Warum die Bomben der Terroristen nicht interessieren
Politik erklärt, etwas tun zu wollen, damit die Leute nicht das Gefühl haben, mit ihrer Angst alleine zu bleiben. Entscheidend ist dabei, dass es ab jetzt nicht mehr darum geht, ob das, was man tut, Sinn macht, es geht nur noch darum, dass man ETWAS tut und vor allem muss das Etwas deutlich erkennbar sein. Dass dafür nun seitens der Politik ganz tief in die populistische Trickkiste gegriffen wird, ist doch völlig klar. Schließlich gibt es nur eine Erwartung der Bürger an den Staat, die alle haben und die ist, dass der Staat für öffentliche Sicherheit sorgt. Alles andere ist zweifelhaft und politisch diskutabel, aber eins ist sicher, der Bürger will Sicherheit. Ihm diese zu verweigern ist in einer Demokratie politischer Selbstmord. Die Geschichte hat bewiesen, dass der Bürger sogar eher bereit ist die Demokratie aufzugeben, als seine Sicherheit.
Das mit der Politik ist dann schnell geklärt, hier werden jetzt die Referenten losgeschickt, um zu recherchieren, was man denn alles tun könnte, damit es als eine Reaktion auf das Sicherheitsbedürfnis aussieht. Flugs werden Listen erstellt (oft auch abgekupfert) und diese von den Hardlinern als "Maßnahmenkatalog" der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Belange der Betroffenen bleiben dabei natürlich mit voller Absicht außen vor, da ihnen ja eine potentielle Mitverantwortung bei der Ursache der Angst zugesprochen wird.
Der Bürger nimmt die Ankündigung positiv zur Kenntnis und erwartet dann natürlich auch Taten.
Ab jetzt kommen die Sicherheitskräfte ins Spiel und die Polizei erfährt, dass sie etwas tun müssen. Das Prinzip bleibt das gleiche, der Sinn ist egal, es muss nur gut zu erkennen sein, dass etwas passiert. Also macht man das, was am meisten Eindruck macht, man fährt seine Truppen auf. Tausende als Jedi-Ritter verkleidete, schwer bewaffnete sichern ein Fußballspiel, dazu noch ein paar als Schützenpanzer verkleidete Wasserwerfer. Das sieht dann schon fast aus wie Krieg, das macht Eindruck, beim Volk und vor allem bei den Medien, die ja auch gerne, weil's die beste Quote bringt, die Live-Schaltung in die Wohnzimmer macht. Das Schöne dabei ist, diesen Krieg kann man ja mangels Gegner gar nicht verlieren. Die Tatsache, dass man diese Truppen wirklich auffährt, erklärt ja auch schon den Sinn, dass man diese auch wirklich braucht, sonst würde man das ja nicht machen - ist klar, oder?
Wer sich fragte, was denn der Schützenpanzer vor dem Volksbad sollte, weiß, das es nicht um den Sinn ging, sondern nur darum, dass er dort stand – die ideale Filmkulisse. Soweit hat das ja schon mal geklappt. Diese Aktion ist an Wirkung nicht zu übertreffen, der Staat hat reagiert, Fernsehmichel ist stolz auf sein Land: "Mit uns nicht !" Jetzt gibt es aber ein Problem. So eine Aufrüstung für den Krieg kostet richtig viel, das kann man nicht so oft machen, wie es die Politik gerne hätte. Es braucht Geld, das der Staat nicht wirklich hat und Steuern dafür zu erhöhen, Schulden zu machen oder Kindergärten zu schließen, würde auch Negativpunkte bringen, denn Sicherheit will zwar jeder, aber niemand will dafür zahlen.
Also kommt jetzt Stufe drei der Maßnahme, die Kosten werden den angeblichen Verursachern zugeschrieben und die muss man ja noch nicht mal lange suchen. Hier hilft mal wieder der Populismus, schließlich sind Fußballvereine ja alle unermesslich reich, denn wenn man Millionengehälter zahlen kann, dann muss man natürlich auch bereit sein für die Sicherheit zu berappen – der Neid des Volkes greift, man applaudiert und kauft weiter mit Stolz seine Lieblingszeitung mit den großen Buchstaben, um täglich zu lesen zu können, dass hier alles in seinem Sinne läuft. Aber ganz so einfach ist das dann doch nicht, denn der Fußball insgesamt hat natürlich auch eine sehr einflussreiche Lobby, schließlich ist der DFB der größte Verband der Welt und die DFL einer der Hauptumsatzförderer der Medien.
Also setzt man sich mit denen zusammen. Politik verlangt nun den Ersatz der Kosten oder etwas anderes, was man sieht und was man auch fühlen kann. Wir wissen ja, der Sinn spielt definitiv keine Rolle, wichtig ist die Außenwirkung. Die DFL hat allerdings in Sachen Sicherheit relativ wenig zu bieten, sie kann zwar die Vereine zu irgendwelchen Maßnahmen nötigen, aber selbst für Sicherheit und auch noch eine, die man sieht, das geht nicht. Deshalb müssen die Vereine mit ins Boot geholt werden. Das kann man noch machen, denn die Politik geht natürlich davon aus, dass es durchaus in deren Interesse ist, die Sicherheitslage zu verbessern, ohne viel Geld für Polizeieinsätze zahlen zu müssen. Ein schwieriges Unterfangen, aber man macht einfach das, was auf höherer Ebene schon gut funktioniert hat, man lässt ein paar Referenten einen Maßnahmenkatalog erstellen (überwiegend abkupfern) und präsentiert diesen als gemeinsame Patentlösung, angeblich sogar demokratisch beschlossen.
Das Schöne daran (aus deren Sicht) ist, dass man nur ein paar klitzekleine Dinge einbauen muss, die einigen wenigen wirklich weh tun und von denen die breite Masse überhaupt nicht verstehen kann, warum das weh tun soll. Der Rest ist belanglos, Hauptsache der Katalog sieht nach Katalog aus. Diese kleinen gemeinen Dinge erzeugen nämlich genau den gewünschten Effekt: Der vehemente Aufschrei derer, die nicht nur betroffen sind, sondern auch als vermeintliche Gegner im Krieg gegen die Jedi-Ritter in Frage kommen, klein und lautstark, das ist die ideale Zielgruppe. Und diese Gruppe trägt auch noch eine besonders griffigen Namen:" Die Ultras".
Wir wissen ja noch, dass das nicht stimmen muss und dass es gar keine Rolle spielt, ob es irgendeine Wirkung hat. Die Wirkung entfacht der Protest selbst. Die Politik hat damit medienwirksam bewiesen, dass es genau die richtigen getroffen hat. Und nicht nur das, sie hat überhaupt erst einmal die Feinderkennung möglich gemacht. Besonders perfide dabei: Sobald der Feind nun wirklich gewalttätig wird, hat die Offenbarung sich selbst erfüllt und man kann das nächste Sicherheitspaket abrufen. Die Referenten sitzen übrigens schon dran.
geschrieben von Klopfer
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