Der Traum lebt weiter
Die Fahrt ins Moselstadion nach Trier ist für viele BVB-Fans in doppelter Hinsicht ein Nachholspiel gewesen. Zunächst aus sportlicher Sicht, weil das ursprüngliche Regionalligaspiel kurzfristig wegen Unbespielbarkeit des Platzes abgesagt worden ist. Zum anderen sei an die unmögliche und unnötige Behandlung der MKÜ-Einheit auf der Zugfahrt von Dortmund nach Köln beim Auswärtsspiel nach Trier letzte Saison erinnert. Der größte Teil der aktiven BVB-Fans entschied sich deshalb damals in Köln dazu, den Heimweg anzutreten. Umso besser, dass es nach Trier ohne ein paralleles Profispiel gehen konnte (so viele Pokalspiele können die Profis nämlich gar nicht mehr bestreiten).
Im Stadion selbst dann Sinneseindrücke, welche für die Augen wunderbar waren, für die Ohren jedoch nicht. Der Ausblick aus einem wirklich schönen alten Stadion auf die angrenzende Mosellandschaft ist bei den Möbelhäusern auf offener Wiese, die man sonst so besuchen muss heutzutage, eine echte Wohltat. Leider wurde dieser Eindruck nicht akustisch unterstützt, da zwei verhinderte Dorf-Discjockeys die Stadiontechnik des Stadions bereits weit vor dem Spiel für sich entdeckt hatten und sich wie billiger Ansager auf der Kirmes die Bälle mehr schlecht als recht hin- und herspielten. Es fehlte nur noch das "Gewinne, Gewinne" und "Die nächste Fahrt geht rückwärts." Noch lächerlicher dann nur noch der Verleser der aktuellen Werbebotschaften aus Trier und Umgebung. Vorgetragen in einem unidentifizierbaren Singsang irgendwo zwischen debil und alkoholisiert. So etwas führt eher zu Umsatzeinbußen in den nächsten Wochen als zu florierenden Geschäften. Allerdings sprechen alle hier unten so. Da wünschte man sich doch glatt mobile Untertitel herbei. Deshalb war die SVE-Hymne auch leider nicht zu verstehen.
Ab zum Sport: Beim BVB wie erwartet Focher im Kasten und auch die zuletzt fehlenden Baykan sowie Paurevic konnten beziehungsweise durften wieder mitwirken. Bei den Gastgebern war Thomas Drescher als ehemaliger FCK-Profi der namhafteste Akteur. Der BVB-Gästeblock füllte sich für einen Mittwochabendtermin durchaus akzeptabel. Zumal parallel ja auch noch das A-Jugend-Derby in der Roten Erde lief. Am Ende sollten es knapp 150 schwarzgelbe Sympathisanten im Gästesteher gewesen sein. Neben den üblichen Zaunfahnen auch wieder ein Gruß der Ermunterung: "Du packst das, Gandalf."
Die Anfangsphase, eingerahmt von BVB-Gesängen sowie Liedern von der Gegengerade, wo die aktive SVE-Fanszene stand, hatte direkt zwei Aufreger. Nach zwei Minuten spielte der BVB schön nach vorne und Poggenborg musste Kopf und Kragen riskieren. Nur weitere zwei Minuten später knallte Fring mit seinem Trierer Gegenspieler in einem normalen Zweikampf zusammen. Doch blieb sein Kontrahent plötzlich regungslos liegen und musste gar vom Platz getragen werden. Schlimme Bilder aus der jüngsten Vergangenheit kamen da zunächst in Erinnerung, doch berappelte sich Drescher schnell wieder und konnte die Partie fortsetzen.
Führung durch Paurevic
Der Gastgeber, immerhin tabellarisch lange oben mit dabei, agierte in der Anfangsphase merkwürdig passiv und das bestraften die Borussen nach einer kurzen Ecke (10.). Vrancic schlug eine Flanke von rechts halbhoch rein und ganz hinten musste Paurevic nur noch sein langes Beinchen hinhalten. Ein formidabler Auftakt! Diesen hätte kurz darauf Ducksch noch besser gestalten können, als er nach einem Pass Hofmanns jedoch nur halbherzig in die Arme Poggenborgs schoss. Und auch in der 19. Minute scheiterte Ducksch nur knapp an der Breite des Tores. Schön zu sehen ist aber, wie der junge Mann direkt bei den "Senioren" Fuß zu fassen scheint.
Und weiter ging es mit dem Chancenwucher. Poggenborg reagierte nach zwanzig Minuten zweimal prächtig. Erst boxte er einen Freistoß Hofmanns aus zwanzig Metern spektakulär zur Ecke, anschließend klärte er auch einen Schuss Frings aus der zweiten Reihe. Chancenverhältnis zu diesem Zeitpunkt: 0:5. Gleichzeitig schwappte die Kunde aus Idar-Oberstein rüber, dass Aufstiegskonkurrent Lotte dort nur zu einem 1:1 kam. Alles soweit positiv. Nicht so positiv war dann der Hackentrick Duckscks, der schon bei der U17-WM fatal war. Diesmal war es wenigstens im gegnerischen Strafraum, als er einen schlimmen Fehlpass in der Trierer Abwehrmannschaft so bestrafen wollte. Doch erreichte er mit diesem Versuch nicht seinen einschussbereiten Mitspieler, sondern lediglich seine eigenen Beine. Ärgerlich!
Aber in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit fiel dann doch noch das 2:0 für unseren BVB. Erst parierte Poggenborg wieder stark einen diesmal von Vrancic geschossenen Freistoß. Bei der anschließenden Ecke kam er jedoch gegen Halstenberg einen Tick zu spät, sodass unser Linksverteidiger unter Schmerzen und mit nachfolgendem Brummschädel zur völlig verdienten Halbzeitführung einnicken konnte.
Focher unter Druck
Floskelschule schwatzgelb.de, Teil 6549: Der Gastgeber kam aus der Kabine wie die Feuerwehr und hatte nach wenigen Sekunden einen Fernschuss von Opoku Karikari (auch die Nr. 54 auf der Speisekarte beim örtlichen Exoten) zu verzeichnen. Wir sind so frei und verzeichnen dies mal als erste Chance für Trier. Die zweite Chance führte dann direkt zum Anschlusstreffer. Ecke von rechts, Kopfball Zittlau (49.). Tja, man muss eben seine Chancen nutzen. Dann läuft man auch nicht Gefahr, noch einmal zittern zu müssen. Vor allem, wenn man so gefährlich ist bei Standards wie Trier in Halbzeit Zwei. Wieder eine Ecke von rechts durch Kuduzovic, doch Kulabas köpt den Ball zum Glück etwas zu hoch (52.). In dieser Phase des Spiels konnte besonders Johannes Focher im Kasten keine Sicherheit bei hohen Bällen ausstrahlen.
Das braucht er aber nicht unbedingt, wenn er auf dem Posten ist wie bei Kulabas' gefährlichem Drehschuss vom Elferpunkt (56.). Das Spiel wirkte inzwischen so, als ob die beiden Teams in der Pause nur die Trikots gewechselten hätten. Trier klar überlegen. Und genau dann musst du als Spitzenmannschaft zuschlagen. Ducksch setzt sich in seiner bis dato besten Aktion wunderbar durch, aus diesem Zweikampf fällt der Ball Hofmann vor die Füße, der allein vor Poggenborg wunderbar die Nerven behält. Vor dem Spiel noch als Johannes Hofmann vom Trierer Stadionsprecher angekündigt, sorgte der Ex-Hoffenheimer für eine Vorentscheidung in der beginnenden Dämmerung.
Und so langsam kamen die Schwatzgelben auch in richtige Spiellaune. Bakalorz mit feinem Antritt im Mittelfeld, doch aus seiner Aktion resultierte letztlich nur ein Pfostenkopfball Baykans sowie ein abgerutschter Schuss Duckschs (68.). Zum Glück waren wir der endgültigen Entscheidung jetzt aber näher als die Trierer dem Anschluss. Und fürs Durchatmen sowie für Standing Ovations sorgte dann letztlich doch Mittelstürmer Ducksch. Ein unfassbar geiles Tor! Baykan bediente ihn nach einem Konter, doch Ducksch hatte noch einen Gegenspieler vor sich an der Strafraumgrenze.
Ducksch traumhaft
Nun zieht ein Marvin Ducksch nicht einfach stupide an diesem vorbei, sondern er legte den Ball leicht nach links, um einen herrlichen Lupfer aus 18 Metern über den nur etwas vor dem Tor stehenden Poggenborg anzusetzen. Einfach traumhaft! Mit ausgebreiteten Armen ließ er sich vom Gästeblock dafür zurecht feiern. Im direkten Gegenzug verwandelte Trier dann zwar noch einen Foulelfmeter, doch sollte diese Aktion nicht mehr dramatisch auf den Spielverlauf einwirken. Poggenborg gewann auch das dritte Freistoßduell (Halstenberg in der Nachspielzeit) und nach 92 Minuten waren die nächsten drei Punkte im Sack.
Der Traum vom Aufstieg in die 3. Liga nimmt langsam immer realistischere Formen an. Damit die Serie weiter Bestand hat, bietet sich für alle Fans ein kleiner Tagesausflug nach Mainz am Samstag an. Zumal es um 14 Uhr am Bruchweg beginnt und somit das Möbelhaus auf der grünen Wiese ignoriert werden kann. Vielleicht sieht man sich ja.
Daten zum Spiel
Eintracht Trier (4-4-2): Poggenborg - Cozza, Hollmann, Herzig, Drescher (46. Mvondo) - Knartz (84. Spang), Opoku Karikari, Kuduzovic, Zittlau - Anton, Kulabas
BVB II (4-2-3-1): Focher - Fring (86. Schnier), Paurevic, Terzic, Halstenberg - Bakalorz, Vrancic - Hofmann, Benatelli, Baykan (79. Soltanpour) - Ducksch (90. Silaj)
Tore: 0:1 Paurevic (10., Rechtsschuss, Vorarbeit Vrancic), 0:2 Halstenberg (45.+2, Kopfball, Vrancic), 1:2 Zittlau (49., Kopfball, Kuduzovic), 1:3 Hofmann (60., Rechtsschuss, Ducksch), 1:4 Ducksch (78., Linksschuss, Baykan), 2:4 Kuduzovic (82., Rechtsschuss, Foulelfmeter, Paurevic an Knartz)
SR: Ide (Frielendorf)
Zuschauer: 1.522
Chancen: 5:12
Ecken: 7:5
Gelbe Karten: Opoku Karikari (37., Foulspiel), Anton (44., Foulspiel), Zittlau (71., Schlappen drüber) - Baykan (57., Foulspiel), Bakalorz (63., Foulspiel), Focher (83., Zeitspiel)
Malte D., 29.3.2012