Warmlaufen

Projekt 81 (war: Projekt 102)

15.01.2010, 20:26 Uhr von:  Steph
Projekt 81 (war: Projekt 102)
Westfalenstadion im Schnee

"Fußball ist ein Spiel von 22 Leuten, die rumlaufen, und am Ende gewinnt immer Dortmund". Die Worte meines Bekannten klingen nach, während ich zum hundertsten Male die Lindemannstraße hochlaufe. An der Tanke vorbei, schnell über die Kreuzung. Jetzt linker Hand der Schrebergarten. Über die Brücke, über die B1, zwischen den Hallen durch, aber wo zum Teufel sind die Verkaufsstände? Gestern waren da schon keine und auch am Abend davor nicht. Hunger! Durst! Auf der Strobelallee liegt ein wenig Schneematsch, doch vor dem Stadion stehen keine Ordner.

Ich überprüfe kurz das Dach. Alles in Ordnung. Aber dieses Spiel, bei dem am Ende immer Dortmund gewinnt, findet heute wieder nicht statt. Verdammte Winterpause. Auf dem Rückweg die Lindemann runter nehme ich mir eine Currywurst mit. Dann halt in den Bürgermeister. Aber verdammt! Auch der hat heute geschlossen – Betriebsferien! Ab nach Hause. Das hält doch kein Mensch aus. Auf DSF laufen die Bayern-Classics der letzten zwanzig Jahre. Später zimmern bierbäuchige Briten Pfeile gegen die Wand, am nächsten Morgen gibt’s Truppenübungen im Fichtelgebirge und Flugversuche mit Friedhofsblick im Inntal. Zum Aus-Der-Haut-Fahren.

Scharfe Geschütze

Es passiert einfach nichts. Sie verkaufen uns den Winter als Krise. Soweit ist es mit diesem Land schon gekommen. Und das Zitat? Wird auf der Jubliäums-DVD überprüft. Aber auch da endet eines der Spiele nur 3-3. Der überforderte Schiedsrichter beendet das Gemetzel nach 90 Minuten. Ich stehe auf. Laufe die Lindemann hoch. Vielleicht passiert heute was? Überall liegt Schnee. Ein paar Raketen verstecken sich unter der Schneedecke. Über dem Redaktionsbüro kreisen seit Tagen 38 Tauben. Es dauert ein paar Tage bis wir sie in Richtung Westen verabschieden können. Sie lassen sich auf einer Turnhalle nieder und scheißen fröhlich vor sich hin. Ein alter Mann mit Pfeife steht unten und sinniert „Wenn der Schnee geschmolzen ist, siehst Du, wo die Kacke liegt“. Falsch gedacht. Ich stelle mich zu ihm und sage „Wenn der Schnee geschmolzen ist, siehst Du, wo die Löcher sind“. Der alte Mann schüttelt den Kopf, wendet sich ab. An mir fahren im Minutentakt Spieler aus aller Herren Länder vorbei. Die haben hier gerade alle unterschrieben. Zurück in die schönste Stadt der Kulturhauptstadt. Mir kommt ein Gedanke, ich schlage nach, renne ins Café King. In jedem WM-Jahr des aktuellen Jahrtausends wurden wir Meister, wenn die WM nicht in Deutschland stattfand und Bayer Leverkusen Herbstmeister wurde. Mit 81 Punkten dürfte das dann also auch in diesem Jahr hinhauen. Meine schleichende Borisrupertwerdung macht mir Sorgen. Endlich Montag! Langsam fügt sich alles wieder. Die letzten Testspiele. In Ahlen. Sogar schwatzgelb verschleiert die Wahrheit und schweigt sich dazu aus. Basisarbeit. Muss ja nicht immer mit einem Sieg abgeschlossen werden. Winterpause! Geht es eigentlich noch langweiliger?

Lindemannstrasse
Auf jeden Fall beginnt nun die Rückrunde. Die Unbezwingbaren beginnen das Projekt 81 (war: Projekt 102) am späten Sonntagnachmittag bei den Geißböcken in Köln. Leider meldet sich heute dort der gegen Borussia immer glänzend aufgelegte und treffsichere Abwehrstar Geromel mit Bronchitis ab, so dass die Schwatzgelben sich auf den WM-Kandidaten Barrios verlassen müssen. Mit dem beim Afrika-Cup weilenden Zidan fehlt leider ein wichtiger Baustein im Offensiv-Puzzle der Borussen. An seiner Stelle wird entweder Nelson Valdez oder der junge Mario Götze auflaufen. Ansonsten sollte sich an der erfolgreichen Aufstellung der Spiele vor der Winterpause nichts ändern. Fraglich sind momentan noch Sven „Manni“ Bender, Mats Hummels und Lucas Barrios. Doch fraglich heißt noch lange nicht, dass sie dann tatsächlich nicht im Kader stehen werden. Die Außenverteidigerlegende Dede wird somit wohl erst mal auf der Bank Platz nehmen. Marcel Schmelzer hat sich seinen Platz nicht nur in der Vorbereitung, sondern bereits in den letzten Spielen vor der Winterpause mehr als verdient.


Es bleibt abzuwarten, wie wir gegen die soliden Kölner aus den Startlöchern kommen, doch einst ist klar: Wollen wir das Projekt 81 ernsthaft in Angriff nehmen, muss in der Stadtarchivstadt ein Sieg her. Neben den üblichen karnevalistischen Begleiterscheinungen, die einen Hotelwechsel zur Folge hatten (die Frage muss erlaubt sein: Wieso übernachtet man nicht in Dortmund?), gibt es eigentlich auch nichts zu befürchten. Ausser dass uns der Himmel auf den Kopf fällt, aber dieses Auswärtsspiel ist dann doch noch eine gute Weile hin. Endlich wieder Fußball! Am Ende gewinnt immer Borussia. So auch in der Rückrunde. Ich gehe dann mal die Lindemann hoch und schaue, ob sich am Stadion nicht doch noch was getan hat.

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