Das Spiel für den Borussen - FIFA 06 vs. Pro Evolution Soccer 5
Im Blitzlichtgewitter funkelt die Schale, wie ein Prisma im Licht. 34 lange Spieltage liegen hinter mir und dem BVB. Wir haben es geschafft! Wir sind endlich wieder deutscher Meister. 102 Punkte, 108:14 Tore - was für eine Bilanz. Alle Sorgen sind vergessen; kein verletzter Koller auf der Tribüne - sondern ein strahlender Koller mit der Torjägerkanone! Tausende von begeisterten Zuschauern feiern im Westfalenstadion und in den Park gehen alle nur zum Entenfüttern. Ach ja, so eine Playstation sticht doch jede Couch aus.
Doch welches Spiel ist das beste für den BVB Fan? Welches lässt am besten den tristen Alltag mit Kreuzbandrissen, Kreuzbandrissen und ach ja, Kreuzbandrissen in den Hintergrund treten? Wir haben für euch die momentanen Marktführer auf dem Spiele-Markt getestet: FIFA 06 von EA-Sports und Pro Evolution Soccer 5 von Konami.
Getestet wird in vier unterschiedlichen Kategorien, in denen jeweils bis zu 5 Wertungs-Bälle verteilt werden, die dann am Ende addiert das Gesamtergebnis ergeben.
Test 1: Visueller BVB-Realitätsfaktor
FIFA 06 sticht PES 5 vor allem durch die umfassenderen Lizenzen aus, d.h. es gibt einfach mehr Original-Teams und Spieler.
Neben der ersten und zweiten Bundesliga, wartet FIFA mit allen Top Ligen auf, z.B. der englischen Premier League, der französischen Ligue 1, der spanischen Primera División und der italienischen Serie A. Eigentlich könnte man fast sagen FIFA enthält alle Ligen des Weltfußballs, selbst die norwegische und die polnische Liga sind vertreten. Für den Borussen-Spieler ist jedoch vor allem wichtig, dass die 1. und 2. Bundesliga komplett vorhanden sind mit den passenden Trikotsätzen. Teilweise lassen sich die Borussen dank Original-Gesichtern sogar erkennen. Jedoch hat EA-Sports dieses mal deutlich die Quantität der Gesichter erhöht, worunter leider auch die Qualität leidet. Ein Sebastian Kehl z.B. ist nur mit viel Fantasie zu erkennen. Die Trikots lassen sich schön anschauen, selbst die Farbe von Namen und Rückennummer ist realistisch. Jedoch könnte das nächste FIFA mal wieder eine Erhöhung der Spieler-Polygone vertragen. Unerklärlich ist mir der sog. Wachs-Effekt, der die Spieler schimmern lässt als Stünden sie bei Madame Tussauds.
Beim Aspekt Original-Lizenzen hapert es bei PES 5 gewaltig. Lediglich die Serie A und die holländische Ehrendivision sind komplett realistisch, mit echten Mannschafts-Namen und Trikots, die allerdings extrem gut aussehen, auf Grund einer hohen Polygonenzahl und viel Liebe zum Detail. Zudem kommen einzelne Teams, wie der FC Barcelona oder der FC Chelsea. Konami hat auch in diesem Jahr keine Lizenz der Bundesliga erworben und darum heißen die Teams z.B. „Rekordmeister“ und „Hauptstadt“. Der BVB hat das etwas unpassende Kürzel „Westfalen“, vor allem wenn man bedenkt, dass Sch*lke den Titel „Ruhr“ trägt. Auch fehlen die Originaltrikots der Bundesligisten komplett, die Borussen haben beispielsweise lediglich ein komplett gelbes Trikot.
Allerdings hat sich im Vergleich zum Vorgänger bei den Spielernamen gewaltig etwas getan. Die Zeiten von „Kalm“ und „Pomatzki“ sind vorbei, endlich gibt es (fast) alle Original-Namen.
Wertung:
Beim visuellen Realitätsfaktor hat FIFA mit Abstand die Nase vorn. Nur allein die Tatsache, dass der BVB nur hier, eben als BVB und in Originaltrikots einläuft, lässt den EA-Sports Sprössling diese Wertung mit Abstand gewinnen. Hier ist bei PES auf jeden Fall der größte Nachholbedarf. Zwar lässt sich alles per Editierfunktion (mühsam!), Internet oder Memory-Card updaten (wie z.B. früher bei Anstoß), jedoch muss Konami einfach mehr Lizenzen erwerben, das bestehende ist einfach zu wenig.
Teil 2: Stadion und Atmosphäre
Bei beiden Spielen kann man im Westfalenstadion kicken. Beide wurden detailgetreu nachgebaut und lassen das Borussenherz bei jedem Heimspiel höher schlagen. Selbst die großen Spielerfotos sind bei FIFA zu erkennen. PES 5 zeichnet sich hier vor allem durch die insgesamt feinere grafische Aufmachung aus, wodurch das Stadion einfach schärfer wirkt. Da verzeiht man auch gerne, dass der Name Westfalenstadion erst per Hand editiert werden muss. Lustige Zusatzfunktion: Der Stadionrundflug, der einen glauben lässt, man segle durch das Westfalenstadion.
Auch atmosphärisch liegen beide Titel gleich auf. Deutlich hörbar vernimmt man bei FIFA ca. 10 verschiedene BVB-Fangesänge, die leider allerdings manchmal vollkommen unpassend sind und so vieles wieder kaputt machen. Lustig wird’s allerdings erst, wenn man mit der Nationalmannschaft spielt und die Fans nach dem Sieg „Es gibt nur ein Rudi Völler“ singen. Jürgen Klinsmann wird’s freuen. Wir vergnügen uns lieber an einem lautstarkem „Kühe, Schweine, Bielefeld“ von der Südtribüne wenn es gegen die Arminia geht. Leider sind auch die Fanlager nicht mehr farblich zu unterscheiden, viel mehr ist das gesamte Stadion bunt. Bei PES gibt es nur allgemeine Stadiongeräusche, die nicht mannschaftsspezifisch abgespielt werden. Allerdings hat man bei einem Torerfolg viel mehr das Gefühl, das Stadion würde explodieren. Außerdem ist nett, dass teilweise die Fans als 3D Animation gezeigt werden. Zudem gibt es Choreographien beim Einlauf, wie Banner oder Papptafeln.
Wertung:
Glattes Remis. Beide Spiele haben ihre Stärken und Schwächen beim Stadionvergleich. Atmosphärisch punktet FIFA durch Fangesänge, die jedoch PES durch liebevolle Details wieder ausgleicht.
Teil 3: Derbyfaktor
Natürlich auch sehr wichtig. Von vornherein müsste klar sein, dass auch hier FIFA die Nase vorn hat, auf Grund der Originallizenzen. Dortmund gegen Sch*lke, klingt einfach viel geiler als Westfalen gegen Ruhr. Zudem läst FIFA so etwas wie Pixel-Derbystimmung entstehen: Die Kommentatoren (trotzdem insgesamt mal wieder schrecklich), haben eine passende Derbyansage, die die Wichtigkeit des Spiels unterstützt. Spezielle Fangesänge gibt es nicht, vielmehr vernimmt man Anfeuerungen wie etwa „Ruhrpott“, die einfach total unpassend sind.
Bei PES will aus oben genannten Gründen leider einfach keine Derbystimmung aufkommen. Diese Wertung verliert der Konami-Schützling sang- und klanglos.
Wertung:
FIFA der klare und logische Gewinner. Leider wird das Potenzial aber bei weitem nicht genügend ausgeschöpft.
Teil 4: Spielbarkeit
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Was nützt ein optisch aufgemotztes Spiel, wenn es sich schlecht spielt?! Zu Beginn ist festzustellen, dass beide Titel gute Fußballsimulationen sind, die man ohne wenn und aber empfehlen kann. Hier entscheidet vor allem die subjektive Meinung, die wie überall kein Maßstab ist.
Jedoch ist in meinen Augen PES spielerisch mindestens zwei Klassen besser als FIFA, weil es einfach realistischer ist. Das Spiel ist unberechenbarer, schneller und auch schwieriger. Wer die FIFA Serie schon seit langem spielt, wird auch von der Neuauflage nicht gefordert, zu einstudiert wirkt einfach das gesamte Spiel. Noch immer erzielt man andauernd auf die gleiche Weise seine Tore, es gibt keine Innovation. Vielleicht kennen einige das Gefühl, bereits vor dem Spiel zu wissen, dass der abgefeuerte Schuss ohnehin nicht reingehen kann, weil es einfach unmöglich ist, obwohl es logischerweise nicht so sein sollte. Die perfekte Unterstützung meiner These liefert EA-Sports bei FIFA 06 gleich mit, indem die Entwickler erstmalig neue, vermeintlich unberechenbare Torwartabpraller integriert haben. Diese entpuppen sich aber spätestens beim zweiten mal als Augenwischerei, da sie komplett vorgerendert sind, d.h. das man als Spieler in sie nicht eingreifen kann.
Auch sind die Spieler einfach zu „perfekt“. Traumtore von Spielern der Klasse eines Lars Hermel oder Stefan Schnoor fallen, vor allem in den höheren Schwierigkeitsstufen, am laufenden Band. Spielerisch fällt dem Computer wenig ein, er schießt einfach nur perfekter, ist schneller und zweikampfstärker. Schlauer wird er hingegen nie, und so dauert es auch nicht lange, bis man den Kniff raus hat.
Bei PES ist das hingegen total anders. Nicht umsonst ist der Konami-Titel die unangefochtene Referenz. Das Spiel spielt sich wirklich wie Fußball, jedes Spiel ist verschieden und auch fast jedes Tor. Quasi alles ist möglich, Fernschüsse aus 40 Metern oder sogar Dribblings um den Torwart (FIFA Spieler wissen, wie absurd das klingt). Die Bälle verspringen, Pässe kommen mal nicht an und Schüsse fliegen über das Tor. So dumm es klingt, die Perfektion des Gameplay von PES ist gerade, dass es nicht perfekt ist. Eben genau wie Fußball, wo nicht jeder Schuss im Giebel klingelt. Gerade wenn es dann mal so ist, freut man sich umso mehr.
Was jedoch der herausragende Aspekt von PES ist, sind die Multiplayer-Matches gegen die Kumpels. Wenn man dem Freund einen Knaller volley aus 35 Metern in den Kasten ballert, oder sich der Jubel des Gegenüber rasant in Hass umschlägt, weil der Schiri nachträglich das Abseitstor zurückpfeift, tanzt das Fußballer-Herz.
Wertung:
Wer einmal PES gespielt hat, legt es nicht mehr weg. FIFA stagniert seit Jahren und kriegt es nicht mal mit. Die wichtigste Wertung gewinnt PES um Längen.
+ 2 Sonder-Multiplayer-Kumpelärger-Bonuspunkte
Fazit:
Was wollt ihr? Ein realistisches Spiel mit vielen Mannschaften und Spielern? Legt ihr wert auf Authenzität und spielt ihr sowieso lieber alleine? Wollt ihr den echten BVB zum Titel führen und nicht nur eine Alibi-Mannschaft? Dann ist FIFA für euch die erste Wahl.
Wenn ihr jedoch lieber möglichst so nah am echten Fußball wie nur möglich kicken wollt, euch Originalität nicht so wichtig ist und ihr so viel Fantasie habt euch Borussia zu denken, dann solltet ihr PES wählen.
Endergebnis:
16 x FIFA 06
13 x PES
Also, entscheidet für euch selbst, vielleicht unter Berücksichtigung unseres Tests. Oder macht es wie ich, und kauft euch einfach beide ;-) Auf das die Daumen Gnade schreien werden!
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