopp bekommt ein eigenes Kapitel gewidmet. Schon jetzt lässt sich durch die zwei zitierten Überschriften erahnen, wie der Schreibstil des Buches gewählt ist. Daniel-C. Schmidt trifft einen bemüht lockeren Ton und zieht häufig illustrierende Vergleiche heran, um die Gründesammlung ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten. Dies gelingt aber nur teilweise. Manchmal sitzt man vor dem Buch und muss doch ob der gewählten Worte schmunzeln, nicht zuletzt wenn er schwatzgelb.de als „lustige, kluge Weiß-was-geht-Postille im Netz" bezeichnet. Andererseits sitzt man manchmal genau so bei der Lektüre und schüttelt mit dem Kopf, weil man hinterfragt, was nun diese Metapher oder jene Analogie für einen wirklichen Mehrwert bietet.


Es wurde schon angemerkt, dass man durch die Lektüre des Buches einen kleinen Überblick über die Geschichte der Borussia gewinnen kann. So gibt es beispielsweise ein Kapitel, das sich ganz mit den 50er- & 60er-Jahren beschäftigt, dabei aber auf 14 Seiten recht kurz bleibt. Aber auch in den anderen Kapiteln bekommt man immer wieder einen Einblick in das, was den BVB so besonders macht. Ob es nun Lars Rickens Lupfer im Champions League Finale, der Torfall von Madrid, Frank Mills vergebene Riesenchance oder vermiedene Abstiege sind... nach der Lektüre des Buchs sollte man zumindest die Eckdaten der BVB-Historie kennen. Dabei will der Rezensent auch gar keine Kritik an dieser Tatsache nehmen. Das Buch ist eben keine historische Abhandlung über die Borussia, vielmehr ist es positiv zu bewerten, dass man mit Hilfe der 111 Gründe eine kleine Zeitreise durch die Geschichte unternehmen kann. Wer sich dann wirklich noch genauer mit dieser Historie beschäftigen will, kann im Literaturverzeichnis sicherlich fündig werden. Denn dort zitiert Schmidt Größen wie Meininghaus, Kolbe, Schnittker, Schulze-Marmeling, Zeigler oder auch Dickens (womit wir wieder bei den mal mehr, mal minder gelungenen Anspielungen und Illustrationen wären) und Caroll. Insgesamt merkt man dem Autor durchaus an, sich mit dem Thema beschäftigt zu haben. Allerdings bleibt ein wenig im Unklaren, was für eine Position der Schreiberling nun inne hat. Wie ein eingefleischter Fan der Borussia wirkt er stellenweise nicht unbedingt, was auch an dicken inhaltlichen Böcken liegt. Der Größte davon lässt sich im 92. Grund wiederfinden („because they have a grandios Saison gespielt"), wo es natürlich um Roman Weidenfellers Interview nach der Meisterschaft im Jahr 2011 geht. Dort verlegt Schmidt den Ort des Geschehens nämlich mal direkt ins Frankenland: „Nürnberg, Stadion, nach dem 2:0-Auswärtssieg des BVB". Autsch. Jeder, der es ein wenig mit dem BVB hält, weiß wohl, wo er sich an diesem Tag aufgehalten hat. Ob nun als einer von 80.000 im Westfalenstadion, zu Hause vor dem Fernseher, in Dortmunder Kneipen oder im Stau auf der Autobahn – die wenigsten sollten sich an diesem Tag in Nürnberg aufgehalten haben. Weil dort absolut nichts los war. Und bei so einem Schnitzer darf man wohl mal hinterfragen, wie der Autor nun wirklich zur Borussia steht. Echter Fan? Oder doch nach der „Westfälischen Renaissance" auf den Zug aufgesprungen? Und auch hier sei wieder der Begleittext des Verlages zitiert: „Wer noch nicht dabei ist und jetzt erst bei Borussia Dortmund einsteigt, fällt schnell unter Modefan-Verdacht." Ja, in der Tat. Der Verdacht wird dann noch durch die Tatsache erhärtet, dass Borussia Dortmund nicht der einzige Verein ist, der vom Schwarzkopf & Schwarzkopf-Verlag eine Gründe-Sammlung spendiert bekommen hat. Mainz 05, Union Berlin, Hertha BSC, die Bayern oder Mönchengladbach. Sie alle haben eine ähnliche Ausgabe bekommen, natürlich auch mit dem gleichen Untertitel rund um den "großartigsten Verein der Welt." Unglücklich bleiben auch manche einzelne Abschnitte, wenn es beispielsweise im 39. Grund heißt, Jürgen Klopp hätte die Südkurve hinter sich. Oder wenn ein paar Seiten später dann auf einmal die Ultras mit der so geliebten Bezeichnung „so genannte Fans" durcheinander geschmissen werden.

Es gibt sie aber auch, die Highlights des Buches, wo man eben doch lachen muss oder die einen dann doch mit Gänsehaut in die Vergangenheit zurückversetzen. Ersteres trifft auf jeden Fall bei Grund 42 zu, der hier in seiner gesamten Vollständigkeit abgetippt sei: „Weil Meister der Herzen herzlich egal ist. – Mehr man gar nicht sagen, oder?" Und oft muss man dem Autoren auch zustimmen, wenn er seine Gründe aufzählt, die den BVB so einzigartig machen. Natürlich ist die Stimmung im Westfalenstadion (das er mal so, mal so nennt, bei der Verwendung des Sponsorennamens aber immerhin kritisch bleibt) einmalig, natürlich gibt es zahlreiche Momente, an die man sich nur zu gerne erinnert und die den BVB zu dem gemacht haben, was er heute ist. Natürlich erinnert man sich (mittlerweile ein wenig lockerer als direkt nach Abpfiff) an das 4:4 gegen Stuttgart, das Pokalfinale gegen die Bayern, an Jan Koller im Tor der Schwatzgelben, an Rubbeldikatz am Borsigplatz. Und über weite Strecken bleibt das Buch auch unterhaltsam, auch wenn man sicherlich hinterfragen kann, ob nun die Stadionwurst in Dortmund wirklich ein Grund für den Verein ist oder ob es wirklich sein muss, dass die Akzeptanz der Frise von Marco Reus als Maßstab für die Qualität des Vereins genommen wird (wenn auch natürlich jeweils mit einer deutlichen Prise Ironie versehen). Daniel-C. Schmidt bleibt aber häufig recht distanziert. Beispielsweise auch bei den Gründen zu Mario Götze, dessen Abgang zwar als schade beschrieben wird, der aber sinngemäß trotzdem ein ganz cooler Typ ist, dem man als Borusse eigentlich nicht großartig sauer sein kann. So ist Götzes „Kaugummi-Trick" (der schon zuvor von Leuten wie Alex Frei umgesetzt wurde) beispielsweise ein eigener Grund, genau wie Götzes Spitzname „Pummelfee". Auch Kevin Großkreutz wird gehuldigt, unter anderem für die Opferbereitschaft seiner Haare nach der Meisterschaft 2011 oder für das Tattoo mit der Dortmunder Skyline (auch wenn Schmidt hier durch die Blume sagt, dass diese nicht unbedingt schön sei).

Fazit:

Sie wechseln sich also ab, die High- und Lowlights von Daniel-C. Schmidt. Eine unbedingte Empfehlung kann für „111 Gründe, Borussia Dortmund zu lieben" also nicht ausgesprochen werden, dafür liest es sich manchmal zu sehr aus einer Außenperspektive betrachtet, dazu ärgern kapitale Böcke wie das erwähnte Nürnberg-Beispiel zu sehr. Mit 9,95€ bietet das Buch dann aber doch einen fairen Preis, um einen kleinen und wie gesagt gar nicht so ungelungenen Überblick über die Geschichte des Ballspielvereins zu bekommen. Vielleicht als Geschenk für jemanden, der gerade erst anfängt, sich mit Fußball und der Borussia auseinanderzusetzen. Der eingefleischte und jahrelange BVB-Fan wird allerdings wenig Neues auf den insgesamt 240 Seiten finden. Hier und da wird er schmunzeln, hier und da wird er den Kopf schütteln. Alles in allem bewegt sich Daniel-C. Schmidts also irgendwo im Mittelfeld der Fußballbücher. Also nicht ganz oben wie die behandelte Borussia. 111 Gründe, dieses Buch zu lesen können also nicht geliefert werden. Aber das hat auch hoffentlich niemand erwartet.

Daten

Titel: 111 Gründe, Borussia Dortmund zu lieben

Seiten: 240

ISBN: 978-3-86265-263-1

Preis: 9,95€

Erwerben könnt ihr 111 Gründe, Borussia Dortmund zu lieben im lokalen Buchhandel oder unter diesem Link.

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