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FIFA Mafia - Die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball

02.07.2013, 00:03 Uhr von:  Nicolai
FIFA Mafia - Die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball
FIFA Mafia - Die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball

Die letzten Monate haben gezeigt, dass die Gräben zwischen Verbänden und Fans tief und tiefer sind. In einigen Stadien im Bundesgebiet gehört ein langes und lautes "Fußball Mafia DFB" zum guten Ton dazu und wird auch in den VIP Bereichen mitgetragen. Nun ist der DFB sicherlich ein wertkonservativer, verschrobener, erstarrter, bürokratischer, rückständiger, unflexibler und intransparenter Verband, dennoch muss man wohl konstantieren, dass man doch nicht annäherend mit Gebaren der FIFA mithalten kann.

Mit dem Confed Cup 2013 ist die Debatte um die FIFA und ihre Ansprüche voll entbrannt. Während tausende Brasilianer für ihr Interessen auf die Straße gingen, versucht die FIFA und das OK lange Zeit eine heile bunte Welt vorzugaukeln.Hört man sich dann die Stellungnahmen von Joseph Blatter zu den Ereignissen an, kann man das ganze Elend rund um den mächtigen Fußballweltverband erahnen.

Der Eurosport Journalist Michael Wollny hat in seinem Blog Beitrag die Situation und den Umgang mit ihr in seinem Blog wunderbar herausgestellt. Der interessierte Sportfreund weiß natürlich, dass die Vorgänge nur die Spitze des Eisberges darstellen.

Denn die FIFA ist nicht erst seit den letzten Jahren ein Synonym für einen Moloch der durchtränkt ist mit Bürokratie und Korruption. Ähnlich wie beim IOC (International Olympic Committee) und aktuell der UCI (Union Cycliste Internationale) ist die Geschichte des Verbandes mit einer Vielzahl von Indizien und Vorkommnissen gespickt, bei denen einen eigentlich nur schlecht werden kann. Zuletzt hat die Süddeutsche wieder einmal einen Einblick auf die Gebaren der beiden großen Fußballverbände geworfen.

Das die Deutschen für die Gebaren der FIFA unter Jospeh Blatter ein gewisses Gefühl haben, hat die WM 2006 gezeigt, bei der der Sonnenkönig teilweise gnadenlos ausgepfiffen wurde. Nun kommt mit "FIFA MAFIA - die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball" eine Bestandsaufnahme über den Zustand des Fußballweltverbandes heraus. Thomas Kistner (Journalist der Süddeutschen Zeitung) hat den ganzen Wahnsinn rund um Blatter, Havelang und "ihre" FIFA zusammengefasst und versachlicht. Heraus gekommen ist eine Anklage Schrift an die FIFA, die ihr angeschlossenen Landesverbände, die Schweizer Justiz und die (Sport)Presse.

"Das neue Fifa-Ethikkomitee vegetiert vor sich hin. Der Trick ist schlicht: Die Ethiker dürfen nur aktiv werden, wenn Blatter und Co. sie rufen. [...] Während weltweit der schmutzige Kreditkarten-Deal für Empörung sorgt, bekommt der hausinterne Reinigungstrupp endlich seine erste Herausforderung zugeteilt: Es soll >>Unregelmäßigkeiten<< untersuchen. Nicht in Zürich. In Kenia. Dort läuft irgendetws mit den Schiris unrund. (S. 198)"

Die besondere Leistung von Thomas Kistner ist die Vollständigkeit seines Werkes. Kochten in den letzten Monaten zwar wieder einmal Korruptionsvorwürfe gegen die Fifa hoch, umfasst das Buch doch viel mehr. Der Leser wird mitgenommen in die Zeit eines Horst Dassler - einen der ersten großen Strippenzieher, die den Weltsport bis heute mit einer Mischung aus Korruptionen, Gefälligkeiten und Eloquenz im Griff behalten. Natürlich darf hierbei auch nicht Joao Havelang fehlen, der mittlerweile nachweislich in den Skandal um den Sportrechtevermarkter ISL/ISMM verwickelt war. Generell ist der damalige Skandal ein Fingerzeig, wie die Geschäfte im Weltsport laufen. Das Funktionären vom Fußvolk mit misstrauen begegnet wird, ist da kein wunder, denn auch der DFB hat es bis heute versäumt in Opposition gegen dieses System zu treten. Eine Stärke des Buches ist, dass Thomas Kistner ein echtes Buch gelungen ist. Bei Büchern von Journalisten hat man hin und wieder den Fall, dass man sich beim Lesen auf einer Artikel-Resterampe fühlt. Man bekommt eine Zusammenstellung von Bekannten, garniert mit Rechercheergebnissen, die es nicht in die Zeitung geschafft haben und als Abgang dann Artikel von nahestehenden Kollegen. Das Buch hat einen roten Faden und kann sich als eigenständiges Werk behaupten und bietet eine echten Zugewinn zum täglichen Zeitung lesen.

Buch
Insgesamt zeichnet Thomas Kistner ein bild von Dilettanten und korrupten Machthabern, deren Zielvorgaben vor allem von persönlichen Interessen gekennzeichnet sind. Es sind schon unglaubliche Gebaren, die durch die Kompaktheit des Buches einen erst so richtig bewusst werden und so ein Bild davon liefern, in was für einem Zustand der Verband ist. Insofern wirkt dieses Buch wie ein Brennglas, dass endlich zusammenfasst und versachlicht, was wir eigentlich alle untergründig schon wussten. Das dies trotz der internationalen Bedeutung vom Fußball möglich ist, ist dann auch der Kritiklosigkeit der Sponsoren, Medien und Mitgliedern geschuldet. Während Politiker und Sponsoren vor der Fifa und ihrer Macht kuschen, versagt das Gros der Presse vor allem, weil man sich eher als Fans, denn als kritische Journalisten begreift. Ohen die Proteste in Brasilien, wäre wohl kaum ein Journalist auf die Idee gekommen, die Umstände der Veranstaltung kritisch zu hinterfragen.

"Die Überzeichnung des Fußballsports durch die Medien ist so stark geworden, dass Bildung kein ausreichendes Gegengewicht mehr setzt. Zumal die Medien, auch die öffentlich-rechtlichen, immer weniger Hintergrundthemen besetzen. [...] Fachkunde wird zweitrangig. Der Akzent verlagert sich allmählich von Doppelspitze, Mittelfeldraute und Viererkette auf den Themenkreis Schweini-Poldi und Löw-Jogi, Fähnchen und Nationalfarben. Es geht um großes Gefühls-Kino. (S. 11)"

So lässt sich auch erklären, dass sich Blatter trotz aller Unzulänglichkeiten seit Jahren halten kann. Denn wenn es mal wirklich ungemütlich wird, dann fabuliert der König des Fußballs von Frauenfussballerinnen in Hot Pants, Torlinienkameras oder die Abschaffung der Stehplätze und schon hat die Sportjournaille ein anderes Thema. Schlussendlich ist es dann eben so, dass die Fifa Familie sich eben nicht nur über die Aktiven im Verband erstreckt, sondern auch viele Journalisten, Politiker und Staatsbedienstete mit umarmt und gefügig macht. Je länger man in dem Buch liest, desto schlechter wird einem. Es verdirbt einen auch so richtig die Lust auf die kommenden Weltmeisterschaften.

Für uns Fans in Europa zeichnet Kistner dabei ein düsteres Bild. Während viele Fans den Ideen der UEFA unter Lennart Johannsson nur noch schwer folgen konnten, droht mit Plattini der Schwenk in Richtung Fifa. Die ersten Plattini Jahre zeigen, dass man es hier mit einem Mann aus dem System Blatter zu tun hat. Durch die Entscheidung die EM 2020 über den ganzen Kontingent zu erstrecken, schafft sich der Franzose jetzt schon die Basis für nötige Geschenke in Form von Spielen und gleichzeitiger Konkurrenz der Nationalverbände, so dass es schwierig wird, eine schlagkräftige Opposition zu formieren. Das ist Handeln nach Blatter par excellence. Gleichzeitig ist Blatter die lästige Opposition der Europäer unter Johannsson nun erst einmal los. Wirklich Lust auf mehr macht das alles nicht.

FIFA MAFIA gibt es leider nur gebunden, was den recht ansehlichen Preis von 19,99 € erklärt. Dafür bekommt ein sachliches und umfassendes Werk über die gängige Wirtschaftskriminalität im Weltfußball. Für jeden, der sowieso schon Interesse an der Thematik hat, ist das Buch eine absolute Pflichtlektüre.

Daten

Titel: FIFA MAFIA - die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball

Seiten: 432

ISBN: 3426275864

Preis: 19,99 €

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