schwatzgelber Saisonrückblick

Die vergessenen Jahre Teil 2: Saison 48/49

09.09.2008, 08:11 Uhr von:  CHS
Die vergessenen Jahre Teil 2: Saison 48/49

Der zweite Weltkrieg war zu Ende und Deutschland war am Ende. Der Sport musste ganz andere Strukturen kriegen. Dieser Text befasst sich mit der Oberliga West, die in der Zeit von 1947 bis 1963 eine regionale Bundesliga war und der Grundstock für den BVB von heute war. Spieler wie Preißler, Schmidt, Burgsmüller und viele andere brachte diese Zeit hervor. Trotzdem kennt kaum einer diese Liga. In diesen Saisonrückblick beschäftigen wir uns mit der Saison 1948/49.

Saison 1948/49 - Deutscher Vizemeister

Die neue Saison bedeutete gleichzeitig auch ein Trainingswechsel. Der Wiener Edy Havlicek übernahmt den Trainerposten von Ferdinand Fabra. Die Saison begann erfolgreich, denn die Auftaktbegegnung gegen SpVgg. Erkenschwick war bereits nach 45 Minuten entschieden. Am Ende trennte man sich mit 4-2. Auch am 2. Spieltag reichte eine gute Halbzeit. Bereits zur Halbzeit führte der BVB mit 3-0 gegen den Nachbar aus Gelsenkirchen. Am Ende gewannen die Borussen vor 40.000 Zuschauer mit 5-2.


In der Hinrunde zeigten die Dortmunder sich vor allem durch ihre Heimstärke aus, denn sie blieben in der heimischen Kampfbahn „Rote Erde" ohne Niederlage. Die erste Saisonniederlage kassierten die Borussen am Aachener Tivoli. Vor nur 6.000 Zuschauern imponierten die Hausherren durch ihren eisernen Kampfgeist. In der Schlussphase bekamen die Aachener eine Rote Karte, könnten aber die Unterzahl durch ihren überragenden Torhüter kompensieren. Am letzten Spiel der Hinrunde gewann der BVB bei Rhemania Würselen mit 8-0. Bereits zur Halbzeit führte man mit 6-0 und ließ es in der zweiten Hälfte langsam angehen. Bei Rhemania stand übrigens der spätere Bundestrainer Jupp Derwall auf dem Platz. Der BVB sicherte den ersten Platz zur Winterpause überlegen mit 7 Punkten Vorsprung.

Aber der BVB konnte nicht nur Spiele bestimmen, sondern auch umdrehen. Gegen Rot-Weiß Essen schienen die Dortmunder hoffnungslos im Rückstand zu sein, aber am Ende „reißt der BVB in unentwegtem Wirbel die Essener Deckung auseinander und erreichte ein 3-3. Auch bei Rot-Weiß Oberhausen lagen die Borussen hinten, aber dank Adi Preißler gewann man an der Landwehr mit 3-2. In der Rückrunde ließen sich die Spieler des BVB den Titel nicht mehr nehmen. Bereits am 20. Spieltag stand die Meisterschaft fest. Beim 3-1-Heimsieg über Fortuna Düsseldorf vor 18.000 Anhänger verkrafteten die Dortmunder sogar die Verletzung des Verteidiger Erwin Halfen in der 38. Minute. In den letzten vier Saisonspielen kassierten die Borussen ihre Niederlagen zwei und drei.

Der BVB beendete die Saison am 24. April 1949 mit acht Punkten Vorsprung vor Rot-Weiß Essen auf dem ersten Platz und verteidigte die Westdeutsche Meisterschaft. Blumen gibt es bei diesem Spiel für August Lenz, der sein 1.000. Spiel für den BVB absolvierte. Und wie im Vorjahr stellte der BVB auch den Torschützenkönig. Diesmal war es mit 25 Treffern Adi Preißler. Am 05.06.1949 fand das Endspiel um die Zonenmeisterschaft statt und der BVB gewann mit 5-2 gegen den Hamburger SV. Somit durfte der BVB erstmalig in die Endrunde der Deutschen Meisterschaft teilnehmen. Bis zum ersten Spiel in der Endrunde absolvierte die Dortmunder gegen zahlreichen, prominente Gegner aus dem ganzen Bundesgebiet Testspiele.

Am 12.06.49 traf der BVB in Berliner Olympiastadion auf den Berliner SV 92. Breits nach drei Minuten gingen die Dortmunder durch Max Michallek mit 1-0 in Führung. Vor der Pause sicherten Erdmann und Preißler schon eine Vorentscheidung. Den 5-0-Endstand erzielten „Ede" Kasperski und erneut „Spinne" Michallek. Vierzehn Tage später hieß der Gegner im Münchener Stadion an der Grünwalderstraße 1. FC Kaiserslautern. Die traten an mit Werner Baßler, der in der Meisterschaft zuvor 54 Tore erzielt hat. Das Halbfinale vor 57.000 Zuschauern endete 0-0 und Torhüter Rau gehörte wie sein Gegenüber zu den besten Spielern. Nach Beratungen beschloß man, dass das Wiederholungsspiel in Köln stattfinden sollte. Eine Woche später fand dann dieses Wiederholungsspiel statt. Durch eine organisatorische Panne wollteten 100.000 Zuschauer ins Stadion, am Ende kamen aber „nur" 60.000 ins Stadion. Diese Zuschauer sahen eine eindeutige Demonstration des Dortmunder Angriffsfußballs. Nicht der als „Deutschlands Fußballkönig" gefeierte Fritz Walter drückte dem Spiel sein Stempel auf, sondern Dortmunder Außenläufer Michallek und Schanko. Erich Schanko war dann auch der Mann des Tages, der das Publikum mit seinen Flanken und Steilvorlagen zu einem Sonderbeifall aufforderte. Am Ende deklassierte der BVB den Lauterner mit 4-1 und zog erstmals in der 40jährigen Vereinsgeschichte in das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft ein.

Am 10.07.49 fand dann das Finale im Stuttgarter Neckarstadion statt, welches mit Hochaufragender Stahlkonstruktionen auf 92.000 Plätze erweitert wurde. Trotzdem reichte die Platzkapazität bei weitern nicht, um alle Wünsche zu erfüllen. Gegner war der VfR Mannheim, die allerdings eine längere Vorbereitungsphase hatten, da sie bereits das Halbfinale ohne „Verlängerung" hinter sich gebracht hatten. Trotzdem waren die Dortmunder Borussen aus Westfalen der große Favorit in diesem Finale. Und dieser Favoritenrolle wurden sie in den ersten 45 Minuten gerecht. Früh ging der BVB durch Erdmann mit 1-0 in Führung. Außerdem war „Bubi" Rau der große Rückhalt, er hielt einen Elfmeter von Langlotz. Aber die harte Partie forderte Opfer. Max Michallek hupelte über den Platz, warf irgendwann den Schuh weg und spielte mit einem Schuh weiter. Auch Schanko und Preißler mussten Spuren hinnehmen. Während Adi Preißler sein lädiertes Knie massieren musste, verlor Erich Schanko vier seiner Zähne. In der zweiten Hälfte kassierten die Dortmunder den Ausgleich, doch 8 Minuten vor dem Ende war es erneut Erdmann, der die erneute Führung erzielte. Aber nach nur drei Minuten fiel der erneute Ausgleich. Es folgte die Verlängerung, in der die Borussen der Hitze Tribut zollten müssten. In der 108. Minute erzielte der Mannheimer Löttke mit dem 2-3 den Endstand und die Dortmunder mussten sich mit der Vizemeisterschaft begnügen.

Am nächsten Tag bereitete die Stadt Dortmund und ihre Bewohner ihren BVB-Helden von Stuttgart einen begeisternden Empfang. Vom Hauptbahnhof bis zum Hansaplatz säumten etwa 200.000 Fans die Straßen und feierten die Helden, die erstmals in der 40jährigen Vereinsgeschichte Vizemeister geworden waren.

Unterstütze uns mit steady

Weitere Artikel