Dortmunder TV-Abenteuer in Schweden
Was war denn das für ein Abend? Am Anfang Frustration, dann das Treffen mit komischen Leuten und am Ende Sieg und Humba auf der Tanzfläche. Und das alles in Göteborg anlässlich eines BVB-Spiels!
Der BVB gegen Bayer Leverkusen an einem Samstag Abend, und wie auch sonst meistens, wenn ein BVB-Spiel im Fernsehen übertragen wird, wollen wir zu viert das Spiel zusammen in einer Göteborger Kneipe gucken und unseren BVB aus der Ferne unterstützen. Eine halbe Stunde vor Anpfiff treffen wir uns vor der Kneipe, wo wir einen Tisch reserviert haben. Unsere Gruppe ist eine bunte Mischung: Christian, ein Deutscher im Exil, Michi, ein Schweizer, der hier ein Praktikum macht, und Niclas und ich als einheimische Schweden. Aber uns alle vereint die Liebe zum BVB.
Voller Vorfreude treten wir in die Kneipe ein, aber plötzlich stehen wir vor Problemen. Man erzählt uns, dass man technische Probleme mit dem Receiver habe und deshalb das Spiel nicht zeigen könne. Was für ein Mist, was machen wir dann jetzt? Schnell zu Fuß zu einer anderen Kneipe, wo wir auch recht oft waren. Die haben ja zig Fernseher, sollte also eigentlich kein Problem sein. Aber doch, gerade jetzt laufen die Viertelfinale der schwedischen Eishockey-Liga, Spiel zwei im gefühlten best of 247. Durch das Eishockey und Arsenal gegen keine Ahnung sind alle Receiver schon im Einsatz, und Eurosport 2 können wir leider nicht gucken. Die Bundesliga gucken ja leider sehr wenige hier.
Jetzt wird´s eng. Zehn Minuten bis zum Anpfiff, Welche Kneipe könne noch das Spiel zeigen? Naja, wir teilen uns und klappern die meisten Kneipen und Sportbars in der Innenstadt ab. Michi und ich finden eine Kneipe, wo die Frau hinter der Theke gerne auf Eurosport 2 umschaltet. Leider muss sie feststellen, dass sie Eurosport 2 nicht hat. Die nächste Kneipe, Eishockey und Arsenal. Mist. Anpfiff gerade in diesem Moment. Kurz mit Niclas telefoniert, die beiden haben auch keinen Erfolg. Ab zum Bahnhof, da gibt´s ja auch eine Sportbar. Recht unfreundlich erklärt man uns, hier wird nur das Viertelfinale der Göteborger Eishockey-Mannschaft gezeigt. Auf allen Fernsehern. Basta.
Noch ein paar Kneipen, aber die eine hatte keinen Fernseher und die andere nur die öffentlich-rechtlichen Sender. Na gut, wir kommen auf die Idee, einen Internet-Laden aufzusuchen, damit wir das Spiel jedenfalls per Stream über den Eurosport Player gucken können. Also, Straßenbahn zu einem Seven-Eleven. Schön, Rechner unbesetzt, und nach dem Ticket-Kaufen sind wir drin. 25 Minuten vorbei, immer noch 0:0. Ich rufe Niclas an, sage Bescheid. Die beiden sind in irgendeinem Stadtteil unterwegs und suchen eine Kneipe. Na gut, wir gucken endlich das Spiel. Im Internet, ohne Ton und im Seven-Eleven. Nicht das, was wir uns vorgestellt hatten, aber immerhin.
Plötzlich kommt ein recht besoffener Typ rein, setzt sich neben uns uns versucht, sich auf dem zweiten Recher einzuloggen. Klappt nicht, hat sich wahrscheinlich vertippt. Kein Wunder. Er sagt aber, er könne doch hoffentlich mit uns das Spiel gucken? Klar, kein Problem. Wir erzählen von unserer vergeblichen Suche nach einer Kneipe, und er habe dasselbe Problem gehabt. Wir fragen etwas überrascht, ob er tatsächlich auch gerade dieses Spiel gucken wollte. Ja, sagt er. Wir zweifeln dennoch, und fühlen uns bestätigt, wenn er später dem Michi sagt, er hält hoffentlich auch als Schweizer zu den Gelben, denn das seien ja Schweden... Wir zeigen auf unsere gelben Schals und Trikots, und er ist stolz auf uns. Echt komisch drauf der Typ, und wir lassen ihn gerne glauben, dass Schweden da gerade spielt. Hauptsache er hält zu den Gelben.
Inzwischen haben die anderen beiden eine Kneipe in dem anderen Stadtteil gefunden, wo das Spiel tatsächlich auf einem Fernseher gezeigt wird. Es dauert wohl eine Viertelstunde mit der Straßenbahn dahin, und so verabschieden wir uns nach der ersten Halbzeit von dem Typen und steigen in die Straßenbahn.
Angekommen finden wir die Kneipe. An der Theke sitzen die anderen, und zwei Minuten sind gespielt. Wir verfolgen das Spiel, zwar immer noch ohne Ton (nur das Eishockey wird mit Ton übertragen) aber besser als im Netz. Neben uns vier BVB-Fans verfolgt noch einer das Spiel, und zwar ein Blauer! Und er hofft auf einen Sieg für uns! Was es nicht alles gibt!
Nach dem Spiel sind wir alle sowas von froh, und wir plaudern auch mit unserem Feind über Derbys und die Bundesliga im Allgemeinen. Für einen Blauen ist er eigentlich ganz in Ordnung. Wahrscheinlich möchte er gerne ein Dortmunder sein, aber er hat es noch nicht ganz geschafft.
Die Zeit vergeht, und der DJ fängt an, irgeneinen monotonen Lärm zu spielen. Wir stimmen dagegen ein paar BVB-Lieder an. Auf der Tanzfläche ist wenig bis gar nix los. Also gehen wir hin und machen eine Humba und ernten dafür komische Blicke und Kopfschütteln von den anderen Gästen. Bestimmt finden alle, wir sind verrückt. Stimmt wahrscheinlich auch. Aber egal. Wir haben ja gewonnen!
Wir singen ein paar Mal „Europapokal“, bevor es Zeit wird zu gehen. Um halb zwei zu Hause, eigentlich hundemüde, aber ich muss trotzdem ins Netz, die Kommentare in unserem Forum durchlesen. Und die Torszenen und die Siegesfeier nach dem Schlusspfiff im Eurosport Player nochmal gucken. Mit Ton! Was für eine geile Stimmung im Stadion! Und was hätte man gegeben, um dabei gewesen zu sein?! Na gut, auch unser Abend war was ganz Besonderes. Sogar eine Humba hatten wir. Aber trotzdem wären wir gerne im Westfalenstadion gewesen. Nun, das kommt noch. In dieser Saison mindestens noch einmal.
Und nächste Saison wollen wir mit dem BVB in Europa unterwegs sein!
Schwarzgelbe Grüße aus Schweden
Stefan und die anderen Schwedischen Borussen
geschrieben von Stefan
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