Eine andere Liga
Auch im zweiten Europa-League Heimspiel gelingt der Borussia kein Sieg. Der späte Ausgleich von Chantôme ist gar nicht mal unverdient. Jürgen Klopp sagt:"Wir haben heute einen Punkt geholt und festgestellt, dass wir Paris auswärts schlagen können". Nach vier Punkten aus den ersten drei Spielen wird das Rückspiel dann auch zur Pflichtaufgabe, ansonsten ist das erste Europa-Abenteuer der jungen Dortmunder Mannschaft noch vor Weihnachten beendet. Auf den Tribünen sorgen Pariser Fans für Unmut und Verwirrung. Einige Dortmunder lassen es sich nicht nehmen, sich einzumischen.
Es ist eine andere Liga. 34 Spieltage hat die Borussia in der vergangenen Saison auf die erste Teilnahme in der Europa-League hingearbeitet. Doch die großen Erwartungen kann das jüngste Produkt der UEFA noch nicht erfüllen. Ein Blick durch das Stadion, wenige Minuten vor Anpfiff, ist normalerweise immer wieder ein aufputschendes Erlebnis, doch am gestrigen Abend waren auf allen Rängen noch große Lücken zu sehen. Rund zehn Minuten nach Beginn des Spiels gegen Paris SG befinden sich dann aber 50.200 Zuschauer im weiten Rund des Westfalenstadions. Eine respektable Kulisse für den Europa-Kick unter der Woche. Die Zuschauer werden Zeuge eines guten Spiels, dass jedoch immer wieder von den Rängen gestört wird.
Auf Seiten der Borussia ersetzt die schwatzgelbe Ikone Leonardo Dede Marcel Schmelzer, der für seinen Sprung im Sevilla-Spiel eine Schutzsperre absitzen muss. Die Pariser verzichten zu Beginn auf den langen Hoarau, der mit Oberschenkelproblem auf der Bank Platz nimmt. Die Borussen laufen im klassischen 4-2-3-1 auf, während die Pariser auf ein 4-4-2 mit Doppelsechs setzen. In den Anfangsminuten tasten sich beide Mannschaften erst einmal ab, doch nach rund 15 Minuten, pünktlich zur Ankunft der restlichen Fans, setzt sich Barrios erstmals im Strafraum in Szene. Nach einer schönen Kombination über Sahin und Kagawa, landet der Ball aus dem linken Halbfeld kommend erst auf dem artistisch in die Flanke geworfenen Fuß von Barrios und von dort am Außenpfosten. In der Folge dominiert Borussia wie so häufig in dieser Saison das Spiel, wird aber selten gefährlich. Zu Teilen erinnert das Spiel in diesen ersten 30 Minuten an das erste Bundesligaspiel gegen Leverkusen. In der 20. Minute wird es im Stadion richtig laut. Die Tribünen begrüßen sich und bringen zum ersten Mal so etwas wie Stimmung ins Stadion. Borussia hat viel Ballbesitz, kommt jedoch nie entscheidend vor das Tor. Wenn dann sind es meist Vorstöße über Kuba, der seinen Gegenspieler Tiéné immer wieder vor Probleme stellt. Doch auch seinen Flanken kommen entweder zu kurz, zu lang oder werden vom Pariser Torhüter Édel, der mit einem pinken Trikot aufgelaufen ist, aus der Luft gepflückt. Gerade Bender weiß in dieser Phase durch sein gutes Pressing zu gefallen. Doch nach einem Großkreutz-Schuss aus 20 Metern verlieren die Borussen ihre Linie. Jetzt spielt Paris die Angriffe zu Ende und kommt durch Camara und Luyindula zu zwei passablen Torchancen. Torlos geht es in die Kabine.
Und ohne Sven Bender wieder hinaus. Der bleibt mit einer Muskelverletzung in der Kabine und wird durch Mario Götze ersetzt. Der fortan ein wenig vor Sahin spielen wird. Irgendwo in den Katakomben des Stadions hat sich in den 15 Minuten auch eine neue Portion Schwung gefunden. Götze wirbelt gleich los, doch sein Schuss von der Strafraumkante wird nur zur Ecke abgefälscht, die dann von Subotic knapp verpasst wird. Doch wenige Minuten später fällt Kuba im Strafraum, der Schwede Eriksson zeigt auf den Punkt und Nuri dem Ball den Weg ins Tor. Die langersehnte Führung vermittelt ein wenig Sicherheit. Nur wenig später fliegt ein Subotic-Kopfball nach einem tollen Kuba-Freistoß am linken Pfosten vorbei. Aber danach ist wieder Stille. Nicht auf den Rängen, aber dazu dann im unteren Teil mehr, aber auf dem Platz. Erst die Einwechslung von Lewandowski für Kagawa bringt wieder Leben in die Begegnung. Lewandowski ist sofort im Spiel, vergibt einmal knapp aus 18 Metern, setzt Barrios einmal gut in Szene und rettet wenig später für den geschlagenen Weidenfeller auf der Linie. Noch einmal spielt Sahin einen Traumpass auf den eben erst eingewechselten Polen, der aber allein auf weiter Flur den Ball nicht unter Kontrolle bringen kann. Borussia gibt nun das Heft aus der Hand. Die beiden frischen Pariser Kräfte Hoarau und Chantôme beleben das Spiel der Pariser. Die Grundordnung auf Dortmunder Seite wird vollkommen aufgegeben und mit der Einwechslung von Feulner für den überragenden Kuba fällt der entscheidenden Entlastungsspieler weg. Wenige Minuten vor Schluss erzielen die Pariser durch Chantôme den Ausgleich. Es kann nicht immer Bundesliga sein, Borussia hat keine Antwort mehr und nach drei Minuten Nachspielzeit endet das Spiel 1-1 unentschieden.
Das zum Spiel. Das was auf den Tribünen passierte, könnte man dann auch in einem separaten Artikel ausbreiten, doch wie Klopp auf der PK feststellte: „Uns bleibt keine Zeit für eine Analyse. Es geht momentan Schlag auf Schlag". Der untereinander zerstrittene Pariser Anhang teilte sich gestern in vier Gruppen auf. Die Pariser Volksfront (Kop Of Boulogne) auf der Nord neben normalen Dortmund-Fans, die Volksfront von Paris (Casuals, Boys & Co) im Familienblock, die Neutralen (normale Fans) im Auswärtsblock und die Böller-Araber (ATKS, Supras und Grinta – unterstützt von ein paar Kölner Fans) im Oberrang der Ost. Die Pariser Volksfront kann nicht mit den Böller-Arabern, die Volksfront von Paris auch nicht, die Pariser Volksfront und die Volksfront von Paris sind sich untereinander aber auch nicht grün. Die Neutralen stehen zwischen allen Stühlen und werden von sämtlichen Fangruppen gehasst. Während die Pariser Volksfront vor dem Spiel bereits zum Sturm der Nordeingänge ansetzte und es ihr wohl nicht ganz gelang, wurden die Böller-Araber, die im Verlauf der zweiten Halbzeit rund 15 Böller hochgingen ließen, über den Südeingang zum Stadion geführt. Das führte dann zu einem Kessel. Und zu langen Warteschlangen für die dahinter wartenden Dortmund Fans - zu diesem Zeitpunkt über 1.000. Diese wollten eigentlich zum Anstoß im Stadion sein und drückten von hinten. Vorne die Polizei, dann die Böller Araber. Über ihnen Dunkelheit, zur Rechten die Mauern der Roten Erde, zur Linken Zäune. Zum Glück lief diese Situation glimpflich ab.
Borussia Dortmund: Weidenfeller (2) – Piszczek (4), Subotic (2,5), Hummels (3), Dede (3,5) – Bender (2), Sahin (3) – Kuba (2), Kagawa (3,5), Großkreutz (4) – Barrios (3,5)
Paris St. Germain: Edel - Jallet, Camara, Sakho, Tiéné - Sessègnon, Makelele, Bodmer, Nené - Luyindula, Erdinc.
Einwechselungen: 46.Götze (2,5) für Bender, 66. Lewandowski (2) für Kagawa, 82. Feulner für Kuba - 68. Clément für Bodmer, 72. Hoarau für Erdinc, 82. Chantome für Nené.
Tore: 1:0 Sahin (50., Foulelfmeter, Sakho an Kuba), 1:1 Chantome (87., Hoarau).
Eckstöße: 5:4 (Halbzeit 3:1), Chancenverhältnis: 8:5 (2:2).
Schiedsrichter: Eriksson (Schweden). Gelbe Karte: - Tiené
Zuschauer: 50.200. Wetter: heiter, 6 Grad.