Wie ein Imperator für Gänsehaut sorgt
In der endlosen Sommerpause kommt man als Fußballfan ab und an auf verzweifelte Ideen. Man bucht Tickets für bedeutungslose Blitzturniere, schaut Fußball aus anderen Ligen oder schaut sich alle Highlights des BVB aus vergangenen Saisons noch einmal an. Da die letzte Variante dank Breitband-Internet kostenlos und meistens legal ist, griff auch ich zu dieser Variante und schaute mir die Spiele unserer Mannen noch einmal in der Zusammenfassung an. Da ich als Schiedsrichter in den unteren Ligen aktiv bin, achte ich bei Spielen auch hin und wieder besonders auf die Pfeifenmänner.
So auch bei unserem triumphalen 5:0-Sieg über Borussia Mönchengladbach vom 7. Spieltag der vergangenen Saison. Dabei fiel mir die leicht abgehackt wirkende Körpersprache des großgewachsenen Schiedsrichters auf. Könnte das? Sollte das etwa? Ich befragte die Datenbank eines großen Fußballmagazins und mein Verdacht bestätigte sich. Es handelte sich tatsächlich um den „Imperator von Ergolding", der einige Wochen nach dem Gladbach-Spiel Marcel Schmelzer zum Handballtorwart erklären sollte.
Das rüttelte dann schon gehörig an meinem Bild von Wolfgang Stark. Bei dem geht doch immer etwas zu Borussias Ungunsten schief, dachte ich. Ein Bekannter von mir erinnerte mich an die Rote Karte für Mario Götze in der Saison 2011/12 für versuchtes Nachtreten gegen Leverkusen. Für den Fan in mir war das sehr schwer. Der Schiri in mir konnte diese sehr strikte Regelauslegung nachvollziehen.
Ich schaute also weiter und schaute in Wolfgang Starks Bilanz bei
BVB-Spielen in den letzten drei Saisons (2012/13 – 2010/11). Und siehe
da: So schlimm war das ja alles gar nicht. Zu dem überragenden 5:0 gegen
Gladbach gesellte sich ein 5:1 gegen den HSV oder ein 3:1 gegen die
Kicker von St. Pauli. Und immer wieder erhielt Stark über die gesamte
Saison gesehen für seine Leistungen solide Noten von der Fachpresse.
Doch dann traf mich der Schlag. Eben dieser Wolfgang Stark war für einen
meiner schönsten BVB-Momente der vergangenen Jahre verantwortlich.
Zur Erinnerung: Toni da Silva küsst den Ball, läuft an und nagelt den Ball in den Knick. Noch heute bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich dieses Tor sehe. Und das gegen das Spielzeug des Sohnes einer herzensguten Frau. Das hatten sie „verdient, diese Blauen da unten". Aber hatten sie das wirklich? Der kicker beispielsweise sprach von einer Fehlentscheidung vor dem Freistoß. Sollten also der BVB und wir Fans von einer Fehlentscheidung Wolfgang Starks profitiert haben?
Ein schlimmer Gedanke. Aber das war bestimmt nur ausgleichende Gerechtigkeit, beruhigte ich mich. Wolfgang Stark ist böse und ein schlechter Schiedsrichter für den BVB. Doch dann schaute ich weiter. Und siehe da, auch an anderer Stelle hatten unsere Jungs Glück. Kaum jemand erinnert sich noch an das Spiel gegen St. Pauli. Wohl auch, weil Stark damals keinen Elfmeter gegen den BVB pfiff und Neven Subotic keine Rote Karte für eine Tätlichkeit zeigte. Das Spiel wurde am Ende mit 3:1 gewonnen. Also doch nicht so schlimm das Ganze?
Mein Vorsatz für die neue Saison steht auf jeden Fall fest: Ich werde ein wenig netter zu Wolfgang Stark sein. Man weiß ja nie...
P.S.: Ich bin übrigens dafür, dass Pierre-Emerick Aubameyang aufgrund seines zweiten Vornamens in Dortmund nur „Lothar" genannt werden sollte. Ist schließlich einfacher und klingt nach großer Zukunft...
geschrieben von Julius S.
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