Der den Ball in den Winkel zirkelte - Toni da Silva
Was macht man eigentlich, wenn man mit dem FC Basel Meister geworden ist, aber nur ausgeliehen war und man dann beim KSC ausgemustert wird? Man heuert beim kommenden Deutschen Meister als zweiter Backup für die Doppel 6 an, erzielt ein Zaubertor in letzter Minute und wird eben Deutscher Meister. Wo Toni da Silva spielt, ist der Erfolg nicht weit.
Auf einmal war er da. Er tauchte in der Vorbereitung auf, erst für ein paar Tage, doch die Chronik seiner Abreise aus dem Trainingslager sollte nie erscheinen. Da Silva reiste mit der Mannschaft nach Österreich, er schoss die Freiststöße und sie waren gut. Die Beobachter wunderten sich, rieben sich die Augen und diskutierten. Wieso schießt ein Gastspieler die Freistöße? Wieso übernimmt Nuri nicht die Verantwortung? Eine ganze Saison lang war der Borussia kein Treffer nach einem Freistoß gelungen, klar nach Ecken und sogar bei Elfmetern war die Quote ganz ordentlich, doch seit dem Abgang von Alex Frei war ein Freistoßtreffer der Borussia ähnlich wahrscheinlich wie eine Meisterschaft des geliebten Nachbarvereins geworden. Und in der Vorbereitung schießt dieser abgehalfterte Gastspieler die Freistöße, nicht Sahin und auch nicht Schmelzer. Dazu, das konnte man nicht oft genug betonen, war dieser Gastspieler noch ein ehemaliger Klopp-Spieler, aus vergangenen Mainzer Tagen. Vetternwirtschaft galore!
Dann ging es schnell. Aus dem Gastspieler da Silva wird der Ergänzungsspieler da Silva. Gegen Wuppertal läuft er zum ersten Mal im Westfalenstadion an. Leise und effektiv zieht er einen Tag vor dem Lviv-Spiel die Fäden im Amas-Mittelfeld. Einen Tag später schon steht da Silva in Lviv auf dem Platz. Bei seiner Einwechslung in der 80. Minute. liegt Borussia 2-3 zurück, am Ende siegen die Young Guns mit 4-3. Wenngleich die Wende nicht durch da Silva, sondern vielmehr durch Götze, Barrios und Schmelzer eingeleitet wurde, so ist seine Einwechslung ein erster Fingerzeig für den kommenden Saisonverlauf. Wieder einmal hatte sich Sebastian Kehl im Vorfeld der Partie verletzt, seinen Platz nahm nun Sven Bender ein und für da Silva waren weitere Einsätze fortan realistisch. Kurz vorher hatte er im reviersport-Interview seinen Anspruch formuliert: „Ich will versuchen, meine Erlebnisse an die Jungen weiter zu geben, damit man als Mannschaft davon profitieren kann. Außerdem ist es auch nicht verkehrt, ein wenig Druck auszuüben. Die Spieler sollen sich ja nicht ausruhen, sondern immer auf hohem Niveau spielen.“ Doch eine weitere Aussage da Silvas sticht in der Nachbetrachtung heraus. Lange bevor Meisterschaft zu einem M-Wort wurde, erklärt da Silva: „Jeder wird seine Chance bekommen, denn wir wollen so lange wie möglich dabei bleiben. Warum sollten wir keine Titel holen?“
Doch talk minus action equals zero und da Silva schaffte in den kommenden Spielen aus Worthülsen und optimistisch formulierten Zielen Tatsachen. Bei seinen Einwechslungen zeigte sich der 78er-Jahrgang sofort im Spiel. Seine Pässe aus dem Fußgelenk fanden den Mitspieler, verwirrten den Gegner, man merkte: Dieser Mann hat die Klopp-Taktik verinnerlicht. Ein guter Spieler für die letzten Minuten, da Silva konnte das Spiel beruhigen und im entscheidenden Moment schnell machen. Aber letztendlich wird der Name Toni da Silva immer mit der Nachspielzeit des 9.Spieltags in Verbindung gebracht werden. Nach 7 Siegen in Folge und der Eroberung der Tabellenspitze traf der BVB auf den beliebten Traditionsverein, die TSG von 1899, und nach der frühen Führung durch Demba Ba, einem verschossenen Wiederholungselfer von Sahin und 45 Minuten wüsten Anrennens gegen sich einigelnde Hoffenheimer sah es nach der zweiten Heimniederlage der Saison aus. Angriffswelle um Angriffswelle war in der Abwehr verebbt und langsam wurde die Angriffe planloser vorgetragen, die Abschlüsse weniger zwingend.
Gegen Ende der Saison, nach der Sahin-Verletzung gegen Freiburg sahen wir da Silva dann auch häufiger in der Startformation und erkannten ein paar Schwächen. Die Dynamik Sahins erreicht da Silva in seinen vier Starteinsätzen niemals, sein Spiel wirkte oftmals behäbig und seine Pässe erreichten nicht mehr die Präzision der Hinserie. Doch allein für den Hoffenheim-Freistoß ist Toni da Silva ein Held in schwatzgelb. Er wird uns für ein weiteres Jahr erhalten bleiben und mit seiner Erfahrung sicher weiterhin gut tun.