Ist das noch Derby?
Nach dem Bayern-Spiel ist vor dem Derby. Und vor dem Derby ist vor dem Gladbach-Spiel. Wir befinden uns inmitten der im Vorfeld als entscheidende Woche bezeichneten Tage im April. Der Start hätte mit 4-1 Toren und 6 Punkte nicht besser ausfallen können. Jetzt geht es in die Turnhalle. Eine seltsame Mannschaft wartet da auf den BVB. Doch blicken wir kurz noch einmal 19 Monate zurück:
Jede Saison hat ihren Wendepunkt. Nach der aktuellen Saison wird man mit Sicherheit von zwei Wendepunkten sprechen. Einmal war da der Piszczek-Treffern in Mainz und dann war da noch, die Sache mit der englischen Woche im November. München, London, Derby hieß es da. Mit einem zum damaligen Zeitpunkt mit Sicherheit noch überraschenden 1-0 in München im Rücken, ging es nach London und auch dort sorgten die Borussen in den ersten 25 Minuten für ordentlich Alarm. Dann verletzten sich Götze und Bender. Das Spiel stockte, in den entscheidenden Momenten war der BVB nicht da, aber er zeigte seine beste Leistung in der so kurzen CL-Saison. Danach, und bis auf den erklärlichen Leistungsabfall gegen Marseille, sahen wir wieder die alte Borussia, die es so ja auch erst ein Jahr gab. Genauer: Seit dem 19.09.2010 gab. Damals, als Kein Zwanni zum Protest aufgerufen hatte und viele nicht fuhren, nur um die Derbyhelden später auf den Schultern durch die Dortmunder Nacht zu tragen. Diese Verbrüderung hat alles ermöglicht. Diese Verbrüderung wirkt bis heute nach. Jetzt ist wieder Derby in der Tunhalle.
Doch seit September 2010 hat sich zu viel geändert, um es hier noch einmal aufzulisten. Doch beharrlich wie die Kein Zwanni-Bewegung, die nicht aufgeben wird, hat sich der BVB erst zur Meisterschaft und jetzt erneut an die Spitze der Liga gespielt. Mit nur noch vier Spieltagen vor der Brust, schwelgen die ersten Fans in Meisterträumen. Das ist natürlich Quatsch. In Gelsenkirchen, dieser häßlichsten Stadt der Republik, wird das nichts. Egal wie es ausgeht. Und darum wird es auch nicht gehen. Es wird darum gehen, weiter gierig zu sein, weiter ungeschlagen zu bleiben, und den Blauen, die jetzt davon reden, das Titelrennen wieder spannend zu machen, noch ein wenig Ungewissheit für die nächsten Woche mitzugeben. Noch lange hat die 4-Torhüter-Mannschaft nicht den dritten Platz inne. Und bereits bei einem Punktgewinn der Borussia können sie uns auch rein rechnerisch nicht mehr überholen. Das also sind die theoretischen Voraussetzungen für etwaige Gedankenspiele.
Aber auch da geht es in so einem Derby nicht drum. Egal, ob wir auf Platz 09 oder auf Platz 01 stehen, und egal wo die Fehlfarben stehen, ein Derby muss gewonnen werden. Es ist die Mutter aller Fußballspiele. Klar, der Kick gegen Bayern wird in Erinnerung bleiben, aber ein Sieg gegen die Blauen ist der wahrere Triumph. Wie schön wäre es, den Blauen nicht nur ihre schalenlose Zeit vorzurechnen, sondern ihnen auch noch eine Doppelmeisterschaft entgegen zu halten? Denn, da müssen wir uns nichts vormachen, ein Sieg gegen die Blauen und der wahrscheinlich größte Schritt wäre getan. Wenn es in die Hose geht, dann geht es in die Hose. Aber so wird es nicht kommen! Nicht mit dieser Mannschaft, die in eine ganze Stadt verliebt ist und uns diese Liebe Woche für Woche beweist!
So pendelt man vor diesem Derby am 31.Spieltag zwischen der Erinnerung an das große Spiel gegen die Bayern und der Vorfreude, auf das was noch kommen mag. Vereinzelt trauen sich die Blauen und ihr Ex-Anführer aus der Deckung und freuen sich darüber, uns ein Bein stellen zu können. In der Tat wäre das mit der ausgezeichneten Offensive durchaus möglich. Aber klappt es dann mal nicht mit Huntelaar (und hat es mit Gomez geklappt?) und verschwindet Raul in der Versenkung und hat Farfan, wenn er denn spielen sollte, mal wieder einen seiner Tage, lahmt das komplette Spiel. Hinten, egal wer da jetzt im Tor steht, sind sie immer für ein paar Gegentreffer gut. Wenn die Fehlfarben in der Hinrunde auf einmal punktgleich mit uns hinter den Bayern lauerten, so offenbarten sie in den letzten Spielen zu oft ihre Wankelmütigkeit. Auch nach den letzten, durchweg hundsmiserablen, gar blutleeren Auftritten im Derby darf bezweifelt werden, dass diese Mannschaft genug Eier hat. Zumindest genug Eier, um gegen den unnachahmlichen Lewandowski und seine offensiven Mitstreiter zu bestehen.
Natürlich: Das ist alles immer noch ein großer Traum, doch nachdem wir diesen Traum jetzt bereits fast zwei Jahre leben, ist er bereits jetzt ein Stück weit Realität geworden. Später in der Eckkneipe, später am Kamin wird man über die Generation von 2010 reden und sich an die Jahre 2010 – 2012 erinnern. Jetzt aber geht es darum, da noch ein paar Jahre dranzuhängen. Und gäbe es eine bessere Gelegenheit, diese folgenden Jahre bei einem Auswärtsderby im April 2012 so langsam einzuläuten. Seit Mittwoch, schreibt die Presse, ist nichts mehr wie es war. Das ist absurder Quatsch. Das wissen wir alle. Aber Klopp weiß: „"Wir machen das nicht im Vorbeigehen, wir machen das mit Haut und Haaren. Wir sind alle ein bisschen verknallt in diesen Verein, das muss man mal rauslassen!" Und das Derby im Vorbeigehen? Wo kämen wir da hin?
Alles für den großen Traum, alles für den Derbysieg, alles für Borussia!
Aufstellung
BVB: Weidenfeller - Piszczek, Santana Hummels, Schmelzer - Gündogan, Bender - Kuba, Kagawa, Großkreutz - Lewandowski
Blaue: Unnerstall - Höwedes, Papadopoulos, Matip, Fuchs - Jones, Holtby - Farfan, Raul, Draxler - Huntelaar
Anstoß: 15.30, 14.04.2012
Ort: Turnhalle Gelsenkirchen-Erle
Faninformationen:
Es wird keine Kein Zwanni-Protestaktionen im Stadion geben. Mehr dazu im Kurztext (http://www.schwatzgelb.de/2012-04-13_kurzbericht_kein-zwanni-verzichtet-auf-protest-beim-derby.html ). Die Anreiseinformationen und Faninformationen finden sich hier (http://www.bvb.de/?i%E2%82%ECZ%1B%E7%F4%9C%5Ei%EE%83%9E ). Eine weitere Besonderheit: Irgendein heller Kopf freut sich über das am Samstag entstehende Panorama-Bild aller Stadionbesucher. Wer also im Stadion ist, und mit seiner Geliebten, mit seinem Geliebten knutschen will, sollte dies besser unter der Tribüne tun. Big Brother is watching you. Und die Beziehung zerbricht! Augen auf bei der Partnerwahl!
Steph, 13.04.2012