Von verletzten Adlern und kranken Olympioniken
Drei Spieltage sind in der neuen Regionalliga West absolviert und mit 7 Punkten sowie 10:6 Toren befinden sich die BVB-Amateure von Trainer Theo Schneider nach der unglücklich verfehlten Drittliga-Qualifikation wieder in der Erfolgsspur. Bevor es am nächsten Samstag zur Zweitvertretung von Bayer Leverkusen geht, will schwatzgelb.de alle Amas einmal näher vorstellen und ihre Perspektiven ausloten.
Torhüter
1 Christian Beer: Der Thüringer war in der letzten Saison die Nummer Zwei hinter dem zurzeit verletzten Marcel Höttecke. In seinen wenigen Einsätzen konnte er die Verantwortlichen nicht vollends überzeugen, sodass ihm zu Beginn dieser Saison mit Lukas Kruse erneut jemand vor die Nase gesetzt wurde. Das größte Problem Beers liegt in der mangelnden Konstanz. Unglaubliche Weltklasseparaden wechseln sich noch zu oft mit unerklärlichen Aussetzern ab. Profi-Perspektive für den 20-jährigen: Niedrig
26 Marcel Höttecke: Durch die Verletzungen Weidenfellers und Zieglers bekam er gegen Ende der letzten Saison seine große Chance, zu einem Dortmunder "Adler" zu werden. Leider muss konstatiert werden, dass er im Oberhaus nicht annähernd die Leistungen brachte, die ihn in der Regionalliga auszeichneten. Im Vergleich zu ähnlich alten Spielern wie eben Adler, Neuer und Rensing besteht noch eine sehr große Lücke, die für den Ex-Ahlener wohl nur sehr schwer zu schließen sein wird. Doch zunächst ist ihm zu wünschen, nach seinem Kreuzbandriss möglischt schnell wieder fit zu werden. Profi-Perspektive für den 21-jährigen: Mittel
31 Lukas Kruse: Kam vor der Saison als Höttecke-Ersatz vom SC Paderborn und machte damit den gleichen Schritt wie Alex Bade in der letzten Winterpause. Der für einen Torhüter relativ kleine Spieler verfügt über starke Reflexe und eine gute Fußabwehr. Aufgrund seiner Größe zählt die Strafraumbeherrschung nicht zu seinen großen Stärken. Bewies in den letzten Jahren in Paderborn, dass er bereit ist, an sich zu arbeiten und sich zu quälen. Setzte sich so immer wieder gegen vermeintlich bessere Konkurrenten durch und fiel in seinen Spielen vor allem durch sein Engagament, seine Identifikation und seine alles in allem grundsolide Spielweise auf. Profi-Perspektive für den 25-jährigen: Hoch
Abwehr
5 Marcel Großkreutz: Der Cousin des Ahleners Kevin Großkreutz litt in den letzten Jahren immer wieder darunter, bei Profi-Abstellungen als einer der Ersten auf die Bank zu müssen, sodass es für ihn besonders schwer war, sich den Spielrhythmus anzueignen, den er unbedingt benötigt. Die Folge war, dass er bei seinen spoaradischen Einsätzen dann oft zu lethargisch und gehemmt wirkte. Zweifelsfrei einer der technisch stärksten Spieler im Kader und mit einer gewissen Torgefährlichkeit gesegnet. Profi-Perspektive für den 23-jährigen: Niedrig
7 Nico Hillenbrand: Der dynamische Rechtsverteidiger schnupperte in der letzten Saison bereits Bundesligaluft, was er sich durch seine couragierten Auftritte in der Regionalliga auch mehr als verdiente. Defensiv und offensiv gleichermaßen stark, wobei die Flankengenauigkeit ab und an noch zu wünschen übrig lässt. Als einer der schnellsten Spieler des Teams prädestiniert fürs Konterspiel. Bei gleichem Auftreten wie in der letzten Saison winken ihm über kurz oder lang auch sporadische Profi-Einsätze, zumal er nun das "Vorbild" Marcel Schmelzer vor Augen hat. Profi-Perspektive für den 21-jährigen: Hoch
12 Jörn Neumeister: Der lange verletzte Schwerter kann in dieser Saison nur ein einziges Ziel haben: Gesund bleiben und sich an die Mannschaft herantasten. Wird sicherlich noch nicht die tragende Rolle spielen können und erst einmal nur als Reservist fungieren können. Schrammte mit seinen jungen Jahren knapp an der Sportinvalidität vorbei. Ist nun jedoch wesentlich unbekümmerter als vor dieser schweren Zeit, da er weiß, wie schnell sein Traum vom Fußballerdasein ausgeträumt sein kann. Profi-Perspektive für den 21-jährigen: Niedrig
27 Uwe Hünemeier: Die erste Überraschung bot der Ostwestfale schon während der Sommerpause. Trotz teils hochkarätiger Angebote aus allen drei Profiligen blieb er seinem Team treu und hat sich zum Ziel gesetzt, den Aufstieg in die dritte Liga als absoluter Leitwolf zu realisieren. Überzeugte in der letzten Saison, als er in manchen Spielen als Turm in der Schlacht teils gegen drei Gegenspieler Tore verhinderte und zudem noch selbst Akzente nach vorne setzen konnte. War deshalb auch völlig zurecht in allen Saison-Rückblicken in der "Mannschaft der Saison." Profi-Perspektive für den 22-jährigen: Sehr Hoch
29 Marcel Schmelzer: Nach einer höchstens soliden Regionalligasaison nutzte der Magdeburger in der Sommerpause seine Chancen bravourös und "profitierte" zusätzlich von dem Kreuzbandriss Dedes. Spielt gegen Bayern und Cottbus stark, bekam mit dem Südkoreaner Lee jedoch starke Konkurrenz vorgesetzt. Es wird sich zeigen, ob Schmelzer sich kurzfristig durchsetzen kann und ob er langfristig im Profifußball bestehen kann. Seine größte Schwache hat er im Kopfballspiel, doch verfügt über starkes taktisches Geschick, diese Schwäche geschickt zu kaschieren und zu umgehen. Bis zur Winterpause wird er wohl sicher bei den Profis im Kader bleiben. Profi-Perspektive für den 20-jährigen: Sehr Hoch
33 David Vrzogic: Der Pechvogel des BVB! Bereits sein zweiter Kreuzbandriss in zwei Jahren lassen alle sportlichen Ambitionen momentan ganz weit weg erscheinen. Debütierte bereits mit 16 Jahren bei den Amateuren in der Regionalliga, sollte in der Saison 06/07 langfristig als Dede-Ersatz aufgebaut werden. Doch aufgrund seiner Defensivschwächen war die Profiluft für ihn doch noch etwas zu dünn, sodass er in der letzten Saison wieder in der A-Jugend eingesetzt wurde. Trainer Theo Schneider sieht Vrzogic eher als linken Offensiven. Auch für den Deutsch-Kroaten gilt es nun, schnell wieder fit zu werden. Der Vorteil für ihn besteht nun darin, dass auch er, dem immer etwas Arroganz vorgeworfen wird, nun weiß, wie schnell sein Profi-Traum vorbei sein kann. Profi-Perspektive für den 19-jährigen: Mittel
Mittelfeld
10 Mehmet Boztepe: Wie hat der zu Galatasary abgewanderte Eddy Boekamp seine Spielweise doch mal so treffen beschrieben? "Boztepe spielt immer noch Kinderfußball!" Und wenn man sich die Spiele der letzten Saison mal in Erinnerung ruft, ist da durchaus was dran: Geniale Dribblings und Tricks, doch mangelnde bis keine Durchschlagskraft nach vorne sowie schwaches Zweikampfverhalten. Für ihn wäre die 3. Liga definitiv zu früh gekommen und vielleicht erweist sich für ihn die neue Regionalliga West als genau richtig. Profi-Perspektive für den 20-jährigen: Niedrig
13 Fabian Buttgereit: Kam vor der letzten Saison vom 1.FC Kleve mit großen Vorschusslorbeeren, die er innerhalb der letzten Spielzeit nie erfüllen konnte und über den Status eines soliden Ergänzungsspieler zu keiner Zeit herauskam. Bei seinen wenigen Einsätzen deutete er zwar gewisses technisches Potenzial an, doch wirkte er gleichzeitig auch zu wenig robust und lethargisch für den Profifußball. Die aktuelle Vorbereitung verlief dann etwas besser und für ihn gelten bezüglich der neuen Regionalliga die gleichen Voraussetzungen wie für Boztepe. Profi-Perspektive für den 20-jährigen: Sehr Niedrig
14 Yasin Öztekin: Der Mann aus Scharnhorst bot in der letzten Saison noch zu unkonstant seine großen spielerischen Fähigkeiten auf. Denn wie er auch einfach mal an zwei, drei Gegenspielern vorbeidribbeln kann, das hat schon was. Kann mit dieser Fähigkeit Spiele allein entscheiden, muss jedoch noch mehr seine Durchschlagskraft verbessern. Sowohl was den finalen Pass als auch den eigenen Torabschluss angeht. Neigt ab und zu etwas zum Eigensinn und zur Lässigkeit. Wenn ihm diese Flausen noch ausgetrieben werden, hat er alle Anlagen, um den Durchbruch zu packen. Profi-Perspektive für den 21-jährigen: Mittel
16 Marcus Piossek: Galt in der BVB-Jugend als großes Talent mit allen Anlagen. Stagnierte jedoch in seinem letzten A-Jugend-Jahr etwas, doch bekam er im Gegensatz zu anderen Weggefährten vor dieser Saison die Chance, sich bei den Amateuren durchzusetzen. In der Vorbereitung tauchte er noch zu oft unter und es bleibt fraglich, ob der unscheinbare Piossek seinen Weg beim BVB oder im Profifußball allgemein machen wird. Profi-Perspektive für den 19-jährigen: Niedrig
18 Lars Ricken: Die BVB-Legende wurde diese Saison bisher von Verletzungen geplagt, wegen denen er auch in der letzten Saison die Amateure nicht in die neue Dritte Liga führen konnte. Trainer Schneider ist skeptisch, ob und wann Ricken noch einmal den Weg auf das Rasenrechteck finden wird, zumal sein neuer Job als Nachwuchskoordinator ihn voll auslastet. So ein Abschied wäre dem Dortmunder Urgestein sicherlich alles andere als zu wünschen! Profi-Perspektive für den 32-jährigen: Niedrig
24 Daniel Gordon: Auch der 1.94m-Hüne wurde schon von einigen schweren Verletzungen (u.a. Kreuzbandriss) in seiner Entwicklung aufgehalten. In der Saison 06/07 kam der Ex-Bochumer anfangs bei den Amateuren nur sporadisch zum Zuge, weil er es für das Trainer-Team zu oft an der richtigen Einstellung mangeln ließ. Doch vor allem mit seiner Kopfballstärke, womit er auch bei den Profis im oberen Drittel rangiert, schaffte er dann unter Doll den Sprung zu den Profis. Nach seiner Verletzung will er nun wieder bei den Profis angreifen, doch beim Überangebot im Mittelfeld ist davon auszugehen, dass zunächst die Pflicht in der Regionalliga West erledigt werden muss. Profi-Perspektive für den 23-jährigen: Hoch
25 Michael Oscislawski: "Oschi" ist bei den Amateuren ohne Zweifel der "Mann für besondere Fälle" bzw. das "Mädchen für alles". Spielte in der letzten Saison vom rechten Verteidiger bis zum linken Flügel alle möglichen Positionen. Dabei spielte er meistens sehr solide, ohne jedoch sonderlich aufzufallen oder zu glänzen. Für den jungen Familienvater ist die neue Regionalliga genau die richtige Liga, denn mehr als zu einem guten Amateurspieler wird seine Karriere wohl nicht reichen. Dafür hat er einfach zu große Defizite in puncto Schnelligkeit, Technik und Kreativität. Doch für Notfälle und Einwechselsituationen bleibt der ruhige Baroper stets eine sehr gute Wahl. Profi-Perspektive für den 21-jährigen: Sehr Niedrig
28 Sebastian Tyrala: Wird er der neue Francis Bugri? Von Bert van Marwijk gemeinsam mit Nuri Sahin zu den Profis geholt, konnte sich der Junioren-Nationalspieler dort auch aufgrund von Verletzungen nie richtig durchsetzen. Bis zum letzten A-Jugend-Jahr mit herausragenden Leistungen, war der Sprung in den Herrenfußball für ihn bisher noch eine Nummer zu groß. Selbst bei den Amateuren musste er in der letzten Saison um seine Einsätze kämpfen und blieb auch mal für 90 Minuten auf der Bank. Besonders seine fehlende Schnelligkeit wird von Trainer Schneider bemängelt. Ließ mehrmals die Möglichkeit aus, sich an Zweitligavereine (Jena!) ausleihen zu lassen, um Spielpraxis zu sammeln. Profi-Perspektive für den 20-jährigen: Niedrig
32 Patrick Njambe: Ein tragischer Fall. Der bereits bei den Profis zum Einsatz gekommene Kameruner wollte sich für sein Land bei den Olympischen Spielen in Peking zeigen und sich auch für das Profiteam oder andere Vereine empfehlen. Doch bevor er zum Einsatz kam, wurde bei ihm eine Herzerkrankung diagnostiziert und somit fällt der resolute und kopfballstarke Defensivspieler für unbestimmte Zeit aus. Ihm kann momentan nur eine gute Genesung wünschen. Sollte er wieder gesund werden, stehen ihm im In- und Ausland (besonders in Frankreich) alle Türen offen. Profi-Perspektive für den 20-jährigen: Hoch
Sturm
9 Christopher Kullmann: Der Neuzugang vom 1.FC Magdeburg konnte in der Vorbereitung voll überzeugen, als er in fast jedem Testspiel treffen konnte. Trainer Schneider hofft, mit ihm endlich den lange gesuchten Knipser gefunden zu haben, der in der letzten Saison so vermisst wurde. Kullmann hat einen großen Torriecher und ist sehr sicher im Abschluss. Außerdem gilt er als sehr robust im Zweikampf. Konnte sich jedoch beim ebenfalls nicht qualifizierten Verein aus Magdeburg letztlich nicht durchsetzen und es bleibt abzuwarten, wie er reagiert, wenn er mal auf die Reservebank muss. Profi-Perspektive für den 21-jährigen: Niedrig
11 Sebastian Hille: Flinker, dynamischer Angreifer, der in der Vorbereitung sogar bei den Profis mitwirkte und in Rotterdam sogar traf. Durch einen Wadenbeinburch verpasste er die wichtige Phase der letzten Saison, in der er zwar regelmäßig zum Einsatz kam, doch konnte auch er die Abschlussschwäche im Sturm zu keiner Zeit abstellen. Neigt zu Unbeherrschtheiten, was sich in einer Roten Karte letztes Jahr unnötigerweise zementierte. Auch für ihn sollte die neue Regionalliga das optimale Niveau darstellen. Profi-Perspektive für den 27-jährigen: Sehr Niedrig
19 Raphael Lorenz: Von der A-Jugend hochgezogener Akteur, der es sehr schwer haben wird, über mehr als sporadische Einsätze in den Schlussminuten herauszukommen. Saß bereits in der letzten Saison manchmal auf der Bank. Der Mann aus Wickede ist bei 68 Kilogramm ein echtes Leichtgewicht und hat seine Stärken ganz klar in Sachen Schnelligkeit und Antritt. Für die Regionalliga mögen diese Qualitäten gerade noch ausreichend sein, ab der Dritten Liga wird ihm jedoch wohl die notwendigee Robustheit abgehen. Profi-Perspektive für den 19-jährigen: Niedrig
20 Denis Omerbegovic: In der A-Jugend RW Ahlens traf er regelmäßig wie am Fließband und galt als einer der stärksten Nachwuchsangreifer in Nordrhein-Westfalen. An diese Torquote konnte er dann im Herrenfußball bei der BVB-Zweitvertretung nie mehr anknüpfen. Ihm fehlte im größten Teil der letzten Saison einfach das nötige Selbstbewusstsein und die Sicherheit im Abschluss. Kann mit seinen quirligen Aktionen zwar punktuell für etwas Wirbel in den gegnerischen Abwehrreihen sorgen, doch scheint er den Killerinstinkt etwas verloren zu haben. Profi-Perspektive für den 22-jährigen: Mittel
34 Bayram Sadrijaj: Ähnlich wie Schmelzer scheint er sich bei den Profis in deren Vorbereitung festgespielt zu haben. Jürgen Klopp scheint sehr viel von dem Kosovaren zu halten, was dieser jedoch noch nicht auf dem Feld umzusetzen wusste, sondern viel zu übermotiviert in die Partien ging (Rote Karte nach wenigen Sekunden bei RW Essen!). Im Gegensatz zu Schmelzer wird der Neuzugang des TSG Thannhausen wohl in nächster Zeit wieder vermehrt bei den Amateuren zum Einsatz kommen. Seine Dribbelstärke und Quirligkeit wird auf Dauer als einzige Merkmale für den höherklassigen Fußball nicht ausreichen. Profi-Perspektive für den 22-jährigen: Mittel
39 Marco Schneider: Nein, er wurde nicht wegen seinem Nachnamen von der A-Jugend übernommen, sondern weil er für die Verantwortlichen ähnlich wie Piossek und Lorenz das Zeug dazu hat, im Herrenfußball zu reüssieren. Im Gegensatz zu seinem Sturmpartner aus der Jugend, Lorenz, stellt Schneider das etwas robustere und kopfballstärkere Pendant dar. Auch seine Torquote war im letzten Jugendjahr nicht mehr so überzeugend, als dass man nun ein Supertalent erwarten könnte, doch für eine solide Amateurkarriere im oberen Niveau scheinen seine Fähigkeiten auszureichen. Profi-Perspektive für den 19-jährigen: Niedrig
Nicht zu vergessen sind weiterhin die beiden A-Jugendlichen Julian Koch, der neben Hünemeier in der Innenverteidigung bereits starke Partien ablieferte, sowie der Torwart Johannes Focher, der stets einen sehr sicheren Eindruck macht, doch laut Theo Schneider noch viel an sich arbeiten muss. Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja, wie sich diese beiden Akteure eine Etage höher im Herrenfußball ihre ersten Sporen im Laufe der Hinrunde verdienen können.
Malte, 11.09.2008