Die BVB-Geschichte

Die Geschichte des BVB - Teil 4: Von 1929 bis 1938

15.02.2008, 04:00 Uhr von:  CHS

In dieser Rubrik findet ihr ab jetzt einen Rückblick auf über 100 Jahre Borussia Dortmund und ein wenig mehr. Denn wir werfen auch einen kurzen Blick auf die übrige Dortmunder Fußballlandschaft.

Die Saison 1928/29 endete für den BVB auf Platz 7 in der 2. Bezirksklasse. Diese war dann in der neuen Saison aber nur noch die dritthöchste Spielklasse. Das lag an der Einführung der so genannten „Sonderklasse". Weiteres Ungemach kam auf den BVB zu: Am 9.Mai 1929 mussten der Vorsitzende Busse und sein Vorgänger Schwaben zum Dortmunder Amtsgericht, um die Finanzlage des verschuldeten Vereins darzulegen. Durch den Umbau der „Weißen Wiese" und diverse Spielerkäufe belieh der damalige Präsident Schwaben im Jahr 1926 Versicherungspolicen mit 12.000 Reichsmark. Dass diese Spielerkäufe gegen die DFB-Richtlinien verstießen und sogar einen Verbandsausschluss bedeutet hätten, ist nur eine Randbemerkung. Der BVB konnte diese 12.000 Reichsmark nicht vertragsgemäß zurückkaufen. Im Herbst 1928 wurde die finanzielle Situation bekannt und der Vorstand trat zurück. Allerdings blieb er kommissarisch bis Mai 1929 im Amt. Die Situation rettete Schwaben persönlich, indem er die 12.000 Reichsmark aus eigener Tasche zahlte und dadurch den Offenbarungseid abwendete.

Ex-Präsident Schwaben

Am Ende der Saison 1929/30 belegte die Borussia den 4. Rang und qualifizierte sich so für die 1. Bezirksklasse. Die durchwachsene Saison 1930/31 bescherte dem BVB nur einen 7. Platz. Aber im Mai 1932 konnte der BVB erstmalig die Meisterschaft in der 1. Bezirksklasse sichern. Allerdings war im Ruhrbezirkspokal bereits in der 1. Runde Endstation, als man gegen Westfalia Herne mit 0-2 verlor.

Im Frühjahr 1933 wurde auch der Fußball von der politischen Machtübernahme durch die Nationalsozialisten eingeholt. Der gesamte Sportbetrieb wurde dem „Reichssportführer" von Tschammer-Osten unterstellt. Da zu jener Zeit das Dienen in der Hitler-Jugend vor der sportlichen Betätigung im Verein angesiedelt war, litt vor allem die Nachwuchsarbeit beim BVB. Die Jugendlichen vernachlässigten das gezielte Training im Verein, da sie von der Leibesertüchtigung in der Hitler-Jugend zu sehr in Anspruch genommen wurden. Auch die Clubs standen unter besonderer Beobachtung der Nationalsozialisten, da diese den Verein als „Unüberwachbaren Versammlungsort" und eine mögliche Quelle widerständigen Denkens sahen.

In der Saison 1932/33 ging dem BVB im Endspurt die Luft aus. Im Entscheidungsspiel gegen SV Arminia Marten 08 um die Gruppenmeisterschaft verlor der BVB mit 1-2 und belegte nur den 2. Platz. Besonders bitter: Das entscheidene Tor fiel erst in der 104. Minute. Aber auch für Marten ist der Sieg bitter, denn durch eine Neuordnung des Ligawesens musste die Arminia in der Bezirksklasse bleiben.

Mitte 1933 gab August Busse den Vereinsvorsitz an Egon Pentrup weiter. Ihm zur Seite stand ein dreiköpfiger Vorstand mit Fritz Rekittke, Josef Brock und Fritz Niesel. Der BVB setzte seinen Abwärtstrend fort. Denn in der Saison 1933/34 belegte der BVB nur Platz sechs in der Bezirksklasse. Nach nur einem Jahr übernahm August Busse wieder den Vereinsvorsitz, weil sich Pentrup weigerte, der NSDAP beizutreten. Er blieb aber dem Verein treu und arbeitete im Hintergrund weiter mit. Und wie schon bei seiner ersten Amtszeit setzte Busse auf die Nachwuchsarbeit. Dem Vorstand gehörten auch Willy Wehram, Hannes Karsten und Karl Hagedorn an.

Ex-Präsident Busse

Ende 1934 schlägt dann die große Stunde von August Lenz. Durch den verletzungsbedingten Ausfall des Stürmer Hannes Jakubowitz kommt Lenz auf Veranlassung von Busse zu seinem ersten Saisoneinsatz. Der ehemalige Torhüter gibt bei seinem Debüt eine glänzende Leistung ab und erzielt unglaubliche 11 Treffer beim 14-0 Kantersieg des BVB gegen TBV Mengede. Und am 28.04.1935 feierte Lenz auch in der Nationalmannschaft sein Debüt und erzielte gegen Belgien (Endstand 6-2) zwei Treffer. Im Laufe seiner Karriere lehnte der erste Nationalspieler des BVB alle Angebote anderer Clubs ab. „Ich habe immer nur Borussia gekannt. Meine Schönsten Jahre!", sagte August Lenz im Rückblick auf seine Karriere. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des BVB wurde im Jahr 1934 die endgültige Version des Vereinsliedes vorgestellt. Der Text wurde vom langjährigen Geschäftsführer und Schriftwart des BVB erstellt.

Die Saison 34/35 endete für den BVB auf Platz 2 in der Bezirksklasse. Für die Saison 35/36 verpflichtet der BVB dann erstmalig einen verantwortlichen Trainer. Dazu muss man sagen, dass Präsident August Busse gute Beziehungen zum Reviernachbarn FC Sch*lke 04 und dort besonders zum Nationalspieler Ernst Kuzorra hatte. Und als Busse ihn mal fragte, wer mal Trainer beim BVB werden solle, sagte Kuzorra: „Mein Schwager Fritz Thelen!". Diesem Rat folgte man beim BVB und verpflichtete den früheren Sch*lker Mittelstürmer Fritz „Spölle" Thelen. Man sagt ihm nach, dass er mit der Einführung der erfolgreichen Sch*lker Schule den Grundstein für die Rückkehr des BVB in die Beletage des westdeutschen Fußballs gelegt hat. Ausgerechnet ein ehemaliger Gelsenkirchener trug somit zur weiteren Professionalität der Borussen bei. Leider war Thelen nicht sofort verfügbar, so dass sogar Ernst Kuzorra selbst für eine gewisse Zeit das Training übernahm (ca. 8 bis 10 Wochen). Das war natürlich rund um den Borussen-Sportplatz eine Attraktion. Gerhard Busse jr. sagte dazu: „Da kamen schon ‘ne ganze Menge Schaulustiger zum Borussia-Sportplatz, um den berühmten Ernst Kuzorra trainieren zu sehen."

Sportlich macht sich das bezahlt. In der Hinrunde 1935 gewinnt der BVB 4-2 gegen SV Heeren in der ersten Vorrunde des neu gegründeten Tschammer-Pokals. Leider scheidet der BVB eine Runde weiter gegen Wormatia Bochum nach einer 2-4 Niederlage aus. Trotzdem wird Dortmund Meister in der Bezirksklasse und nimmt an der Aufstiegsrunde zur Gauliga Westfalen teil. Mit einer gehörigen Portion Glück steigt Borussia als Tabellenerster auf. Am letzten Spieltag der Aufstiegsrunde reicht dem BVB ein Unentschieden gegen DSC Hagen. Aber erst in der letzten Minute erzielt August Lenz den Ausgleichstreffer, nachdem der BVB bereits mit 0-2 zurücklag. Damit endet die zehnjährige Abstinenz der Borussen im Oberhaus. Und auch das Image als Fahrstuhlmannschaft legt der BVB ab, denn man wird nun 36 Jahre lang in den jeweiligen höchsten Fußballligen verbleiben.

Mitte 1936 zerschlagen sich Pläne, nach denen der BVB in einer „Betriebssportgemeinschaft Hoesch" aufgehen soll. Vorbild der Zentralisierung nach Nationalsozialistischer Ideologie sind die Sportsfreunde 95, die sich aus den Sportsfreunden 06 und dem DSC 95 gebildet haben. Nach einem Jahr Entwicklungshilfe verlässt Thelen den BVB und übergibt das Traineramt an Ferdl Swatosch. Die Saison 36/37 endet recht erfolgreich für den BVB. Nur der Revierrivale aus Gelsenkirchen und Westfalia Herne landen in der Abschlusstabelle vor den Borussen. Zwar gab es erneut Niederlagen gegen den FC Sch*lke 04, aber Dortmund etabliert sich als die führende Kraft.

Erster Dortmunder Nationalspieler: August Lenz
Im Jahr 1937 musste der BVB seine Heimat „Weiße Wiese" aufgeben und in das Stadion „Rote Erde" wechseln. Grund war die Erweiterung des Hoeschgeländes für die Kriegsproduktion. Leider erhielt der BVB für das Gelände und die Gebäude nicht einen Pfennig Entschädigung. Dem BVB wurde somit seine Heimat genommen. Manche Schwatzgelben haben dies nie überwunden. Unter dem Verlust soll besonders der Platzwart Heinrich Czerkus gelitten haben. Er gehört auch zu den Personen, die später von den Nazis ermordet wurden.

Sehr erfreulich lief der Tschammer-Pokal für den BVB im Jahr 1937. Dortmund gewann nicht nur die Vorrundenspiele, sondern stieß in der Hauptrunde sogar bis ins Viertelfinale vor.

Dort wurden große Brocken wie der HSV und Werder Bremen aus dem Weg geräumt. Endstation war Waldhof Mannheim, wo man ein beachtliches 3-4 nach Verlängerung holte. Dies war zugleich der größte Erfolg des BVB zu jener Zeit. Auch im Dauerduell gegen die „Freunde" aus Gelsenkirchen gab es endlich mal was Erfreuliches. Vor 25.000 Zuschauer in der Roten Erde gelang der erste Punktgewinn gegen FC Sch*lke 04. Durch Tore von Zideller (2) und Marsiske glichen die Borussen einen 0-3 Rückstand aus. Auch die Saison 1937/38 endete erfreulich, nur die Gelsenkirchener waren vor den Borussen und der BVB wurde erstmals Vizemeister in der Gauliga. Weniger erfolgreich waren die Borussen im Tschammer-Pokal, dort erwies sich Phönix Lübeck als Stolperstein. Wieder kein Erfolg für die Borussen in der Hinrunde der Saison 1938/39 gegen FC Sch*lke 04. Man verlor klar mit 3-7.

In der nächsten Ausgabe geht es um den BVB in den Kriegszeiten, erste Erfolge gegen die Blauen, fast eine Neugründung unter einem neuen Namen, eine neue Liga und die ersten kleinen Erfolge in dieser Liga.

Bildmaterial:

  • Martin Betker - Martin sucht für seine Sammlung weiteres Material (Hefte, Tickets, Autogrammkarten etc.)

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