Spielbericht Profis

Emma 1, Willi 0

22.11.2008, 00:00 Uhr von: Jakob , Tobi

Im Stadionheft-Comic des Karlsruher SC lockt das Wildschwein Willi die Biene Emma mit einem cleveren Ablenkungsmanöver an einen Kirmes-Stand, der Zuckerwatte anpreist, und erzielt dann ohne große Gegenwehr den Ausgleichstreffer im Spiel des KSC gegen unseren BVB.

Im Wetterbericht versuchte der deutsche Wetterdienst mit Ankündigungen a la „Schlimmste Wetterkapriolen seit Kyrill" die BVB-Fans mit der Androhung eines kleinen bisschen Puderzuckers die Reise ins Badnerland madig zu machen. Ca 3.500 BVB-Fans hören entweder keinen Wetterbericht, oder lassen sich einfach von ein bisschen Schnee nicht davon abhalten den nächsten Dreier in der Ferne mitzunehmen. Und weil der Fan sich nicht lumpen ließ, schlug auch Emma die Zuckerwatte aus und verteidigte lieber bis zur letzten Minute eine knappe 1-0 Führung gegen ein kämpferisch starkes Karlsruher Rudel.

Die schlimmsten Wetter- und Straßenverhältnisse hatte der deutsche Wetterdienst den wackeren Dortmunder Auswärtsfahrern prophezeit, doch war auf der Strecke Dortmund-Karlsruhe nicht viel davon zu sehen, auch wenn in der Heimat bereits die weiße Pracht regierte (An dieser Stelle sollten wir aber einen Bus erwähnen, der leider erst 10 Minuten vor dem Abpfiff das Wildpark-Stadion erreichte. In diesem Bus saßen viele Fans, die seit vielen Jahren kein Spiel verpasst haben). Was den Dortmundern Fans zuvor die Ungewissheit über ihren Anfahrtsweg, war Jürgen Klopp die Ungewissheit ob des Länderspiel-Mittwochs.

War für ihn doch bis Donnerstag unklar, wen er an diesem Freitagabend im Badnerland ins Rennen gegen angeschlagene Karlsruher schicken sollte. Aufatmen dann am Donnerstagmittag, dass sich keiner der National-Kicker verletzt hatte. Lediglich drei personelle Veränderungen nahm Jürgen Klopp vor, brachte Mohamed Zidan für Nelson Valdez, den wiedergenesenen Mats Hummels für Felipe Santana und Nuri Sahin für unseren verletzten Kapitän Sebastian Kehl.

Der Gäste-Stehplatzblock war prall gefüllt, und auch in der Kurve saßen viele weitere Borussen. Die Karlsruher Stimmungsblöcke machten von Beginn an Rabatz, nachdem sie vor dem Spiel ein Spruchband präsentiert hatten, auf dem Sie von kochendem Blut und mangelnder Geduld schrieben und eine Wende forderten. Dass Ede Becker fest auf seinem Trainerstuhl sitzt, ist kaum verwunderlich, sieht man sich besagtes Sitzgerät einmal genauer an. Es ähnelt doch sehr einer Toilette. Und wer schon einmal versucht hat, an einem solchen Keramik-Monstrum zu sägen, der kann sich ungefähr vorstellen, dass Ede Becker wohl noch lange Trainer des Karlsruher Sportclubs bleiben wird.

Das Spiel

Die ersten Minuten der stimmungsvollen Flutlichtpartie gehören der Badener Elf. Der BVB wirkt noch recht behäbig und lässt die zuletzt gezeigte Spritzigkeit vermissen. So ist es dann auch der KSC, der in der 9. Minute nach einer Ecke die erste Torchance für sich verbuchen kann. Nach der Hereingabe köpft ein KSC-Spieler den Ball hoch in Richtung des langen Winkels, Weidenfeller kann jedoch klären, so dass Lee, der ebenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, den Ball abzuwehren, in dieser Situation nicht eingreifen muss.Der BVB kommt nach der anfänglichen Schwäche- und Findungsphase nun allmählich besser ins Spiel, doch sind es die Karlsruher, die weiter Druck machen. Nach 19 Minuten zieht Freis nach einem hohen langen Ball direkt ab, trifft mit seinem strammen Schuss jedoch nur das Außennetz. Unser BVB beantwortet diesen Warnschuss mit dem 0-1 durch den bis dahin glücklos agierenden Zidan.

Und das kam so: Tinga legt im Mittelfeld einen Ball auf die halbrechte Position 20 Meter vor dem Tor. Hajnal bringt den Ball gefährlich in die Mitte und Zidan setzt sich in der Mitte stark durch und bugsiert den Ball am heraus eilenden Miller vorbei ins Netz. Jubel in schwarzgelb und betretenes Schweigen im Wildpark.

Der KSC versucht prompt zu antworten, doch Weidenfeller pariert einen Klasse-Schuss von Celozzi, der zuvor einen Sololauf durch das Mittelfeld gestartet hat. Danach ist wieder Borussia am Drücker und kontrolliert das Spiel. In Minute 37 hat Hajnal nach Vorarbeit von Mats Hummels noch eine gute Einschussmöglichkeit, scheitert jedoch an Miller. In der 39. Minute bringt Hajnal eine scharfe Flanke in den Strafraum, die Neven Subotic wohl verwandelt hätte, wenn Miller nicht auf dem Posten gewesen wäre. Halbzeit. Zeit zum Aufwärmen, bei bitterkalten Temperaturen um den Gefrierpunkt.

Direkt nach der Halbzeitpause bäumt sich der KSC ein wenig auf und kommt direkt durch Freis zu einer guten Möglichkeit, die jedoch von Roman Weidenfeller zunichte gemacht wird. Danach wieder Borussia. In Minute 55 ist Kuba auf halbrechts frei durch, verpasst es jedoch, im richtigen Moment abzuschließen. Nach einem Haken kommt leider nur ein verunglückter Querpass zustande.

Wo unser quirliger Experte für die Außenbahnen früher zu viel alleine machte, ist er heute fast schon zu mannschaftsdienlich. In Minute 57 erheitern die Karlsruher Fans uns mit „Ruhpottkanacken"-Gesängen, einem fast ausgestorbenen Gesang aus früheren Jahren. Borussia lässt sich davon nicht ablenken und bleibt weiter am Drücker. In Minute 59 kann Zidan alles klar machen, nachdem er rechts außen vor dem herausgeeilten Miller an den Ball kommt. Doch verpasst er es, direkt aufs Tor zu schießen und versucht einen Querpass, der in Nuri Sahin einen Abnehmer findet. Dessen Flachschuss wird jedoch von Miller gut pariert.

In der 62. Minute erzielt der KSC dann den Ausgleich. Zumindest glauben das viele Karlsruher im weiten Rund, bis der Blick zum Linienrichter wandert, der vor dem Tor eine Abseitsstellung von Kapllani gesehen hat. In der 63. Minute dann ein Versuch des eingewechselten Stindl, der frei durch ist, jedoch im herausgeeilten Weidenfeller seinen Meister findet. Klasse-Tat unseres Keepers! Borussias Offensivspiel ähnelt in diesen Minuten eher dem Dollschen System, doch sollte sich die Mannschaft alsbald wieder fangen.

In Minute 65 taucht dann der Abwechslung wegen einmal Kuba alleine vor Miller auf, versucht jedoch, auf den besser postierten Zidan zu spielen, der den Ball aber nicht erreicht.In der 76. Minute dann die Riesenmöglichkeit für den KSC durch Stindl. Doch der Karlsruher haut den Ball aus drei Metern über das Tor. Man muss ihm zugute halten, dass der Ball doch sehr überraschend auf seine Füße fiel.

Im Gästeblock feierte man sich warm und der neue Gesang nach der Melodie von „Im Wagen vor mir fährt..." wurde mit vorherigem Hinsetzen zelebriert. Sah sehr schön aus und war verdammt laut!

So versuchten die Karlsruher in den Schlussminuten alles, um die nächste Pleite zu verhindern, doch fanden Sie abwechselnd in Subotic und Hummels ihren Meister. Nach 91 Minuten erlöste Herr Gagelmann dann die Schwarzgelben und stürzt Karlsruhe damit in tiefe Abstiegsdepressionen. Auf der anschließenden Pressekonferenz lagen die Nerven dann auch ein bisschen blank und einer der Pressevertreter legte sich mit Jürgen Klopp an. Der Pressemensch (aus dem Karlsruher Umfeld) betitelte den KSC bereits als Absteiger und fing sich damit eine kleine Standpauke von Jürgen Klopp ein, der zum einen die Grundeinstellung kritisierte und Ede Becker samt seiner Truppe in Schutz nahm. Eine feine Geste, für die sich Ede Becker am Ende seiner Spielanalyse bedankte.

Noten

Roman Weidenfeller: Zwei klasse Paraden, aber auch wieder einige Unsicherheiten, die Tendenz geht aber auf alle Fälle weiter nach oben. Eine gute Note 3.

Young-Pyo Lee: Einige Unsicherheiten, aber im Großen und Ganzen ein souveränes Spiel. Konnte leider nicht ganz an seine Leistungen aus den letzten Spielen anknüpfen. Er kam allerdings auch erst am Donnerstag von seinem Länderspieleinsatz zurück, daher eine gute Note 3.

Neven Subotic: Sehr starkes Stellungsspiel, bügelte auch einige Fehler seiner Vorderleute aus. Entwickelt sich mehr und mehr zu einer Bank im Dortmunder Defensivspiel tauchte bei Standarts aber auch wieder gefährlich vorm gegnerischen Tor auf. Note 1,5.

Florian Kringe: Kämpferisch starke Leistung, sonst unauffällig. Note 3,5.

Tinga: Klärte in gewohnt kämpferischer Manier einige Bälle noch vor der Abwehr, offensiv erneut schwach, bis auf die Einleitung des Führungstreffers. Note 3,5

Mohamed Zidan: Hat mit seinem Tor das Spiel entschieden, ansonsten aber ein sehr glückloser Auftritt. Note 3,5

Mats Hummels: Souveräner Auftritt, sowohl in der Innenverteidigung als auch als Abräumer vor der Abwehr nach der Einwechslung Santanas. Note 2,5.

Kuba: Konnte nicht ganz an seine zuletzt starken Leistungen anknüpfen, lief sich zu oft fest und sucht zu selten den Abschluss. Note 3,0.

Nuri Sahin: Über weite Strecken völlig unauffällig, einige wenige schöne Offensivaktionen. Note 4,0.

Patrick Owomoyela: Findet sich nun offenbar deutlich besser im Dortmunder Spiel zurecht, gute Leistung. Note 2,5.

Tamas Hajnal: Dreh und Angelpunkt, krönte seine starke Leistung mit der Vorlage zum Siegtreffer. Note 2,5.

Alexander Frei: Kam in der 73. Minute für Zidan, konnte wieder keinerlei Akzente setzen, war aber zu kurz im Spiel für eine Benotung.

Felipe Santana: Kam in der 84. Minute für Sahin und rückte für Hummels in die Innenverteidigung. Auch sein Auftritt war zu kurz für eine Benotung.

Delron Buckley: Kam erst in der 90. Minute für Kuba.

Subotic und Sahin feiern den Sieg im Wildpark

Schiedsrichter: In der ersten Hälfte traf Peter Gagelmann manch seltsame Entscheidung und pfiff in mindestens zwei Situationen einen klaren Vorteil für den BVB ab. In der zweiten Halbzeit allgemein unauffälliger, übersah aber ein klares Karlsruher Handspiel. Kam mit nur einer gelben Karte aus. Note 4,0.

Die Trainerstimmen zum Spiel

Jürgen Klopp:

Ich bin natürlich sehr zufrieden mit dem Spiel und mit dem Ergebnis. Der KSC hat 'nen unglaublich großen Aufwand betrieben, dieses Spiel hier zu gewinnen und dagegen zu halten. Wir haben 10 Minuten gebraucht, um richtig ins Spiel zu finden, haben das dann allerdings auf beeindruckende Art und Weise getan. Wir haben dann tolle 35 Minuten gespielt, sind glaub ich auch verdient 1:0 in Führung gegangen. Und in der zweiten Halbzeit mussten wir uns dann einfach wehren. Hätten, glaube ich, den einen oder anderen Konter anders abschließen können, nämlich mit 'nem Torerfolg, aber waren trotzdem auch zumindest einmal so durch, dass wir richtig zum Schuss kamen, als Nuri Sahin schießt und Miller den Ball hält. Wir mussten ein bisschen das Glück in Anspruch nehmen, wenn der KSC dann eben wirklich im Strafraum war; wo sie sich dann für mein Gefühl ein paar Mal zu oft durchgespielt hatten und für den KSC leider den Ball dann nicht richtig getroffen haben. Da haben sie ein bisschen Pech gehabt und wir ein bisschen Glück; das mussten wir heute in Anspruch nehmen, ich glaube, dass wir uns das in den letzten Wochen allerdings verdient haben. Wir haben einfach richtig leidenschaftlich dagegen gehalten. Das war die Pflicht, die wir heute zu erfüllen hatten und ich glaube, dass wir nicht der unverdiente Sieger sind.

KSC-Coach Becker im Gespräch mit Premiere

Ede Becker:

Ich glaub der Jürgen hat das Spiel treffend analysiert, nur stellt es sich für uns seitenverkehrt dar; das wir die ersten 10 Minuten ganz gut im Spiel waren und in der Eckballsituation über den Schuß vom Stefano Celozzi da ganz gut reingekommen sind, aber dann für uns natürlich aus unerklärlichen Gründen den Rest der ersten Halbzeit völlig den Faden verloren haben und den Dortmundern das Spiel überlassen haben. Das haben sie sehr gut gemacht und uns immer wieder in große Bedrängnis gebracht. Da muss man dann natürlich versuchen, was zu ändern, was die zweite Halbzeit betraf. Wir haben dann den Lars Stindl gebracht, haben den Sebastian dann vorne in die Spitze gezogen. Die Mannschaft hat es versucht in der zweiten Halbzeit, was das Fußballspielen betraf, es ging sicherlich auch die eine oder andere Sache daneben, aber wir haben nichtsdestotrotz die eine oder andere Möglichkeit herausgespielt.

Leider, wie in den letzten Spielen auch, es aber nicht geschafft, den Ball im gegnerischen Tor unterzubringen.

Aufstellungen / Karten

KSC:
Markus Miller - Tim Sebastian, Martin Stoll, Christian Eichner (K), Stefano Celozzi - Godfried Adoube (60. Timo Staffeldt), Michael Mutzel, Antonio da Silva (81. Joshua Kennedy) - Edmond Kapplani, Sebastian Freis. Alexander Iashvilli (46. Lars Stindl - Gelbe Karte 83. Minute)

BVB:
Roman Weidenfeller - Young-Pyo Lee, Neven Subotic, Mats Hummels, Patrick Owomoyela - Florian Kringe (K), Tinga, Nuri Sahin (84. Felipe Santana), Tamas Hajnal - Kuba (90. Delron Buckley), Mohamed Zidan (73. Alexander Frei)