...dem BVB Ticketing - Matthias Naversnik und Carsten Cramer
Viel wird über das BVB-Ticketing derzeit spekuliert, gemutmaßt und behauptet. Sicher ist nur eines: Es gibt für die Spiele unserer Borussia zur Zeit zu wenig Karten. Ansonsten weiß man nicht allzu viel darüber, wie das Ticketing beim BVB funktioniert. Auch weil solche Fragen die anderen Medien bis heute wenig interessieren. Ein Grund mehr für uns, einmal bei Carsten Cramer (Direktor für Vertrieb und Marketing) und Matthias Naversnik (Leiter der Ticketing-Abteilung) nachzuhaken. Die beiden nahmen sich genug Zeit für uns, sodass wir insgesamt eine volle Fußballpartie lang diskutierten.
Nicht immer waren wir einer Meinung, aber stets blieb es ein konstruktives Gespräch. Am Ende sind dabei rund 9 (!) DIN A4 Seiten herumgekommen. Der Einfachheit halber haben wir auf Seite eins einleitend die Kernaussagen dieses Interviews gestellt. Wer mehr wissen möchte, kann sich auf den folgenden Seiten durch das komplette Interview blättern.
schwatzgelb.de: Seit gut zwei Jahren stehen Sie vor der Aufgabe, den Mangel an Eintrittskarten für BVB-Spiele zu verwalten. Wie stellt sich Ihnen die aktuelle Ticketing-Situation sowohl zu Hause als auch auswärts dar?
Naversnik: Grundsätzlich ist das ganz einfach. Von 80.720 Zuschauern werden 53.000 Dauerkarten und das Gästekontingent, maximal 8.000 Tickets, abgezogen. Verbleiben mindestens 19.000 Tickets, je nach Anzahl der Gästefans. Vor Auswärtsspielen wiederum nehmen wir in der Regel das komplette uns zustehende Kontingent in Anspruch. National sind das zehn Prozent der jeweiligen Stadionkapazität. Von diesen Karten gehen 50 bis 60 Prozent an unsere Fanclubs und Auswärtsdauerkarten-Inhaber, der Rest größtenteils an die Mitglieder und in den freien Verkauf. Das variiert natürlich je nach verfügbarem Kontingent. Und für internationale Auswärtsspiele stehen uns nur fünf Prozent zur Verfügung.
schwatzgelb.de: Wie viele Tickets gehen an Sponsoren?
Cramer: Sponsoren bekommen so gut wie gar keine Auswärtskarten, dafür gibt es in den Verträgen keinerlei Zusagen. Weder bei unseren großen Partnern noch bei den anderen gibt es in dieser Hinsicht feste Regelungen.
schwatzgelb.de: Oft kommt es vor, dass die Hotline um 8.35 Uhr „ausverkauft“ meldet, bevor ein paar Stunden später überraschenderweise wieder Karten zu erhalten sind. Liegt das am BVB oder am Dienstleister?
Naversnik: In der Regel ist das Callcenter nichts anderes als ein vertonter Internetshop. Man wählt sich durch die verschiedenen Bereiche, und am Ende der Buchung müssen die Karten bezahlt werden. Wenn die Lastschrift allerdings an der Schnittstelle zum Internet-Dienstleister, der die Abbuchung vornimmt, platzt, werden die Karten direkt storniert und gehen zurück in den Verkauf. Das gilt für Heim- und Auswärtsspiele. Man muss sich das so vorstellen: Wir haben 1.000 Karten, und es wählen sich 500 Interessenten ein. Möchte jeder von ihnen zwei Tickets haben, dann ist das gesamte Kontingent vorerst geblockt. Entscheidet sich aber jemand im Verlauf der Buchung dagegen, weil ihm die Karten doch zu teuer sind, stehen sie wieder zur Verfügung.
schwatzgelb.de: Thema Schwarzmarkt: Man hört ja auch, dass der BVB Leute sperrt, die sich auf diesem Weg bereichern. Können Sie noch einmal genau erläutern, wie der Verein dagegen vorgeht?
Naversnik: Grundsätzlich sagen wir natürlich nicht: „Wir haben die Karten verkauft, und der Rest ist uns egal.“ Wir gehen gegen Ebay-Händler vor und versenden Unterlassungsverfügungserklärungen, wenn wir wissen, wer dahinter steckt. Leider gibt uns die Gesetzeslage nicht die Möglichkeiten, die wir gerne hätten, um an jeden heranzukommen. Ins Detail will ich hier gar nicht gehen. Aber wir haben jemanden im Ticketing, der sich darum kümmert. Und auch eine Rechtsanwaltskanzlei, die das Ganze sehr detailliert ausarbeitet. Darüber hinaus sind wir im Besitz einer Software, die diese Auktionen abspeichert, sodass wir vor Gericht im Rahmen des Gesetzes alle Chancen haben.
schwatzgelb.de: Sind für die kommende Saison Preisänderungen vorgesehen?
Naversnik: Ich kürze es ab: Machen sie sich da keine Sorgen!
schwatzgelb.de: Mit anderen Worten: Es gibt höchstens eine Anpassung und es ist nichts Großes, wie zum Beispiel eine Kategorienverschiebung, geplant?
Cramer: Wir können das offen sagen: Wir diskutieren, dass das Gros unserer Zuschauer von den Veränderungen so gut wie nichts merken werden und es nur an einigen Stellen Korrekturen geben wird. Diese sind einfach zwangsläufig fällig. Auch in den VIP-Bereichen wird es an einigen Stellen Anpassungen geben, dort handelt es sich nämlich um lange laufende Verträge.
schwatzgelb.de: Seit gut zwei Jahren stehen Sie vor der Aufgabe, den Mangel an Eintrittskarten für BVB-Spiele zu verwalten. Wie stellt sich Ihnen die aktuelle Ticketing-Situation sowohl zu Hause als auch auswärts dar?
Naversnik: Grundsätzlich ist das ganz einfach. Von 80.720 Zuschauern werden 53.000 Dauerkarten und das Gästekontingent, maximal 8.000 Tickets, abgezogen. Verbleiben mindestens 19.000 Tickets, je nach Anzahl der Gästefans. Vor Auswärtsspielen wiederum nehmen wir in der Regel das komplette uns zustehende Kontingent in Anspruch. National sind das zehn Prozent der jeweiligen Stadionkapazität. Von diesen Karten gehen 50 bis 60 Prozent an unsere Fanclubs und Auswärtsdauerkarten-Inhaber, der Rest größtenteils an die Mitglieder und in den freien Verkauf. Das variiert natürlich je nach verfügbarem Kontingent. Und für internationale Auswärtsspiele stehen uns nur fünf Prozent zur Verfügung.
schwatzgelb.de: Wie viele Tickets gehen an Sponsoren?
Cramer: Sponsoren bekommen so gut wie gar keine Auswärtskarten, dafür gibt es in den Verträgen keinerlei Zusagen. Weder bei unseren großen Partnern noch bei den anderen gibt es in dieser Hinsicht feste Regelungen.
schwatzgelb.de: International gilt dasselbe?
Cramer: Ein sehr kleiner Sponsoren-Kreis hat die Option auf Tickets für internationale Spiele und die Teilnahme an Trainingslager-Reisen. Diese Option kommt einer Bemühensklausel gleich, also keiner festen Zusage oder gar einem Anspruch, und ist begrenzt auf unseren Hauptsponsor, den Ausrüster, den Stadion-Namensgeber und einige ausgewählte Champion-Partner.
schwatzgelb.de: Wie können wir uns die Organisation des mehrstufigen Vorverkaufs vorstellen, in dessen Verlauf sowohl die Fanclubs als auch Mitglieder und Nicht-Mitglieder berücksichtigt werden?
Naversnik: Was die Auswärtsspiele betrifft, sind wir immer vom Gegner abhängig. Wir sprechen uns zwar untereinander ab – Gelsenkirchen etwa hat uns die Tickets sehr frühzeitig zukommen lassen –, doch es ist völlig unterschiedlich, wann man uns Eintrittskarten zur Verfügung stellt. Wir versuchen, eine Struktur zu schaffen, und den Vorverkauf für alle Seiten zufriedenstellend zu koordinieren. Ein Beispiel: Wenn die Fans unter der Woche nach Fürth fahren, können wir an diesem Tag keinen Vorverkauf durchführen. Wir müssen uns der jeweiligen Situation anpassen.
schwatzgelb.de: Gerade am Tag des Spiels in Fürth wurde aber der Vorverkaufs-Start für die Partie in Wolfsburg verkündet. Und dieser Vorverkauf begann bereits am Tag darauf.
Naversnik: Das war die Schuld des VfL Wolfsburg, weil die Dame, die uns die Eintrittskarten zur Verfügung stellen sollte, im Urlaub war. Wir haben mehrfach auf verschiedenen Wegen versucht, sie zu kontaktieren. Als das nicht von Erfolg gekrönt war, haben wir irgendwann einfach um den Lieferschein gebeten. So konnten wir mit dem Vorverkauf beginnen, ohne dass der VfL uns überhaupt Tickets zugeschickt hatte. Organisatorisch und logistisch ist das Ticketing nicht so simpel wie es auf Außenstehende manchmal wirkt: Kaiserslautern und Schalke auswärts, das Heimspiel gegen Mönchengladbach, das DFB-Pokal-Endspiel in Berlin und die Verlosung der Freiburg-Karten – all das musste für uns innerhalb dieses einen Monats und unter Berücksichtigung der Feiertage koordinierbar sein, sodass wir die Karten pünktlich verschicken können.
schwatzgelb.de: Aber die Kapazitäten der verschiedenen Stadien und das daraus resultierende Auswärtskontingent stehen doch schon lange vorher fest. Warum kann der Vorverkauf erst starten, wenn die Eintrittskarten wirklich in Dortmund sind?
Naversnik: Ich kann ja nichts verkaufen, das ich nicht habe.
schwatzgelb.de: Aber eine Planung, wie beispielsweise die Fanclub-Zuteilung, wäre doch im Vorfeld bereits möglich.
Naversnik: Wir haben häufig Fälle wie den des VfB Stuttgart erlebt, der sein Stadion umbaut und keine Aussage über das Gästekontingent machen kann. Teilweise stehen die exakten Zahlen am Anfang der Saison leider nicht fest.
Cramer: Momentan befinden wir uns in einer Phase, in der die Nachfrage immer weiter steigt und die Verteilung schwieriger wird. Das Hauptargument von Matthias Naversnik ist nicht von der Hand zu weisen. Karten für ein Spiel kann man frühestens nach dessen Terminierung verkaufen. Wenn eine Partie für Freitagabend oder Sonntagnachmittag angesetzt wird, haben wir möglicherweise ein Problem. Was sicherlich richtig ist: Die wissentliche Zuteilung für die Fanclubs muss definitiv vor dem Beginn des Mitglieder-Vorverkaufs abgeschlossen sein. Das sollten wir hinkriegen, aber das liegt in der Tat im Zuständigkeitsbereich der Fanbetreuung. Zur neuen Saison haben wir da bereits eine Idee entwickelt, die wir nun mit der Fanbetreuung dingfest machen möchten.
schwatzgelb.de: Das nächste Problem ist die fehlende Transparenz. Über unser Forum bekommen wir regelmäßig mit, dass sich viele Leute über die Tickethotline aufregen. Sie kommen überhaupt nicht durch und fragen sich: „Lohnt es sich überhaupt, wenn ich da anrufe?“ Schließlich wissen sie noch nicht einmal, wie viele Tickets überhaupt zur Verfügung stehen. Eine genaue Aufschlüsselung darüber, welcher Anteil der Karten an Fanclubs, an Auswärtsdauerkarteninhaber, in den Mitgliedervorverkauf und in den freien Verkauf geht, würde zu größerem Verständnis unter uns Fans führen. Der FC Bayern München zum Beispiel veröffentlicht eine prozentuale Aufschlüsselung der Kartenverteilung auf seiner Homepage und hat auch für das anstehende Pokalfinale bereits eine Voransicht bekanntgegeben. Wäre das nicht auch bei uns möglich?
Naversnik: Grundsätzlich ist so etwas schon möglich, doch müssen wir das wirklich Spiel für Spiel machen? Wir haben bereits kommuniziert, dass die Hälfte der Karten an die Fanclubs geht. Die absoluten Zahlen veröffentlichen wir allerdings nicht. Denn würden sie Interessenten wirklich bei der Entscheidung unterstützen, ob sie bei der Tickethotline anrufen, oder nicht? Der potenzielle Käufer weiß ja nicht, wie viele Leute überhaupt anrufen. Um hier mal ein paar Zahlen zu nennen: Wir haben fast 70.000 Vereinsmitglieder, und beim Mitgliedervorverkauf für das Spiel gegen Bayern München gab es 300.000 Anwahlversuche in unserem Call Center.
schwatzgelb.de: Es geht weniger um eine Entscheidung über das Anrufen oder Nichtanrufen. Vor dem Auswärtsspiel in Marseille waren überraschenderweise sehr viele Karten für organisierte Reisen im Umlauf. Der Unmut wurde daraufhin deutlich, und es kam die Frage auf, ob das bei anderen Spielen nicht vielleicht genauso ist.
Cramer: Wollen Sie denn klassifizieren zwischen dem Fan, der ein Angebot mit Übernachtung wahrnimmt und einem Fan, der ausschließlich eine Karte erwerben möchte? Wir müssen Menschen auf verschiedene Art und Weise den Zugang zu Borussia Dortmund ermöglichen. Glauben Sie ernsthaft, dass wir durch 100 verkaufte Reisepakete nach Kaiserslautern ein Vermögen anhäufen? Übrigens: Wir nehmen solche Karten nicht aus dem Fanclub- oder Mitgliederkontingent, sondern aus dem freien Kontingent. Das ist doch ein relativ faires Verfahren, wobei ich nie behaupte, dass das es das perfekte ist. Eine gewisse unternehmerische Freiheit muss man allen handelnden Personen bei Borussia Dortmund lassen. Auch wenn wir nicht alles basisdemokratisch entscheiden können, ist uns eine höchstmögliche Transparenz des Ticketings wichtig. Wenn wir aber jede Karte einzeln durchdefinieren, haben wir überhaupt keinen unternehmerischen Gestaltungsspielraum mehr.
Ich würde mir auch wünschen, dass Sie uns ein wenig mehr Vertrauen entgegenbringen und nicht direkt misstrauisch werden, wenn in Ihrem Umfeld mal jemand keine Karte bekommt.
schwatzgelb.de: Aber die von uns beschriebene Transparenz könnte die in Fankreisen entstandene Debatte versachlichen.
Cramer: An der Stelle, an der Sie selber keine Karte bekommen, werden Sie immer unsachlich sein. Wenn ich 15 Minuten in der Hotline bei Sky hänge, dann werde ich auch unsachlich. Egal, ob die Recht haben. Es gibt in der Situation aus meiner Sicht nicht die Eier legende Wollmilchsau, die Ihnen alle Probleme mit einem Schlag löst. Deshalb habe ich ja gerade gesagt: Ihre Kritik bezüglich der Transparenz kann ich verstehen. Dass Sie frühzeitige Informationen wünschen, kann ich auch verstehen und nehme das definitiv mit. Aber lassen Sie uns bitte nicht alles bis hinter die dritte Stelle nach dem Komma durchexerzieren.
schwatzgelb.de: Die Vorverkaufsstelle Fanpoint Kassel bietet zu jedem Heim- und Auswärtsspiel Fahrten inklusive Eintrittskarten an. Was auffällt: Der Preis für dieses Angebot variiert bei Heimspielen, je nach Gegner. Auch wenn nie ersichtlich ist, welche Kartenkategorien dort angeboten werden, lässt es doch aufhorchen.
Naversnik: Die Vorverkaufsstelle in Kassel bekommt sicherlich sehr wenige Eintrittskarten aus dem normalen Vorverkaufsstellen-Pool. Mir ist aber auch zu Ohren gekommen, dass sie häufiger keinen oder nur einen geringen freien Verkauf durchführt. Der Wunsch vieler Fans ist wohl eine koordinierte Bus-Anreise. Und nicht, das Ticket vor Ort zu kaufen.
schwatzgelb.de: Ist das Bestandteil der Vereinbarungen mit den Vorverkaufsstellen, sodass zum Beispiel auch Krause und Rupprecht solche Angebote mit den ihnen zugeteilten Karten schaffen könnten?
Naversnik: Letztere sind ja keine Reiseveranstalter. Außerdem ist die geographische Nähe zum BVB für solche Offerten nicht prädestiniert. Wenn ich aus Kassel anreise, ist das eine andere Geschichte. Gern gesehen sind derlei Angebote bei uns nicht.
schwatzgelb.de: Wie läuft die Verteilung der Auswärtskarten für die Vorverkaufsstellen eigentlich genau ab? Die Karten gehen zunächst an Herrn Krause, der sie dann weiter verteilt?
Naversnik: Ja, er zieht zuerst die Karten für die Fanclubs ab und verteilt die Tickets für die Vorverkaufsstellen dann nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel. Den haben wir seinerzeit noch mit Dr. Christian Hockenjos, unserem Direktor Organisation, festgelegt. In der Regel bekommt jede Vorverkaufsstelle einen nahezu identischen Anteil. Steht dem BVB allerdings nur ein sehr kleines Kontingent zur Verfügung, bekommen die Vorverkaufsstellen nichts.
Cramer: Es geht gerade etwas unter, dass wir auch weiterhin an den Vorverkaufsstellen festhalten wollen und werden. Es gab auch Jahre, in denen es Borussia Dortmund alles andere als gut ging und wir froh waren, Vorverkaufsstellen zu haben. Die haben dem Klub geholfen, als er kurz vor der Insolvenz stand.
Naversnik: Es gibt durchaus auch Bundesligaspiele, vor denen die Ticketnachfrage nicht so groß ist. Vor diesen Partien bin ich froh, dass wir Vorverkaufsstellen haben. Wir wollen die Vertriebskanäle nicht reduzieren, indem wir Vorverkaufsstellen die Kontingente streichen. Auf der anderen Seite ist der Internetzuspruch in den letzten Jahren gestiegen. Anfangs hatte jeder Respekt davor, etwas im Internet zu kaufen, doch heutzutage ist das ein riesengroßer Vertriebskanal. Ohne den Online-Shop könnten wir nicht permanent „ausverkauft“ melden. Auch Print@Home macht Vieles einfacher. Mit einem Verzicht auf Vorverkaufsstellen würden wir aber etlichen Altkunden, die den Gang zu eben diesen gewohnt sind, das Internet und die Callcenter aufzwingen. Das wollen wir nicht.
Cramer: Manche mögen drüber schmunzeln, aber wir haben deutschlandweit immer noch keine hundertprozentige Internet-Abdeckung und somit auch nicht bei unserem Klientel. Gleiches gilt für Kreditkarten.
schwatzgelb.de: Da gibt es die Möglichkeit, wie die Bayern unterschiedliche Wege einzuschlagen. Zum Beispiel die Bestellung per Telefax oder Telefon.
Cramer: Jetzt müssen wir einmal etwas betriebswirtschaftlich werden: Unsere mehrstufigen Vertriebswege sind ein Pluspunkt. Die Frage, ob diese Wege von uns alle richtig besetzt sind, lasse ich stehen. Natürlich machen wir nicht alles richtig, aber an der ein oder anderen Stelle haben wir uns unsere Gedanken gemacht. Wir haben angesichts des großen Ansturms für die Spiele gegen Freiburg und für das Pokalfinale in Berlin beispielsweise früh eine Verlosung angekündigt. Würden wir dieses System bei allen 17 Heimspielen durchführen, dann wäre das unserer Meinung nach keinesfalls gerecht.
schwatzgelb.de: Wenn die Nachfrage größer als das Angebot ist, müsste man einen gesunden Mix aus Verlosung und Punktesystem finden, das zum Beispiel Kriterien wie Mitgliedschaft und Anzahl der besuchten Spiele berücksichtigt. Auch wenn man natürlich nie ein System finden wird, das alle Fans als fair empfinden.
Cramer: Naja, noch arbeiten hier Menschen, und erst vor drei Jahren musste sich der Kollege Naversnik um die Bewilligung einer 400-Euro-Aushilfe kloppen. Wir müssen immer im Hinterkopf haben, wo Borussia Dortmund herkommt. Wenn wir hier einen riesigen Karten-Verwaltungsapparat aufbauen, dann können wir den gleich wieder niederreißen, wenn es für den Verein mal schlechter läuft.
Naversnik: Sie stellen das alles so schön dar. Aber ich spreche ja auch mit den Kollegen der anderen Bundesliga-Klubs, denn wir treffen uns zwei bis dreimal in der Saison. Diskussionen wie die, die wir hier führen, gibt es überall.
schwatzgelb.de: Es ist auch nicht alles Gold was glänzt. Das war nur ein Beispiel dafür, dass es hier mehrere Möglichkeiten gibt.
Naversnik: Die Bayern setzen vor Auswärtsspielen auf ein Losverfahren. Beispiel: Sie kriegen insgesamt 8.000 Tickets von Borussia Dortmund, schließen die Bewerberliste für die Verlosung aber bei 15.000. Danach kann sich niemand mehr eintragen, und das ruft natürlich auch Kritiker auf den Plan. Außerdem beschweren sich Diejenigen, die sich zum Beispiel 17 Mal auf diesem Weg beworben haben, aber nur einmal berücksichtigt wurden. Und die Bayern haben wohlgemerkt noch mehr Mitglieder als wir! Für Borussia Dortmund sind solche Abläufe kein Thema. Es gilt, einen gesunden Mittelweg zu finden – und für meine Begriffe haben wir das getan. Wir könnten natürlich auch ganz anders kontingentieren, vor einem Auswärtsspiel den kompletten freien Vorverkauf rausnehmen und nur an Vereinsmitglieder verkaufen. Aber selbst dann bekämen wir mit einem Kontingent von beispielsweise 2.400 Tickets Probleme. 1.200 gingen an Mitglieder, und auf die anderen würden sich von 70.000 Vereinsmitgliedern 10.000 bewerben. Dann müsste ich 8.000 Absagen schreiben…
schwatzgelb.de: Wo die Nachfrage größer ist, wird hinterher immer jemand sauer sein. Das geht ja gar nicht anders. Für Unmut sorgt derzeit allerdings auch die Tickethotline. Man sitzt relativ lange davor, gibt relativ viel Geld aus und steht am Ende trotzdem oft mit leeren Händen da. Diesen Unmut könnte man zum Beispiel durch ein Verlosungsverfahren stark mindern. Wenn Sie über zukünftige Dinge nicht sprechen wollen, dann können wir auch ein Thema weitergehen.
Cramer: Nein, Sie können auch gerne Anregungen platzieren. Hier sitzen ja keine zwei Menschen, die meinen exklusiv zu wissen, wie es richtig geht. Matthias Naversnik hat im Vergleich zu uns allen aber den Riesen-Vorteil, dass er das Geschäft seit gut 15 Jahren macht....
Naversnik: 20!
Cramer: Entschuldigung! Wenn Sie Ideen haben, lehnen wir die nicht ab. Mein persönlicher Traum ist eine Anlaufstelle, an der ein Karten-Interessent mit einem persönlichen Mitarbeiter verbunden wird. Aber das bekommt keine Lufthansa und keine Deutsche Bahn hin – niemand. Es fehlt mir die Antwort, die alle Menschen glücklich macht.
schwatzgelb.de: Sie hatten bei der Fanversammlung gesagt, dass die Hotline 500 Anrufe gleichzeitig verarbeiten kann?
Cramer: Das ist korrekt.
schwatzgelb.de: Immer wieder fragen die Leute, was mit dem Geld passiert. Ein Anruf kostet ja immerhin 14 Cent pro Minute aus dem Festnetz. Vom Handy ist es noch teurer. Partizipiert Borussia Dortmund daran, oder geht das alles an den externen Dienstleister, der diesen Service zur Verfügung stellt?
Naversnik: Das geht an den Dienstleister, und wir zahlen auch noch eine Gebühr dafür.
Cramer: Der Dienstleister hat sich darauf spezialisiert. Sie müssen sich das so vorstellen: Wenn Sie mit einem Callcenter arbeiten, gibt es unterschiedliche Vergütungsmodelle. Und Borussia Dortmund hat die Lösung, die am Ende für den Verbraucher und den Verein am günstigsten ist. Teuer, aber gucken Sie sich doch mal die Gebühren anderer Hotlines an.
schwatzgelb.de: Der Vorverkaufsbeginn morgens um 8.30 Uhr ist unserer Meinung nach besonders für Arbeitnehmer und Schüler sehr ungünstig. Viele schaffen es nicht oder müssen aufs Handy ausweichen, wodurch sie letztlich mehr Geld zahlen.
Cramer: Das könnte ein Punkt sein, an dem etwas zu ändern wäre.
Naversnik: Ich bin da zwiegespalten. Was macht die Verkäuferin, die bis 20 Uhr arbeiten muss? Oder der Schichtarbeiter? Der Start um 8.30 Uhr wurde in der Vergangenheit geprägt. Seinerzeit haben wir auch die Vorverkaufsstellen gebeten, ihre Pforten parallel um diese Zeit zu öffnen. Ob ich um 19 Uhr einen Vorverkauf durchführen kann, sei dahin gestellt, ich bin da offen. Wir können auch mal einen Testballon starten.
Cramer: Es ist auf jeden Fall ein Punkt, der schon einmal an uns herangetragen worden ist und den wir diskutieren. Aber genauso wie Sie jetzt fünf gute Argumente dafür haben, gibt es eben auch andere, die dagegen sprechen.
schwatzgelb.de: Oft kommt es vor, dass die Hotline um 8.35 Uhr „ausverkauft“ meldet, bevor ein paar Stunden später überraschenderweise wieder Karten zu erhalten sind. Liegt das am BVB oder am Dienstleister?
Naversnik: In der Regel ist das Callcenter nichts anderes als ein vertonter Internetshop. Man wählt sich durch die verschiedenen Bereiche, und am Ende der Buchung müssen die Karten bezahlt werden. Wenn die Lastschrift allerdings an der Schnittstelle zum Internet-Dienstleister, der die Abbuchung vornimmt, platzt, werden die Karten direkt storniert und gehen zurück in den Verkauf. Das gilt für Heim- und Auswärtsspiele. Man muss sich das so vorstellen: Wir haben 1.000 Karten, und es wählen sich 500 Interessenten ein. Möchte jeder von ihnen zwei Tickets haben, dann ist das gesamte Kontingent vorerst geblockt. Entscheidet sich aber jemand im Verlauf der Buchung dagegen, weil ihm die Karten doch zu teuer sind, stehen sie wieder zur Verfügung.
schwatzgelb.de: Für das Pokalfinale wurden die Karten ja unter den Bewerbern verlost. Hat die Kundennummer bei der Vergabe auch eine Rolle gespielt?
Naversnik: Die Kundennummer hat das Losverfahren nicht tangiert. Jeder kann nur eine Vereinsmitgliedsnummer haben. Doppeleinträge werden ausgeschlossen, egal wie oft der Kunde im System angelegt ist. Wenn jemand sich zweimal oder dreimal einträgt –das möchte ich nochmal betonen – fliegt er komplett raus.
schwatzgelb.de: Wie viele Karten bekommt der BVB für die Partie im Olympiastadion?
Naversnik: 20.459
Cramer: Leider keine einzige mehr. Trotz unserer gemeinsamen Intervention mit Bayern München war beim DFB keine weitere Karte herauszuschlagen.
Naversnik: Ich glaube, ich habe noch zehn Sehbehindertenkarten vom DFB bekommen.
schwatzgelb.de: Wo wir gerade bei den Optionen sind. Es gibt das Gerücht, dass meine „angesparten“ Jahre als Süd-Dauerkarteninhaber auf eine internationale Option verfallen, sobald ich einen Blocktausch tätige. Ist das richtig?
Naversnik: Nein. Wenn ich permanent eine Dauerkarte gehabt habe, dann habe ich auch das Optionsrecht. Es sollte normalerweise an die Kundennummer gebunden sein, und die sollte sich nicht ändern. Wenn es solche Problemfälle gibt, bitte direkt ans Ticketing wenden.
schwatzgelb.de: Thema Schwarzmarkt: Man hört ja auch, dass der BVB Leute sperrt, die sich auf diesem Weg bereichern. Können Sie noch einmal genau erläutern, wie der Verein dagegen vorgeht?
Naversnik: Grundsätzlich sagen wir natürlich nicht: „Wir haben die Karten verkauft, und der Rest ist uns egal.“ Wir gehen gegen Ebay-Händler vor und versenden Unterlassungsverfügungserklärungen, wenn wir wissen, wer dahinter steckt. Leider gibt uns die Gesetzeslage nicht die Möglichkeiten, die wir gerne hätten, um an jeden heranzukommen. Ins Detail will ich hier gar nicht gehen. Aber wir haben jemanden im Ticketing, der sich darum kümmert. Und auch eine Rechtsanwaltskanzlei, die das Ganze sehr detailliert ausarbeitet. Darüber hinaus sind wir im Besitz einer Software, die diese Auktionen abspeichert, sodass wir vor Gericht im Rahmen des Gesetzes alle Chancen haben.
schwatzgelb.de: Wird die ausfindig gemachte Karte gesperrt, und der betroffene Platz geht zurück in den freien Verkauf?
Naversnik: Ja, genau. Das heißt, die Karte wird storniert ohne dass der Betrag dem Kundenkonto gutgeschrieben wird.
schwatzgelb.de: Werden die ursprünglichen Käufer zurückverfolgt und Vereinsmitglieder, sofern es denn solche waren, gesperrt?
Naversnik: Genau, Derjenige bekommt eine Unterlassungsverfügungserklärung und muss unterzeichnen, dass er in Zukunft keine Karten mehr auf Internetplattformen verkauft, da das ein Verstoß gegen unsere allgemeinen Geschäftsbedingungen ist. Außerdem wird dieser Kunde für ein Jahr vom Ticket-Kauf ausgeschlossen.
schwatzgelb.de: Wie sieht das beim Schwarzmarkt vor dem Stadion aus? Dort kann der Verein vermutlich wenig machen, es ist ja ein öffentlicher Raum. Andererseits wirbt die Stadt auch gerne mit dem BVB. Ist zwischen der U-Bahnstation Westfallenhallen und der Nordtribüne eine Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Ordnungsamt denkbar, um den Schwarzmarkt einzudämmen? Ich kenne das von Auswärtsspielen, dass die Polizei da teilweise Platzverweise verteilt, weil der Schwarzmarkt aus ihrer Sicht ein Sicherheitsproblem darstellt.
Naversnik: Wie Sie richtig sagen, ist das eine städtische und polizeiliche Angelegenheit, auf die wir wenig Einfluss haben. Wir können nur sagen: „Schickt eure Leute dahin und kontrolliert den Raum, das ist uns zugetragen worden.“ Wenn es auf unserem Gelände passiert, das heißt auf dem Stadiongelände, dann können wir in begrenztem Maße aktiv werden. Wir dürfen die Leute dann allerdings nicht anfassen, sondern müssen die Polizei um Hilfe bitten. Und das machen wir.
schwatzgelb.de: Bei vielen Fans gibt es eine Unsicherheit über den legalen Weiterverkauf von Tickets. Immer wieder fragen Fans, wo sie sicher ihre Karten zum Normalpreis weiterverkaufen können, ohne dass sie gleich als Schwarzmarkthändler gelten?
Naversnik: Laut AGB ist ein Verkauf erst ab 15 Prozent über dem Normalpreis ein Verstoß. Wenn jemand die Karte für den Normalpreis verkauft, kriegt er zwar auch die Unterlassungsverfügungserklärung, aber er wird dann nicht gesperrt. Wir wollen ja kein Geld verdienen damit, sondern nur ein bisschen durchgreifen.
schwatzgelb.de: Sind für die kommende Saison Preisänderungen vorgesehen?
Naversnik: Ich kürze es ab: Machen sie sich da keine Sorgen!
schwatzgelb.de: Mit anderen Worten: Es gibt höchstens eine Anpassung und es ist nichts Großes, wie zum Beispiel eine Kategorienverschiebung, geplant?
Cramer: Wir können das offen sagen: Wir diskutieren, dass das Gros unserer Zuschauer von den Veränderungen so gut wie nichts merken werden und es nur an einigen Stellen Korrekturen geben wird. Diese sind einfach zwangsläufig fällig. Auch in den VIP-Bereichen wird es an einigen Stellen Anpassungen geben, dort handelt es sich nämlich um lange laufende Verträge.
schwatzgelb.de: Wie sehen sie denn generell die Preisstruktur von Borussia Dortmund im Bundesligavergleich oder auch im internationalen Vergleich?
Naversnik: Im Vergleich finde ich unser Preissystem absolut angemessen. Wenn Sie allerdings den Einzelfall einer vierköpfigen Familie schildern, die sich einen netten Nachmittag im Stadion machen will, dann muss ich zugeben, dass sie sehr viel Geld dafür zahlt. Aber in Relation, auch zum Wettbewerb, sind wir gut aufgestellt.
Cramer: Das Erlöspotential des Ticketing ist irgendwo endlich, und dass man darüber immer größeresg Umsatzwachstum generieren kann, ist ein Irrtum. Uns zeichnet aus, was in unserem Stadion stattfindet. Das ist außergewöhnlich. Wenn es um die Interessen derer geht, die für ein Ticket mehr Geld zahlen, dann sollte man dieses Mehr ab und zu auch würdigen. Das macht bei Borussia Dortmund den Mix aus. Ich hoffe, dass die einen wissen, was sie an den anderen haben – und umgekehrt: Dass die anderen auch wissen, dass sie einen Teil der Musik bezahlen und dass das eben der Grund ist, warum es sportlich und wirtschaftlich beim BVB so gut läuft. Wir wachsen momentan zum Beispiel extrem im Sponsoring. Aber deshalb müssen wir nicht den Fehler begehen, in anderen Bereichen mehr zu wollen, nur weil wir im Sponsoring 15 oder 20 Prozent mehr machen. Ich glaube, dass die Mischung momentan passt. Aber Sie haben Recht: Wenn eine vierköpfige Familie 150 Euro für einen Nachmittag bei uns im Stadion zahlen muss, und dazu noch einige Euro für ein bisschen Essen und Trinken, dann ist das ein Brett. Und da kann ich nicht sagen, dass das zu wenig ist.
schwatzgelb.de: Es geht ja auch immer noch darum, neue Leute zu gewinnen.
Cramer: Wir haben ja auch einen Familienblock als Angebot. Und wir haben 28.000 Stehplätze, die hat sonst keiner.
schwatzgelb.de: An die Karten im Familienblock muss man allerdings auch erst mal rankommen.
Cramer: Die sind natürlich begrenzt, weil die Karten vom Preis her danke des Engagements von REWE stark subventioniert sind.
schwatzgelb.de: Ich empfinde die Sitzplatzpreise schon als relativ hoch. Im Bundesligadurchschnitt würde ich Dortmund gerade dort eher deutlich im oberen Mittelfeld ansiedeln.
Schwatzgelb.de: Wir bedanken uns bei Ihnen für dieses ausführliche Gespräch.
Cramer: Danke für Euer Interesse und die ein oder andere interessante Rückmeldung.