Fußball ist ein schnellebiges Geschäft
Diese Floskel würde wohl in Wahrheit mehr als drei Euro kosten müssen. Doch anhand unserer Borussen aus dem B-Jugend-Finale 2007 gegen Bayern München (0:1) in der Roten Erde wollen wir mal diesem meist sinnfrei verwendeten Ausspruch nachgehen und prüfen, was aus den damaligen Teenagern so geworden ist - von A wie Arslan bis Z wie Zakrzweski.
Tolgay Arslan: Im B-Jugend-Finale wurde er noch in der ersten Hälfte eingewechselt und avancierte mit zum besten Feldspieler des damaligen Endspiels. Und auch die Karriere danach war durchaus ordentlich. So kam Arslan sogar auf einige Bundesliga-Einsätze beim HSV, wohin er aufgrund der angeblich guten Jugendarbeit 2009 wechselte. Eine ganz gute Saison spielte er dann im letzten Jahr bei seinem ehemaligen Jugendtrainer und Förderer, Peter Hyballa, in Aachen, während er nun zunächst erst einmal wieder beim HSV unter Vertrag steht. Vom spielerischen und technischen Potenzial ist der Deutsch-Türke, der sowohl für die Türkei als auch für Deutschland Jugend-Länderspiele bestritt, sicherlich ganz oben bei der damaligen Elf anzusiedeln.
David Blacha: 33 Einsätze absolvierte der Pole für sein Land im Jugend-Länderspielbereich ab der U 16 und entschied sich somit von Beginn für unseren östlichen Nachbarn. Auch bei ihm lässt der "richtige" Durchbruch noch auf sich warten. Nach der Jugend beim BVB ging es zunächst zum Pleiteverein RW Ahlen, ehe es zur aktuellen Saison ein Wiedersehen mit dem alten Arbeitgeber im Pokal gibt. Blacha spielt wie auch "Katze" Kandziora inzwischen für den SV Sandhausen.
Kai-Bastian Evers: 28 Einsätze für diverse Jugend-Nationalmannschaften zwischen der U 16 bis zur U 18 absolvierte der Rechtsverteidiger und spielt heute beim biederen Drittligaklub in Babelsberg. Dort durfte er in der letzten Saison zwar konstant seine Seite beackern, aber scheinen sich bei ihm die hohen Erwartungen aus seiner Jugendzeit beim BVB nicht mehr erfüllen zu können. Im Moment ist Evers sogar vereinslos und sucht für die neue Saison einen anderen Verein.
Saban Ferati: Im Gegensatz zu den meisten anderen Mitspielern aus der BVB-Mannschaft scheint der in Skopje geborene Ferati eine große Fußballkarriere bereits abgeschrieben zu haben. So steht der Mittelfeldspieler heute beim NRW-Ligisten in Uerdingen unter Vertrag, nachdem er letztes Jahr für einige Zeit sogar vereinslos war. Denn weder konnte er sich beim BVB langfristig durchsetzen, noch schaffte er dann bei seiner nächsten Station, der Reserve des MSV Duisburg II, den großen Durchbruch. Doch bereits in der damaligen B-Jugend war der in Düsseldorf aufgewachsene Spieler bereits lediglich Ergänzungsspieler.
Johannes Focher: Für den damaligen Stamm-Torhüter der B-Jugend blieb die Rote Erde bis heute seine bevorzugte Spielstätte. So ist er bekanntermaßen immer noch in unserem Verein aktiv, spielte bei den Amateuren in der letzten Saison solide, ohne besonders glänzen zu können. Seinen einzigen Profi-"Einsatz" feierte er auf der Bank beim 3:1-Sieg in München. Ehrlicherweise muss man bei ihm jedoch davon ausgehen, dass er über die Regionalliga oder höchstens 3. Liga wohl nicht herauskommen wird.
Fabian Götze: "Undankbar" wäre wohl ein Schlagwort, mit dem man den Werdegang des ältesten der drei allesamt talentierten Brüder charakterisieren müsste. Wie kann man in der öffentlichen Wahrnehmung neben einem DER größten Talente der letzten zehn, fünfzehn Jahre ansatzweise bestehen? Fabian Götze wählte die Möglichkeit des Wegzugs aus dem vertrauten Umfeld und spielte die letzten anderthalb Jahre für die Zweite des FSV Mainz, wo er meistens auch in der Anfangsformation mitmachen durfte, aber eben nur viertklassig in der Regionalliga West. Zur neuen Saison kehrt er zurück in das gewohnte Umfeld und versucht über die Zweite des VfL Bochum, vielleicht doch noch Fuß zu fassen im bezahlten Fußball.
Marc Hornschuh: Hier könnte man im Grunde den Artikel von Focher einfügen. Mit dem Unterschied jedoch, dass die Verantwortlichen beim BVB von Hornschuh richtig viel halten und ihn momentan sogar als Innenverteidiger Nummer 4 einkalkulieren. Bei dem auf den ersten Blick recht schmächtigen Hornschuh verwundert diese Einschätzung etwas und in der Jugend sowie auch noch bei den Amateuren spielte er denn auch recht häufig im defensiven Mittelfeld. Hornschuh brachte das Kunststück fertig, zwischen der U 15 und der U 21 in jedem Jahrgang mindestens ein Länderspiel absolviert zu haben. Momentan steht er bei insgesamtz 48 Einsätzen für Deutschland. Es ist anzunehmen, dass vor allem die nächsten zwei Jahre für den Jungen aus Körne die entscheidenden Weichenstellungen bereitstellen werden.
Victor Huschka: Das Gegenteil von Julian Koch. Während Koch im damaligen Finale schwach war und heute auf der Talente-Liste ganz oben rangierte, überzeugte der Hagener Huschka damals im Finale gegen die Bayern und scheiterte mehrmals nur knapp am Torerfolg. Doch leider verschwand der junge Mann mit Wurzeln im Benin in den letzten Jahren völlig von der Fußball-Landkarte und ist momentan ebenfalls vereinslos, nachdem er sich selbst in der NRW-Liga bei RW Essen letzte Saison überhaupt nicht behaupten konnte. Merke also: Die langfristige und stetige Entwicklung ist entscheidend für nachhaltigen Karriereerfolg und nicht die wenigen oder gar einmaligen Auftritte vor großer Kulisse.
Marcel Kandziora: Die "Katze" hat den persönlichen Aufstieg geschafft und darf nach einer höchstens mittelmäßigen Saison bei unseren Amas in der nächsten Saison eine Etage höher spielen und hat sogar noch das große Los in der Lotterie "Geschichten, die nur der Fußball schreibt" gezogen. Denn wie auch Blacha steht der vielseitig verwendbare Defensivmann beim Drittligisten SV Sandhausen unter Vertrag und wird in der Vorbereitung sicher alles dransetzen, im Pokalspiel von Beginn an gegen seinen alten Verein antreten zu dürfen.
Julian Koch: Den größten Sprung von der Jugend- in den Seniorenbereich muss man mit Sicherheit dem Blondschopf zusprechen. Während er im damaligen Finale vor dem entscheidenden Gegentor noch böse patzte, entwickelte er sich insbesondere in der letzten Saison beim MSV Duisburg zu einem der begehrtesten Nachwuchsspieler Deutschlands, ehe ihn eine brutale Knieverletzung zunächst einmal hemmte. Bei seinen Anlagen und vor allem seiner mentalen Stabilität ist aber davon auszugehen, dass spätestens in der Rückrunde Koch auf seine Einsätze kommen wird - bei den BVB-Profis! Vor allem Manager Watzke hält ungemein viel von dem dynamischen Defensivmann und bezeichnete ihn nach dem Regionalliga-Aufstieg der zweiten Mannschaft vor zwei Jahren sogar als "die Zukunft dieses Vereins."
Ivan Paurevic: So richtig scheint das nichts mehr zu werden. Der Deutsch-Kroate, der in der U 19 einmal für das Land seiner Eltern antreten durfte, zeichnete sich bereits in der letzten Regionalliga-Saison bei den Amateuren hauptsächlich dadurch aus, die Reservebank am längsten gewärmt zu haben. Es gab höchstens mal ein paar Minuten in der Schlussphase bei bereits entschiedenen Spielen zur Belohnung für zumindest charakterlich einwandfreies Verhalten. Noch steht der 20-jährige beim BVB unter Vertrag, aber in der nächsten Saison muss nun endlich der Durchbruch auf zumindest viertklassiger Ebene gelingen, da es sonst karrieremäßig sehr, sehr schwer für den Techniker zu drohen wird.
Lasse Sobiech: Damals im Finale noch im Mittelfeld eingesetzt, agierte Sobiech in den letzten Jahren klar in der Innenverteidigung, wo er aufgrund seiner körperlichen Präsenz und Robustheit eigentlich auch hingehört. Zur neuen Saison versucht er sein Glück als Leihspieler auf der Reeperbahn beim FC St. Pauli und es bleibt zu hoffen, dass er dort ähnlich wie Koch im letzten Jahr in Duisburg eine tragende Rolle einnehmen kann. Eine etwas schwächere Figur gab der baumlange Schwerter Sobiech hingegen in seinen bisherigen U 21-Länderspielen ab, in denen er doch einiges an der Spielstärke und Souveränität vermissen ließ, die ihn bisher im Verein größtenteils auszeichnen konnte.
Marco Stiepermann: Die Herren Arslan, Koch und Sobiech lassen grüßen. Auch der Stürmer nimmt den vermeintlichen Umweg über die Zweite Liga und lässt sich wie Arslan zu seinem ehemaligen Förderer Hyballa nach Aachen ausleihen. Nach seinem Tor gegen Wolfsburg in der vorletzten Saison ist es kurzfristig etwas ruhiger um Stiepermann geworden, doch muss man zugleich anerkennen, dass er nach einem kleinen Durchhänger insbesondere in der letzten Rückrunde bei unserer Zweitvertretung mehr als überzeugend agierte und sich die Chance auf die Zweite Liga absolut verdient hat.
Martin Zakrzweski: Er ist der Protagonist eines des wohl enttäuschendsten Karriereverlaufs der damaligen Jungspunde. Wurde der Deutsch-Pole im besagten Finale noch als Regisseur hinter den Spitzen aufgeboten, spielt er momentan im Profi-Geschäft keine Rolle mehr und ist sogar vereinslos. Nach seiner Borussen-Jugend versuchte er sein Glück sowohl bei unserer Zweiten als auch bei der Reserve (!) des SC Paderborn, ohne jedoch in beiden Mannschaften durchschlagend erfolgreich gewesen zu sein. Sein Vertrag beim BVB wurde diesen Sommer nicht verlängert und somit personifiziert der Mann, der 2007 noch ein Probetraining bei Real Madrid ablehnte, die Überschrift dieses Artikels.
Malte, 26.07.2011