Neid und Missgunst überschatten Amas-Sieg
Wenn Borussia Dortmund seinen Titel erfolgreich verteidigt und am Samstagabend Meister wird, wird die Feierei schon einmal leicht ausgiebiger. Dennoch versammelten sich viele Fans des alten und neuen Deutschen Meisters bereits am Sonntag um 14 Uhr in Verl, um das dort stattfindende Spiel der Amateure unter die Lupe zu nehmen. Schließlich können auch noch die Amas einen Titel holen und sich die Meisterschaft in der Kreisliga A sichern. Momentan läuft es in schwarz und gelb einfach sehr gut. Vielleicht sogar zu gut? Denn das, was sich am Sonntag im Stadion an der Poststraße abspielte, war schon ziemlich kurios. Offenbar führt der Erfolg der beiden Dortmunder Mannschaften nun schon zu Neid und Missgunst unter den eigenen Anhängern, es wird nicht mehr lange dauern, bis in Dortmund französische Verhältnisse vorherrschen und sich die Mitglieder eigener Fangruppen handgreiflich angehen. Ein dunkler Schatten hing über Verl, aber der Reihe nach...
Der erste dunkle Schatten über der Vorstadt zu Gütersloh, in der offensichtlich auch Baseball gespielt wird und Landwirtschaft noch eine große Rolle zu spielen scheint, ging allerdings vom Wettergott aus. Dieser hatte wohl keinen Bock auf Dortmunder Feierlichkeiten im Dorf und so entleerte sich zahlreiche dunkle Wolken über den zahlreich angereisten Fans des deutschen Meisters. Dabei war es mit Platzregen noch nicht einmal getan, auch Hagelkörner prasselten auf die Schwarz-Gelben ein. Vielleicht bereits ein Vorzeichen auf kommende Geschehnisse?
Jedenfalls war die Elf von Trainer David Wagner mit einer Niederlage gegen Koblenz im Gepäck angereist. Ob die Spieler der Amateure gestern Abend ausführlich den Titelgewinn der Profis feierten, werden wir an dieser Stelle wohl nicht mehr erfahren, allerdings sei erwähnt, dass man keineswegs das Gefühl hatte, dass noch viel Restalkohol auf dem Platz stand. Dieser stand vielmehr wohl noch neben dem Platz, denn der eine oder andere dürfte die Auswirkungen der großen Feierei sicherlich noch an diesem Nachmittag gefühlt haben. Und auch wenn die Wolken im Laufe des Nachmittags halbwegs verschwanden, war die Stimmung wie bereits angedeutet nicht nur heiter bis wolkig. Zu Beginn blieb allerdings erst einmal alles friedlich, die Ultras von die Amateure sangen sich ein, waren aber auch schon einmal deutlich gesangsstärker. Der Funke zu den anderen BVB-Fans abseits des Mobs wollte einfach nicht überspringen und so plätscherte die Stimmung zunächst auch so sehr vor sich hin wie der Regen zuvor.
Auf dem Feld stand Johannes Focher wieder im Kasten. Dieser war auch mit einem Spruchband, das hinter dem Tor angebracht war, gefordert worden („Focher muss spielen!!"). Ansonsten stand (wenig überraschend) kein immer noch betrunkener Profi im Aufgebot der Amas, was sich wohl auch positiv auf die spielerische Leistung ausgewirkt haben dürfte. So zappelte der Ball nämlich bereits nach 09 Minuten im Verler Gehäuse, weil Marcel Halstenberg nach seinem Freistoßtreffer gegen Koblenz Gefallen am Treffen nach Standards gefunden hatte. Allerdings wurde er hierbei auch deutlich vom Verler Schlussmann unterstützt, der den zwar hart geschossenen, aber doch in der Torwartecke einschlagenden Ball nicht mehr abwehren konnte.
Gerade die erste Hälfte bot allerdings doch recht ansprechende Fußball-Unterhaltung, wenn auch nur wenige Highlights. So kamen die Hausherren nach knapp 20 Minuten auch zu ihrer ersten Torchance, da Schröder plötzlich vor Focher auftauchte, dieser den Winkel aber geschickt verkürzte und schließlich auch den Abschluss des weißen Angreifers zur Ecke ablenkte. Es sollte die einzige richtig große Chance für den Gastgeber bleiben, der zwar engagiert mitspielte, allerdings spielerisch doch das Nachsehen gegen die sicher auftretenden Borussen hatte. Diese hätten das Spiel auch durchaus eher für sich entscheiden können, da Halstenberg schön Hofman in Szene setzte, dieser aber mit seinem Schuss aus halbrechter Position nur den linken Pfosten traf. Schade, dieser Angriff nach 30 Minuten hätte durchaus einen erfolgreichen Abschluss verdient gehabt. Fünf Minuten später musste Schnier schließlich verletzungsbedingt ausgewechselt werden, seinen Platz nahm überraschenderweise Marvin Ducksch ein. David Wagner stellte seine Mannschaft also um, was rückblickend allerdings keine dumme Idee war, da Ducksch erneut zu überzeugen wusste. Mehr passierte in der ersten Hälfte allerdings nicht, der BVB ging mit einem verdienten und zu diesem Zeitpunkt noch friedlichen 1:0-Vorsprung in die Kabine.
Kurz nach dem Wiederanpfiff sahen die anwesenden Zuschauer den Ball schon fast im Tor der Hausherren zappeln, als Boyd eine Flanke von der rechten Seite in die Mitte zog, wo Baykan zum Flugkopfball ansetzte, das Leder auch traf – allerdings nicht präzise und mehr mit den Haarspitzen. Vielleicht hätte ein früheres 2:0 die dann folgenden chaotischen Szenen ja verhindern können. Denn nach rund einer gespielten Stunde erwachte auf einmal auch die Sitzplatztribüne, die auch mit Dortmunder Fans gefüllt war, die wohl nach den Feierlichkeiten keine Lust hatte, noch einmal zu stehen. Zunächst gab es noch harmonische Zustände und einen gemeinsamen Wechselgesang von „Borussia Dortmund, du bist unsere Droge", der durchaus was hermachte. Kurze Zeit darauf war es dann aber vorbei mit der Harmonie. Weil das Spiel nicht viel mehr her gab, gab es Pöbeleien unter den eigenen Fans. Neid und Missgunst. Udo Lattek wird unter der Woche bestimmt berichten. Der deutsche Meister wird auch bei den Amateuren überheblich, egoistisch, arrogant. Wie kann man diesen Verein überhaupt mögen, wenn der Vorsänger anderen gleichgesinnten Fußballfans schon die Gehhilfe mopst und die Gegentribüne die UvdA mit „Stehplatzkanacken" anpöbelt? „Und ihr wollt Boussen sein?" hallte es durch das Stadion an der Poststraße. Es überrascht wenig, dass später auch noch vom Aufstieg in die dritte Liga, verbunden mit der Abwesenheit der Polizei gesungen wurde. Diese war in Verl übrigens angenehm zahllos vertreten und durchaus zurückhaltend. Man wünschte sich es fast überall so.
Das Geschehen auf dem Platz wurde aufgrund der Pöbeleien, die zu allem Überfluss auch die Massen unterhielten, nur noch sekundär wahrgenommen, auch wenn die Verler mit der Zeit doch immer stärker und offensiver wurden, allerdings ohne sich größere Torchancen herauszuspielen. Statt eines Ausgleichs sahen die 915 Zuschauer dann aber das 2:0 durch Tim Treude, der den Ball mit einem schönen Schuss ins Tor schlenzte und somit die Vorentscheidung brachte. Den Doppelschlag machte Rico Benatelli schließlich vier Minuten später perfekt. Mit dem 3:0 kehrte auch die Harmonie wieder ein, die Stimmung war schon lange wieder auf einem deutlichen Hochpunkt angelangt und zu strahlendem Sonnenschein konnte die Mannschaft am Ende mit den nun nicht mehr pöbelnden Fans feiern. Dies tat sie auch gebührend und mit dem Sieg kann der Traum von der dritten Liga natürlich weiter geträumt werden. Zwar ändert sich an der Gesamtsituation in der Tabelle auch mit dem 3:0 nichts, da auch die Konkurrenz punkten konnte, allerdings hat der BVB es ja noch selbst in der Hand. Am Samstag gastiert Mönchengladbach um 14 Uhr in der Roten Erde, für diejenigen unter euch, die also nicht auf der Meisterschaftstour nach Kaiserslautern fahren gibt es also die Gelegenheit, mit den Fangruppen zu pöbeln, Gehhilfen zu klauen und natürlich die Mannschaft zu unterstützen. Und keine Angst, ganz sooooo schlimm war es in Verl nämlich gar nicht, sondern wurde nur mit einer ordentlichen Portion Ironie dargestellt.
Statistik
Amateure: Focher - Schnier (34. Ducksch), Paurevic, Terzic, Halstenberg - Bakalorz, Fring - Hofmann (85. Möllering), Baykan (70.Treude), Benatelli - Boyd
Tore: 0:1 Halstenberg (9.), 0:2 Treude (82.), 0:3 Benatelli (87.)
Vanni, 22.04.2012