Torschrei - Wenn Fußball die einzige Lösung ist
Das Wichtigste vorne weg, "Torschrei" ist lesenswert. Mit welchem Gefühl man das Buch nach der letzten Seite zuschlägt, ist aber deutlich schwerer zu sagen. Auf 251 Seiten erzählt der Journalist Jürgen Bertram autobiographisch von seinem Leben im Nachkriegsdeutschland. In diesen tristen und grauen Jahren bietet nur der Fußball einen Halt, der den Autor voran treibt.
Dem Autor gelingt es, den Leser sofort in diese graue und hoffnungslose Situation hinein zu ziehen. Auch junge Leute haben keine Probleme damit, sich in diese Zeit zu versetzen. Die Atmosphäre des Buches verbreitet sich sofort beim Lesen. Immer wieder ist es nur der Fußball, der wieder neuen Antrieb gibt, der hilft, trotz der Schicksalsschläge weiter zu machen. Auch der Leser wird wieder von neuem aufgerüttelt. Diese kurzen Episoden nehmen jeden Leser mit, egal ob er Fußballfan ist oder nicht. Der regelmäßige Stadiongänger kennt solche erlebten Momente. Momente die man noch Jahre später genau vor Augen hat. Spiele, Halbzeiten, Minuten, Sekunden, in denen man jede Aktion, jeden Spielzug, jeden Augenblick noch vor Augen hat und beim Gedanken ein Echo des damaligen Gefühls in sich spürt.
Diese Fixierung auf Erlebnisse rund um den Fußball führt dann auch zu dem etwas gewöhnungsbedürftigen Schreibstil. Das Buch hangelt sich hauptsächlich von einem Momentum zum Nächsten. Drumherum wird der Werdegang des Autors geschildert. Dabei verfolgt Jürgen Bertram keine einheitliche Erzählweise. Obwohl die Geschichte im Großen und Ganzen chronologisch verläuft, greift der Autor immer wieder mal vor und schildert dann den Weg zu dem Ereignis. Das ist nicht jedermanns Geschmack, gefällt mir persönlich aber sehr gut.
Auffälliger ist hingegen der sehr journalistische Schreibstil. Der Autor kann seine Herkunft nicht ganz verbergen, die Sätze sind meist sehr knapp und klar. Das führt dazu, dass man das Buch schnell durchgelesen hat, allerdings geht damit auch manches Mal die Intensität der Erzählung flöten. Durch den lockeren Stil kommt man sich hin und wieder so vor, als wenn man einen Zeitungsartikel liest. Das ist angenehm, wenn man das Buch unterwegs in der Bahn liest, für Freunde der großen Literatur ist das sicherlich nichts. Nun erwartet der Leser solcher Bücher in der Regel auch kein Goethe oder Shakespeare.
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass "Torschrei" schon alleine durch seinen Tiefgang aus der großen Masse der Fußballbücher heraus sticht. Die Bedeutung die hier der Fußball aufbaut, ist nicht selbstverständlich und dabei sehr ernst. Damit steht es im Gegensatz zu all den Büchern, die eher ironisch oder farbenprächtig die Beziehung zum Fußball malen. Die Sucht nach dem runden Leder ist hier nur bedingt etwas Erfreuliches. Der Fußball bietet einen Ausweg aus einer verfahrenen Situation, ohne eine wirkliche Antwort zu sein.
Torschrei: Bekenntnisse eines Fußballsüchtigen
Gebundene Ausgabe: 255 Seiten
Verlag: Osburg; Auflage: 1 (14. März 2011)
Sprache: Deutsch
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